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Joanna & William
Anno Domini 1155...Henry II regiert über England. Immer an seiner Seite ist dabei sein Cousin, William of Cornwall. Als er sich in Joanna of Warwick, eine junge Frau unter seinem Stand, verliebt, beginnt sein eigener Kampf gegen das Denken seiner Zeit,
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Di Nov 15, 2016 10:56 pm
William kam gerade an der Gruppe von Männern vorbei, die Stephan und Rob nach Chinon begleitet hatte. Er war schon beinahe an ihnen vorbei, hatte ihnen zugegebener Maßen kaum Beachtung geschenkt, als eine Stimme hinter ihm erklang. Eine Stimme, die er Jahre lang nicht mehr gehört hatte und die doch so unendlich vertraut war. Es war immer noch die gleiche spöttische Art und Weise, wie diese Stimme dieses eine Wort aussprach - Engländer. William fuhr herum und seine Augen weiteten sich ein wenig als sie erkannten, was seine Ohren längst vernommen hatten: Jacques war hier in Chinon. William hätte nie für möglich gehalten, dass ihn Jacques' Anblick ihn je so bewegen würde und vielleicht waren es auch die allgemeinen Umstände, die ihn etwas rührselig stimmten, doch für einen Augenblick musste William tatsächlich mit der Fassung ringen. "Jacques ..." Er trat auf den Franzosen zu und zog ihn kurz in eine brüske Umarmung. "Wer weiß, vielleicht wirst du mich doch noch hüten bis du alt und grau bist wie du immer gefürchtet hast." erwiderte William mit schelmischem Grinsen. Es tat erstaunlich gut seinen einstigen Bewacher wieder zu sehen und zu wissen, dass es ihm gut ging. William hatte Jacques in gewisser Weise so einiges zu verdanken, der Franzose hatte ihm seine Gefangenschaft damals wahrlich angenehmer gemacht.
Chrisi Admin
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Di Nov 15, 2016 11:15 pm
Jacques
Jacques lachte leise auf, als William begreifend herum fuhr und erwiderte die Umarmung nur zu gerne. "Vielleicht werde ich das, aber ich hoffe doch nicht. Das wäre nun wirklich zu viel des Guten. Ich war froh, als du zurück in England warst." Natürlich wussten sie Beide, dass dem nicht so war. Sie Beide hatte eine seltsam innige Freundschaft verbunden, die sie Beide an diesem Ort nicht erwartet hatten. Jacques zog einen Stuhl zurück. "Komm, komm, mon ami, setz dich und erzähle mir, wie es dir ergangen ist. Wie geht es deiner reizenden Ehefrau? Da ich deine Enkel kennenlernen durfte, hast du es zu einer großen Familie gebracht?"
GreyStorm
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Di Nov 15, 2016 11:22 pm
William lachte auf. "Das hoffe ich doch auch nicht, aber ich muss zugeben, dass ich hin und wieder an dich gedacht habe. Es tut gut, dich wiederzusehen." erklärte William und ließ sich nur allzu bereitwillig neben Jacques an der Tafel nieder. Er grinste breit. "Ich schätze, nach wie vor blendend, jetzt wo sie mal ein Weilchen Ruhe vor mir hatte." feixte er und streckte die Beine unter dem Tisch aus. "Oh, so kann man es wohl nennen. Acht Kinder hat sie mir geschenkt, zusammen mit den Älteren habe ich es also fast auf ein Dutzend gebracht. Und was die Enkel angeht ... wenn das so weiter geht, kann ich sie bald nicht mehr zählen." William gab einem Diener ein Zeichen und er brachte ihnen noch etwas neuen Wein. "Und du? Philippe hat dich in seinen Dienst übernommen, vermute ich?" tippte William und trank etwas von dem guten Rotwein. "Ich hoffe, dir ist es gut ergangen in all den Jahren?"
