William und Joanna - 1194

William war froh wieder zu Hause zu sein und hatte sich in den ersten Tagen etwas dem Müßiggang hingegeben. Er hatte viel Zeit mit Joanna verbracht und hatte das Gestüt aufgesucht, mit Philippe über die Pferde gesprochen und die neuen Fohlen begutachtete, die zur Welt gekommen waren. Und er genoss es in den Sattel von Bonheur zu steigen und mit diesem auszureiten - ohne den Trubel einer großen Jagdgesellschaft, wie es am Hof irgendwie immer unvermeidlich gewesen war.
Auch heute war er mit Bonheur unterwegs gewesen, allerdings waren sie von einem Regenschauer überrascht worden und nachdem er seinen Hengst gut versorgt im warmen Stall wusste, hatte auch William sich so zügig wie möglich zurück zur Burg begeben, zumal auch Joanna schon auf ihn wartete.
Er schnitt eine kleine Grimasse als er eintrat. "Gut war er, aber wir beide sind keine Freunde von diesem Wetter." bekundete William und schauderte leicht. Als Joanna ihn mit einem Stirnrunzeln bedachte, winkte er ab. "Ach was, natürlich ist alles in Ordnung. Ich bin nur in den Regen gekommen, nichts was trockene Kleidung nicht wieder in Ordnung bringt." erwiderte er.

Joanna ging zu ihrem Mann hinüber und strich ihm eine feuchte Strähne aus dem Gesicht. "Hm, wer ist das schon... Gegen ein bisschen wärmeres Wetter hätte ich auch nichts einzuwenden. Aber es freut mich, dass er sich so entwickelt, wie du es dir erhofft hast."
Sie lächelte leicht und gab ihm einen sanften Kuss.
"Na dann los, zieh dich um, bevor du mir noch krank wirst, Liebster. Bald wollen wir schließlich ein bisschen die Welt erkunden, da wäre eine Erkältung hinderlich." Sie wandte sich seiner Truhe zu und holte ein trockenes Hemd heraus.
"Heute Abend will Cedric ein neues Werk zum besten geben. Wollen wir es uns anhören?"

William lächelte als Joanna zu ihm trat. "Wohl wahr, aber so ein bisschen Regen kann uns ja letztlich auch nicht schrecken." beschied er und gab Joanna einen sanften Kuss als sie ihm die nassen Haare aus der Stirn strich. "Mich auch. Er ist ein hervorragendes Pferd und da er mich nicht mehr in schwerer Rüstung in den Krieg tragen muss, wird er mir wohl lange erhalten bleiben. Außerdem bin ich sicher, dass er hervorragende Fohlen bringen wird."
William begann sich aus seinen nassen Sachen zu schälen. "So schnell werde ich schon nicht krank." beschwichtigte er, nahm aber mehr als dankend die trockenen Sachen entgegen, die Joanna nach und nach hervor holte.
Als er schließlich umgezogen vor ihr stand, legte er die Arme um sie und zog sie an sich. "Das klingt nach einer guten Idee. Aber lass es uns bis dahin noch etwas gemütlich machen. Ich etwas Wärme und Ruhe jetzt wirklich gut gebrauchen und du bist für beides so gut geeignet." bemerkte William augenzwinkernd.

 

Joanna nickte. "So ist es wohl. Und was Bonheur angeht, würde mich das freuen. Er ist sicherlich eine Bereicherung für unsere Zucht hier. Philippe und Robert werden das zu schätzen wissen, da bin ich mir sicher."
Sie wartete, bis er sich umgezogen hatte und schmiegte sich dann an ihn. "Hm, das ist sehr verlockend. Gut geeignet, ja? Das ist sehr schmeichelhaft. Wir sind offenbar tatsächlich alt geworden.", erwiderte sie amüsiert. "Früher hättest du mich nie mit dem Wort Ruhe in Verbindung gebracht, nicht wahr?"
Sie zog ihn mit sich zum Kamin hinüber, wo sie sicher ein paar angenehme Stunden zusammen verbringen konnten.

