William und Joanna - bis 1188

Stephan

Stephans Miene hellte sich auf. "Wirklich? Das wäre wunderbar." erwiderte er sichtlich erleichtert darüber, dass seine Mutter seine Sorgen nicht einfach abtat. "Schon fünfzehn." beharrte er dann aber doch mit geschürzten Lippen.
Er atmete tief durch als Beatrice ihm eine Hand auf den Rücken legte, dann gab er sich einen Ruck und stand auf. "Und ich hätte nicht so unwillig reagieren dürfen, verzeih mir." erklärte Stephan, sah seine Mutter einen Moment lang an und schloss sie dann kurzer Hand in seine Arme. Er war in den Sommermonaten noch einmal ordentlich gewachsen, so dass er sie nun ein gutes Stück überragte, aber er war und blieb nun einmal ihr Sohn und fühlte sich ihr auch durchaus tief verbunden. Daher hatten ihre harschen Worte ihn auch so sehr getroffen, wenngleich er wusste, dass es nicht so gemeint gewesen war.

Beatrice nickte. "Ich werde es versuchen. Uns wird schon etwas einfallen. Es würde mich auch nicht wundern, wenn dein Vater sich dazu schon seine eigenen Gedanken gemacht hätte. Mit fünfzehn hast du alle Zeit der Welt, Stephan. Aber ich weiß von deinem Vater wie es ist, wenn man nicht die Chance bekommt sich zu beweisen."
Sie war erleichtert, als Stephan sie umarmte und die Sache damit beilegte. Sie hasste Streit mit ihren Kindern, die sie doch so sehr liebte.
"Meine Güte, wann bist du eigentlich so groß geworden?", murmelte sie und fuhr ihm liebevoll durch den Schopf.
"Sorge dich nicht, du wirst deinen Weg finden."

Hanna

Hanna legte das dreckige Bettzeug in ihren Wäschekorb, breitete das frische Laken auf dem Bett aus und strich es glatt als sie einen energischen Tritt in ihrem Bauch spürte. Ihr bleib beinahe die Luft weg und sie hielt einen Moment lang inne, ließ sich auf die Bettkante sinken und strich sachte über ihren runden Bauch. Das Kind konnte seinen Vater wirklich nicht verleugnen und Hanna hoffte inständig, dass es ein Junge werden würde, denn ein so aufgewecktes, lebhaftes Kind würde es als Mädchen in der Welt nicht gerade leicht haben. Schon gar nicht als Bastard.
Sie schloss die Augen und wartete bis das Kleine sich wieder beruhigt hatte, dann stand sie umständlich wieder auf und fuhr damit fort das Bett neu zu beziehen. Eigentlich hatte sie mit der großzügigen Gästekammer, die derzeit die Schwester des Earls und ihren Mann beherbergte, schon längst fertig sein wollen, aber ihr Leibesumfang erschwerte die Arbeit mittlerweile doch erheblich, so dass sie einfach nicht mehr so schnell voran kam wie sonst. Besonders nicht, wenn das Kind so munter war wie im Moment.
Ein weiterer Tritt ließ sie leise Seufzen. "Herrje, kleiner Mann, du bist ein genauso unruhiger Geselle wie dein Vater, hm? Der kann auch kaum eine Minute stillsitzen." murmelte sie leise und strich mit einer Hand über ihren Bauch nachdem sie das Kopfkissen neu bezogen hatte.

Isabella war gerade mit Helene und den Kindern im Garten gewesen, als ihr aufgefallen war, dass sie das Buch vergessen hatte, das sie Helene gerne zeigen wollte. Also war sie rasch zurück in die Burg gelaufen um es zu holen.
Die Tür stand offen, als sie das Gemach erreichte und so ahnte sie schon, dass gerade jemand für Ordnung sorgte. Als sie durch die offene Tür blickte, entdeckte sie die schwangere Frau und wusste sofort, dass sie diesmal Hanna begegnete, von der sie schon so viel gehörte hatte.
Einen Moment blieb sie im Türrahmen stehen und lauschte.
"Bete zu Gott, dass das Kind nicht wird wie sein Vater. Sonst hast du keine ruhige Minute mehr.", bemerkte sie freundlich. Sie wollte die Gelegenheit nutzen Hanna ein bisschen kennenzulernen und so die Situation zwischen Helene und ihr etwas zu entspannen.

