William und Joanna - ab 1183

Claire seufzte tief. Sie erkannte immer neue Abgründe im Wesen ihres Mannes und sie war nie sicher, was sie davon halten sollte. Immerhin war sie ihm niemals so gleichgültig gewesen, das war ein schwacher Trost, aber immerhin überhaupt einem.
"Aber du willst doch nicht sagen, dass du sie nicht auch nur ein kleines bisschen geliebt hast. Man kann nicht zwei Kinder miteinander haben und sich völlig egal sein. Zumal sie ja offenbar eine gewisse Anziehungskraft auf dich auswirkt."
Sie zog ihre Schlüse daraus, dass er einen unbequemen Teil ihrer Fragen ignorierte. Er wusste selbst nicht, wie es weitergehen sollte mit ihm und Helene.
"Nein, aber jedes Mal wenn du sonst wo bist? Wie wird es, wenn du auf das Festland gehst? Suchst du dir an jeder Ecke eine Andere?"
Sie schüttelte den Kopf. "Nein, ich schätze, du musst es nicht aussprechen. Du scheinst einfach deine Gelüste nicht beherrschen zu können."

Edward schloss kurz die Augen und schluckte. Dann nahm er sich zusammen, sah Claire wieder an und hob die Schultern. "Ich war sicherlich etwas vernarrt in sie, wir haben uns irgendwann miteinander arrangiert und ja, sie hat mich keineswegs kalt gelassen. Aber Liebe ..." Er hob noch einmal die Schultern. Es war nie so eine Liebe zwischen ihnen gewesen, wie er sie vorher für Julia gehegt hatte oder jetzt für Claire.
Edward zog eine Augenbraue in die Höhe, verzichtete jedoch auf einen spitzen Kommentar, denn er war ja hier der Sünder und untreue Lump, es war also wohl nur verständlich, dass Claire ihm nun solche Dinge unterstellte.
"Keineswegs. Bis auf diese eine Ausnahme bin ich dir bisher auch immer treu gewesen, egal wo ich war und wie lange wir getrennt waren. Wenn ich mit Richard in den Krieg ziehe, wird keine Andere mein Bett teilen." versicherte Edward ernst.
Dann atmete er geräuschvoll aus und zuckte mit den Schultern. Ja, es fiel ihm schwer sich zu beherrschen. So war er einfach, war es schon immer gewesen.

Claire musterte ihn lange. "Das...ist schwer vorstellbar für mich, weil ich den Luxus einer Liebesheirat habe. Aber wenn du es sagst..."
Sie hob die Augenbrauen. "Tatsächlich? Also ist es doch Helenes besondere Anziehungskraft? Und du sagtest mir, es gäbe keinen Grund für Eifersucht..." Sie biss sich auf die Unterlippe.
"Und...darauf kann ich mich verlassen? Es ist im Moment ein bisschen schwer dir dahingehend Vertrauen entgegen zu bringen, weißt du?"
Sie hätte die Hand dafür ins Feuer gelegt, dass er ihr treu war. Sie hätte sie verbrannt...
"Ich schätze, darüber werde ich eine Weile nachdenken müssen..." Ob sie wirklich damit leben konnte, dass sie jetzt sein wahres Ich kannte.