William erwachte als die Sonne durch das Fenster in ihr Gemach fiel. Die Nächte waren mild, so dass sie die Fensterläden nicht mehr ganz schließen brauchten, doch als William die Augen aufschlug, hatte er eher das Gefühl als befänden sie sich schon mitten im Hochsommer und nicht an einem angenehmen Frühlingstag.
Er blinzelte kurz und schalt sich dann einen Narren, vermutlich hatte er nur einen wirren Traum gehabt, der seinen Puls ein wenig in die Höhe getrieben hatte.
Joanna schien neben ihm noch zu schlafen, also richtete er sich auf und schwang die Beine über die Bettkante, doch bevor er aufstehen konnte, musste er sich am Bettpfosten abstützen, denn das Gemach um ihn herum verschwamm ein wenig.
William hielt inne und holte ein paar Mal tief Luft. Das war neu. Sicher, er war keine zwanzig mehr, aber er hatte nie mit Schwindel am Morgen zu kämpfen gehabt. Allerdings war ihm normalerweise auch nie so warm ...

Joanna öffnete blinzelnd die Augen. Die Sonne schien und es versprach ein angenehmer Tag zu werden. Sie wandte schläfrig den Kopf, doch plötzlich war sie hellwach. William saß auf der Bettkante und hielt sich am Bettpfosten fest.
Er atmete ungewöhnlich heftig und so rutschte sie rasch zu ihm hinüber. "William! Was ist mit dir?", fragte sie besorgt und griff nach seiner Hand. Erschrocken starrte sie ihn an. "Meine Güte, du bist ja ganz heiß! Du hast Fieber! Um Gottes Willen, leg dich wieder hin, ich werde John holen.", sagte sie energisch und stand auf.
Sie zog sich rasch ein schlichtes Kleid über. "Was machst du nur für Sachen?"

William gab einen unwilligen Laut von sich als er Joannas Stimme hinter sich hörte. Er hatte gehofft, sie würde noch ein wenig schlafen. Wenn er erst einmal auf den Beinen war und einen Schluck getrunken hatte, würde es schon wieder gehen.
Eigentlich wollte er die Hand weg ziehen, aber aus irgendeinem Grund schien sie schwer wie Stein, so dass er nicht verhindern konnte, dass Joanna nach seiner Hand griff. "Ach Unsinn ... es war nur ein schlechter Traum." erwiderte er, hörte aber selbst, dass seine Stimme etwas schleppend klang.
Krank ... wie lächerlich. Er bekam doch nicht einfach so Fieber!
William wollte protestieren und erhob sich, doch als ihm kurz schwarz vor Augen wurde, musste er einsehen, dass Joanna wohl Recht hatte, es war besser, wenn er sich wieder hinlegte. Keuchend ließ er sich wieder auf das Bett sinken und beobachtete wie Joanna sich eilig anzog.
Das war doch unmöglich, er konnte doch jetzt nicht so etwas lächerliches wie eine Erkältung bekommen ...

Joanna schüttelte den Kopf. "Das ist kein schlechter Traum gewesen. Du bist krank, du glühst regelrecht. Du wirst dich hinlegen."
Vielleicht war das alles in letzter Zeit einfach ein bisschen viel für ihn gewesen, sodass er nun, da er zur Ruhe kam, anfälliger für eine Erkältung war. Allerdings schien William selbst zu bemerken, dass er einfach nicht die Kraft hatte, aufzustehen.
"Ich hole John, er hat sicher ein Wundermittelchen für dich und du bist im Nu wieder auf dem Damm." Das hoffte sie zumindest.
Sie machte sich auf den Weg zu John, den sie um diese Zeit wohl noch Zuhause finden würde.  Ihr alter Freund musste einfach kommen und William helfen.

