William und Joanna ~ 1171

Eleonore zog verwundert die Augenbrauen in die Höhe als es an der Tür klopfte. Eigentlich hatte sie doch niemanden mehr erwartet. Dennoch bat sie den Besuch herein und wusste sofort, wer da zu ihr kam, ohne auch nur das Gesicht unter der Kapuze gesehen zu haben.
Sie gab ihren beiden Hofdamen ein Zeichen sie alleine zu lassen. "Ich danke Euch, Ihr könnt uns nun alleine lassen."
Erst als die beiden verschwunden waren, sah sie zu Joanna hinüber. "Ich habe mich schon gefragt, wann Ihr hier auftaucht." begrüßte sie die Lady Cornwall und erhob sich, um ihr entgegen zu treten.
Sie wusste genau warum Joanna zu ihr gekommen war, aber sie fürchtete, dass sie keine allzu guten Nachrichten für sie haben würde.

Joanna wartete, bis Eleonore ihre Hofdamen fortgeschickt hatte und enthüllte erst dann erneut ihr Gesicht. "Früher war es mir nicht möglich, Majestät. Außerdem muss ich sehr vorsichtig sein. Die Tage, an denen ich mich hier frei und ungestört bewegen konnte, sind vorbei.", erwiderte sie leise und knickste vor der Königin. Immerhin verstanden sie sich wieder besser.
"Ihr wisst wohl schon, warum ich komme...", begann sie ein wenig niedergeschlagen. "Ich brauche Eure Hilfe. Wir brauchen Eure Hilfe. Ihr habt doch Einfluss...könnt Ihr nichts für William tun? Er ist unschuldig, das schwöre ich Euch. Er würde nie einen Menschen heimtückisch ermorden. Und er hatte auch keinen Grund, unsere Ehe war bestätigt. Euer Gemahl tut so, als wäre William irgendein beliebiger Adeliger. Er verrät ihn schon wieder. Ich bitte Euch, helft William."

Eleonore legte eine Hand auf Joannas Schulter und wies mit der anderen auf die beiden Sessel, die vor dem Kamin standen. "Setzt Euch doch bitte erst einmal." bat sie und nickte dann als sie Joanna gegenüber saß. "Ich dachte mir schon, dass Ihr zu mir kommen würdet mit dieser Sache." Sie atmete geräuschvoll aus und sah Joanna dann mit einer Mischung aus Bedauern und Wut an. "Henry, dieser Hornochse scheint taub und blind zugleich geworden zu sein. Ich habe mit ihm bereits einen heftigen Streit wegen dieser Sache gehabt - allerdings nur mit dem Ergebnis, dass wir seit dem kein Wort mehr miteinander geredet haben." Sie schüttelte verärgert den Kopf. "Mein werter Gatte wird mit den Jahren immer verbohrter."
Sie musterte Joanna kurz und seufzte leise. "Lässt man Euch wenigstens zu ihm?" fragte sie dann mitfühlend. Sie selbst hatte William bereits zwei Mal besucht und wusste daher, wie es um seinen Zustand bestellt war, doch sie würde es nicht wundern, wenn die Wachen Joanna nicht zu ihm ließen.

Joanna ließ sich in einen der Sessel sinken und blickte Eleonore an. "Das scheint im Moment Henrys Lieblingsbeschäftigung zu sein. Ich war gerade bei Jane, weil ich dachte, sie könnte mir vielleicht helfen. Sie hat sonst ziemlichen Einfluss auf Henry. Aber...er blockt auch sie bei diesem Thema nur ab.", erklärte sie leise.
Joanna stiegen die Tränen in die Augen, als sie den Kopf schütteln musste. "Nein. Ich war jeden Tag am Tower, aber sie lassen mich nicht hinein. Ich habe alles versucht." Sie war sogar so tief gesunken zu versuchen die Wachen zu bestechen. "Seit ich in London bin habe ich nicht einmal ein Lebenszeichen von ihm erhalten. Ich weiß nicht einmal, wie es ihm geht. Niemand sagt mir etwas und überall schaut man mich merkwürdig an. Sie schicken mich weg, als wäre ich eine Bettlerin. Ich weiß nicht mehr, was ich meinen Kindern noch sagen soll. Es ist hoffnungslos." Es war ihr schon schwer gefallen Jane gegenüber zu sprechen, aber jetzt ein zweites Mal auszubreiten, wie sehr sie eigentlich unter den Geschehnissen litt, war zu viel und die ersten Tränen kullerten ihre Wangen hinab.
"Ich weiß nicht, was ich machen soll. Helft mir, ich bitte Euch..."