Edward nickte langsam. "Ja, es ... war auch für mich gewöhnungsbedürftig. Aber meine zweite Ehe bin ich aus reinen Vernunftgründen eingegangen. Ich bin Kronvasall und Henry wollte, dass ich wieder heirate, eine Französin, um ein entsprechendes Bündnis einzugehen, das für ihn politisch von Nutzen war. Und ich brauchte eine Frau, die den Kindern eine gute Mutter sein konnte, sie waren damals noch so klein. Also habe ich Helene genommen, weil sie zu den Kleinen trotz ihrer Abneigung gegenüber allem Englischen von Anfang an freundlich war." Edward fühlte sich etwas unwohl in seiner Haut als Claire ihn mit hochgezogener Braue ansah, aber wenigstens redeten sie jetzt miteinander. Vielleicht war das ein Anfang.
"Ja das habe ich gesagt und als ich es tat, tat ich es in dem Glauben, dass es so wäre. Ich ... ich hätte da nie erwartet, dass es soweit kommen könnte." Edward trat langsam wieder etwas weiter auf Claire zu. "Ja, ich weiß. Ich habe dein Vertrauen ziemlich erschüttert und es ist nur verständlich, dass du an mir zweifelst, aber ... ja, du kannst dich darauf verlassen." erklärte Edward und nickte dann. "Sicher, das ist ohne Zweifel dein gutes Recht und du sollst diese Zeit auf jeden Fall haben." erwiderte er. "Sag mir einfach Bescheid, wenn du dich entschieden hast, ob du mit nach Truro gehen willst, wenn ich abreise oder nicht, ja? Alles andere ... muss wohl warten." bat er dann.

Claire neigte leicht den Kopf. "Ja, ich schätze, das kann ich verstehen. Und es...spricht sehr für dich, dass das Wohl deiner Kinder dir wichtiger war als dein eigenes Glück. Es war sicher nie leicht zwischen Französin und Engländer. Feinde seit jeher...."
Sie seufzte. "Immerhin kannst du mich auch verstehen, das...ist ein Anfang. Wir werden sehen. Ich werde es dich wissen lassen, aber ich denke...ich denke, ich werde mit Josie gehen. Das wird mir gut tun, schätze ich und ich werde nicht allein sein, während ich auf deine Rückkehr warte."
Sie verschränkte die Finger.
"Ja, alles Andere muss warten..."

William glitt aus dem Sattel - deutlich langsamer als er das noch vor zwanzig oder dreißig Jahren getan hatte, aber er hatte bis nach Westminster reiten können und angesichts seines Alters war das wohl schon etwas wofür er dankbar sein sollte. Möglichst unauffällig drückte er kurz den Rücken durch, ehe er dem herbei eilenden Stallburschen die Zügel übergab und ließ es sich nicht nehmen zu Joannas Pferd zu treten, um seiner Gemahlin aus dem Sattel zu helfen.
"Da sind wir also ..." murmelte er als Joanna neben ihm stand und er den Arm um ihre Taille legte. Es war irgendwie merkwürdig wieder am Hof zu sein und ganz besonders, weil sie sich von ihren Söhnen verabschieden mussten, die mit Richard in den Krieg zogen - wieder einmal.

Joanna ließ sich bereitwillig von ihrem Mann aus dem Sattel helfen. Sie spürten beide ihre Knochen wohl mehr als deutlich, aber dass sie überhaupt noch so rüstig waren, war ein kleines Wunder. Sie strich William kurz über den Rücken.
"Da sind wir...und immer passieren hier die seltsamsten Dinge. Ich hatte wirklich gehofft, dass es uns erspart bleiben würde nochmal unsere Söhne in den Krieg ziehen zu sehen. Aber was bleibt uns übrig..." Sie seufzte leise.
"Komm, lass uns hinein gehen..." Ihre Miene hellte sich auf.
"Oh, sieh nur...da ist Robert!", machte sie ihren Mann aufmerksam und lächelte.

"Glaub mir, ich auch. Und es fühlt sich merkwürdig an, selbst zu Hause zu bleiben und die Hände in den Schoß zu legen." räumte William gedämpft ein. "Aber mich kriegen keine zehn Pferde mehr in einen Krieg, so viel steht fest." Die Zeiten waren für ihn eindeutig vorbei und er war froh darüber. Er hatte genügend Schlachtfelder gesehen, es reichte wahrlich für mehr als ein Leben.
William machte sich mit Joanna auf in die Halle und musste ebenfalls lächeln als Joanna ihn auf Robert aufmerksam machte. "Ah, tatsächlich, sehr schön." Freudig traten sie zu ihrem Sohn, der sie ebenfalls entdeckte hatte und ihnen entgegen kam. "Robert! Wie gut dich zu sehen, mein Junge!" begrüßte William seinen Ältesten und schloss diesen herzlich in die Arme.

