William und Joanna - 1194

Joanna war ein klein wenig eingedöst, während sie an Williams Bett wachte. Trotzdem war sie sofort wach, als er sich auf dem Bett regte und erwiderte den leichten Druck seiner bebenden Finger. Sie half ihm, sich ein kleines bisschen aufzurichten, als der Husten kam. Wie sehr es ihr wehtat, ihn so zu sehen und nichts tun zu können...
Sie zögerte einen kurzen Moment, weil sie ihn weder anlügen noch entmutigen wollte. Doch William spürte ja selber, dass es nicht besser wurde. Sie musste nur stark bleiben und durfte jetzt nicht in Tränen ausbrechen.
"Ja, er war hier. Er hat dir eine neue Mischung eingeflößt. Wir hoffen, dass sie hilft. Und...ich habe den Kindern Boten geschickt. Sie...sollten Bescheid wissen."

William nickte langsam. "Gut." murmelte er und schluckte leicht. "Gut, dass sie gerade alle in England sind." Er musste beim Sprechen immer wieder kleine Pausen machen, denn gerade nach einem Hustenanfall fiel ihm das Atmen so schon schwer genug.
William befeuchtete seine Lippen ein wenig. "Denkst du, es wäre sehr ... töricht, wenn Will herkommt? Wenn Rob ihn nur für ein paar Minuten bringt?" Besonders für so kleine Kinder war ein solches Krankenbett nicht gerade der beste Aufenthaltsort, aber wenn es tatsächlich mit ihm zu Ende gehen sollte, wenn er dieser Krankheit nicht widerstehen konnte, dann wollte William seinen kleinen Urenkel so gerne noch einmal sehen.
William sah Joanna an und lächelte matt. "Wie tapfer du bist ..." stellte er leise fest und drückte ihre Hand so gut er es vermochte. "Es tut mir Leid, dass ich dir solchen Kummer bereite." murmelte er mit erstickter Stimme. "Dabei hatte ich mich so darauf gefreut noch einmal mit dir über die Alpen zu ziehen."

Joanna seufzte leise. "Ja, nur gut...sie werden schnell hier sein." Sie biss sich hart auf die Unterlippe, um bei seiner Frage nicht sofort in Tränen auszubrechen. Natürlich wollte er Will noch einmal sehen. Der Kleine war schließlich die Zukunft dieser Grafschaft. "Ich denke, es wird schon gehen...ich rede mit John und dann bringe ich ihn her.", wisperte sie.
Giselle und Rob würden sich vielleicht etwas sorgen, aber William diesen Wunsch nicht abschlagen, da war sie sicher. Will war ein robustes Kerlchen geworden, er würde das schon überstehen.
Sie erwiderte seinen Blick sanft. "Was soll ich sonst tun? Das ist es, was mich all die Jahre an deiner Seite gelehrt haben. Tapfer zu sein und die Hoffnung nicht aufzugeben." Sie lächelte leicht und legte die Hand an seine Wange.
"Ich mich auch...aber ich will auch noch nicht glauben, dass alle Hoffnung verloren ist. Das war noch nie meine Stärke. Du...du musst mir versprechen, dass du kämpfst, William...Was soll ich hier denn ohne dich? Ich brauche dich, du bist mein Leben. Wir haben noch so einiges vor."