Eleonore runzelte verärgert die Stirn. "Das ist wirklich unglaublich." brummte sie verärgert und legte die Stirn in Falten. "Heute ist es schon zu spät, aber ... kommt morgen früh hier her und ich werde Euch zu ihm bringen." versprach sie Joanna dann. Es war schlichtweg die Höhe, dass man sie nicht zu ihrem Mann ließ.
"Nun, Ihr seht momentan besser aus als er, aber es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Ich habe ihn zwei Mal besucht." erzählte sie Joanna dann, damit sie wenigstens eine kleine Erleichterung hatte.
Als ihr die Tränen über die Wangen liefen, reichte Eleonore ihr ein Taschentuch und legte ihre Hand auf Joannas. "Ich verspreche Euch, dass wir ihn da wieder heraus holen werden. Irgendwie werde ich meinen Sturkopf von Ehemann davon schon überzeugen. Ich werde mir etwas überlegen, es mag zwar gerade nicht allzu gut aussehen, aber es wäre doch gelacht, wenn wir keine Lösung finden." versicherte sie Joanna.

Joanna war erleichtert, als Eleonore ihr versprach, dass sie morgen William sehen konnte. "Oh Gott, ich danke Euch...", murmelte sie. "Ich werde da sein." Sie lauschte begierig auf jedes Wort, dass Eleonore von ihrem Mann berichten konnte. "Wenigstens etwas..."
Ein wenig verlegen nahm sie das Taschentuch entgegen und wischte sich die Tränen von den Wangen.
"Eure Zuversicht ist wirklich tröstlich. Es ist so schwer. Ich weiß doch, dass er unschuldig ist. Uns muss unbedingt etwas einfallen um ihn da raus zu holen. John bemüht sich schon sehr um Henry mit einem guten Vortrag von Williams Unschuld überzeugen zu können, aber wenn Henry nicht will, wird er nichts tun können. Es wäre uns lieber, wenn es gar nicht erst zu einem Prozess käme. Wenn Henry William einfach frei lassen würde..."

Eleonore nickte und lächelte leicht. "Das ist das mindeste was ich vorerst für Euch tun kann." erklärte sie. Immerhin war sie der Meinung, dass Joanna wenigstens ein Recht darauf hatte William zu besuchen.
"Und ich glaube Euch. Ich habe mit ihm gesprochen und wenn jemand des Mordes an Roger de Beaumont nicht schuldig ist, dann Euer Mann. Auch wenn der Streit zwischen den beiden natürlich auf den ersten Blick ein Motiv liefern mag ... doch wer genau hinsieht weiß, dass das Unsinn ist."
Eleonore nickte verständnisvoll. "Ich weiß ohnehin nicht was in ihn gefahren ist, dass er William in den Tower hat bringen lassen. Dass er beleidigt war wie ein kleines Kind, dass William wegen der Sache mit Richard abgereist ist, steht außer Frage, aber das scheint mir noch lange nicht Grund genug ... hach ... verstehe einer diesen Kerl." murmelte sie und schüttelte den Kopf.

"Natürlich ist es das...Beaumont war von dem Augenblick an kein Thema mehr für uns, als unsere Ehe bestätigt war. Natürlich war William wütend, aber als er fort war, waren wir einfach nur darauf bedacht, dass er Truro nicht mehr betritt. Das war alles. Wir waren für alles Andere viel zu glücklich."
Joanna schüttelte den Kopf. "Henry stellt sich an, das ist alles. Weil die Dinge nicht so gehen, wie er sie gern hätte." Und mehr konnte sie dazu nicht sagen. Es gab keinen vernünftigen Grund, warum Henry Wiliam einsperrte...
Und am nächsten Morgen kam sie wieder zu Eleonore. Sie verbarg immer noch ihr Gesicht, denn gerade heute hatte sie kein Bedürfnis Ärger zu beschwören, weil man sie beschimpfte. Sie war aufgeregt wie ein junges Mädchen, gleich würde Eleonore sie endlich zu William bringen und sie würde ihn wieder in den Arm nehmen können.