Hanna

Hanna sah überrascht auf als eine Stimme von der Tür zu ihr herüber drang und entdeckte Edwards Schwester, die sie offenbar schon einen Moment lang beobachtet hatte. Rasch senkte Hanna den Blick und deutete einen Knicks an, was angesichts ihrer Schwangerschaft schon schwierig genug war. "Verzeiht, Mylady, ich wollte Euer Gemach eigentlich schon fertig haben, aber ... nun ja, es geht im Moment nicht mehr alles so schnell wie sonst." erklärte sie mit einem Lächeln auf den Lippen.
Hanna legte beide Hände an ihren Bauch und sah Isabella mit einem amüsierten Funkeln in den Augen an. "Oh, da hege ich eher wenig Hoffnung, Mylady. Ich habe jetzt schon nur noch selten eine ruhige Minute, er wird also vermutlich ebenso ein kleiner Teufel wie sein Vater." erwiderte sie zärtlich. Isabella hatte eine sehr angenehme Ausstrahlung, die es Hanna leicht machte, ihr Wohlwollen entgegen zu bringen, außerdem hatte sie bereits gesehen, wie Edward mit seiner Schwester umging und die beiden schienen sich wirklich nahe zu stehen, also musste sie eine anständige Frau sein. Es blieb nur die Frage, was Isabella wohl von ihr halten würde, aber das würde sich jetzt ja sicher zeigen.

Isabella winkte rasch ab und schüttelte den Kopf. "Mach dir darum Gedanken. Ich wäre eigentlich auch noch nicht hier, ich hatte nur ein Buch vergessen, dass ich Helene zeigen wollte. Dabei sah ich dich und wollte die Gelegenheit nutzen, mir ein eigenes Bild von dir zu machen. Schließlich habe ich schon Einiges von dir gehört, dich aber noch nie wirklich gesehen."
Sie hob eine Augenbraue. "Du bist dir also sicher, dass es ein Sohn wird? Wenn dem so ist, finde dich schon einmal damit ab, dass dieses Kind dir vor deiner Zeit graue Haare bereiten wird.", erwiderte sie amüsiert. "Edward war als kleiner Junge schon immer ein Unruhestifter. Nur Unsinn im Kopf. Ich kann nur bedingt behaupten, dass sich das bis heute geändert hat."
Sie wollte es sich nicht gleich mit Hanna verscherzen, ihr einfach ein wenig auf den Zahn fühlen. Das hier war die perfekte Gelegenheit.

Hanna

Hanna seufzte leise. "Ich kann mir schon denken, was Ihr so gehört habt." erwiderte sie, musste dann aber lächeln. "Nun, sicher kann ich mir natürlich nicht sein, aber so munter wie das Kleine ist, erinnert es mich sehr an seinen Vater." Hannas Blick wurde eine Spur sanfter. "Solange es auch einige seiner guten Eigenschaften erbt, bin ich voll auf zufrieden." Sie musste ein Lachen zurück halten und nickte dann. "Da habt Ihr allerdings Recht, Mylady. Von dem kleinen Unruhestifter von dem Ihr erzählt, steckt wahrlich auch heute noch genug in Eurem Bruder."
Aber trotzdem war Edward eine gute Seele und Hanna hatte in all der Zeit, die sie sich nun schon kannten, so einige gute Seiten an ihm entdeckt. Seiten, die ihn liebenswert machten und die dafür sorgten, dass sie sich mehr denn je auf dieses Kind von ihm freute, egal ob Bastard oder nicht.

Isabella legte den Kopf zur Seite und lächelte vielsagend. "Ich habe viel Schlechtes gehört, aber auch einiges Gutes.", bemerkte sie. "Ich habe Helene sehr gern und es tut mir leid, dass sie so darunter leidet. Ich finde nicht richtig, was mein Bruder getan hat. Und ich sehe die Schuld mehr bei ihm als bei dir. Aber ich weiß auch, dass du ihm durch eine sehr schwere Zeit geholfen hast und dafür bin ich dankbar. Aber tut es dir nicht selbst manchmal leid, dass ihr Beide es Helene so schwer macht? Sie gibt sich wirklich Mühe mit Edward."
Isabella lächelte. "Oh, ich bin sicher, dass es das wird. Gabriel und Michael sind ja auch wunderbar gelungen, warum sollte es jetzt anders werden? Darum mach dir keine Gedanken. Es wird eine sehr....aufregende Erfahrung werden."