William lächelte leicht. "Gut. Der kleine Kerl hat so ein sonniges Gemüt." Aber vor allem wollte William ihn noch einmal sehen, weil dieser kleine Junge eines Tages Earl of Cornwall werden würde und es war beruhigend nicht nur seinen Sohn und Enkel zu kennen, sondern auch die nächste Generation schon vor Augen gehabt zu haben, wenngleich der kleine Will sich später nicht mehr an seinen Urgroßvater erinnern würde. Er würde einfach Robert darum bitten, dem Jungen ab und an von ihm zu erzählen ...
William legte seine Hand auf Joannas an seiner Wange. "Nicht das schlechteste, wenngleich ich wünschte, du hättest an meiner Seite seltener tapfer sein müssen." räumte er ein und sah Joanna einen Moment lang schweigend in die Augen. Kämpfen. Ja, er würde es versuchen, aber im Moment kam es ihm nicht vor als hätte er noch so furchtbar viel Kraft, um es zu tun. Aber aufgeben lag nicht in seiner Natur, vor allem jetzt nicht.
"Ich verspreche es dir." erklärte er deshalb ernst. "Ich werde kämpfen, damit ich auch meinen Urenkel noch etwas heranwachsen sehen kann und damit wir beide noch einmal gemeinsam die Welt bereisen können." William führte Joannas Hand zu seinen Lippen und küsste sie sanft. "Ich liebe dich, mein Engel."

"Das hat er. Und darum brauchst du dir um Cornwall keine Sekunde Sorgen zu machen. Sie alle werden dir eines Tages würdig nachfolgen und die Linie fortführen." Das war sehr beruhigend und sie wusste, dass es auch William die Dinge viel leichter machte.
"Nein, nicht das Schlechteste. Aber sorge dich nicht, ich war viel öfter wirklich, wirklich glücklich an deiner Seite.", erwiderte sie besänftigend.
"Danke. Das wäre wirklich wundervoll." Sie schenkte ihm ein Lächeln und strich ihm zärtlich über die Wange.
"Und ich liebe dich. Mein Leben wäre ohne dich nicht annähernd so wundervoll verlaufen." Sie konnte sich dieses Leben ohne ihn nicht vorstellen.
"Du solltest noch ein bisschen schlafen, hm? Kraft schöpfen."

William lächelte und nickte leicht. "Ja, das werden sie. Cornwall ist in besten Händen, das weiß ich." William vertraute sowohl seinem Sohn als auch seinem Enkel in dieser Hinsicht vollkommen und daher zweifelte er nicht im Geringsten daran, dass auch sein kleiner Namensvetter ihm eines Tages alle Ehre machen würde.
"Welch schöne Worte. Es ist beruhigend, dass ich dir nicht nur Kummer gemacht habe." bemerkte er und zwinkerte Joanna ein wenig zu. Er wusste natürlich, dass sie viele schöne Zeiten erlebt hatten, aber er wusste auch, dass er für den größten Kummer in Joannas Leben meist verantwortlich gewesen war. Und nun hatte er eigentlich alles gut machen wollen, hatte ihr seine Zeit und Aufmerksamkeit ganz ohne Einschränkung schenken wollen.
William seufzte leise. "Schlafen ... so viel verschwendete Zeit." murmelte er, deutete dann aber ein Nicken an. "Aber du hast Recht, das sollte ich wohl." Immerhin hatte er versprochen zu kämpfen und dafür brauchte er wirklich jedes bisschen Kraft.

Joanna nickte. "Das hast du auf keinen Fall. Wir hatten schöne Jahre, egal wie wenig Zeit wir füreinander hatten und wir haben wundervolle Kinder. Wir haben viel erlebt."
Joanna lächelte leicht.
"Ja, ich weiß. Aber du musst jede Chance nutzen, ein bisschen Kraft zu sammeln. Und wenn du wieder wach wirst, vielleicht kann ich dir dann unseren Urenkel vorbei bringen und du kannst den Kleinen sehen."
Sie küsste seine Stirn, zog die Decke zurecht und betrachtete ihn einen Moment. Immerhin erwachte er noch. Und hoffentlich würden die Kinder eintreffen.
Bevor es zu spät war...