William sah Joanna an und nickte schließlich resignierend. Erschöpft streckte er sich wieder auf dem Bett aus und verfluchte sich insgeheim selbst, dass er ausgerechnet jetzt krank wurde. Wie lächerlich das war! So lange hatte er sich förmlich aufgerieben zwischen seinen Aufgaben und Verpflichtungen und jetzt wo er hier zur Ruhe kommen wollte ...
William atmete tief durch und schloss für einen Moment die Augen als Joanna eilig das Gemach verließ. Sie hatte ja Recht, er musste sich ausruhen und John würde schon einen guten Rat wissen, ein paar Kräuter oder sonst etwas. Dennoch ärgerte William sich über diese unsinnige Verzögerung, denn so würde es noch länger dauern bis sie ihre Reisepläne in Angriff nehmen konnten.

John hatte Joanna besorgt begleitet, als diese ihm von Williams Zustand berichtet hatte. Noch erschien ihm die Lage allerdings recht unbedenklich, eine Erkältung hatte man sich rasch eingefangen. Er betrat an ihrer Seite die Gemächer der Beiden und wandte sich William zu, der auf dem Bett lag und reichlich mitgenommen wirkte.
"Du hast doch sonst so eine Rossnatur, mein alter Freund, du hast dir wohl etwas viel zugemutet die letzte Zeit.", bemerkte er seufzend. Er fühlte Williams Stirn und legte die seine in Falten. "Und du hast gestern noch nichts davon bemerkt? So plötzlich so hohes Fieber zu bekommen, ist ein bisschen ungewöhnlich. Hast du Schmerzen? Probleme beim Atmen?"
Er überlegte kurz. "Wir sollten auf jeden Fall das Fieber bekämpfen, Wickel machen und ich werde dir eine Arznei geben."

William schlug die Augen auf als er Schritte hörte und sich im nächsten Moment die Tür öffnete. Er stützte sich auf dem Ellenbogen ab, um sich in eine aufrechte Position zu bringen und schnitt eine kleine Grimasse. "Dabei sind Pferde doch so empfindsame Tiere, mein Freund." entgegnete William, dann zuckte er leicht mit den Schultern. "Ich bin gestern mit Bonheur in einen ordentlichen Schauer geraten, aber ... nein, ich hätte da nicht erwartet, dass es mir heute so gehen würde." erklärte er und rang etwas nach Atem. Das Sprechen strengte etwas an und dabei war das Atem so doch schon etwas mühselig.
"Hm, keine Schmerzen bisher." erklärte er. "Probleme beim Atem nur, wenn ich dir hier kleine Monologe zu meiner Gesundheit halten muss."

John lächelte leicht. "Ja, ich weiß. Und doch sind sie so viel genügsamer als wir Menschen, nicht wahr?" Er nahm sein Hörrohr und machte sich daran, Williams Brust abzuhören. "Hm, ich glaube nicht, dass ein bloßer Schauer das hier so rasch verursacht hätte."
Er dachte einen Moment nach und kramte in seiner Tasche, um Joanna ein paar Kräuter zu geben, mit denen sie einen Aufguss machen sollte. "Gegen das Fieber...und ah, hier..." Er zog ein Döschen heraus mit einer Paste.
"Es ist eine neue Rezeptur, die Elena ausgetüftelt hat für die Zwillinge. Sie funktioniert bei Erkältungen tadellos und erleichtert das Atmen, daher hoffe ich, dass es dir auch hilft. Du musst dich schonen und viel Ruhe halten, das ist eine ärztliche Anordnung. Ich sehe heute Abend noch einmal nach dir."

William machte eine leicht abwehrende Geste. "Ach, ich schätze, so schlimm ist es auch gar nicht." brummte er, vor allem unzufrieden mit sich selbst und seiner angeschlagenen Gesundheit.
William beobachtete mit skeptischem Blick wie John Joanna einige Kräuter gab. Vermutlich würden sie fürchterlich schmecken, so wie die meisten dieser Kräutermischungen. Aber bisher hatten sie immer hervorragend geholfen, also wollte William sich nicht beschweren.
"Hm, nun dann kann sie ja nur gut sein. Dein Schwiegertöchterchen weiß schon ganz genau, was sie da tut." bemerkte William, wollte eigentlich noch etwas hinzufügen, wurde jedoch durch einen kurzen Hustenanfall davon abgehalten.
Unwillig schüttelte er den Kopf als er wieder zu Atem kam. "Werde ich. Ich schätze, Joanna wird mich ohnehin nicht aus dem Bett lassen." bemerkte er mit einem schiefen Lächeln.