Joanna nickte. "Das kann ich mir gut vorstellen. Aber ich bin wirklich froh, dass es so ist. Ich würde es nicht ertragen mir erneut so viele Sorgen zu machen um dich...Um die Kinder genügt schon völlig." Und William war auch nicht mehr so wendig wie früher, die Gefahr einer Verletzung so viel größer.
Robert schloss seine Eltern Beide in die Arme. "Das kann ich nur zurückgeben. Es tut gut euch zu sehen. Ich hoffe, ihr seid wohl?"
Joanna legte ihm die Hand auf den Arm. "Ich hoffe, deine neue Rolle als Earl of Cornwall behagt dir?" Und Richard wusste, dass Roberts Wort Gewicht hatte.
"Komm, wir sollten ihn nicht warten lassen....ihn und Beatrice. Geht es allen gut, Robert?"

"Das ist wahr. Und es ist doch viel besser, wenn ich bei dir bleibe, damit du in deiner Sorge um die Kinder nicht alleine bist, hm?" bemerkte er und hauchte Joanna einen Kuss auf die Wange, ehe er seine Aufmerksamkeit seinem Sohn schenkte. "Im Großen und Ganzen schon, nur das Alter macht sich beim Reisen mittlerweile mehr bemerkbar als früher." erwiderte William und zwinkerte Robert leicht zu.
Dieser lächelte leicht. "Dann ist es ja gut, dass ihr nun hier seid und euch ausruhen könnt." bemerkte er und nickte, zuckte jedoch zugleich etwas mit den Schultern. "Es ist noch immer etwas befremdlich, aber ich komme gut zurecht. Ihr habt mir schließlich alles beigebracht, was ich dafür wissen muss." entgegnete Robert dankbar. Wie viel er tatsächlich darüber gelernt hatte der Earl of Cornwall zu sein, hatte er tatsächlich erst festgestellt als er begonnen hatte diese Rolle aktiv auszufüllen.
Er führte seine Eltern aus der Halle, um sie zu Richard und Beatrice zu begleiten. "Hmhm. An sich schon. Aber ... ihr werdet schnell feststellen, dass Edward sich mal wieder kopfüber ins Chaos gestürzt hat. Das soll er euch aber später selbst erklären." warnte Robert seine Eltern vor.

"Oh ja, sehr viel besser." Joanna wollte ihren Mann nie wieder allein lassen und daher war sie froh, dass er inzwischen nicht mehr in den Krieg ziehen würde.
"Das werden wir, dein Vater braucht ein bisschen Ruhe." Sie würde nie vergessen, dass sie ihn beinahe verloren hatte. Dieses Risiko würde sie nie wieder eingehen. "Und ich auch...", milderte sie dann mit einem Lächeln ab.
"Und du machst deine Sache gut, keine Sorge." Joanna hob die Augenbrauen. "Oh nein...Edward...Ich weiß nicht, warum er immer alle ins Chaos stürzt. Und ich sollte dich wahrscheinlich nicht weiter fragen, damit du nicht wieder deines Bruders Schandtaten beichten musst. Aber ich werde ihn fragen, darauf kannst du Gift nehmen, mein Junge."