Chrisi Admin
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Di Nov 15, 2016 11:45 pm
Jacques
Jacques nickte lächelnd. "Ich habe auch an dich gedacht über all die Zeit und mich gefragt, wie es euch ergangen ist. Dass du Lordkanzler geworden bist, konnte mir natürlich nicht entgehen. Es hat mich gefreut, schließlich habe ich euch Beide kennengelernt, als ihr nichts hattet." Er prostete William mit einem Becher Wein zu. "Ach, sie hat doch noch nicht einmal die Ruhe genießen können, als du ein paar Wochen in Frankreich warst. Glaubst du, das hat sich geändert, wenn du im Krieg bist?" Er hob die Augenbrauen. "Mon dieu, da wart ihr wirklich fleißig, nicht wahr? Eine bewundernswerte Frau." Jacques nahm einen Schluck Wein. "Ja, ich bin nach Louis' Tod in Philippes Dienste eingetreten und bin einer seiner Leibwächter. Er hat mich mit her geschickt, um Richard erneut seine Freundschaft zu beweisen, indem er dem Prinzen Stephan mich zur Begleitung mitsendet. Ich habe geheiratet. Meine Yvonne und ich haben drei Kinder, zwei Knaben und ein Mädchen. Ich erwarte dieser Tage mein erstes Enkelkind."
GreyStorm
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Di Nov 15, 2016 11:56 pm
"Ja, da hast du uns kennen gelernt. Und obwohl du nicht gemusst hättest, hast du uns geholfen. Das werde ich dir bis an mein Lebensende nicht vergessen, Jacques." William wusste, was für einen Freund er in dem Franzosen damals gefunden hatte. Ohne Jacques wäre vieles schwieriger gewesen, er hätte sich viel mehr der Trauer und dem Selbstmitleid hingegeben und all das, was Jacques getan hatte, hatte er aus freien Stücken getan, er war schließlich zu nichts weiter verpflichtet gewesen als dafür zu sorgen, dass William nicht flüchtete. William lachte und schüttelte den Kopf. "Wohl eher nicht. Und bei Gott, wir werden beide froh sein, wenn wir uns wieder sehen. Ich bin es in den letzten Jahren kaum noch gewohnt gewesen von ihr getrennt zu sein, schon gar nicht so lange." Er grinste amüsiert. "Das waren wir zweifelsohne." William lauschte Jacques' Bericht und legte diesem eine Hand auf die Schulter. "Das freut mich wirklich für dich, mon ami. Du hast es verdient."
Chrisi Admin
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Mi Nov 16, 2016 6:51 pm
Jacques
Jacques nickte. "Natürlich. Ich konnte doch nicht zulassen, dass du Trübsal bläst und in Selbstmitleid zerfließt. Und dass deine Frau in Lumpen heiratet, konnte ich auch nicht zulassen. Das hätte jeder Mann mit Anstand getan, denkst du nicht? Zumal Louis Gefallen an dir gefunden hatte. Er hätte dich gern in seinen Reihen gehabt. Wenn ich mir anschaue, wie es jetzt steht, hättest du das vielleicht auch besser getan. Dein König wird diesen Krieg verlieren. Aber ich weiß, du hängst an ihm." Jacques lächelte leicht. "Ich glaube es dir. Danke. Ich bin auch froh, wenn ich meine Frau wiedersehe. Wir werden langsam zu alt für so einen Unsinn. Lass uns einfach noch einen Becher trinken und den Abend genießen. Heute Abend dürfen wir es uns gestatten, keine Feinde auf dem Schlachtfeld zu sein."
GreyStorm
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Mi Nov 16, 2016 10:15 pm
William zuckte leicht mit den Schultern. "Das möchte man meinen, aber entweder ist es nicht so oder die meisten haben nun einmal doch keinen Anstand. Auf jeden Fall weiß ich sehr zu schätzen, was du getan hast." Dann schnitt William eine leichte Grimasse. "Tja, wer weiß, vielleicht hätte ich das besser getan, aber Henrys Weg ist der meine. Das war schon fast mein ganzes Leben lang so. Und ja, man kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass ich an ihm hänge." bestätigte William und sah kurz zu Henry hinüber, der sich nach wie vor recht gut schlug. "Wohl wahr ... ja, das klingt nach einem guten Vorhaben. Und wer weiß, wenn all das hier durchgestanden ist, hast du vielleicht Lust mit deiner Familie einmal nach Truro zu kommen. Joanna und ich würden uns sehr freuen."
Chrisi Admin
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Mi Nov 16, 2016 10:36 pm
Henry war letztendlich nichts Anderes übrig geblieben, als Richards Forderung nachzugeben und sich nach Azay-le-Rideau zu begeben. Der Weg verlangte ihm viel ab, aber er hatte darauf bestanden selbst zu reiten. Die Rast in Chinon hatte geholfen, dass er sich ein wenig erholen konnte und so hatte er sich über die Köpfe seiner Vertrauten hinweg gesetzt. Er würde Richard keine Schwäche zeigen. Wenn diese ganze Sache vorbei war, konnte er genug ruhen und sich erholen. Jetzt war nicht die Zeit dafür. Sie waren eingetroffen und nun war alles bereit für die Unterzeichnung. Henry schloss kurz die Augen. Nun also würde es enden... Warum war John nicht gekommen?
