William und Joanna - ab 1183

Edward öffnete den Mund, um etwas zu sagen, zögerte dann jedoch und sein Blick huschte kurz durch den Raum, einerseits auf der Flucht vor Richards Blick, andererseits, um die Anwesenden kurz zu mustert. Wenngleich das vollkommen unnötig war, er wusste ja, wer hier versammelt war und das es nur die engsten Vertrauten des Königs waren - Männer, denen auch er selbst nahe stand, die vertrauenswürdig waren ... und die ohnehin wohl schon das Getuschel über Edwards Eheprobleme gehört hatten. Denn ganz gleich wie sehr man versuchte Dinge hier geheim zu halten, es gelang ja doch nie wirklich und Klatsch und Tratsch verbreitete sich immer gern und schnell.
Edward sah Richard wieder an und gab sich einen Ruck. "Für meine Ehe zu kämpfen zum Beispiel." murmelte er gedämpft, denn es fiel ihm alles andere als leicht diese Krise einzugestehen.
Edward sah seinen König an, hin und her gerissen zwischen seinen Gefühlen, Wünschen und Gedanken. Dann huschte sein Blick zu Robert hinüber, der die Worte des Königs mit der ihm eigenen Gelassenheit hinnahm. Es lag beinahe etwas flehendes in Edwards Augen als er seinen Bruder ansah, auch wenn er keine Ahnung hatte, was er sich von Robert in diesem Moment erhoffte, dann zwang Edward sich wieder dazu den König anzusehen.
"Richard ..." Weiter kam er nicht, denn er wusste nicht, was er sagen sollte. Er wollte mit ihm gehen und gleichzeitig fürchtete er sich ebenso davor diesen Entschluss zu fassen.

Richard hob die Augenbrauen. "Nun, wir brechen ja nun nicht morgen auf, also hast du noch ein paar Tage Zeit. Und manchmal wirkt ein bisschen Abstand Wunder. Sie wird dich vermissen und dir verzeihen, keine Sorge. Ich will nicht auf dich verzichten, Edward. Ich brauche dich bei diesem Feldzug an meiner Seite." Robert erwiderte Edwards Blick und deutete ein Schulterzucken an. Edward wusste genauso wie er, dass Richard nur schwer von etwas abzubringen war, wenn er einen Entschluss gefasst hatte. Wenn er Edward dabei haben wollte, würde sein Bruder sich fügen müssen. Er wusste ohnehin nicht, wie Ed den Frieden in seiner Ehe wieder herstellen wollte.
"Komm schon, Ed, sieh nach vorn. Die Franzosen wollen aus unseren Gebieten vertrieben werden, das ist unsere oberste Pflicht."

Edward fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Er wünschte, Richard habe Recht und Abstand würde ausreichen, um alles wieder in Ordnung zu bringen, aber er fürchtete, dass dem nicht so sein würde. Claire würde ihn auch nach Wochen und Monaten nicht besser verstehen, ihm nicht eher vergeben können als heute. Womöglich würde es nur schlimmer, wenn er jetzt ging.
Aber er hatte keine andere Wahl und das führte ihm auch Roberts Schulterzucken noch einmal vor Augen. Langsam sah er wieder von seinem Bruder zu seinem König und nickte schließlich. Es geschah nur langsam und mühselig, denn alles in ihm sträubte sich dagegen, doch eine Wahl blieb ihm nicht. Er war Kronvasall und zudem würde er es sich auch nie verzeihen, wenn er seine Treue Richard gegenüber brach und sich widersetzte.
"Also dann ..." murmelte er mit etwas belegter Stimme. "Vertreiben wir sie aus unserem Land."