William wurde wach als er die Tür hörte. Das musste ein gutes Zeichen sein, denn wenn das Fieber zu sehr tobte, wurde er von solchen Geräuschen nicht wach. Trotzdem musste er sich dazu zwingen die Augen zu öffnen, denn er hatte sich schon seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr so erschöpft gefühlt. Das letzte Mal war es gewesen als diese elende Pfeilwunde ihn fast das Leben gekostet hätte und William hätte schwören können, dass selbst das damals nicht so schlimm gewesen war.
Doch all diese Dinge waren für den Moment vergessen als er sah, er neben Joanna da gerade an sein Bett trat. "Rob ..." Und er hatte seinen kleinen Sohn mitgebracht. William lächelte und erfreute sich einen Moment lang einfach nur an dem Anblick seines Enkels und Urenkels.
"Gut von dir zu kommen. Und den kleinen Krümel mitzubringen." erklärte William mühsam, aber trotzdem voller Freude.

Rob war sehr angespannt, als er seinen Sohn zu den Gemächern seiner Großeltern brachte und gemeinsam mit seiner Großmutter an das Bett trat. Er hatte gewusst, wie es stand. Er hatte es seiner Großmutter ansehen können, denn sie wirkte mitgenommen und erschöpft. Doch nun, da er seinen Großvater sah, wurde ihm erst wahrhaft klar, wie schlecht die Lage war. Die fahle, schweißnasse Haut, das eingefallene Gesicht und der rasselnde Atem sprachen Bände. Er konnte verstehen, warum seine Großmutter ihn um diesen Besuch regelrecht angefleht hatte.
Rob bemühte sich um eine gelassene Miene und setzte sich mit seinem Sohn auf die Bettkante. "Aber natürlich...der Kleine ist doch ganz begeistert von dir, warum also nicht? Er freut sich doch auch immer auf dich.", erklärte er sanft.
"Und Großmutter kann ich doch ohnehin keine Bitte abschlagen."

William lächelte mühsam. "Und ich mich auf ihn." murmelte er als Rob sich auf die Bettkante setzte. Wie erwachsen er geworden war ... William erinnerte sich noch so gut daran, wie er den Jungen das erste Mal gesehen hatte, wie er ihn schließlich das erste Mal hatte auf den Arm nehmen dürfen, Knirps der er damals gewesen war. Von der ersten Sekunde an hatte William Rob in sein Herz geschlossen und all die Umstände um dessen Geburt waren vollkommen gleichgültig geworden als er in die warmen, dunklen Augen gesehen hatte. Und nun saß er hier auf der Bettkante, ein stattlicher Mann von zwanzig Jahren und hielt seinen eigenen Sohn in den Armen.
William seufzte leise. "Ich wünschte nur, ich ... hätte noch mehr Zeit, die ich mit ihm verbringen könnte." stellte er leise fest. Wie gern hätte er den kleinen Will noch einmal in den Armen gehalten. Aber er wollte sein Glück nicht überstrapazieren, wollte nicht, dass der Junge sich bei so engem Kontakt vielleicht doch noch ansteckte. Und darüber hinaus war William sich nicht einmal sicher, ob er den kleinen Jungen überhaupt noch hätte halten können. Es gelang ihm ja kaum sich alleine etwas aufzusetzen.

"Er könnte sich keinen besseren Urgroßvater wünschen. Schon für mich warst du immer Komplize und Fels in der Brandung. Das habe ich immer sehr zu schätzen gewusst und das tue ich auch heute noch.", erwiderte Rob. "Und du hast mich gelehrt, dass es wirklich ausweglose Situationen nicht gibt. Daher bin ich fest davon überzeugt, dass du noch mehr Zeit mit ihm haben wirst. Du wirst ihn aufwachsen sehen und ihn das erste Mal auf ein Pony setzen, so wie du es mit mir getan hast. Und er wird genauso stolz darauf sein wie ich."
Rob zögerte einen Moment. "Ich würde ihn dir gern geben, aber ich denke, wir sollten dieses Risiko nicht eingehen. Aber Giselle hatte eine andere Idee, wie Will bei dir sein kann." Und Will war für seinen Urgroßvater desse ganzer Stolz. Er zog etwas aus seiner Tasche und legte es seinem Vater in die Hand. "Es ist eine Locke von Will. Als Glücksbringer, den du bei dir tragen kannst. So hast du ihn bei dir, wohin dieser Weg auch führen wird."