GreyStorm
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Mi Nov 16, 2016 10:49 pm
William war ganz und gar nicht wohl bei dieser Sache, besonders die Tatsache, dass Henry unbedingt selbst hatte Reiten wollen, hatte ihm Magenschmerzen bereitet. Zwar war es von Chinon nach Azay-le-Rideau nicht so furchtbar weit wie der Weg auf ihrer Flucht nach Chinon, aber im Grunde war für Henry alles zu weit, was von seinem Bett weiter als bis zur Halle der Burg führte. Doch natürlich hatte Henry seinen Willen durchgesetzt und William wich seitdem nicht mehr von seiner Seite, um im Notfall schnell bei ihm sein zu können. Richard saß neben Philippe an dem Tisch in der Halle und sah seinem Vater mit unbewegter Miene entgegen. Es war recht deutlich, dass Henry nicht gerade in guter Verfassung war, aber die Zeiten in denen Richard deshalb Mitleid empfunden hätte, waren längst vorbei. "Ah, ich stelle zufrieden fest, dass Ihr so klug wart und meiner Einladung gefolgt seid." bemerkte er als Henry dicht genug heran getreten war. "Setzt Euch doch." Richard wies auf den Platz ihm gegenüber. "Dann können wir auch direkt anfangen." Er gab einem Diener ein Zeichen und dieser brachte die vorbereitete Pergamentrolle und legte sie auf den Tisch. "Das sind die Bedingungen unter denen wir die Waffen nieder legen werden. Ihr könnt sie gern in Ruhe durchlesen, aber ..." er brauchte nicht hinzuzufügen, dass sie beide wussten, dass Henry keine Wahl blieb. "Das wichtigste ist der Abschnitt gleich hier" Richard deutete auf das Pergament. "Er bestätigt mich als Euren alleinigen Nachfolger."
Chrisi Admin
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Mi Nov 16, 2016 10:58 pm
Henry runzelte unmerklich die Stirn, bewegte sich dann aber mühsam aufrecht zum Tisch. "Es wäre schöner gewesen, wäre es tatsächlich als Einladung formuliert gewesen, aber ich war als der Ältere bereit über diesen Mangel an Höflichkeit hinweg zu sehen." Er setzte sich Richard gegenüber. "Je schneller wir diese Sache hinter uns haben, desto besser." Er zog das Pergament zu sich heran und kniff die Augen zusammen, um die Worte genau zu lesen. Seine Augen ließen im Alter nach, aber er würde den Teufel tun und jemanden bitten vorzulesen. "Nun gut...Ich hoffe, Ihr habt daran gedacht mit aufzunehmen, dass wir eine Liste der Verräter austauschen, wenn dieses Pergament unterzeichnet ist?" Es schmeckte ihm gar nicht, aber was hatte er schon für eine Wahl? Sie waren am Ende. Er ließ sich Tinte und Feder bringen und setzte seine Unterschrift darauf.
GreyStorm
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Mi Nov 16, 2016 11:05 pm
Richard schürzte leicht die Lippen. "Wie großzügig von Euch." erwiderte er spöttisch und beobachtete dann, wie Henry das Pergament studierte. Endlich, endlich hatte er es geschafft. Er hatte ihn ja immer gewarnt, dass Henry es bereuen würde, ihn zu unterschätzen. Und nun hatte er es bewiesen und Englands Krone würde sein werden. Richard wiegte den Kopf leicht hin und her. "Ich würde vorschlagen, wir schicken jeder morgen früh nach Sonnenaufgang einen Boten zum jeweils anderen mit der Liste. Wenn wir es hier tun, würde es womöglich nur zu hässlichen Szenen kommen, das wollen wir doch verhindern, nicht wahr?" entgegnete Richard mit einem trügerisch sanften Lächeln.