Joanna hatte Johns Anweisungen befolgt und William einen Sud zu trinken gegeben, der das Fieber senken sollte. Sie hatte seine Brust eingerieben und ihm Wickel gemacht. Seit einiger Zeit schlief er nun, unruhig und von Hustenanfällen geschüttelt, aber immerhin gönnte er sich Ruhe. Und das war schon Grund genug zur Sorge, denn William war in diesen Dingen äußerst unvernünftig.
Jetzt gegen Abend aber hatte sie das Gefühl, das Fieber würde noch heftiger in ihm brennen. Sie wechselte das Tuch auf seiner Stirn und setzte sich dann seufzend wieder auf den Sessel neben dem Bett. "Was machst du nur für Sachen, Liebster?", fragte sie leise. William war so selten krank, aber sie erinnerte sich noch gut daran, wie sie ihn vor so vielen Jahren fast an eine entzündete Pfeilwunde verloren hatte. Glücklicherweise war das hier wohl nur eine starke Erkältung.

William hasste es krank zu sein. Nicht so sehr wegen der Krankheit selbst, sondern vielmehr, weil er immer das Gefühl hatte dabei wertvolle Zeit zu vertun. Im Bett zu liegen und darauf zu warten, dass man sich erholte war nicht unbedingt ein vergnüglicher Zeitvertreib.
Irgendwann war er in einen unruhigen Schlaf gefallen, aber wirklich Erholung fand er dabei nicht. Eher im Gegenteil, als William das nächste Mal die Augen aufschlug, fühlte er sich wie gerädert. Er hustete keuchend und wandte den Kopf etwas bis er Joanna neben dem Bett entdeckte.
"Joanna ..." murmelte er und griff nach ihrer Hand. "Dir Kummer, so wie immer." bemerkte er mit einem matten Lächeln.

Joanna beugte sich etwas vor, als er ihren Namen murmelte und griff die suchende Hand. Sie führte seine Hand sanft an ihre Lippen und küsste sie.
"Aber viel öfter bereitest du mir Freude, daher sei es dir verziehen. Ich hoffe doch, dass du mir nicht noch mehr Kummer machen willst. Ich sorge mich tatsächlich ein bisschen um dich, das Fieber ist gestiegen. John sagt zwar, das sei gegen Abend normal, aber..."
Sie strich ihm eine schweißnasse Strähne aus der Stirn. "Wie fühlst du dich?" Sicher würde es ihm morgen schon besser, wenn auch seine Atmung wieder ruhiger wurde und er besser Luft bekam. "Du solltest noch etwas mehr trinken. Das ist wichtig bei Fieber."

"Hm, trotzdem würde ich dir im Moment gerne noch weniger Kummer machen." erwiderte William leise und hob dann die Schultern. "Etwas erschlagen und mir ist furchtbar heiß." Zudem war das Atem anstrengend, aber das wollte er Joanna nicht auch noch auf die Nase binden, zumal sie es ja vermutlich eh wusste. Man erkannte es daran wie er atmete, daran wie er sprach und wie der Husten in seiner Lunge zu rasseln schien.
William nickte ergeben. "Dann her mit Johns leckerem Gebräu ... oder gönnst du mir womöglich einen Schluck Wein?" fragte er lächelnd und versuchte seiner Stimme einen leicht neckenden Ton zu geben.
Er wollte Joanna keine Angst machen und das letzte, was er wollte, war sie jetzt zu verlassen ... sie hatten doch noch so viele gemeinsame Pläne für ihren Lebensabend gehabt.