Richard neigte zufrieden den Kopf. "Das werden wir." Und nach einigen Minuten hob er die Sitzung mit einem Wink auf. Robert gesellte sich zu seinem Bruder.
"Es tut mir leid, Ed. Aber...du weißt wie er ist, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Ich wäre auch lieber hier geblieben. Doch er meinte, es wäre ausreichend, wenn Charles hier unserer Schwester unter die Arme greift, weil er ja ohnehin nicht aufs Schlachtfeld kann. Auf seine besten Ratgeber, die mit ihm ins Feld ziehen können, will er nicht verzichten. Josie wird begeistert sein..."
Er legte Edward die Hand auf die Schulter.
"Claire wird es verstehen....bring sie nach Cornwall. Sie kann mit Josie gehen, das wird sie bestimmt gern tun."

Edward schenkte seinem Bruder ein eher klägliches Lächeln als Robert zu ihm trat, dann glitt sein Blick für einen kurzen Moment zu Richard hinüber. "Oh ja, ich weiß sehr genau wie er ist. Und es ist ja nicht so als hätte ich bis vor ein paar Tagen nicht unbedingt gehen wollen." Er sah Robert wieder an und atmete tief durch. "Ich ... ich fürchte mich nur davor, dass ich gehe und bei meiner Rückkehr alles unwiederbringlich in Scherben liegt. So wie beim letzten Mal." Als er aus dem heiligen Land zurück gekehrt war, hatte er Helene mit einem Bastard von diesem Pfaffen und Hannah verheiratetet mit einem walisischen Taugenichts vorgefunden. Und dieses Mal ging es doch um so viel mehr.
"Ich glaube nicht, dass sie es verstehen wird, wenn ich ehrlich bin. Aber du hast Recht. Wenn ihr etwas in dieser Situation gut tun wird, dann in Turo zu sein. Ich ... fürchte nur, dass ich dann nie wieder einen Fuß werde dorthin setzen können ohne Gefahr zu laufen, dass Philippe mir das Herz heraus reißt." Edward schnitt eine Grimasse bei dem Gedanken an seinen Halbbruder, der ihn für diesen Fehltritt wohl bis an den Grund der Hölle wünschen würde.

Robert nickte. "Ich verstehe, was du meinst. Aber vielleicht irrst du dich auch und der Abstand tut euch gut. Die Gemüter können abkühlen und Claire kann sich beruhigen. Vielleicht findet sie es dann dir zu verzeihen. Helene war auf sich gestellt. Claire wird Freunde um sich haben, Josie wird ihr beistehen. Es wird nicht in Scherben liegen. Aber ehrlich gesagt bleibt dir ja auch nichts Anderes übrig. Und Claire wird sich niemals sonst wem an den Hals werfen."
Robert seufzte.
"Abwarten...Phil kennt dich ja schließlich. Alles wird sich wieder einrenken, du wirst sehen.... Und jetzt komm. Wir sollten es unseren Frauen zumindest persönlich sagen. Das letzte Mal hast du dich gedrückt und Helene hat es so heraus gefunden."

"Dein Wort in Gottes Ohr, Robert." murmelte Edward, der hoffte, sein Bruder möge Recht haben, doch so wirklich glauben konnte er es nicht. Er fürchtete, dass Abstand die Fronten nur verhärten würde.
Nachdenklich zuckte er mit den Achseln. "Ja, er kennt mich. Und deshalb hat er mich eindringlich gewarnt vor der Hochzeit." brummte Edward und verzog das Gesicht. Die Vorstellung Claire zu sagen, dass er bald in den Krieg ziehen würde, war ungefähr so verlocken, wie Philippe gegenüber zu treten.
Aber Robert hatte Recht, er musste es ihr sagen. Wenigstens das war er ihr schuldig, wenn es sonst schon nichts zu geben schien, was er tun konnte.
"Ehrlich Rob, ich ziehe lieber einem ganzem Heer Franzosen entgegen als meiner Frau gerade mit so etwas unter die Augen zu treten." brummte er leise während sie beide sich zur Tür wandten.