William hatte den Arm um Joannas Taille gelegt und zog sie nun mit einem spöttischen Grinsen etwas näher. "So so, ich brauche also Ruhe ..." feixte er, aber natürlich war es durchaus die Wahrheit. Es war nicht so, dass er hier und jetzt umfallen würde, aber er konnte auch nicht mehr wie früher Bäume ausreißen nach einer solchen Reise.
Dann seufzte er und richtete den Blick kurz zur Decke. "Dieser Junge ist wahrlich eine Prüfung." murmelte er, ehe er den Blick wieder zu Robert und dann zu Joanna wandern ließ. "Und ich Narr hatte wirklich geglaubt, er sei nun endlich erwachsen geworden. Ich ahne Schlimmes. Und vermutlich ist er nun wieder zu Tode betrübt und endlos verzweifelt, weil er vor dem Scherbenhaufen steht und nicht weiß was er tun soll." murrte William, der seinen Sohn nur allzu gut kannte. Und deshalb hatte er auch schon so eine Ahnung um was für ein Chaos es sich handelte, das Edward da angerichtet hatte.

Joanna lachte leise. "Aber sicher, mein Gemahl. Natürlich brauchst du Ruhe..." Es war einfach Fakt, dass sie schon ein beachtliches Alter erreicht hatten.
"Das ist er und er wird es immer bleiben. Ich habe irgendwie die Hoffnung aufgegeben, dass er jemals richtig erwachsen wird. Aber das werden wir nicht ändern können."
Robert hob ein wenig unbehaglich die Schultern. "Genau das trifft es ziemlich gut." Edward richtete immer erst etwas Schlimmes an und jammerte dann über verschüttete Milch.
Joanna seufzte tief.
"Nun, führ uns erst einmal zum König und zu deiner Schwester. Um deinen Bruder kümmern wir uns später, das...ist nicht oberste Priorität. Er wird seine Schwierigkeiten ohnehin selbst klären müssen."

Bis sie die königlichen Gemächer erreichten, sann William noch etwas über Edward nach. Er verstand den Bengel manchmal einfach nicht und immer wieder fragte er sich, was sie bei ihm falsch gemacht hatten, was er hätte besser machen können, um seinem Sohn mehr Vernunft beizubringen. Aber womöglich war die Antwort so schlicht und gleichzeitig ernüchternd wie nur möglich: nichts. Sie hatten Edward nicht anders behandelt als ihre anderen Kinder, wenngleich William sich womöglich über die Geburt dieses Sohnes am allermeisten gefreut hatte, weil er sein erstes gemeinsames Kind mit Joanna gewesen war. Trotzdem hatten sie Edward nie vorgezogen oder vernachlässigt ... es lag womöglich wirklich einfach in dessen Natur, dass er so war, wie er nun einmal war.
Doch fürs erste verschwand Edward wieder aus seinen Gedanken als sie die königlichen Gemächer betraten und William seine Tochter wieder vor sich hatte. Sein Blick wurde sanft und sein Lächeln so glücklich, dass kein Zweifel daran bestand, dass es von Herzen kam. Er ließ von Joanna ab, um auf Beatrice zu zugehen und sie an seine Brust zu ziehen.
"Sieh dich nur an, meine Kleine." murmelte er leise, nur für sie hörbar. "Wie gut es tut, dich wieder zu sehen."

Beatrice erhob sich, als man ihre Eltern ankündigte und lächelte freudig, als sie endlich eintraten. Sie hatte die Beiden wirklich sehr vermisst. Oft dachte sie dieser Tage darüber nach, was für eine behütete Kindheit sie doch gehabt hatte und versuchte es immer ihren Eltern gleichzu tun. Ihre Kinder sollten noch ein bisschen Kind sein, trotz all dem Trubel.
Sie erwiderte die Umarmung ihres Vaters. "Das geht mir genauso...Ich bin wirklich froh euch gesund zu sehen. Manchmal wird mir alles ein bisschen viel, weißt du. Und dann hätte ich euch gern hier. Und nun seid ihr es."
Sie schloss ihre Mutter in die Arme und lächelte.
"Kommt, setzt euch. Wie geht es euch? Die Reise gut überstanden?"