Ein Lächeln umspielte Williams Lippen bei den Worten seines Enkels. "Ich bin froh, dass ich dir so viel mitgeben konnte auf deinem Weg." erwiderte er und bedachte Rob mit einem sanften Blick. "Ich wünsche mir, dass du Recht hast." wisperte William, dieses Mal vor lauter Rührung ein wenig heiser. Wie gern würde er diese Dinge tun, wie gern würde er seinen Urenkel die ersten Schritte laufen sehen, würde ihn auf sein erstes Pony setzen ... aber William machte sich nichts vor, die Chance, dass er das erleben durfte, wurde immer geringer. Schließlich war er keine zwanzig mehr und hatte dem Lungenfieber daher so viel weniger entgegenzusetzen.
William deutete ein Kopfschütteln an. "Nein, behalt ihn nur bei dir. Es reicht, wenn ich ihn sehen kann." stimmte er zu und sah Rob dann verwundert an, ehe sein Blick zu seiner Hand glitt und den Gegenstand darin musterte. "Oh Rob ..." Das erste Mal seit William krank geworden war, spürte er die Tränen in den Augen und er schloss sie eilig, um sich etwas zu sammeln. Seine Hand schloss sich vorsichtig, um die kleine, weiche Haarlocke. Ein Glücksbringer, der ihn begleiten würde, egal auf welchem Weg ...
William presste kurz die Lippen aufeinander, dann traute er sich selbst wieder über den Weg und öffnete die Augen wieder. "Danke, mein Junge."

"Ich werde Recht behalten, du wirst schon sehen. Ich wünsche meinem Sohn die selben Erfahrungen wie mir als Kind in dieser Hinsicht." Denn er hatte trotz aller Zweifel eine wirklich schöne Kindheit gehabt. Er wusste, für seinen Großvater kam die Zeit eines Tages, aber nicht so. Er sollte friedlich in seinem Bett einschlafen als uralter Mann.
"Du hast noch nie aufgegeben, also tu das auch jetzt nicht." Er beobachtete die Reaktion seines Großvaters und war beinahe überrascht, Tränen in dessen Augen schimmern zu sehen. Giselle hatte mehr als ins Schwarze getroffen mit ihrer Idee. Auch seine Großmutter rang ein wenig mit den Tränen.
Rob drückte leicht die Hand seines Großvaters.
"Für dich immer..."

Hal verließ die Sakristei in der er noch ein wenig Ordnung geschaffen hatte. Normalerweise räumte er alles direkt nach der Messe an seinen eigentlichen Platz, aber manchmal kam eins seiner Schäfchen direkt im Anschluss zu ihm und diese Angelegenheiten waren ihm dann wichtiger als ordentlich weggeräumte Gewänder und Bücher.
Als er nun das Kirchenschiff betrat, erkannte er sogleich die einsame Gestalt, die vor dem Altar stand und trat langsam etwas näher. "Mylady." Er begrüßte Lady Joanna mit einer Verbeugung und sah sie dann wieder aufmerksam an. Er wusste, was die alte Comtess im Moment für eine schwere Zeit durchmachte, er war selbst schon einmal am Krankenbett des alten Earls gewesen und hatte ein recht langes Gespräch mit diesem geführt. "Kann ich Euch irgendwie helfen, Mylady?" erkundigte Hal sich mit einem kleinen, mitfühlenden Lächeln.