Hanna

Hanna nickte langsam. "Ich kann mir gut vorstellen, dass Lady Oxford nichts Gutes über mich zu berichten hat." erwiderte sie und legte die Bettdecke sorgfältig auf das Bett und begutachtete kurz ihr Werk, schließlich legte sie großen Wert darauf, dass ihre Arbeit stets tadellos war.
Nachdenklich hob sie den Blick und betrachtete Edwards Schwester einen Augenblick lang. "Ich denke, es gibt immer zwei Seiten ... man kann auch nicht unbedingt sagen, dass Lady Oxford mir das Leben leicht macht. Ich würde es begrüßen, wenn hier mehr Einklang herrschen würde, aber meine bloße Existenz ist ihr ein Dorn im Auge, jetzt mehr denn je, und sie mag sich vielleicht Mühe mit Eurem Bruder geben, aber mit mir sicherlich nicht." Und jedes Mal, wenn sie Helene mit Edward sah, versetzte es ihr einen kleinen Stich. Dass so ein kratzbürstiges Weib, das Edward anfangs nichts als Abneigung entgegen gebracht hatte, ja ihn sogar beschimpft hatte, an seiner Seite sein durfte. Und sie ... sie konnte sich nur heimlich hier und da einen Moment mit ihm stehlen und jetzt vermutlich nicht einmal mehr das.
Hanna schüttelte leicht den Kopf. "Oh, ich mache mir keine Gedanken." erwiderte sie und strich zärtlich und mit einem Lächeln auf den Lippen über ihren Bauch. "Egal wie turbulent es werden wird, Euer Bruder hat mir ein wundervolles Geschenk gemacht. Einen kleinen Lichtblick am Horizont." Ein Kind, das sie immer an Edward erinnern würde, egal, ob sie ihn noch haben konnte oder nicht.

"Ich weiß, dass es zwei Seiten gibt, deshalb verurteile ich auch nicht sofort. Ich weiß, dass es sicher nicht einfach ist, aber vielleicht solltest du versuchen mehr Verständnis für Helene zu haben. Sie hatte letztendlich keine Wahl als Edward zu heiraten und damit hat sie lange gehadert. Und dann arrangiert sie sich mit ihm die Beziehung wird inniger und plötzlich bist du da und machst alles wieder viel schwieriger. Auch, wenn es dir schwer zu akzeptieren erscheint, sie ist nun einmal seine Frau und nicht du. Sie hat alles Recht ein wenig sauer zu sein, findest du nicht? Ich glaube, wenn du dir ein bisschen mehr Mühe geben würdest und sie nicht provozierst, würde sie auch keinen Wert mehr darauf legen dir das Leben schwer zu machen. So ist es doch letztendlich nur ein unnötiger Machtkampf zwischen euch Beiden. Du versuchst ihr zu demonstrieren, dass Edward dich auf Händen trägt und das du ihn haben kannst und sie will dir klar machen, dass das aber ihr Platz ist an Edwards Seite. Wenn ihr euch Beide etwas zusammen reißen würdet, würdet ihr es auch für Edward leichter machen. Helene hat auf deine Schwangerschaft vor allem deswegen so heftig reagiert, weil Edward ihr sein Wort gegeben hat dich nicht mehr anzurühren...und er hat es gebrochen. Sie ist sehr enttäuscht von ihm.", versuchte sie Hanna eine andere Sichtweise zu vermitteln.