Chrisi Admin
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Mi Nov 16, 2016 11:17 pm
Henry konnte beinahe spüren, wie Richard innerlich triumphierte und das verursachte ihm beinahe Brechreiz. Er versuchte dennoch sich nichts anmerken zu lassen und legte die Feder zur Seite. "Diesem Vorschlag kann ich leider nicht zustimmen. Es war vereinbart es hier und jetzt zu tun. Wie soll ich Euch sonst trauen, dass ich auch wirklich eine Liste bekomme? Hässliche Szenen fürchte ich nicht weiter. Habt Ihr etwa Angst? Ich denke nicht, dass einer der Verräter so wichtig sein könnte, dass es mir mehr abringt als ein wenig Verärgerung.", erwiderte Henry ein wenig provokant und lehnte sich betont lässig zurück. "Unsere Liste ist bereit, wie steht es mit Euch? Haltet Ihr Euer Wort ein?"
GreyStorm
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Mi Nov 16, 2016 11:25 pm
Richard betrachtete seinen Vater einen Moment lang, dann seufzte er leise. "Ich halte immer mein Wort. Aber nun gut, wenn Ihr es unbedingt so wollt, soll es so weit." Er gab dem Diener ein weiteres Zeichen und erneut trat der Mann mit einem zweiten Schriftstück vor. "Aber sagt hinterher nicht, ich hätte Euch nicht gewarnt." entgegnete Richard. Er wusste, dass die Liste, die er von Henry kriegen würde, nicht sonderlich lang war. Die wenigsten standen noch auf Henrys Seite, es war also recht überschaubar. Doch er wusste auch, dass es seinen Vater hart treffen würde, Johns Namen auf der Liste zu lesen.
Chrisi Admin
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Mi Nov 16, 2016 11:36 pm
Henry hob die Augenbrauen, nickte dann aber. Er gab einem seiner Diener einen Wink, damit dieser die Schriftrolle mit ein paar wenigen Namen an Richard übergab. Er wusste, Richards Liste würde bedeutend länger sein. Er entrollte sie ein Stück weit und stolperte gleich über den ersten Namen auf der Rolle. John Plantagênet....das konnte nicht sein. "Ich hätte ahnen sollen, dass Ihr auch jetzt noch versucht mich zu betrügen. Diese Liste entspricht nicht der Wahrheit. Wer hat sich diesen Unsinn ausgedacht? John würde niemals überlaufen.", reklamierte er sofort. "Dass du soweit gehen würdest so zu lügen...." Dabei hatte Richard doch schon alles.
GreyStorm
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Mi Nov 16, 2016 11:42 pm
Richard seufzte leise. "Ich dachte mir fast schon, dass Ihr die Augen vor der Wahrheit verschließen würdet. Aber was denkt Ihr wohl, wieso war John die letzten Tage über nicht bei euch? Wieso ist er ausgerechnet in einem so entscheidenden Moment verschwunden?" gab Richard zu bedenken und drehte sich dann etwas um. "Jean, hol meinen Bruder her, sei so gut." trug er dann einem der Diener auf, ehe er Henry wieder ansah. "Dann werdet Ihr ja sehen, dass er hier ist. Und dass er Euch genau so schamlos hintergangen hat, wie man es von einer Natter wie ihm erwartet." Richard hatte eigentlich darauf gehofft, sich diese Szene ersparen zu können, denn ihn widerte Johns Verrat selbst unheimlich an. Aber natürlich hatte er den Bruder auch nicht weggeschickt als dieser zu ihm gekommen war.
Chrisi Admin
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Mi Nov 16, 2016 11:54 pm
Henry machte eine abwehrende Geste. "Warum sollte ich das tun? Es ist nicht die Wahrheit. Das würde mein Sohn nie tun." Nicht nach all dem, was er für ihn auf sich genommen hatte all die Jahre. Nachdem er ihm alles gegeben hatte und vielleicht ihm der beste Vater von allen seinen Kindern gewesen war. "Er hatte eben noch Angelegenheiten zu regeln und ist auf dem Weg nach Chinon." Der Diener kehrte zurück und Henry traute seinen Augen kaum, als John hinter ihm um die Ecke kam und die Halle betrat. Der König erhob sich langsam, leicht schwankend, für einen Moment sprachlos. Eine Ader pochte heftig an seiner Schläfe. "Was hat das zu bedeuten, John?", fragte er mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, auch wenn gerade eine elende Schwäche seine Beine hoch zu kriechen drohte.