Joanna hatte sich in die Kirche zurückgezogen, um ein Gebet zu sprechen. Rob wachte bei seinem Großvater, sodass sie einen kleinen Moment für sich hatte. William schlief ruhig, daher hatte sie es gewagt ihn einen Moment allein zu lassen.
Als sie dort vor dem Altar stand, fühlte sie sich unfähig zu beten. Sicher erflehte sie seinen Beistand, aber gleichzeitig zürnte sie Gott so sehr, dass er ihr all den Kummer jetzt zumutete. All die Jahre hatte sie gewartet, war geduldig gewesen....und nun?
Sie wandte sich langsam um, als Hal sie ansprach und zögerte einen kurzen Moment. Ihre Beherrschung war dünn wie ein Seidenfaden, sie musste wirklich an sich halten, dass sie nicht Hal für seine Freundlichkeit anging.
"Ihr könntet Euren Dienstherren fragen, was er sich dabei denkt, mir meinen Mann zu nehmen. Ich kann es nicht begreifen und deshalb...finde ich keinen Zugang zu ihm." Sie hatte immer Trost im Gebet gefunden, war standhaft in ihrem Glauben gewesen, wenn William es nicht war. Aber jetzt zweifelte sie.

"Gott hat Truro verlassen, glaube ich."

Hal bereitete sich schon auf eine schroffe Antwort vor, konnte dann jedoch beobachten, wie Joanna sich zusammen nahm. Trotzdem konnte sie ihre Verzweiflung und ihren Zorn natürlich nicht einfach ablegen.
Hal nickte langsam. "Ich könnte es versuchen, aber Gott pflegt auf solche Fragen in der Regel keine Antworten zu geben, sondern überlässt es uns Menschen einen Sinn darin zu finden, so frustrierend das manchmal auch ist." Erwiderte er gelassen. Er kannte solche Reden, war vertraut mit dem Leid, das die Menschen plagte, wenn sie fürchteten einen geliebten Menschen zu verlieren und deshalb nahm er auch keinen Anstoß an Lady Joannas unchristlichen Worten.
"Außerdem, Mylady, besteht doch noch immer Hoffnung. Bis der letzte Atemzug getan ist, ist sie es an die wir uns halten müssen, um stark zu bleiben."
Hal schüttelte leicht den Kopf. "Kaum, wenngleich es Euch gerade so vorkommen mag. Umso wichtiger ist es jedoch sich nicht gänzlich von ihm abzuwenden. Gott belohnt diejenigen, die auch in den düstersten Zeiten zu ihm schauen und auf ihn vertrauen."

Joanna schüttelte leicht den Kopf. "Natürlich tut er das...er überlässt uns uns selbst. Ich versuche wirklich, an dieser Hoffnung festzuhalten, das tue ich seit Tagen. Ich versuche an ihn zu glauben, stark zu sein und nicht aufzugeben, wie es meiner Natur entspricht. Aber ich sehe ihn jeden Tag mehr vor meinen Augen vergehen und leiden und deshalb...kann ich einfach langsam nicht mehr hoffen."
Sie erwiderte Hals Blick voller Verzweiflung und in ihren Augen schimmerten Tränen. "Das habe ich immer getan. Ich habe immer vertraut, wann immer wir Rückschläge hatten. Aber jetzt...betrügt er mich. Ich habe all die Jahre zurückgesteckt und meinem Mann den Rücken gestärkt. Und jetzt prellt man mich um die Zeche... Jetzt, wo wir endlich Zeit für uns hätten."
Sie ballte die Hände zu Fäusten.
"Was für ein Lohn also soll das sein? Ich finde kein Vertrauen mehr zu Gott. Ich zürne ihm."

