William und Joanna - ab 1183

Alan seufzte leise und beobachtete, wie James seine Gebete beendete. Es fiel ihm schwer, James' Buße mitzutragen, umso mehr, je länger sie dauerte. Als der junge Bischof sich erhob und zu ihm umwandte, hob Alan den Kopf.
"Wie lange noch, James?", fragte er leise. "Ich vermisse dich..." So lange verzichteten sie nun schon, er wurde noch wahnsinnig darüber.
"Willst du nicht heute Nacht wenigstens einmal wieder bei mir schlafen? Ich vermisse es, in deinen Armen einzuschlafen."

James erhob sich nach seinem Gebet und sah Alan an, der ihn begleitet hatte. Ein leises Seufzen kam über James' Lippen. "Bis Michaelis, Alan, das weißt du doch. Ich kann die Buße nicht eher beenden." erklärte James in nachsichtigem Tonfall. Dann hob er etwas unbehaglich die Schultern. "Du willst mich wahrlich prüfen, was? Kannst du dir nicht denken, wie schwer mir das fallen wird? Ich vermisse es doch auch, aber es wird nicht leichter, wenn ich neben dir schlafe. So stark bin ich einfach nicht." Wie sollte James da die Finger noch von Alan lassen, nachdem sie doch schon so lange enthaltsam lebten.

Alan stöhnte leise. "Aber das ist noch so lange hin...wie soll ich das so lange aushalten? Wie hältst du das eigentlich aus?" Schon so lange verzichtete er, nicht nur körperlich. Er vermisste es, wie unbeschwert sie immer miteinander umgegangen waren. Die flüchtigen Berührungen, ein Lächeln zwischendurch oder einfach nur eine Nacht aneinander gekuschelt. Es fehlte....an allen Ecken und Enden.
"Ich will dich nicht prüfen, aber ich weiß nicht, wie ich es noch so lange ohne dich aushalten soll." Er legte James kurz die Hand an die Wange.
"Ich dachte nur, dann hätten wir mal wieder ein wenig mehr voneinander als nur flüchtige Gespräche. Aber ich weiß ja, du willst das im Moment nicht..."

James bedachte Alan mit einem kritischen Blick. "Ich halte es aus, weil ich es aushalten muss, um meine Seele zu reinigen. Es ist ein wahrer Kraftakt für mich, aber es geht nicht anders." entgegnete er und seufzte leise. "Du wirst es schon schaffen, schließlich liebst du mich, nicht wahr? Und das hier ist nun ein Preis, den wir beide dafür zahlen müssen." Verglichen mit dem, was Francesco ereilt hatte, ein geringer Preis.
James schloss die Augen als Alan die Hand an seine Wange legte. Am liebsten hätte er die Geste erwidert, seine Hand auf Alans gelegt, ihn an sich gezogen, geküsst, ... aber er durfte nicht. Schmerz zuckte über sein Gesicht als er die Augen wieder aufschlug. "Es ist nicht so, dass ich nicht will, aber ich weiß, dass ich in meiner Buße scheitern werde, wenn ich es tue." erwiderte James leise.

"Ich bin so unendlich froh, wenn diese Buße endlich vorbei ist. Es wird auch für mich jeden Tag schwerer auf dich zu verzichten, eben weil ich dich liebe. Alles an dir fehlt mir, jeder Kontakt, den wir hätten. Unter normalen Umständen."
Und all das war nur die Schuld dieses Italieners. Wäre Francesco nicht gewesen, wäre es für sie alle bedeutend einfacher. Der Preis, den sie zahlen mussten... Aber wofür hatte denn er, Alan, einen Preis zu zahlen? Er gab doch sein Bestes, um wenigstens außer der Liebe zu James ein guter Christ zu sein, wie die Kirche es wollte.
"Dann werde ich nun dafür beten, dass die Tage schneller vergehen..."