Hanna

Hanna lächelte schief. "Nun, genau genommen war ich nicht plötzlich da, sondern schon wesentlich länger als sie." bemerkte sie und fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn, um ein paar Haarsträhnen zur Seite zu schieben, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatten. "Aber Ihr habt Recht, es fällt mir schwer zu akzeptieren, dass sie so einfach an seiner Seite sein darf, obwohl sie nie wollte. Und ich nicht ..." Hanna senkte den Blick und presste kurz die Lippen aufeinander, ehe sie sich wieder entspannte und Isabella wieder ansehen konnte. "Verzeiht, Mylady, ich ... ich sollte solche Dinge nicht sagen. Es ist müßig und obendrein töricht von mir."
Hanna atmete tief durch. "Ja, ich weiß. Und dieses Versprechen hat er ihr nun wieder gegeben und ist dieses Mal entschlossen es zu halten. Ich kämpfe also ohnehin auf verlorenem Posten. Ich weiß, das rechtfertigt mein Verhalten nicht und es ist ausgesprochen schäbig, aber es hat mir wenigstens ein, zwei kleine Momente beschert in denen ich mir ... wertvoll vorkam." Hannas Finger strichen über den weichen Stoff des Bettlakens. Wie oft hatte sie sich schon gewünscht, Helene wäre nie hergekommen. Dieses Weibsbild machte Edward nicht glücklich und ihr nur das Leben bitter. Vorher war zweifelsohne alles leichter gewesen.

Isabella schüttelte lächelnd den Kopf. "Das warst du, aber sie konnte zuvor ja nicht wissen, dass du auch in seinem Bett warst, nicht wahr? Sie wollte ihn nicht, da hast du Recht, aber manche Dinge ändern sich und sie hat sehr wohl etwas für ihn übrig. Du solltest dich hüten dein Herz an Edward zu hängen. In diesen Dingen ist er beständig wie eine Fahne im Wind. Konzentrier dich auf das Kind und weine Edward nicht nach. Er ist wie er ist."
Sie legte Hanna kurz die Hand auf die Schulter.
"Aber jeder Mensch ist wertvoll, Hanna. Du solltest dich nicht dann als wertvoll erachten, wenn du jemand Anderem gegenüber Macht hast oder wenn dir einmal etwas gelingt. Sondern deswegen, weil du du bist und deine Arbeit gut erledigst und aus deinem Leben das Beste machst. Wenn du dich selbst gern hast, brauchst du niemand Anderen, der dir das Gefühl gibt. Und wenn du erst einmal dein Kind hast, wirst du umso mehr begreifen, wie wertvoll so ein Menschenleben ist."

Hanna

Ein Grinsen huschte kurz über ihre Lippen, dann nahm Hanna sich wieder zusammen. "Ein guter, weiser Rat, Mylady, da ich genau weiß, wie Euer Bruder ist. Nur leider auch ein vergebener Ratschlag." erwiderte sie und hob leicht die Schultern. "Euer Bruder ist ein Tunichtgut, ein Schuft, ein ... ein kleiner Dieb. Und ich vertraue darauf, dass Ihr Stillschweigen darüber bewahrt, auch und besonders ihm gegenüber, aber mein Herz hat er mir schon vor einer ganzen Weile gestohlen, wenngleich ich nicht wollte." gestand Hanna dann plötzlich erstaunlich freimütig.
Diese Erkenntnis war ihr das erste Mal gekommen als sie den Stich der Eifersucht gespürt hatte als Helene hier nach Oxford gekommen war. Und seit dem merkte sie es wieder und wieder.
Ihr Blick glitt verwundert zu der Hand, die Isabella auf ihre Schulter gelegt hatte und Hanna musste lächeln. "Ihr seid wirklich eine merkwürdige Frau, Mylady. Sehr bemerkenswert. Ich weiß ganz genau, wieso Euer Bruder so an Euch hängt." erklärte sie und atmete tief durch. "Ich danke Euch für Eure Worte und vor allem dafür, dass Ihr mich nicht sofort verurteilt habt für das, was ich getan habe und für das, was ich bin ... oder jetzt wohl eher gewesen bin."

Isabella hatte geahnt, dass sie so etwas zu hören bekommen würde und hatte ein wenig Mitleid. Edward wusste ja eigentlich doch ganz genau wohin er gehörte und sein Herz hing immer noch ein wenig an Julia. Hanna war für ihn eine Freundin, aber mehr nicht.
"Das hatte ich befürchtet. Aber du kannst dich auf mein Schweigen verlassen. Ich habe kein Interesse daran diese Sache noch komplizierter zu machen, als sie ohnehin schon ist. Wenn du weißt, dass das keine Zukunft hat, ist es ja gut. Freu dich an dem Kind, das muss genug sein. Ich möchte einfach nur, dass hier Frieden einkehrt. Versuch einfach, Helene etwas dezenter gegenüber zu treten."
Isabella hob leicht die Schultern und lächelte. "Keine Ursache. Ich bin nicht Gott. Es steht mir nicht zu über dich zu richten. Ich mache mir gern selbst ein Bild, ich weiß, dass die Welt nicht nur schwarz und weiß ist. Außerdem wollte ich Edward zuliebe unbefangen an diese Sache gehen. Nun werde ich dich nicht länger von der Arbeit abhalten."