"Dagegen hätte ich nichts einzuwenden, aber es ist wie es ist, nicht wahr? Also tu mir einfach den Gefallen und werd bald wieder gesund." William war ein Kämpfer und sie war sicher, dass sie gemeinsam alles überstehen konnten. Warum also nicht diese Krankheit?
"Das geht vorüber, du wirst sehen, mein Liebster.", redete sie sanft auf ihn ein, auch wenn das Geräusch in seinen Lungen ihr Sorge bereitete.
Sie lächelte und gab ihm etwas zu trinken. "Nein, nein, von mir bekommst du keinen Wein. Ich will deinen Körper damit jetzt nicht belasten, also wirst du schön Johns Sud trinken. Wein kannst du bekommen, wenn du gesund bist."
Sie strich ihm über die Wange. "Und jetzt schlaf, mein Liebster. Schlaf und werde gesund."

William nickte leicht. "Ich gebe mir die größte Mühe, versprochen. Schließlich hatten wir schon so schöne Reisepläne, ich will nicht, dass sie sich mehr als nötig verschieben." erwiderte er, wenngleich ein wenig schleppend.
Joannas Lächeln munterte ihn etwas auf und William fügte sich und trank den Kräutersud. "Hm, es ist ja schön und gut, dass das Zeug hilft, aber ich hätte nichts dagegen, würde es ein wenig besser schmecken."
William legte eine Hand an Joannas Wange als sie ihm über die seine strich. "Das werde ich. Aber du ... ruh dich auch ein wenig aus. Nicht, dass du die ganze Zeit über mich wachst und dich selbst dabei vergisst." bat William seine Gemahlin leise. Er wusste, dass sie nicht von seiner Seite weichen würde und hoffte inständig, dass sie sich dadurch am Ende nicht womöglich noch ansteckte.

Joanna verließ in den folgenden Tagen kaum je Williams Bett, doch sein Zustand wurde immer schlechter statt besser. Sie machte sich immense Sorgen und auch jetzt sah sie bang dabei zu, wie John ihren Mann untersuchte. Sie hatte seit Tagen kaum ein Augen zugetan vor lauter Sorge. Gott konnte ihr jetzt doch nicht ihren Mann nehmen! Sie hatten so viel ausgestanden und nun hatten sie endlich Zeit für sich, um ihren Ruhestand zu genießen. Und William lag hier und kämpfte um sein Leben, so wie es aussah. Das war wirklich nicht gerecht.
"John, was ist mit meinem Mann? Wie geht es ihm, kannst du etwas tun? Du musst ihm doch helfen können. Es muss doch langsam wirklich besser werden, John. Es wird immer schlimmer..."

John war wieder einmal bei William gewesen, um nach ihm zu sehen, aber egal was er bisher versucht hatte, keine Behandlung hatte wirklich angeschlagen und sein Freund schien vor seinen Augen nur so zu vergehen. Er richtete sich vom Krankenlager auf und sah Joanna mit ernster Miene an. "Ich tue, was ich kann, Joanna, aber die Krankheit ist sehr hartnäckig. Sie ist sehr plötzlich und sehr heftig aufgetreten und scheint sich in seinen Lungen festgesetzt zu haben." erklärte er langsam. "Ich habe mich mit Lucas und Azeem beraten, Elena hat noch einmal eine neue Zusammensetzung für den Kräutersud erarbeitet, aber ..." John hob etwas ratlos die Schultern. "William kämpft gegen diese Krankheit an, aber es scheint als hätte er sich in der letzten Zeit ein wenig viel zugemutete, er scheint nicht so widerstandsfähig wie sonst."
Johns Blick glitt zu dem Kranken hinab, dessen Brust sich mühsam hob und senkte. "Joanna, wenn bis morgen nicht wenigstens das Fieber etwas sinkt, dann ... solltest du eure Kinder informieren." schloss er dann, wenngleich die Worte nur unwillig über seine Lippen kamen. Er wollte sich nicht eingestehen, dass William, sein bester und ältester Freund, womöglich im Sterben lag.