"Unter normalen Umständen ... ja. Aber die Umstände sind nicht normal, also machen wir das Beste daraus. erwiderte James. Dann betrachtete er Alan einen Moment lang mit gerunzelter Stirn und nickte, ehe er sich von ihm löste. "Und wenn du schon beim Beten bist, bitte Gott auch gleich, um ein wenig mehr Geduld für dich." erklärte er nüchtern. "Es macht meine Buße weder leichter, noch erträglicher, wenn du mir jeden Tag erzählst, wie schwer das alles für dich ist."
Damit wandte James sich ab und steuerte auf den Ausgang zu. Er wusste, dass seine letzten Worte harsch gewesen waren, aber diese ganze Sache zerrte an seinen Nerven und Alan war ihm im Moment keine Hilfe. Im Gegenteil, er bekam so nur erst Recht ein schlechtes Gewissen.

Alan biss unter James' harten Worten die Zähne zusammen, um keinen Laut von sich zu geben. Es verletzte ihn, dass sein Freund ihm solche Dinge an den Kopf warf, schließlich war er nicht umsonst seit Jahren an dessen Seite. Er hatte immer zurückgesteckt für James', immer und immer wieder. Er war mit ihm gegangen, wohin auch immer. Und der Dank waren solche Bemerkungen?
"Wenn ich keine Geduld hätte, glaubst du, dann wäre ich hier?", erwiderte er leise, aber unsicher, ob James das überhaupt noch gehört hatte.
Wie er diese Streitereien hasste....vielleicht sollte er einfach Cedric suchen und mit diesem ein bisschen reden. Cedric hatte immer Verständnis.

Cedric saß draußen im Garten unter einem der niedrigen, knorrigen Apfelbäumen und hatte die Augen geschlossen. Er hatte über ein paar Verse nachdenken wollen, doch zwischendurch drifteten seine Gedanken immer wieder ab und er dachte häufig über Alan nach und wie niedergeschlagen dieser noch immer war. Cedric hatte gehofft, dass er James und Alan helfen würde, wenn er Francesco zu ihnen brachte, aber offensichtlich war das Problem nicht so leicht aus der Welt zu räumen. Was zwischen den beiden bloß vorging?
Cedric seufzte leise. Alan tat ihm Leid. Er konnte den jungen Mann gut leiden und es plagte ihn, zu sehen, dass er unglücklich war.

Alan fand Cedric im Garten unter den Bäumen sitzend und ließ sich kurzerhand neben ihm nieder. Er schwieg eine Weile und genoss die Stille, die herrschte, ehe er das Wort ergriff.
"Manchmal frage ich mich, warum ich überhaupt hier bin, Ced. Ich könnte genauso gut woanders sein." Für James würde es momentan wohl kaum Unterschied machen. Dieser sagte zwar, er würde ihn vermissen, aber fühlen konnte Alan das nicht.
"Und worüber grübelst du so nach? Neue Melodien oder Verse?"
Wenigstens Cedric bot ihm ein wenig Abwechslung hier, spielte ihm manchmal etwas vor und bat um seine Meinung. Sie waren beide Kinder der Kunst, das verband.

Cedric hörte die Schritte näher kommen und wie sich jemand neben ihn setzte, hielt die Augen aber geschlossen. Er wusste, dass es Alan war, ansonsten setzte sich niemand einfach so zum ihm, wenn er nachdachte. Schweigend saßen sie nebeneinander bis Alan das Wort ergriff und Cedric schließlich die Augen öffnete, um ihn anzusehen.
"Du könntest, aber du bist es nicht. Wieso?" erwiderte Cedric. Dann musste er lächeln. "Ich wollte ein paar Verse überdenken, aber wie es der Zufall will, habe ich auch über die nachgedacht. Und darüber, dass ich dich selten so niedergeschlagen erlebt habe wie derzeit." erklärte Cedric eine Spur ernster.

"Ich bin James zuliebe mit her gekommen. Ich dachte, alles würde leichter werden, aber das ist es nicht. Stattdessen...." Er seufzte. "Wir sehen uns kaum noch wirklich. Er fasst mich nicht an, er spricht nur belangloses Zeug mit mir und vorhin hat er mir praktisch vorgeworfen, ich würde für ihn alles nur noch schwerer machen und ihn unter Druck setzen, weil es mir mit seiner Buße nicht schnell genug geht. Wir leben seit Monaten enthaltsam. Seit Monaten...wir schlafen nicht einmal mehr im selben Bett. Ist es so verwerflich, dass ich mich danach sehne und es mir nicht schnell genug geht?"
Er lehnte sich leicht an Cedrics Schulter an. "Du denkst über mich nach? Naja, vermutlich ist das kein Wunder. Ich habe wenig Grund nicht niedergeschlagen zu sein. Ich bin schon sehr froh, dass ich wenigstens dich hier habe. Ich habe schließlich nicht einmal wirklich Arbeit hier."