Hal nickte leicht. "Das kann ich mir vorstellen. Aber gerade jetzt braucht Ihr und vor allem Euer Gemahl jeden noch so kleinen Funken Hoffnung an den Ihr Euch halten könnte. Er besonders. Er braucht Euch und Eure Zubersicht jetzt mehr denn je. Nur so hat er eine Chance auf Genesung." Erwiderte Hal und seufzte leise. Er verstand Lady Jonas Zorn und ihre Verzweiflung, er selbst schätzte den alten Earl über die Maßen und war betroffen gewesen als er von der Erkrankung gehört hatte.
"Vielleicht ist diese Krankheit noch eine letzte Prüfung. Für ihn, für Euch und für alle, die ihm zugetan sind. Ich weiß, dass es Euch vorkommt als hättet Ihr bereits genug solcher Prüfungen durchgestanden und nach menschlichem Ermessen habt Ihr vollkommen Recht. Doch Gott verfolgt mit seinen Taten einen estommten Plan. Es mag müßig sein diesen ergründen zu wollen, daher rate ich euch Eure Kräfte nicht mit der Frage nach dem Warum zu vergeuden. Lasst sie Eurem Gemahl zukommen, steht ihm bei und wenn Ihr nicht in Gott vertrauen könnt, so vertraut in seine Werkzeuge. Vertraut in unsere Ärzte hier und vertraut in die Stärke Eures Mannes, die umso größer sein wird, wenn Ihr ihm Eure Liebe weiterhin zuteil werden lasst."

Joanna seufzte tief. "Ich weiß. Und ich gebe ihm alle meine Kraft, alles was ich aufbringen kann. Aber ich weiß nicht, woher ich Kraft schöpfen soll, wenn ich nicht einmal mehr bei Gott Trost finden kann." Sie gab einen unwilligen Laut von sich.
"Ich habe so viele Prüfungen in meinem Leben gehabt, es wäre langsam wirklich einmal genug. Gottes Plan scheint offenbar weder gerecht noch wirklich ausgereift zu sein. Aber Ihr hbat ja Recht...Es nutzt nichts, das Warum zu ergründen, denn Gott wird mir keine Antwort geben. Ich will vertrauen, aber alles scheint mir zu entgleiten, ihr Ärzte seid ratlos..."
Sie lächelte etwas bitter. "Aber meine Liebe, die wird er immer haben. Die wird er niemals missen und das weiß er auch. Dessen könnt Ihr sicher sein."

"Und das ist gut so, das wird ihm die Kraft geben weiter durchzuhalten." erwiderte Hal und lächelte leicht. "Seht Euch hier um. Seht Euch in Truro um und betrachtet all das, was Ihr mit Eurem Gemahl hier geschaffen habt, wie viel Ihr gemeinsam verändert habt. Seht Eure Kinder und Eure Enkel an. All diese Wunder sind geeignet, um Euch Kraft zu spenden und Trost zu verleihen, denn sie werden immer einen Teil von Euch weiter tragen. Sie werden diesen Teil später an ihre Kinder und Enkel weiter geben und so wird etwas von dem, was Ihr bewirkt habt, auch dann noch an diesem Ort weiterleben, wenn unsere Körper schon alle längst zu Staub zerfallen sind."
Hal sah Joanna an und nickte. "Oh, dessen bin ich mir sicher. Eure Liebe zu Eurem Gemahl und die seine zu Euch ist etwas, das mich schon immer fasziniert hat, sie ist etwas ganz besonderes. Und daran solltet Ihr Euch halten, Mylady. Diese Liebe wird Euch die Kraft geben, die Ihr braucht."

John hatte beschlossen, einen eher ungewöhnlichen Weg zu gehen und seinen Kollegen um Rat zu fragen. Levi weigerte sich zwar immer noch im Hospital wieder als Arzt zu arbeiten und konzentrierte sich auf Giselle, aber da John auch am Ende seiner Weisheit war, wollte er versuchen Levi zu bewegen, sich William einmal anzusehen.
Er fand den Juden im Garten. "Levi....hast du einen Moment? Ich muss mit dir reden.", begann er freundlich und setzte sich zu ihm auf die Holzbank.
"Du hast sicher von der Krankheit des Earls gehört. Würdest du ihn dir vielleicht einmal ansehen und mir deine Meinung sagen? Ich bin...mit meinem Latein am Ende."