"Bitte ihn selbst noch ein bisschen darum, das schadet ganz sicherlich nichts. Du solltest beten." Robert zuckte die Schultern. "Nun, bis er dich in di Finger bekommt, wird ja ein wenig Gras über die Sache wachsen. Wer weiß, wie lange wir unterwegs sein werden, Ed? Das wird eine Weile dauern...Er wird sich abregen, dir vielleicht ein blaues Auge verpassen und letztendlich euch eurer Wege gehen. Claire wird die Entscheidung treffen."
Robert lachte leise und schlug ihm auf den Rücken.
"Sei kein Frosch, Ed. Wenn du Glück hast, stecken Josie und Claire jetzt auch wieder zusammen und wir können es gemeinsam beichten. Also los, lass es uns heraus finden."
Die Chancen standen gut.

Edward schnitt eine Grimasse. "Was glaubst du wohl, was ich in jeder freien Minute tue, hm?" erwiderte Edward ein wenig ungehalten, denn das viele Beten zerrte allmählich an seinen Nerven. Es entsprach einfach nicht seiner Natur und er hatte bisher nicht feststellen können, dass er darin sonderlich viel Frieden fand, so wie es häufig gepriesen wurde. Aber er hatte eine Buße auferlegt bekommen, die er ableisten wollte und obendrein hoffte er noch immer, dass Gott ihn erhören und ihm einen Ausweg zeigen würde, der Claire an seiner Seite hielt.
"Ich glaube ja, dass ich derzeit nicht gerade mit Glück gesegnet bin ... aber in diesem Fall ist es mir womöglich doch einmal holt, du könntest Recht haben." Und er war ja auch durchaus froh darüber, dass Claire in Josephine eine erfahrene Freundin hatte, die ihr beistand - und zu seinen Gunsten beeinflusste, hoffte er.
Trotzdem schlug ihm das Herz fast bis zum Hals als sie Roberts und Josephines Gemächer erreichten. Er war sich wirklich nicht sicher, ob er Claires Missbilligung jetzt entgegen treten konnte, aber es half ja nichts. Ihr aus dem Weg zu gehen würde die Sache auch nicht lösen und es war im Grunde ja auch das letzte, was er wirklich wollte.

Robert öffnete die Tür und sah sofort, dass er recht gehabt hatte. Josie und Claire saßen zusammen vor dem Feuer und unterhielten sich leise. Claire sah mitgenommen aus und Robert hatte wirklich Mitleid mit ihr. Sie hatte es wirklich nicht verdient so leiden zu müssen.
Er lächelte matt und strich seiner Frau über die Wange. "Es war eine lange Sitzung und leider mit nicht zu guten Ergebnissen..." Er seufzte sehr tief und legte Josephine die Hand auf die Schulter, ehe er sie und Claire nacheinander ernst ansah.
"Edward und ich müssen aufs Festland. Richards Wünsche sind eindeutig. Wir ziehen in den Krieg. Charles wird hier Beatrice zur Hand gehen...aber auf uns will er nicht verzichten.", erklärte er dann leise.

Josephine sah auf als sich die Tür öffnete und nicht nur Robert, sondern auch ihr Schwager eintraten. Noch bevor ihr Mann auch nur ein Wort gesagt hatte, wusste sie, dass er keine guten Nachrichten brachte, sondern dass sich ihre Befürchtung nun tatsächlich bewahrheitete.
Sie schloss kurz die Augen als Robert ihre Befürchtung bestätigte und atmete tief durch. Wieso nur konnte Richard nicht auch dieses Mal auf ihren Mann verzichten? Sie schluckte, gab sich dann aber einen Ruck und schlug die Augen wieder auf, sah Robert ernst ins Gesicht. "Nun ... wenn du gehen musst, musst du gehen." erwiderte sie langsam. "Aber pass ja gut auf dich auf und komm schnell heile wieder zurück, hörst du?" murmelte sie und legte kurz die Hand an seine Wange.
Edward fühlte sich währenddessen seltsam fehl am Platz. Seit sie den Raum betreten hatten, klebte sein Blick förmlich an seiner Frau und er hätte nichts lieber getan als sie in seine Arme zu ziehen und sie darüber hinweg zu trösten, dass er gehen musste, doch gerade war er sich nicht einmal sicher, ob sie darüber überhaupt traurig war.
Sie sah müde und abgespannt aus, ungefähr so, wie er selbst sich auch fühlte und es schmerzte sie so zu sehen. "Claire ..." begann er gedämpft, bleib aber einen Schritt von ihr entfernt, weil er nicht wagte näher zu kommen. "Claire, es ... es tut mir Leid. Ich wollte bleiben, aber ..." Er hob resignierend die Schultern.