Cedric grinste ein wenig freudlos. "Gib nur Acht, dass er nicht doch wieder eine Betschwester aus dir macht, wenn er dich so lange zur Enthaltsamkeit verdonnert." bemerkte er und streckte die Beine aus. "Tja, ich kann dich gut verstehen, aber ich bin auch kein Priester. Dein Herzblatt tickt in diesem Punkt nun einmal doch ganz anders. Ich persönlich denke nicht, dass Enthaltsamkeit ein sinnvolles Mittel ist, aber da scheiden sich wohl die Geister."
Als Alan sich etwas an ihn lehnte, legte Cedric ihm eine Hand auf den Rücken und strich sachte über Alans Schulter. "Sicher, du bist mein Freund und ich bin um dein Wohlergehen besorgt. Wenn du mit einer Trauermiene durch die Gegend läufst, beschäftigt mich das." Cedric legte den Kopf ein wenig schief. "Du solltest mal wieder mit einem Instrument üben. Dann könnten wir zusammen ein bisschen an dem ein oder anderen Lied arbeiten und du kannst dich ablenken."

"Oh nein, wirklich nicht. Ich vermisse den geistlichen Stand gar nicht. Als Künstler bin ich frei...ich treffe so viele faszinierende Menschen und ich muss mich nicht hinter Klostermauern einsperren. Ich war in den kirchlichen Schriften ohnehin nie so bewandert wie James. Das liegt mir einfach nicht...Ihm dafür umso mehr und darum stellt er an sich und an mich so strenge Anforderungen." Alan lächelte schief. "Oh ja, das tun sie. Aber wenn es seine Buße ist, was soll ich machen? Ich will ja, dass er zu mir kommt, weil er mich vermisst, nicht weil er ein schlechtes Gewissen hat."
Er genoss Cedrics warme Worte sehr und das Lächeln wurde ehrlicher. "Danke für deinen Trost, mein Freund. Vielleicht hast du Recht und das ist eine gute Idee. Meine Fähigkeiten darin sind zwar sehr beschränkt, ich kenne nur ein paar Handgriffe auf der Harfe, aber es hat mir immer Spaß gemacht. Und mit dir zusammen wird es das noch viel mehr. So habe ich wenigstens etwas zu tun."
Und vielleicht würde er einfach für seine Mappe mit Beispielen, die er neuen Kunden vorlegte, noch ein paar Portraits zeichen, solange er hier war.
"Vielleicht willst du mir ja einmal wieder als Vorlage für ein Bild dienen..."

Cedric grinste. "Richtig so. Du hast so viel Talent, es wäre verschwendet, wenn du dich von morgens bis abends irgendwelchen Bibelstunden widmest." bemerkte er. Dann schüttelte Cedric den Kopf. "Nichts zu danken, dafür sind Freunde doch da, nicht wahr? Und um dich ein wenig abzulenken. Vertrau mir, das bekommen wir schon hin."
Bei Alans nächsten Worten blitzte der Schalk in Cedrics Augen auf und er lächelte entwaffnend. "Nur zu gern. Aber sei vorsichtig, nicht, dass es wieder Ärger im Paradies gibt, wenn dein Priesterlein sieht, dass du mich gemalt hast." bemerkte er anzüglich und strich Alan entlang der Wirbelsäule sachte über den Rücken.

Alan lächelte leicht. "Danke... Aber ich wäre damit auch nicht glücklich. Ich brauche ein bisschen Freiheit. Jetzt, wo ich sie einmal so erlebt habe, kann ich nicht mehr ohne. Nun, vielleicht sollte ich versuchen, ob die Leute hier auch ein bisschen Arbeit haben. Vielleicht will auch der Earl ein Gemälde..."
Er war froh, dass er Cedric zum Freund hatte. Mit dem lebenslustigen Spielmann fühlte er sich immer gleich sehr viel besser.
"Das kommt darauf an, wie ich dich male, Ced. Ich glaube nicht, dass er begrüßen würde, würde ich das letzte Bild wiederholen."
Er genoss die sanfte Berührung am Rücken.