GreyStorm
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Do Nov 17, 2016 12:02 am
Richard lächelte freudlos. "Ich wünschte beinahe, es wäre so." entgegnete er und wandte den Kopf als Jean zurück kehrte - gefolgt von John, dessen Augen sich leicht weiteten als er Henry entdeckte. Die Abscheu, die Richard für seinen Bruder empfand, stieg in diesem Moment nur noch mehr und er wünschte sich erneut, John hätte doch wenigstens ein bisschen mehr Rückrat. Dieser jedoch versuchte den direkten Blickkontakt zu seinem Vater zu meiden und hob in einer beinahe bockigen Geste die Schultern. "Ich habe nur getan, was ich tun musste." Weil du ein Feigling bist und einmal auf der Siegerseite stehen wolltest fügte Richard zornig in Gedanken hinzu.
Chrisi Admin
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Do Nov 17, 2016 12:14 am
Henry schaute John direkt an, ungläubig und fassungslos. Dieser sein Sohn, sein Liebling, schaute ihn nicht einmal an und die ablehnende Haltung sprach nun wirklich Bände. "Was du tun musstest? Ich habe für dich alles getan und das ist der Dank? Dass du mich verrätst?" Henry ging langsam auf John zu, dann ohrfeigte er ihn mit aller Kraft, die er noch aufbringen konnte, als sei John immer noch ein kleiner rebellischer Junge. Einen solchen Eindruck machte er auch gerade... Henry fühlte sich beinahe wie in Schockstarre und wankte nur noch wortlos aus der Halle. Er hatte das Gefühl, sich kaum einen Meter mehr auf den Beinen halten zu können. Und kaum hatte er die Tür hinter sich gelassen, trugen ihn seine Beine nicht mehr und er sank schwindelnd an der Wand entlang zu Boden. Er war am Ende....verraten sogar vom letzten seiner Söhne.
GreyStorm
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Do Nov 17, 2016 12:22 am
William sah noch einmal zu Philippe und Richard hinüber, der Blick verweilte einen Moment lang bei letzterem, dann wandte er sich ab und folgte Henry mit zügigen Schritten zur Tür. Er hatte seinen Cousin gerade draußen eingeholt als diesem die Beine den Dienst verweigerten. Rasch trat William hinzu und stützte Henry, damit dieser nicht gänzlich zu Boden ging. "Komm" begann er mit sanfter Stimme. "Lass uns zurück nach Chinon. Dort kannst du dich ausruhen und wir vergessen diese Sache hier für ein paar Tage, einverstanden?" murmelte William leise und legte einen Arm um Henrys Taille, um ihn besser stützen zu können. Wie sehr er doch gerade John und auch Richard verabscheute. John für dessen so schändlichen Verrat an Henry und Richard dafür, dass er aufbegehrt hatte und seinen Vater zu unbarmherzig gejagt hatte, dass William mittlerweile tatsächlich um Henrys Leben fürchtete.
Chrisi Admin
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Do Nov 17, 2016 12:32 am
Henry war einmal mehr dankbar für Williams unerschütterliche Freundschaft und Treue. Vermutlich hätte er eine ganze Weile hier auf dem Boden gesessen, bis ihm jemand geholen hätte, hier in Feindes Hand... "Wenigstens du bist mir treu, wenn auch sonst niemand...", stellte Henry rau fest und nickte. "Nur fort..." Er würde vermutlich nicht reiten können, er konnte kaum laufen. Aber William würde ihn irgendwie fortbringen. "Was habe ich getan, mein alter Freund, dass mein letzter Sohn mich so verrät? Habe ich nicht alles für ihn getan? Ich dachte, diesmal würde ich es richtig machen.", nuschelte er verwaschen. Das war Richards letzter Triumph, er war vollkommen am Boden.
GreyStorm
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Do Nov 17, 2016 9:30 am
William brachte tatsächlich ein Lächeln zu Stand. "Seit ich dir das erste Mal die Nase blutig geschlagen habe, war ich das immer, nicht wahr? Und daran wird sich auch nie etwas ändern." erklärte er sanft und nickte dann. Sie würden sich irgendetwas einfallen lassen, um Henry wieder nach Chinon zu bringen. Reiten konnte er jedenfalls nicht mehr ohne Gefahr zu Laufen nach wenigen Metern vom Pferd zu kippen. William sah Henry einen Moment lang schweigend an, während er begann ihn den Gang entlang führte. Es brachte ja nichts, wenn er Henry nun vorhielt, was für ein verschlagenes Subjekt John war, also sparte er sich die Worte und sagte stattdessen: "Nicht dein letzter, Henry. Denk daran, du hast immer noch Geoffrey und Harry, die dir beistehen. Harry vielleicht nicht hier vor Ort, aber ihr habt doch euren Streit beilegen können und er liebt dich sehr. Und Geoffrey wartet immerhin in Chinon auf dich." Wenngleich beide Söhne illegitim waren und vielleicht war es auch genau dieser Grund weshalb Henry mit ihnen auskam: mit ihnen musste er nicht um irgendwelche Machtbefugnisse ringen.