Robert erwiderte den Blick seiner Frau und lächelte traurig. "Ja, das muss ich. Und ich verspreche es, Liebes. Ich werde gut aufpassen." Er gab ihr einen sanften Kuss, nahm sie dann bei der Hand. "Komm, wir sollten uns ein bisschen...zurückziehen.", forderte er leise auf und nickte zu Edward hinüber, der seine Frau gerade angesprochen hatte. Es würde wahrlich noch schwierig werden mit den Beiden.
Claire wusste immer noch nicht, wie sie mit Edward umgehen sollte. Allein sein Anblick schmerzte sie fürchterlich.
"Das würde vermutlich nicht das Geringste ändern, Edward.", erwiderte sie bemüht kühl. Es war ungewohnt so mit ihm zu sprechen, aber sie konnte einfach nicht anders.
Er hatte sie wirklich tief verletzt.

Edward warf Robert und Josephine einen Blick zu als diese sich nach nebenan zurück zogen, um Claire und einen Moment alleine zu geben. Er war sich nicht sicher, ob er dankbar oder eher entsetzt über diese Gelegenheit war ...
Mit leicht gerunzelter Stirn musterte er Claire und trat dann noch einen halben Schritt näher. "Es würde nichts ändern?" wiederholte er ein wenig ungläubig. Waren sie schon so weit? Ob er hier war oder nicht, spielte keine Rolle?
"Claire, ich ... wir ziehen in den Krieg, verstehst du? Ich dachte ... Himmel, ich weiß nicht, ich ... wir ... sollten so nicht auseinander gehen, denkst du nicht?" Im Streit. Man sollte sich nie im Streit trennen, das konnte nur böse enden, auf die eine oder andere Art und jede war Edward ein Graus.

Claire schaute Edward finster an. "Und was soll ich sonst deiner Meinung nach tun?! Sicher sollte man so nicht auseinander gehen, aber soll ich dir jetzt alles einfach verzeihen, weil du in den Krieg ziehst? Das ändert nichts an dem, was du getan hast und ich kann es jetzt weder vergessen noch vergeben. Ich weiß also nicht, was du erwartest.", zischte sie.
"Ich weiß nicht, was ich tun soll. Was willst du? Was erhoffst du dir? So naiv kannst du doch nicht sein zu glauben, nach zwei Tagen Distanz wäre alles gut. Der Streit ist nicht so einfach aus der Welt zu schaffen und in ein paar Tagen wirst du verschwinden."
Und je länger sie nachdachte, desto wütender wurde sie auf ihn.