Cedric nickte. "Hör dich ein wenig um. Irgendjemand wird sicher einen Auftrag für dich haben, davon bin ich überzeugt." Die meisten hier in der Burg kannten Alan schließlich schon lange genug und wussten dessen Talent zu schätzen.
Cedric grinste frech. "Ich würde es hingegen sehr begrüßen." gestand er leise und lächelte. "Außerdem müsstest du dich dann auch nicht mehr so unnötig plagen. Überleg es dir ..." schlug Cedric vor und lehnte sich etwas zurück, so dass er den Baumstamm nun wieder direkt im Rücken spürte.

Alan neigte leicht den Kopf. "Ja, ich weiß. Und wenn ich etwas zu tun habe, Ced, wird die Zeit bis Michaelis ein wenig schneller vergehen, hoffe ich. Das dauert mir alles zu lange. Aber was kann ich tun..."
Er grinste zurück.
"Das kann ich mir vorstellen, Ced. Du bist unersättlich. Aber ich kann nicht, das weißt du doch. Er würde mir niemals verzeihen. Siehst du, das ist das Schlimme, wenn man sich jemanden anlacht, der so streng christliche Regeln verfolgt. Du musst verzichten und wenn du es nicht tust, bist du völlig am Ende. Manchmal frage ich mich, wofür ich das tue...Wenn er mir nur nicht so viel bedeuten würde. Dann wärst du der Erste, zu dem ich ginge. Aber so...ich kann nicht."

Cedric seufzte theatralisch. "Bis Michaelis ... herrje, ich an deiner Stelle würde eingehen. Da war unser Hal ja aber nicht unbedingt nachsichtig, hm?" Dann grinste er breit und hob leicht die Schultern. "Es hätte keinen Sinn das zu leugnen, nicht wahr." bemerkte er heiter, wurde dann jedoch ernst und sah Alan nachdenklich an.
"Nein, er würde dir das nicht verzeihen, aber von dir erwartet er Nachsicht ..." stellte Cedric fest und zog ein Bein an, so dass er den Arm darauf stützen konnte. Er schnalzte leise mit der Zunge. "Dein Herz sagt dir schon, was richtig ist. Aber achte darauf, dass du dich dafür nicht kaputt machst." ermahnte er Alan und legte ihm eine Hand auf die Schultern. Dieses Mal war sein Lächeln sanft und eine Spur mitfühlend. "Aber zu mir kannst du immer kommen. Egal wann und wieso."

Alan nickte betrübt. "So geht es mir auch zwischenzeitlich. Ich hätte nicht gedacht, dass das je einmal so wichtig für mich sein würde, aber ich vermisse ihn so sehr. Es ist einfach nicht mehr, wie es all die Jahre war. Nicht mehr so eng beieinander, nicht mehr nachts in einem Bett. Er ist nicht mehr so offen wie er es früher war. Hal war nicht nachsichtig, aber ich schätze, das wäre auch nicht angebracht gewesen, nicht wahr?" Und immerhin war Cedric der Einzige, mit dem er so offen darüber sprechen konnte.
"Natürlich erwartet er das, er ist eben Priester. Nicht kaputt machen...das klingt einfach, ist es aber nicht. Aber ich danke dir wirklich für deinen Beistand. Das tut mir gut."

Cedric kratzte sich nachdenklich am Kinn und schwieg eine Weile. Dann sah er Alan wieder an und legte den Kopf ein wenig schief. "Vielleicht solltest du dann einmal darüber nachdenken, ob ihr euch beide eigentlich noch in die gleiche Richtung entwickelt. Es tut mir wirklich Leid, das sagen zu müssen, Alan, aber es kommt mir vor als würdest du mehr in diese Beziehung stecken als James. Und deutlich mehr als gut für dich ist." Er machte sich Sorgen um seinen jungen Freund und das letzte, was er wollte, war, dass Alan sich zugrunde richtete für diese Beziehung.
Er nickte leicht. "Jeder Zeit, Kleiner. Jeder Zeit."