Hanna

Hanna nickte leicht. "Ich danke Euch, Mylady." erwiderte sie und seufzte. "Ja, mittlerweile weiß ich das. Ich glaube, es gab eine kurze Zeit in der ich ein bisschen gehofft hatte, er würde den selben Fehler zweimal begehen, würde mich vielleicht in einem stillen Moment doch an seine Seite holen, unabhängig von meiner Herkunft, aber im Grunde wusste ich immer, dass das nie passieren würde. Ich habe ihn mit Julia gesehen und das ... das war wirklich etwas besonderes. Da wäre ich niemals heran gekommen und auch Lady Helene wird das niemals können. Es ist wirklich eine Schande, dass sie so früh gehen musste, Euer Bruder leidet eigentlich immer noch unter dem Verlust. Aber ihr habt Recht, ich werde sein Kind haben an dem ich mich erfreuen kann und dieser Umstand versöhnt mich allmählich auch mit den anderen Dingen." Und vielleicht konnte sie Helene ja zumindest mit Gleichgültigkeit entgegen treten.
Hanna lächelte und deutete einen Knicks an. "Ich danke Euch, Mylady. Ich glaube, Euer Besuch hier, ist für alle ein kleiner Segen."

Emma

Emma stand in der Küche und rührte in einem großen Topf mit einem dicken, würzigen Kohleintopf. Sie hatte sich gut eingelebt und es machte ihr Spaß, hier mit all den verschiedenen Lebensmitteln umzugehen und sie zu etwas wirklich Gutem zu verarbeiten. Alice hatte sie in der kurzen Zeit schon Vieles gelehrt und so vermisste sie ihr altes Leben nicht.
Dann und wann bekam sie sogar Besuch. Rob schaute regelmäßig bei ihr vorbei und heute lungerte Guillaume neben ihr herum und versuchte sie ein wenig um den Finger zu wickeln. Sie mochte den jungen Rotschopf, er war unbeschwert und von sich überzeugt, frech manchmal, aber er wusste ein Nein zu akzeptieren.
"Nein, Mylord, Alice wird mich umbringen, wenn Ihr noch mehr von den Pflaumen stibitzt. Sie wollte einen Kuchen daraus machen.", bemerkte sie amüsiert und gab Guillaume einen kleinen Klaps auf die Finger. Sie hatte rasch gemerkt, wie viel sie sich herausnehmen konnte und wie viel nicht.

Guillaume

Guillaume war die neue Küchenmagd nicht lange verborgen geblieben und ihr Anblick hatte ihn sofort herausgefordert. Sie war ein hübsches Mädchen, obendrein scheinbar ständig gut gelaunt ... genau nach seinem Geschmack. Also hatte er sich ein neues Ziel gesetzt und heute saß er einmal mehr bei Emma in der Küche, während diese dabei war einen Eintopf vorzubereiten.
Er hatte schon die ein oder andere von den Pflaumen geklaut, die auf dem Tisch bereit standen und nur auf die Verarbeitung warteten als er nun einen Klaps auf die Finger kassierte. Er warf den Pflaumen einen wehmütigen Blick zu und schenkte Emma dann ein breites Grinsen. "Ach komm schon, Emma, nur noch eine ..." bettelte er leise lachend und suchte ihren Blick. "Es wäre doch eine Schande, so frisch schmecken sie doch einfach am besten. So süß ..."

Emma

Emma schüttelte lächelnd den Kopf und erwiderte seinen Blick spöttisch. "Ihr beraubt Euch nur selbst der Freude, Mylord. Alices Pflaumenkuchen ist noch viel besser als die Pflaumen so zu essen."
Sie grinste flüchtig und nahm den Topf vom Feuer. Jetzt konnte der Eintopf ein wenig ruhen und vollständig durchziehen, dann würde er am Abend aufgewärmt umso besser schmecken.
Sie wandte sich dem Tisch zu und suchte sich ein Messer, um die Pflaumen zu entsteinen.
"Habt Ihr eigentlich nichts zu tun, Mylord? So oft wie Ihr hier herum sitzt und etwas zu essen stibitzt, könnte man meinen, Ihr würdet bei den Mahlzeiten nicht genügend Essen abbekommen.", fragte sie amüsiert.