Edward zuckte ganz leicht zusammen als Claire ihn so anfuhr. Das war in seinen Augen schlimmer als jede Ohrfeige, denn er konnte wirklich nicht gut mit ihrem Zorn umgehen. Sicher, sie hatten auch vorher schon einmal Streit gehabt, sie waren beide von recht überschäumendem Temperament, hatten beide einen Dickkopf, da bleiben kleine Streitigkeiten nicht aus, aber damit hatte er umgehen können. Weil er sich während all der Auseinandersetzungen immer ihrer Liebe und Zuneigung sicher gewesen war und ihre Streitereien nur kleine Machtspielchen gewesen waren.
Jetzt aber war es anders und Edward war heillos überfordert damit.
"Nicht alles gut, nein. Aber ich dachte ..." Er brach ab, denn genau genommen war das nahezu seine Hoffnung gewesen. Nicht, dass alles wieder perfekt war, aber vielleicht, dass sie weich werden würde angesichts des bevorstehenden Krieges. Dass sie zumindest erlauben würde, dass er einen Schritt auf sie zumachte und er mit dem Gefühl abreisen konnte, dass tatsächlich alles wieder gut werden würde.
Edward seufzte schwer, trat um Claire herum und ließ sich neben ihr in den freien Sessel sinken. "Ich hab keine Ahnung, Claire, wirklich nicht." murmelte er und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. "Was ich mir erhoffe, fragst du. Ich hoffe, dass ich mich nicht in Hader von dir verabschieden muss, weil ich ..." womöglich nicht mehr zurück komme. "... weil ich das wirklich nur schwer ertragen könnte. Aber ich habe keine Ahnung, was ich tun soll, damit du mir wenigstens ein klein wenig vergeben kannst."

Claire lauschte ihrem Mann,die Schultern unbehaglich hochgezogen, die Augen verengt. Sie fühlte sich unwohl in dieser Situation. Sie waren es einfach nicht gewohnt derartig zu streiten. Es war wie eine Mauer zwischen ihnen.
"Vielleicht kann ich dir ein klein wenig vergeben, Edward, aber ganz sicher noch nicht jetzt! Das ist alles so frisch, was erwartest du denn von mir? Dass ich das einfach beiseite schiebe? Mir gefällt auch nicht, dass du jetzt in den Krieg musst ins Ungewisse. Aber ich kann doch nicht einfach meine Gefühle abstellen. Ich bin...enttäuscht und wütend und würde dir gern die Augen auskratzen. Und ihr gleich mit.. Aber im Moment versuche ich mich davon abzubringen. Du musst mir Zeit lassen. Wenn du mich drängst, werde ich dir niemals vergeben können."
Wie es gehen sollte, wenn er im Krieg war....Vielleicht tat der Abstand gut.

Edward schwieg einen Moment, dann zuckte er mit den Schultern und nickte zugleich. "Irgendwie schon, ja. Zumindest, dass du es so weit zur Seite schiebst, dass wir vor unserer Abreise nicht in völligem Streit auseinander gehen. Mir ist klar, dass du mir nicht einfach so vergeben kannst, aber ..." Er stockte, sah Claire einen Moment lang an und machte dann eine abwehrende Geste. "Ach, egal." murmelte er und erhob sich.
"Wenn du Zeit brauchst, kommt es ja wohl ganz gelegen, dass du mich jetzt lange nicht zu sehen bekommst." bemerkte Edward und fuhr sich durch den zerzausten Rotschopf. "Robert hat vorgeschlagen, dass du Josephine nach Truro begleitest, wenn sie zurück reist. Ich denke, dass ist eine gute Idee, aber letztlich liegt die Entscheidung jedoch bei dir, ob du gehen willst oder nicht. Lass es mich einfach wissen, wie du entscheidest, dann treffe ich entsprechende Vorbereitungen." erklärte er und wandte sich dann zur Tür. Er hielt es hier einfach nicht mehr aus und es war ihm gleich, dass er gerade regelrecht auf der Flucht war. Hauptsache diese grauenvolle Situation fand ein Ende.

Claire seufzte. "Und wie soll ich das tun? Ich kann das nicht einfach zur Seite schieben, Edward. Und...immerhin reden wir, nicht wahr? Das ist besser als uns nur anzuschreien. Du wirst ja noch ein paar Tage hier sein..."
Claire biss sich auf die Unterlippe. "Das ist nicht fair...mach mir kein schlechtes Gewissen und schieb mir die Schuld in die Schuhe. Schuld an dieser Situation bist doch du allein. Du hast mich betrogen..."
Sie nickte knapp.
"Ich werde es mir überlegen...aber es ist wahrscheinlich eine gute Idee." Sie sah ihm nach. "Der Konfrontation aus dem Weg zu gehen hilft auch nichts. Ich hoffe wirklich, dass es irgendwann wieder gut wird. Aber ich kann dich einfach nicht begreifen."