William strich Beatrice sachte über die Wange. "Und nun sind wir hier." bestätigte er leise. "Und wir stehen dir immer zur Seite, wenn du uns brauchst." fügte er hinzu und löste sich dann von seiner Tochter, damit diese auch Joanna begrüßen konnte und William sich mit einer Verbeugung an den König wandte. "Sire, es freut mich, auch Euch wiederzusehen." erklärte William mit einem Lächeln, wenngleich seine Freude über das Wiedersehen mit Beatrice ungleich größer war als über das mit Richard. Er hatte sich mit der Situation arrangiert, nicht zuletzt seiner Tochter und seiner Enkel wegen und weil es vor allem Robert war, der mit diesem König zusammen arbeitete, aber tief in seinem Herzen hatte William noch immer nicht vergessen, was alles geschehen war.
William folgte Beatrices Aufforderung und setzte sich neben Joanna dem Königspaar gegenüber. "Gut überstanden, aber unsere alten Knochen brauchen doch etwas mehr Ruhe bei und nach solch einer Reise als früher." räumte er ein, lächelte dabei aber. Ansonsten sind wir aber wohl auf und auch in Cornwall steht alles zum Besten." berichtete William und ließ den Blick kurz zwischen Beatrice und Richard hin und her wandern. "Und wie steht es hier? Die Vorbereitungen sind in vollem Gange wie man sieht." Es war am königlichen Hof immer betriebsam, aber vor einem solchen Aufbruch lag einfach noch einmal eine andere Unruhe in der Luft, die man spüren konnte, kaum dass man auch nur einen Fuß durch das Haupttor gesetzt hatte.

"Das weiß ich sehr zu schätzen.", erwiderte Beatrice und warf Richard einen Blick zu. Richard und ihr Vater hatten ihren Krieg beigelegt, aber die enge Beziehung von früher würde nie wieder zurückkommen. Dazu war einfach zu viel passiert, aber sie bedauerte es sehr.
Richard neigte huldvoll den Kopf, als William ihn begrüßte und die Beiden sich setzten. "Nun, das Alter geht an niemandem spurlos vorbei, das merke selbst ich dann und wann. Und Ihr habt ja noch ein paar Jährchen voraus...."
Richard nickte. "Oh ja, wir werden in Kürze zum Festland aufbrechen. Es wird Zeit Philippe von Frankreich in seine Schranken zu weisen. Und das muss ich nun wirklich selbst tun. Wir werden die Grenze sichern." Das musste sein, ohne Rücksicht auf Eleonore.

William musste schmunzeln. "Das ein oder andere Jährchen, ja." bestätigte er, nahm es jedoch gelassen. Es half ja doch nichts sich über das Alter und seine Begleiterscheinungen zu grämen, denn ändern konnte er es ohnehin nicht. Stattdessen konzentrierte er sich auf die Freude über seine Enkel und Urenkel und dass Gott ihm erlaubte diese zur Welt kommen und aufwachsen zu sehen.
William sah seinen Schwiegersohn an und nickte nachdenklich. "Ohne Zweifel. Wenn Philippe nicht bald aufgehalten wird, reibt er Englands Besitzungen auf dem Kontinent vollkommen auf und das darf auf keinen Fall passieren." William war nicht unbedingt begeistert darüber, dass er wegen dieses Krieges wieder um eine ganze Reihe von Menschen bangen musste, die ihm teuer waren. Aber er sah klar die Notwendigkeit für diesen Schritt und zumindest der Staatsmann in ihm befürwortete den Krieg, den Richard nun aufnehmen wollte.
"Habt ihr etwas von Eleonore gehört? Die Situation ist für sie sicher auch nicht einfach, hm?" Seine Enkelin stand immerhin genau zwischen den Fronten, England, ihre Heimat, ihre Eltern und Geschwister auf der einen Seite, Frankreich mit ihrem Gemahl auf der anderen Seite ... kein leichtes Los, so viel war sicher.