Eleonore hatte bereits auf Joanna gewartet und so bat sie diese gar nicht erst herein, sondern machte sich mit ihr direkt auf den Weg. "Ich kann nicht garantieren, dass Ihr sehr lange zu ihm dürft, doch es wird lang genug sein, damit ihr euch wenigstens ein wenig unterhalten könnt." erklärte Eleonore als sie ihr Ziel fast erreicht hatten.
Mit erhobenem Haupt ging sie an den Wachen auf den Gängen vorbei und natürlich hielt sie bis dahin niemand auf. Die einzige Diskussion würde sie mit den Wachen vor Williams Zelle führen müssen.
"Majestät." Die beiden Männer verbeugten sich und warfen dann einen misstrauischen Blick auf Joanna. "Öffnet die Tür, der Lordkanzler hat Besuch." erklärte Eleonore entschlossen und erntete einen Blick, der keinen Zweifel daran ließ, dass die Wache sich mehr als unwohl in seiner Haut fühlte.
"Majestät, wir haben Anweisungen, dass keiner -"
"Wollt Ihr mir etwas Vorschriften machen?" fuhr sie den Mann zornig an, ehe er den Satz vollenden konnte. Dieser zuckte zusammen und machte einen Schritt zurück. "Ich ... verzeiht, Majestät."
"Nun öffnet endlich diese verfluchte Tür oder wollt Ihr Euch ohne eine Arbeit auf der Straße wieder finden?"
Der Mann schüttelte hektisch den Kopf und kramte den Schlüssel hervor, um aufzuschließen.
"Na bitte, geht doch." Eleonore wandte sich an Joanna und legte ihr eine Hand auf die Schulter. "Geht. Ich denke, Ihr wollt mit ihm alleine sein."

"Das wird besser sein als nichts. Ich bin für jede Minute dankbar.", erwiderte Joanna gefasst. Sie war angespannt, als sie den Wachen gegenüber standen und Eleonore die Diskussion mit den Wachen diesmal übernahm, froh, dass sie das diesmal nicht selber mit ihnen reden musste. Dass sich jemand endlich für sie einsetzte und ihr behilflich war.
Sie atmete durch, als endlich der Schlüssel im Schloss gedreht wurde und Eleonore sie aufforderte einzutreten. "Ich danke Euch. Für alles, meine Königin."
Joanna sammelte sich und trat in den kleinen, recht spärlich eingerichteten Raum, den William nun bewohnte. Und da saß er...Sie hatte sich fest vorgenommen stark zu sein und nicht zu weinen, aber als sie ihn sah, war es um sie geschehen. Mit schnellen Schritten eilte sie auf ihn zu und warf sich ihm in die Arme.
"Oh Gott, ich habe dich so vermisst.."

William sah müde auf als er die Stimmen vor der Tür vernahm. Er konnte sie nicht verstehen, da die Tür recht dick war, doch er war der Meinung, dass eine der Stimmen zu Eleonore gehörte, die scheinbar verärgert klang. Als die Tür sich öffnete, bot sich ihm jedoch ein völlig unerwartete er Anblick und im Nu war er auf den Beinen.
"Joanna!" überrascht zog er sie an sich als sie ihm um den Hals viel und schloss für einen Moment die Augen. "Himmel, du bist hier." murmelte er mit einer Stimme, die deutlich rauer klang als sonst, da er in den letzten zwei Wochen kaum Gelegenheit gehabt hatte mit jemandem zu sprechen.
William gab ihr einen Kuss und legte eine Hand an ihre Wange. "Wie geht es dir? Und den Kindern?" fragte er besorgt und musterte Joanna aufmerksam. Sie sah ziemlich mitgenommen aus, kein Zweifel, dass diese Sache stark an ihren Nerven zerrte.