Chrisi Admin
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Do Nov 17, 2016 9:58 pm
Henry nickte. "Oh ja, das warst du und wirst es sein...", erklärte er überzeugt. Wiliams Worte waren in gewisser Weise tröstlich, denn er hatte Recht. Seine unehelichen Söhne bereiteten ihm weniger Probleme als seine ehelichen. Harry und Geoffrey würden ihn nicht so hintergehen, wie Richard und John es taten. "Ja, Geoffrey ist in Chinon..." Er stützte sich schwer auf William, als sie den Gang entlang vor arbeiteten. "Wir müssen....hier weg...So schnell wie möglich. Ich ertrage es nicht hier zu bleiben." Auch wenn sich die Umgebung vor seinen Augen immer wieder drehte und seine Glieder zu schmerzen begannen. "Mein Bein ist taub...", stellte er verwundert fest. Er konnte sein rechtes Bein kaum fühlen, wie durch Watte.
GreyStorm
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Do Nov 17, 2016 10:04 pm
William nickte. "Ja, das werde ich. Das werde ich noch sehr lange sein, Henry." murmelte William leise, während er seinen Cousin den Gang entlang führte - wobei er ihn mittlerweile beinahe eher trug als ihn nur stützte. "Genau, er ist in Chinon und wartet dort auf dich. Also lass uns zusehen, dass er nicht zu lange warten muss. Geoffrey ist aus eurer Familie zwar der Geduldigste, aber gemessen an normalen Menschen ist er immer noch ungeduldig." bemerkte William augenzwinkernd in der Hoffnung, Henry ein wenig ablenken zu können. Er warf Henry einen prüfenden Blick zu. "Hm. Das wird schon wieder. Du musst es nur noch bis Chinon aushalten, dort kannst du dich ausruhen. Marshal wartet draußen und dann sehen wir zu, dass wir dich hier wegkriegen. Es wird sich schon etwas finden, damit du nicht reiten musst."
Chrisi Admin
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Do Nov 17, 2016 10:12 pm
Henry gab ein heiseres Lachen von sich. "Ja, das ist wohl so...die Geduld hat er von seiner Mutter schätze ich." Da Eleonore auch nicht gerade die Geduld in Person war, waren seine ehelichen Kinder mit dieser Eigenschaft auch nicht gerade gesegnet, da hatte Geoffrey die besseren Karten. "In seiner Laufbahn sollte er das aber auch sein." Es tat gut und lenkte von seinem Zustand ab, wenn William mit ihm scherzte. "Ja...Chinon..." Er seufzte schwer. "Das es soweit kommt, dass ich nicht selber reiten kann..." Aber er war nicht einmal in der Lage in den Sattel seines Pferdes zu steigen, wie sollte er also so einen Ritt überstehen? Es gab keine Möglichkeit und er brauchte Ruhe. Und seien Arzt. "Vielleicht ist Lucas inzwischen in Chinon..."
GreyStorm
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Thema: Re: William und Joanna - 1188 bis 1189 Do Nov 17, 2016 10:19 pm
Edward hatte ungeduldig am Fenster gestanden und fuhr nun herum als sich die Tür öffnete und Robert herein trat. "Ah, wie passend, dass du her kommst, Bruderherz." bemerkte er ein wenig gereizt und machte einen Schritt auf Robert zu. "Vielleicht kannst du mir ja erklären, wieso noch immer dieser Bär vor der Tür steht und sich weigert mich vorbei zu lassen? Henry hat unterzeichnet und wie ich von hier aus wunderbar beobachten konnte, ist er auch wieder abgereist. Da hier nicht die Hölle losgebrochen ist, gehe ich also davon aus, dass alles beigelegt wurde ... wieso bin ich dann also noch hier?" drängte Edward ungeduldig. Er wollte nichts sehnlicher als diese Gefangenschaft und vor allem Richard hinter sich zu lassen.