 

"Aber du musst doch irgendetwas finden, das hilft!", widersprach Joanna verzweifelt. "Es muss doch irgendetwas geben... Es ging ihm vorher wirklich gut, es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass er krank wird."
Ihr Blick verharrte auf William und es schmerzte ihre Seele so sehr zu sehen, wie er litt und immer schwächer wurde. Als John weitersprach, starrte sie ihn an, für einen Moment wirklich gelähmt vor Entsetzen. Wenn John, der bis zum Ende immer an den Erfolg glaubte, so etwas sagte, musste es wirklich ernst sein.
Sie nickte knapp und vergrub dann das Gesicht in den Händen, als ihr die Tränen kamen. "Das ist einfach nicht fair, John. Jetzt, wo wir so viel vor hatten, kann Gott ihn mir doch nicht wegnehmen. Nachdem wir all die Jahre so viel für England zurück gesteckt haben."

Es schmerzte John, dass er keine besseren Nachrichten für Joanna hatte. Nicht nur, dass die Krankheit seines Freundes ihn traf, auch Joannas Verzweiflung nahm ihn mit, schließlich konnte er sie nur allzu gut verstehen. "Wir tun, was wir können, Joanna, das schwöre ich dir." versicherte John noch einmal. "Ein solches Lungenfieber ist tükisch, wenn es erst einmal so heftig ausgebrochen ist, aber wir werden weiterhin alles versuchen." John legte Joanna leicht eine Hand auf den Oberarm. "Wir geben ihn nicht auf, hörst du?"
John schluckte schwer als Joanna das Gesicht in den Händen vergrub. Er schloss sie vorsichtig in die Arme. "Ich weiß. Ich weiß ... mir gefällt dieser Gedanke auch nicht. Und so einfach lassen wir ihn auch nicht gehen, wir werden weiter kämpfen. Aber ich denke, es kann nicht schaden, wenn du eure Kinder informierst, sie werden ihn besuchen wollen, jetzt da es ihm so schlecht geht. Und wer weiß, vielleicht gibt ihm das auch wieder mehr Kraft, so dass er gegen das Fieber ankämpfen kann." John hoffte es jedenfalls inständig.

Joanna nickte leicht. "Ich weiß, ihr tut alles, was ihr könnt. Aber es ist so...schrecklich, dass man so machtlos ist. Ich kann nichts tun für ihn." Sie hob den Blick.
"Nein. Ich könnte ihn niemals aufgeben. Ich werde kämpfen bis zum Schluss." Sie erwiderte seine Umarmung. "Wir kennen uns so viele Jahre, John, und immer hast du es geschafft uns zu retten. Ich bete zu Gott, dass er dir auch dieses Mal die Kraft dazu schenken möge."
Joanna straffte die Schultern.
"Du hast Recht, ich sollte mich nicht so gehen lassen. Ich werde ihnen schnelle Boten schicken, damit sie rasch hier sein können. Vielleicht hilft es ihm tatsächlich."

William musste mehrmals blinzeln, ehe sein Blick sie etwas klärte. Erste wenige Lichtstrahlen fielen durch das Fenster und kündigten den neuen Tag an, aber William fiel es schwer sich an dem Anblick zu erfreuen, so wie er es sonst an einem neuen Morgen tat. Wie lange lag er schon hier? Wie lange kämpfte er schon gegen dieses Fieber und das Brodeln in seiner Lunge an? Ihm kam es vor wie Monate, aber so lange konnte es kaum sein, das hätte kein Mensch durchgehalten.
Er wandte den Kopf und stellte fest, dass sogar das schon mühsam war, trotzdem stahl sich ein erschöpftes Lächeln auf seine Lippen als er Joanna wie immer an seiner Seite sah. Egal wann er aufgewacht war, seine Frau war immer dort gewesen. Das Gefühl, das ihn bei diesem Gedanken überwältigte, war so heftig, dass es ihm die Kehle zuschnürte und wortlos griff er mit bebenden Fingern nach ihrer Hand. Sie wachte so entschlossen über ihn und er konnte nichts tun, um ihren Schmerz zu lindern.
Er räusperte sich etwas, was sogleich in ein ersticktes Husten überging. Es dauerte einen Augenblick bis er wieder etwas Luft bekam und Joanna wieder ansehen konnte. "War John ..." War John hier? Und was hat er zuletzt gesagt?