"Ich bin hier...", schluchzte Joanna leise auf und schmiegte sich eng an William. Sie brauchte einen Moment, um einfach nur seine Wärme zu genießen. Seit zwei Wochen hatte sie nicht einmal gewusst, ob es ihm einigermaßen gut ging. Und jetzt konnte sie ihn endlich wieder berühren. Sie erwiderte fast verzweifelt seinen Kuss und stand dann dicht vor ihm, strich ihm durch den dunklen Schopf. Seufzend lehnte sie die Wange an seine Brust.
"Jetzt geht es mir besser. Weil ich dich endlich wieder im Arm halten kann. Es ist anstrengend. Man behandelt mich hier wieeine Bettlerin, am Hof brauche ich mich offen gar nicht sehen zu lassen. Aber ich versuche alles, was mir möglich ist, um dich hier heraus zu holen. Den Kindern geht es gut. Ich habe ihnen nicht die Wahrheit gesagt, aber ich wusste langsam nicht mehr, wie ich sie hinhalten sollte. Ich war gestern bei Jane und bei Eleonore. Und die Königin hat mich heute endlich mitgenommen. Die Wachen haben mich vorher immer abgewiesen."

"Oh Gott." murmelte William und zog sie eng an sich, um sicher zu gehen, dass sie wirklich da war. Er versuchte sich an einem Lächeln als sie ihm durch die schwarzen Locken fuhr, die deutlich zerzauster waren als sonst, immerhin hatte er hier drin für solche Dinge keine Gelegenheiten. Ebenso wenig wie um sich zu rasieren.
"Es tut mir so Leid, dass du das durch machen musst. Schon wieder meinetwegen ..." murmelte er und ließ sich ein wenig erschöpft auf das kleine Bett sinken, das er hier immerhin noch zur Verfügung hatte. Er zog Joanna auf seinen Schoß und vergrub sein Gesicht an ihrem Hals. "Ich verstehe einfach nicht warum er das tut ... warum er nicht einmal mit mir gesprochen hat bisher." nuschelte er leise.
William war mit der festen Überzeugung hergekommen, dass Henry umgehend mit ihm reden würde. Stattdessen hatte man ihn in den Tower gebracht und behandelte ihn nur wenig besser als einen einfachen Gefangenen. Und Henry setzte offenbar darauf ihn möglichst lange hin zuhalten.

"Du kannst doch nichts dafür....das konnten wir Beide nicht ahnen. Es war nicht abzusehen, dass Henry sich so verhalten würde.", beruhigte Joanna ihren Mann mit sanfter Stimme. Auf seinem Schoß fühlte sie sich gleich wohler und schöpfte Kraft für die kommende, schwere Zeit aus seiner Nähe.
"Er will dich hinhalten und weich kochen. Ganz einfach. Ich schätze, er ist beleidigt, weil du ihm mit Richard in den Rücken gefallen bist. Er benimmt sich wie ein trotziges Kind, aber was will man tun? Eleonore und Jane haben versprochen, ihr Möglichstes zu tun. Irgendwie holen wir dich schon hier raus. Und wenn ich persönlich Henry Beine machen muss, damit er wenigstens einmal mit dir spricht. Es ist für jeden offensichtlich, dass du unschuldig bist. Nur für Henry nicht. Aber wir haben schon so viel durchgemacht. Wir schaffen das auch.", erklärte sie leise und gab ihm einen langen Kuss.
"Dich sehen zu können gibt mir Kraft."

William strich ihr mit zitternden Fingern über die Wange. Er war so froh, dass sie hier war. Außer Eleonore und den Wachen hatte er hier keine Menschenseele zu Gesicht bekommen und er hatte nicht einmal gewusst, ob Joanna schon nach London gekommen war oder nicht.
"Er ... er wird es sicher begreifen, wenn er erst einmal hier ist. Wenn ich erst einmal mit ihm gesprochen habe." William bemühte sich um Zuversicht, die er aber eigentlich schon am zweiten Tag an dem Henry nicht aufgetaucht war, aufgegeben hatte. "Dieser Dummkopf ..." murmelte er und schloss die Augen als er seinen Kopf an Joannas lehnte.
Er kam hier drinnen kaum zur Ruhe und die Sorge um seine Familie machte diesen Zustand noch schlimmer. Dass Joanna nun hier war, beruhigte ihn das erste Mal seit die Tür sich hier hinter ihm geschlossen hatte ein wenig.
"Ich bin so froh, dass du hier bist."