Alan schwieg eine Weile nachdenklich. Er musste gestehen, dass er diese Gedanken auch schon einmal gehabt hatte. Ob all das mit ihnen Beiden überhaupt noch sinnvoll war. Ob es Sinn machte, weiterhin so aktiv für das Verhältnis zu James zu kämpfen, wenn so wenig nur zurück kam und erwidert wurde. Er sehnte sich nach kleinen Gesten der Anerkennung und Liebe, nicht nur Vertröstungen.
"Manchmal frage ich mich auch das. Aber ich bin schon so viele Jahre an seiner Seite, er war noch niemals so desinteressiert wie jetzt. Dieses Bischofsamt war der größte Fehler, den er machen konnte, fürchte ich, auch wenn es seine Karriere voran treibt."
Er hatte keine Ahnung, wie es damit noch weitergehen sollte.
"Vielleicht sollte ich mit ihm darüber reden."

Cedric brummte leise. "Tja, nur wird er dieses Amt wohl kaum einfach so aufgeben. Das kann er gar nicht, nicht wahr?" Cedric seufzte leise. Es war wirklich keine einfache Situation in der Alan dort steckte. "Aber vielleicht war es auch kein Fehler und dieses Amt bringt ihn jetzt erst auf den für ihn bestimmten Weg. Ich weiß es wirklich nicht, Alan, aber so kann es nicht weiter gehen. Ihr beiden müsst irgendeine Lösung finden - zusammen oder getrennt - aber so ... du richtest dich zu Grunde und ich kann es kaum ertragen das zu beobachten."
Dafür hatte er Alan viel zu gern. Er hatte gehofft, er könne den beiden helfen als er Francesco aufgestöbert hatte, aber offenbar hatte das nicht wirklich geholfen.

"Nein, das wird er nicht. Weder kann noch will er, denn er hat so lange darauf hin gearbeitet und ich bin diesen Weg gegangen. Was habe ich mich bemüht, dass er diese Würde erlangt. Wir haben ganz London bearbeitet, damit er als Nachfolger gewählt wird. Vielleicht hätte ich mich besser nicht so bemüht, aber man weiß ja nie. Jetzt ist es müßig.."
Alan seufzte, nickte dann aber und legte den Arm um Cedrics Schultern. "Ich weiß...und ich werde versuchen diese Lösung zu finden. Aber es bedeutet mir sehr viel, dass du dich so sehr sorgst. Ich verspreche dir, ich versuche etwas zu ändern."
So schwer das auch werden würde....

Richard las den Brief vor sich und musste unwillkürlich grinsen. Schon seit einiger Zeit unterhielt er einen recht regen Briefwechsel mit Philippe Auguste und es war immer wieder eine wahre Wonne die Briefe des jungen französischen Königs zu lesen. Selten hatte Richard einen Mann mit so viel Esprit getroffen, jemanden, der so klug, geschickt und wortgewandt war und mit dem er nahezu unermüdliche Diskurse führen konnte. Sowohl politischer als auch künstlerischer Natur.
Richard beendete seine Lektüre schmunzelnd und griff umgehend nach Pergament und Feder, um eine Antwort zu verfassen. Er brannte jetzt schon förmlich darauf Philippe Auguste noch einmal in Ruhe zu treffen, damit sie ihre Diskussionen nicht immer nur per Brief führen mussten. Außerdem war der Franzose ein wichtiger Verbündeter, den Richard nur zu gern auf seiner Seite wusste, wenn er wieder einmal Ärger mit seinem Vater hatte.

Beatrice hatte beschlossen ihrem Mann einen Besuch abzustatten, um ihn von seiner Arbeit loszureißen, damit er einen Spaziergang mit ihr unternahm. Für ihren Geschmack verbrachten sie zu wenig Zeit zu zweit, aber sie wusste, sie hatte einen vielbeschäftigten Mann geheiratet.
Voller Tatendrang schlüpfte sie durch die Tür, runzelte dann aber verwirrt die Stirn, als sie Richard so zu Gesicht bekam.
Mit einem Lächeln ging sie zu ihm und setzte sich auf eine Ecke seines Schreibtisches.
"Warum grinst du so? Was bereitet dir solches Vergnügen? Möchtest du mich nicht einweihen?", fragte Beatrice ein wenig neugierig.