Levi

Levi hätte nie zu träumen gewagt, dass sein Leben sich so entwickeln würde als er damals an diesem ungemütlichen Tag dem einzelnen Reiter begegnet war. Und doch hatte diese Begegnung alles verändert und dafür gesorgt, dass Levi allmählich wieder versöhnt war mit seinem Leben, dass er Zufriedenheit fand - und vor allem Sicherheit. Das war ein wirklich hohes Gut und Levi war glücklich es hier gefunden zu haben.
Und Giselle ... Giselle erhellte seine Seele jeden Tag auf ein Neues und Levi war froh, dass seine Behandlung anschlug und er ihr wenigstens ein bisschen etwas zurück geben konnte.
Er hatte sich heute in den Garten begeben, um dort in Ruhe sein weiteres Vorgehen zu planen als er mit einem Mal Gesellschaft bekam. Ein wenig verwundert sah er auf. "John! Ja, sicher, setzt Euch doch." begrüßte Levi ihn mit einem kleinen Lächeln, wenngleich sein Bauchgefühl ihm verriet, dass er dieses Gespräch lieber nicht führen wollte - und er sollte sich nicht getäuscht haben.
Levi wandte den Blick von John ab und ließ ihn durch den Garten schweifen. "Ja, das habe ich." räumte er ein. "Giselle und Robert haben mir alles darüber erzählt. Auch, welche Behandlungen Ihr vorgenommen habt." Levi zögerte kurz, dann sah er John wieder an. "Was Ihr getan habt, war richtig. Ich wäre genauso vorgegangen. Es ... gibt nichts weiter, was ich noch tun könnte."

John hielt viel von den Fähigkeiten des Juden, daher war er auch nicht sicher, warum Levi sich so zierte, wieder zu praktizieren. Aber Levi weigerte sich und das zeigte sich auch jetzt wieder. Dabei hatte er bei Giselle ein so großes Wunder vollbracht.
"Das freut mich zu hören, aber mir wäre trotzdem wohler, wenn du ihn dir einmal ansiehst. Du hast in so vielen Dingen andere Ansätze als wir hier, vielleicht hast du noch eine Idee. Es schmerzt mich sehr ihm nicht helfen zu können. Ich will, dass er gesund wird. Aber ich weiß nicht, was ich noch tun soll, nichts scheint anzuschlagen und er brennt vor Fieber."
Er seufzte tief.
"Bitte, Levi...Schau ihn dir wenigstens einmal an."

Levi

Levi hatte befürchtet, dass es soweit kommen würde und er fühlte sich mehr als unwohl in seiner Haut. Es war ja nicht so, dass er dem alten Earl nicht helfen wollte, nur war es wirklich so, wie er sagte, er war sich sicher, dass John alles getan hatte, was möglich war.
Und wenngleich er hier nun schon eine ganze Weile unbehelligt geblieben war, schürten solche Situationen seine Angst. Was, wenn er den Earl tatsächlich untersuchte? Was, wenn er eine Behandlung vornahm und William of Cornwall trotz aller Versuche starb? Dann würde Levi wieder der Sündenbock sein, er würde der verhasste Jude sein, der den geliebten Earl auf dem Gewissen hatte ...
Levi schüttelte bedauernd den Kopf. "Ich glaube gern, dass es schwer für Euch ist, aber ich sehe nicht, was ich in dieser Situation noch tun könnte. Es tut mir Leid, John, wirklich."

John schaute Levi betrübt an. Er hatte wirklich gehofft, dass Levi sich der Grafenfamilie so verbunden fühlte, dass er helfen würde. Aber der Jude blieb stur und machte Johns Hoffnungen damit zunichte. "Ach Levi...Du könntest wenigstens einmal über deinen Schatten springen. Du könntest ihn vielleicht retten. Vielleicht habe ich etwas übersehen..."
Er seufzte tief.
"Aber ich sehe schon, du willst bei deiner Sturheit bleiben. Bedauerlich." Er neigte den Kopf ein wenig. "Ich hoffe, dass du dich nicht irgendwann fragst, ob du nicht irgendetwas hättest tun können. Nun, ich werde noch einmal nach ihm sehen...falls du es dir anders überlegst."