"Wie geht es dir sonst? Behandeln sie dich wenigstens gut, Liebster? Du siehst besser aus, als ich befürchtet habe. Ich habe mir wirklich Sorgen um dich gemacht. Ich habe wirklich alles versucht. Ich bin so schnell wie möglich zu dir gekommen. Ich habe sogar versucht die Wachen zu bestechen, erfolglos."
Joanna schloss ebenfalls die Augen. "Er ist der größte Dummkopf der Welt. Aber vielleicht wird es wirklich werden, wenn er endlich mit dir redet. Jane wird noch einmal versuchen ihn umzustimmen. Und bis wir wissen, wie es weiter geht, werde ich versuchen so oft wie möglich zu kommen. Vielleicht kann ich einmal Elias mitbringen. Er ist noch so klein, er wird sich hierran nicht erinnern. Aber dir würde es gut tun, du brauchst eine Aufmunterung. Hier drin wird man ja wahnsinnig."
Sie küsste ihn sanft und am liebsten hätte sie sich gar nicht mehr von ihm gelöst. "Allzu lange werde ich nicht bleiben können..."

"Es ist ... in Ordnung." erwiderte William. "Immerhin habe ich ein Bett." William grinste müde. Im Vergleich hierzu war die Gefangenschaft in Frankreich der reinste Luxus gewesen, doch immerhin ging es ihm hier nicht so schlecht wie einem einfachen Verbrecher. Zumindest das musste man Henry lassen.
Als Joanna weiter sprach, lächelte William sehnsüchtig. "Das wäre wundervoll." Seinen kleinen Sohn noch einmal in den Armen halten, wäre wirklich eine schöne Abwechslung. Auch wenn es ihn jetzt schon schmerzte die Kinder nicht sehen zu können, wann immer es ihm beliebte.
William seufzte leise und nickte. "Immerhin hast du es überhaupt hier her geschafft." erwiderte er und küsste sie sehnsüchtig. Es würde ihn wahnsinnig machen, wenn sie wieder ging, aber wenigstens hatte er einen kleinen Lichtblick sie wieder zu sehen. Damit war die Zeit hier drin vielleicht nicht mehr ganz so düster.
"Ich liebe dich, meine Schöne." murmelte er gegen ihre Lippen und lehnte dann die Stirn gegen ihre.

"Immerhin etwas.", stimmte Joanna mit einem Lächeln zu. "In Frankreich konnte ich aber wenigstens bei dir sein. Louis war nicht so grausam wie Henry. Damals ging es uns trotzdem recht gut. Aber wir schaffen das auch jetzt. Irgendwann kommst du frei. Du bist kein Mörder."
Joanna nickte langsam. Das nächste Mal würde sie Elias mitbringen und hoffen, dass Eleonore ihr das ermöglichte.Oder dass Jane es schaffte Henry zu überzeugen, dass sie ihn immer besuchen durfte.
"Ja, ich habe es geschafft. Du kennst doch meinen Sturkopf. Spätestens seit Frankreich. Ich würde alles tun, um zu dir zu kommen. Ich lasse mir doch nicht einfach meinen Mann weg nehmen. Ich liebe dich..."
Es klopfte hart an der Tür und Joanna verstand. Sie gab William einen letzten langen Kuss. "Ich muss gehen. Aber ich komme so schnell wie möglich wieder...", versprach sie niedergeschlagen.

"Ja, das würdest du ... das hast du mittlerweile oft genug bewiesen." erwiderte er lächelnd und gab ihr einen Kuss. Als sie so rüde durch das ungeduldige Klopfen unterbrochen wurden, stöhnte William leise und zog Joanna noch einmal eng an sich.
"Ich will nicht, dass du gehst." murmelte er, ließ jedoch zu, dass sie aufstand und erhob sich ebenfalls, um sie noch einmal in den Arm zu nehmen und einen Kuss mit ihr zu teilen.
"Lass mich nicht zu lange warten, ja? Du bist mein einziger Lichtblick hier in diesem Loch." erwiderte er und löste sich dann widerwillig von ihr, damit sie gehen konnte ohne das die Wachen sie von einander trennten. Denn dann würde sie es beim nächsten Mal wahrscheinlich noch schwieriger haben wieder her zu kommen.
"Ich liebe dich, meine Schöne." flüsterte er ihr zum Abschied ins Ohr. "Und gib den Kinder einen Kuss von mir ..." Auch wenn sie es den Kleinen nicht einmal sagen konnte, denn für sie war William schließlich auf Reisen.