Guillaume

Guillaume wiegte den Kopf ein wenig hin und her. "Ich denke, beides hat so seine Vorzüge." erwiderte er diplomatisch und beobachtete dann wie Emma den Topf vom Feuer nahm und sich abwandte, um ein Messer zu holen. Guillaume nutzte den Moment um sie in aller Ruhe ein wenig zu bewundern, dann grinste er breit als Emma sich ihm wieder zudrehte und begann die Pflaumen zu bearbeiten. "Nichts, was es mit dem Essen aufnehmen könnte. Oder mit dir." erwiderte er heiter und schnappte sich eilig eine der Pflaumenhälften, die Emma gerade zur Seite gelegt hatte.
"Außerdem wachse ich noch, ich muss also viel essen." erklärte Guillaume, als wäre das doch offensichtlich und schob sich die Pflaume in den Mund. "Und wenn ich an der Tafel zu viel Essen schimpft mein Vater mich höchstens wieder einen Vielfraß."

Emma

Emma nickte langsam. "Vielleicht hat es das..." Sie teilte mit sicherer Hand die Pflaumen und legte sie dann in eine Schale. Ihr waren Guillaumes Blicke durchaus bewusst und sie genoss es ein wenig, dass sie immer noch als anziehend empfunden wurde. Aber darauf eingehen würde sie wohl eher nicht, Lady Beatrice hatte ihren Standpunkt deutlich gemacht und sie wollte diese Arbeit nicht verlieren.
"So, mit mir? Wollt Ihr etwa sagen, ich bin rund wie eine Pflaume? Das ist ein fragwürdiges Kompliment.", neckte sie ihn belustigt. Da musste er sich schon ein bisschen mehr Mühe geben.
"Ach, Ihr wachst noch? Ihr seht für mich aus, als wäret Ihr ausgewachsen. Aber vielleicht irre ich mich. Wieder? Hat er Euch schon einen Vielfraß genannt?", fragte sie mit einem Lachen.
"Wenn Ihr so viele Pflaumen esst, bekommt Ihr am Ende Bauchschmerzen."

Guillaume

Guillaume brach in schallendes Gelächter aus und schüttelte entschieden den Kopf. "Nicht doch, nicht doch. So einen Vergleich wollte ich nun wirklich nicht ziehen." Zumal Pflaumen nicht wirklich das passende Obst war, das ihm bei Emmas Anblick in den Sinn gekommen wäre. Guillaume merkte durchaus, dass sie ihn etwas hinhielt, aber er genoss dieses einvernehmliche Geplänkel zwischen ihnen sehr. Die Stimmung war entspannt, sie beide nahmen sie unangemessene Bemerkungen nicht übel ... und sollte er doch irgendwann sein Ziel erreichen, umso besser.
"Ein paar Zentimeter muss ich schon noch wachsen. Immerhin will ich, dass man auf den ersten Blick sieht, dass ich größer bin als mein Vater." erklärte Guillaume und zwinkerte Emma zu. "Oh ja." beteuerte er und setzte eine ernste Miene auf. "Er nannte mich einen elenden Vielfraß, der mir nicht nur die Haare vom Kopf, sondern auch den letzten Getreidehalm in ganz Aquitanien vom Feld fressen wird." wiederholte Guillaume mit verstellter Stimme, um seinen Vater nachzumachen. "Das hält mich zwar nicht vom Essen ab, aber ich versuche es nicht mehr so viel vor seinen Augen zu tun."
Guillaume stützte einen Ellenbogen auf dem Tisch ab und legte den Kopf ein wenig schief. "Hm, Bauschmerzen wären nicht sehr wünschenswert. Wenn du dich allerdings dazu bereit erklären würdest, mich wieder gesund zu pflegen, dann ..." Guillaume streckte die Hand aus und stibitzte grinsend eine weitere Pflaume.