"Ja, es ist besser, aber letztlich drehen wir uns ja doch auch nur im Kreis, nicht wahr? Es ist nur die Lautstärke, die sich verändert hat." erwiderte Edward und seufzte. "Ja, ich bin Schuld daran, aber ich weiß leider nicht, wie ich es wieder gut machen soll."
Edward hielt inne und wandte sich wieder zu Claire um. "Nein? Und ich dachte, gerade hättest du noch gesagt, du brauchst Zeit. Und jetzt wirfst du mir vor, dass ich gehe? Dann sag mir, was ich tun soll. Bleiben? Gehen? Mich in die Themse stürzen?" schlug Edward vor, die Arme etwas ausgebreitet. Er wusste, dass er gerade im Begriff war es sich schon wieder mit Claire zu verscherzen, aber er wusste nicht mehr wohin mit sich und dieses hin und her zerrte schon jetzt gewaltig an seinen Nerven. Wenn er erst einmal auf dem Festland war, würde es ihn vermutlich endgültig um den Verstand bringen.

Claire neigte den Kopf. "Du hast ja Recht...aber ich weiß es doch auch nicht. Du hast mehr Erfahrung in solchen Dingen als ich. Aber ein erster Schritt wäre, dass du mir versprichst sie nicht wieder zu sehen.", forderte sie.
"Das wirst du doch sicher tun. Und dann lass uns morgen nochmal reden...Ich will versuchen es in mir zu finden dich in Frieden ziehen zu lassen. Aber lass mir noch ein paar Tage."
Sie brauchte noch ein bisschen Zeit.
"Und jetzt ist es vielleicht besser du gehst..."
Und wenn er ihr versprach, dass er Helene nie wieder sah, dann würde es sicher einfacher werden diese Sache zu vergessen.

"Mehr Erfahrung?" wiederholte Edward und musste gegen seinen Willen lachen. "Im Streiten, meinst du? Oder darin ein Sturkopf zu sein?" erwiderte er etwas belustigt, wurde dann jedoch schlagartig ernst als Claire ihre Forderung stellte. Er sah sie schweigend an, schluckte schwer angesichts ihrer Forderung und der Tatsache, dass er sie nicht erfüllen konnte.
"Claire ..." begann er leise. "Claire, das kann ich nicht." fuhr er unbehaglich fort. "Sie ist die Mutter zweier meiner Kinder, das kann ich schwerlich ignorieren." Außerdem war Helene ihm in gewisser Weise auch teuer.
"Ich bitte dich, lass es jetzt nicht daran scheitern. Claire, ich liebe dich. Ich liebe dich und es tut mir Leid, dass ich dich so verletzt habe. Das ist es doch, worauf es ankommt, nicht wahr?" bat er eindringlich.

Claire hob die Schultern. "Nun, du hast dieses Thema ja in deiner vorherigen Ehe auch schon ein paar Mal durch, nicht wahr?" Es machte sie noch wütender, dass Helene wusste wie miserabel es sich anfühlte und es ihr doch selbst antat.
Sie biss sich auf die Unterlippe. "Musst du doch auch nicht...Michael lebt bei uns, Raphael kann auch bald zu uns kommen. Und dann gibt es doch keinen Grund, dass du sie triffst. Ich will nicht, dass du sie wieder siehst! Wer garantiert mir, dass du das nicht wieder tust?"
Claire schaute ihn nachdenklich an. "Das tut es vielleicht, aber es hat dich trotzdem nicht daran gehindert mich zu betrügen."
Und es würde schwer werden ihm nochmal zu vertrauen.