Richard lachte leise. "Wenn ich das Alter einmal so gelassen nehmen kann wie Ihr, dann habe ich wohl alles richtig gemacht. Ich wäre froh in Eurem Alter noch so agil zu sein."
Er seufzte leise.
"Ihr legt wie immer zielsicher den Finger in die Wunde. Eleonore....ich habe nichts von ihr gehört und vielleicht ist das besser so. Sie hat sich gegen mich gestellt mit dieser Ehe. Aber sie ist klug. Sie schuldet ihrem Mann Loyalität ebenso wie Frankreich und England. Ich denke, sie wird sich aus der ganzen Sache einfach heraus halten. Das ist definitiv das Beste für sie. Aber ich kann in diese Sache einfach keine Rücksicht auf sie nehmen...Ich bin der König von England und deshalb muss ich im Sinne Englands handeln.", erwiderte er ernst.

William hob leicht die Schultern. "Wartet nur ab, das kommt mit der Zeit. Als sich die ersten Anzeichen des Alters bei mir bemerkbar machten, habe ich auch damit gehadert und wollte es nicht wahr haben - ganz zum Verdruss meiner ewig besorgten Frau." erwiderte William und zwinkerte Joanna dabei zu. "Aber irgendwann lernt man, dass es keinen Sinn hat, sich zu grämen, sondern es besser ist, sich an dem zu erfreuen, was möglich ist."
Nachdenklich und mit gerunzelter Stirn wiegte William den Kopf etwas hin und her. "Ich denke nicht, dass sie sich damit gegen Euch gestellt hat. Aber sie hat entschieden, dass ihr die Liebe zu Philippe wichtiger ist als etwaige andere Verpflichtungen und Bande, keine Frage. Ihr habt jedoch ganz Recht, es steht außer Frage Rücksicht zu nehmen, denn es sind unsere Burgen und unser Land, das Philippe sich unter den Nagel reißen will." stimmte William Richard zu. "Aber ich bin zuversichtlich, dass Ihr ihn bald in die Schranken weisen werdet. Philippe ist ein kluger Stratege, aber gegen den englischen Löwen kann auch er nicht standhalten." Und egal was zwischen William und Richard vorgefallen war, er hielt seinen Schwiegersohn noch immer für den wohl besten und klügsten Feldherren, den die Welt seit langem gesehen hatte.

"Das glaube ich. Aber Eure Frau bringt Euch schon auf den richtigen Weg." Und er bewunderte die harmonische Ehe, die die Beiden nach all den Jahren noch führten. Er wünschte sich, dass er es hinbekam, dass ihre Ehe auch so blieb, wie sie jetzt war.
"Das hat sie. Und es ist ein Schlag, dass er wichtiger ist als ihre Familie. Aber was soll ich tun...Ich habe es ja doch nicht übers Herz gebracht sie ins Kloster zu stecken. Sie ist ein Sturkopf wie ihre Mutter, sie hätte das ohnehin nicht hingenommen. Sie setzt ihren Kopf durch. Aber es wäre ein wenig...eigenartig, wenn ich dafür verantwortlich wäre, dass sie zur Witwe wird. Schon wieder...."
Er neigte dankbar den Kopf.
"Ich danke Euch. Ich bin beglückt, dass Ihr eine so hohe Meinung von mir habt, Mylord. Wieder..."