Emma

Emma grinste flüchtig vor sich hin und entsteinte mit geschickter Hand ein paar weitere Pflaumen. "Ich wage zu bezweifeln, dass Euch das gelingen wird, Mylord. Euer Vater ist selbst schon recht groß." Und im Gegensatz dazu war Lady Beatrice doch eher klein.
"Wie er nur sowas sagen kann? Das ist ja furchtbar.", erwiderte sie mit gespieltem Entsetzen. "Vielleicht kennt er Euch aber auch einfach nur gut genug.", setzte sie dann nach und lachte leise auf.
"Darauf könnt Ihr wirklich lange warten...Ihr Männer seid doch ohnehin fürchterlich wehleidig, das tue ich mir sicher nicht freiwillig an. Dann müsst Ihr entweder leiden oder jetzt aufhören von den Pflaumen zu klauen! Wenn Alice Euch sieht, gibt das Ärger. Und Ihr wisst, wie gut sie mit dem großen Küchenmesser umgehen kann."

Guillaume

Guillaume zuckte mit den Schultern. "Vielleicht nicht, aber die Hoffnung stirbt zuletzt, nicht wahr? Aber wenn ich wenigstens so groß bin wie er, bin ich auch durchaus zufrieden." räumte er dann ein.
"Nicht wahr? Ich war schockiert als er mich so nannte!" erwiderte Guillaume mit pikierter Miene, grinste dann aber und nickte schließlich sogar. "Aber vermutlich habt Ihr damit Recht."
Guillaume schnalzte leise mit der Zunge. "Ah, wie kaltherzig du sein kannst, Emma." bemerkte er und seufzte theatralisch. Der Gedanke an Alice sorgte aber durchaus dafür, dass er nun von den Pflaumen absah. Stattdessen stand er auf und trat dicht an Emma vorbei, ließ eine Hand dabei fast beiläufig über ihre Taille gleiten, ehe er neben ihr stehen blieb. "Vielleicht sollte ich dann lieber etwas anderes stehlen?" mutmaßte Guillaume und sein Blick glitt kurz von Emmas Augen zu ihren Lippen und wieder zurück. Dann wandte er jedoch abrupt den Blick ab und griff grinsend nach einem Kanten Brot, der in einer Schale auf dem Tisch lag. "Brot sollte auch die vielen Pflaumen in meinem Magen wieder ausgleichen und den Bauchschmerzen vorbeugen, denkst du nicht?"

Emma

Emma nickte. "Ich wünsche Euch Glück, dass Ihr ihn noch einholen könnt.", beteuerte sie amüsiert. "Oh sicher kann ich das. Nur so kommt man weiter im Leben. Sonst wäre es ja zu einfach für diejenigen, die glauben, sie könnten alles bekommen, was sie wollen, ohne sich anzustrengen."
Sie hob die Augenbrauen, als er über ihre Taille strich und war ein bisschen neugierig, wie weit er wagen würde zu gehen. Sie erwiderte seinen Blick offen.
"Das könntet Ihr Euch überlegen, aber denkt daran, welche Strafe auf Diebstahl steht, Mylord.", erwiderte sie leichthin und schüttelte dann seufzend den Kopf.
"Ja vielleicht. Wegen Brot wird Alice auch keinen Aufstand machen. Da seid Ihr dem Küchenmesser noch einmal entkommen."

Guillaume

"Autsch." Guillaume zog eine Augenbraue in die Höhe. "Das war ein sehr deutlicher Tadel." bemerkte er, klang dabei aber sichtlich amüsiert.
"Drohst du mir gerade damit, dass du mir die Hand abhacken wirst?" fragte Guillaume belustigt. "Wo ich doch gerade erst Alice und ihrem Küchenmesser entronnen zu sein scheine ... ich hänge wirklich sehr an allen meinen Körperteilen, weißt du? Es wäre eine Schande auch nur einen Finger zu verlieren." Guillaume schenkte Emma ein Lächeln. "Denkst du nicht auch, dass eine solche Strafe etwas hart wäre für jemanden, der so liebenswürdig ist wie ich?" fragte er dann neckend. Guillaume hatte ein großes Talent darin sich selbst nicht allzu ernst zu nehmen und das machte es ihm umso leichter besonders unter den Rittern und Knappen seines Vaters Freunde zu finden. Und die allseits berüchtigte Alice, erbarmte sich seiner auch oft genug und steckte ihm etwas zu Essen zu, obwohl sie eigentlich rigoros erklärt hatte, dass es vor der nächsten Mahlzeit nichts zu holen gebe.