Edward schüttelte den Kopf. "Das war etwas anderes." Mit Helene zu streiten war ganz anders gewesen, da es ihn nicht so mitgenommen hatte, wenn sie ihm grollte. Im Gegenteil, es war beinahe leicht gewesen. Nur zum Ende hin, dieses eine Mal als sie ihm den Spiegel vorgehalten und ihn quasi mit seinen eigenen Waffen geschlagen hatte, als er der Hintergangene gewesen war, nur da war es ihm schwer gefallen. Aber selbst das war anders gewesen als jetzt mit Claire, denn ohne Helene hatte sein Leben nicht seinen Sinn verloren.
"Aber selbst wenn Raphael zu uns kommt, was bisher ja noch keineswegs sicher ist, ist Helene immer noch die Vertraute meiner Schwester. Es wird vollkommen unvermeidlich sein, dass ich sie wieder sehen." Und ihr Wohl lag ihm noch immer am Herzen, er hatte sogar das Gefühl, dass sie jetzt erst wirklich zu einer Freundschaft gefunden hatten.
Edward atmete tief durch. Die ehrliche Antwort auf Claires Frage war: niemand. Niemand würde ihr garantieren, dass er es nicht wieder tat, aber das war etwas, wovor alle sie von Anfang an gewarnt hatten. Sie war sehenden Auges in diese Ehe getreten, hatte gewusst, wie er war und für sie hatte er sich bisher wirklich mehr als zusammen genommen.
"Nein, daran hat es mich nicht gehindert. Aber ... dass ich es getan habe, hat ebenso wenig Einfluss darauf wie meine Gefühle für dich sind. Ich liebe dich mit jeder Faser meines Körpers und ich will dich an meiner Seite haben, bis ans Ende meines Lebens." Ganz gleich was er womöglich mit anderen Frauen tat, das waren einfach zwei verschiedene Dinge für ihn.

"Warum war es anders? Sie war doch auch nicht begeistert davon, dass du sie betrogen hast. Sicher habt ihr gestritten..."
Claire neigte den Kopf zur Seite. "Unvermeidlich? Das glaube ich nicht...Sie kann sich doch von dir fern halten, wenn du dort bist. Meinetwegen ein Treffen in Marys Gesellschaft, aber nicht allein."
Sie musste darüber wirklich in Ruhe nachdenken. Sicher hatte man sie gewarnt, aber sie hatte wirklich gedacht, dass er sich geändert hatte.
"Ich kann das einfach nicht verstehen, Edward. Wenn du mich liebst, warum bin ich dir dann nicht einfach genug?"
Sie würde niemals einen anderen Mann als Edward auch nur anschauen...

"Sicher war sie nicht begeistert, aber das meinte ich auch nicht. Ich ..." Edward fuhr sich etwas unbehaglich über den Nacken, denn seine Gleichgültigkeit gegenüber Helene einzugestehen, war irgendwie schwierig. Es war nicht gerade einer seiner schönsten Charakterzüge. "Es war etwas anderes, weil ... Helene mir zu keinem Zeitpunkt je so wichtig war, wie du. Es ... herrgott nochmal, es ... es war mir relativ egal, ob sie wütend war oder nicht." räumte er dann ein und senkte für einen Moment den Blick, ehe er tief durchatmete und Claire wieder ansah. "Es ist etwas ganz anderes mit jemandem zu streiten, den man liebt. Darin habe ich nun wirklich keinerlei Erfahrung." erklärte er leise.
Nachdenklich fuhr er sich mit der Rechten über das Kinn und überging bewusst die Frage danach, wie es mit ihm und Helene weiter gehen sollte und konzentrierte sich auf die unverfänglichere, wenn gleich nicht leichtere Frage. "Ich weiß und ich ... kann es auch nicht wirklich erklären. Es ist nicht so, dass du mir nicht genug bist. Ich meine ... ich würde nie zu einer anderen Frau gehen, wenn du bei mir bist. Ich ... herrje, Claire ... egal was ich sage, es wird mich doch ohnehin wie einen lüsternen Dummkopf dastehen lassen. Muss ich das wirklich aussprechen?" murmelte er.