"Und wie ihr Vater. Ihren Sturkopf und ihre Entschlossenheit hat Eleonore zweifelsfrei von beiden Elternteilen geerbt." erwiderte William ein wenig amüsiert. Weder Richard noch Beatrice gaben sich zufrieden, solange nicht alles nach ihrem Sinne war. Sie beide wussten, was sie wollten und wie sie es bekamen und das hatten sie auch an ihre Tochter weitergegeben.
"Nun, es ist Euer bestreben unsere Burgen zurück zu gewinnen und die englischen Gebiete auf dem Festland zu sichern, nicht einen König zu töten. Zwar kann im Krieg immer etwas geschehen, aber das weiß auch Eleonore."
William lehnte sich etwas zurück. Einen Moment lang sah er Richard einfach nur schweigend an, dann atmete er tief durch und lächelte schief. "Ich habe dich schon immer für einen fähigen Kopf und großartigen Feldherrn gehalten, ganz gleich was du zwischenzeitlich angerichtet hast. Aber lass es dir dennoch nicht zu Kopf steigen, mein Junge." erwiderte William und wunderte sich selbst ein wenig darüber, wie nachsichtig er mit einem Mal sein konnte. Die Trauer um Henry war keineswegs verblasst, er vermisste seinen Cousin noch wie am ersten Tag, aber er konnte auch nicht die Augen davor verschließen, wie nahe Richard seinem Herzen früher schon gewesen war, dass es eine Zeit gegeben hatte in der er in dem jungen Rotschopf mehr einen Sohn als alles andere gesehen hatte. Und vielleicht war er endlich alt genug geworden, um zu begreifen, dass es töricht war jene, die man gern hatte von sich fern zu halten wegen einer Sache, die ohnehin nicht mehr zu ändern war.

Richard lachte leise und hob die Schultern. "Ich gebe zu, das kann ich nicht guten Gewissens abstreiten. Sie vereint unser beider Temperament in sich."
Er seufzte leise. "Ich hasse Philippe und würde ihm nur zu gern den Garaus machen. Aber ich schätze, ich würde es nicht übers Herz bringen...wegen Eleonore. Und sie hat genau gewusst, was für Fesseln sie mir damit anlegt. Ich fürchte, wenn ihm etwas passiert, wird sie mir nie verzeihen."
Er lächelte. "Ich danke Euch. Ich freue mich, dass Ihr mir nun mit solcher Nachsicht begegnen könnt." Er hatte William immer sehr geschätzt, aber er hatte einfach getan, was getan werden musste.
"Das wird meiner Frau auch sehr gefallen, dass sich unere Beziehung ein wenig bessert."

William nickte nachdenklich. "Ja, es macht einen Mann ausgesprochen schwach eine Tochter zu haben, die man von ganzem Herzen liebt." bestätigte William und sah kurz zu Beatrice hinüber. Er konnte die Klemme in der Richard steckte gut nachvollziehen, denn auch er hatte sehr damit gehadert als er an Henrys Seite gegen dessen Sohn hatte kämpfen müssen. Er hatte wahrlich nicht gewollt, dass Beatrice zur Witwe wurde, schon gar nicht seinetwegen.
Sein Blick glitt wieder zu Richard zurück und er brummte zustimmend. "Und wenn es dein Herz so erfreut, wirst du vielleicht auch selbst etwas Verständnis dafür aufbringen können, wieso ich so mit dir gehadert habe." erwiderte er und nickte dann. "Nicht nur ihr, ich schätze, meine ist ebenso beglückt." bemerkte William und musste schmunzeln als er erst zu Beatrice und dann zu Joanna sah.

Richard seufzte tief. "Oh ja...nichts macht einen schwächer." Er nickte William knapp zu. "Ja, das kann ich durchaus. Ich habe Verständnis, aber ich fürchte, ich würdein den meisten Dingen erneut so handeln, wenn ich müsste."
Sein Blick glitt zu Beatrice, dann zu Joanna und ein Lächeln machte sein Gesicht weicher. "Ja, das glaube ich auch...Eure Gemahlin war schließlich immer gut zu mir, als ich bei Euch in Cornwall war. Ich denke, wir hatten uns schon damals ein wenig ins Herz geschlossen."
Seiner eigenen Mutter war es manchmal ein bisschen schwer gefallen ihm Mutterliebe zu zeigen, aberals Kind hatte es ihm gefehlt. Joanna hatte sie ihm gegeben.