Henry hatte sich lange davor gedrückt, William im Tower gegenüber zu treten. Jane hatte ihm auch lange genug in den Ohren gelegen. Aber je länger William warten musste, desto eher würde er ihm die Wahrheit sagen. Und so leid es ihm tat, er musste davon ausgehen, dass sein Cousin ein Mörder war. Schließlich würde er für Joanna alles tun.
Die Wachen ließen ihn respektvoll passieren. Etwas, dass sie nun auch Joanna gestatten sollten. Jane hatte ihn damit schließlich lange genug genervt. Aber ihr zuliebe hatte er schließlich zugestimmt.
Er schloss die Tür hinter sich und musterte William von oben bis unten. "Cousin." Henry nickte knapp. "Du weißt, was dir vorgeworfen wird. Was hast du dazu zu sagen?"

William lag auf dem Bett und starrte nachdenklich an die Decke als unerwartete die Schlüssel im Schloss zu hören waren. Er setzte sich auf und war im nächsten Augenblick auf den Beinen als er Henry gegenüber stand. Endlich war dieser Feigling gekommen.
"Dass du dieses Wort überhaupt noch in den Mund nimmst nachdem du mich so behandelt hast." erwiderte er leicht gereizt.
"Genau das, was ich schon die ganze Zeit versuche klar zu machen - ich habe ihn nicht umgebracht. Ich habe keine Ahnung wer es gewesen ist, aber weder war ich es, noch habe ich so etwas in irgendeiner Art und Weise in Auftrag gegeben."
William machte einen Schritt auf Henry zu und fixierte ihn mit ernstem Blick. "Henry, der Papst hatte mir meine Ehe bestätigt, Beaumont war damit völlig machtlos. Und in dem Moment hat mich dieser Mann keine Sekunde länger interessiert. Ich bin kein Mörder und das weißt du!"

Henry verschrnänkte die Arme und blieb an die schwere Tür gelehnt stehen, während William auf ihn zu kam. "Ich habe dich behandelt wie jeden Anderen unter Mordverdacht auch. Ich kann dich nicht anders behandeln, nur weil du mein Cousin bist und das weißt du."
Er lauschte den Worten des Anderen und seufzte leise.
"Ich ahnte, dass du das sagen würdest. Du bist dennoch der Einzige, der ein Motiv hat. Einen Grund, auf ihn wütend zu sein. Und das musst selbst du zugeben, schließlich hat er euch recht übel mitgespielt. Man hat ihn in der Nähe von Truro gefunden, William.", erklärte Henry gelassener, als er sich fühlte. "In diesem Punkt habe ich nicht allein die Urteilsgewalt, über deinen Fall werden noch Andere entscheiden. Wenn sie dich für unschuldig erklären, bist du frei. Auf meine persönliche Meinung kommt es darauf nicht an, ob ich dich nur für unschuldig halte oder nicht. Und ich bin mir ehrlich gesagt auch nicht sicher. Du hast Roger schon früher gehasst. Das kannst du nicht leugnen. Und dass er für Joanna zur Gefahr wird, würdest du auch nie zulassen. Du wusstest, dass er sich mit diesem Brief vom Papst nicht zufrieden geben würde."

"Das ist eine Lüge und das wissen wir beide!" erwiderte William kühl und blieb vor Henry stehen. "Du hättest mich keineswegs gleich hier in den Tower sperren müssen und wenn hättest du dich wenigstens gleich hier her bemühen können."
William musste sich wirklich beherrschen, um nicht aus der Haut zu fahren als er energisch den Kopf schüttelte. "Das ist doch Wahnsinn! Du weißt, dass ich so etwas nicht tun würde. Es wäre für mich eine völlig unnötige Handlung gewesen, die mich nur in Schwierigkeiten gebracht hätte. Beaumont hatte durch das Schreiben des Papstes kein Recht mehr auf Joanna, hätte er uns Ärger bereitet, hätte ich ihn höchstens festnehmen lassen. Und das weißt du auch! Du kennst mich doch, Henry!"
Im nächsten Moment starrte William seinen Cousin entsetzt an. Hatte er das wirklich gerade gesagt?
"Du ... du bist dir nicht sicher?" echote er ungläubig. "Du hältst mich für schuldig?" fragte er und seine Stimme klang eigenartig hohl.
"Natürlich kommt es auf dich an. Selbst einem verurteilten Verbrecher könntest du im Notfall begnadigen." erwiderte William leise. "Und niemand wird gegen dich stimmen, wenn du mich von vorneherein für unschuldig erklärst. Henry ... du musst mir glauben."

"Wann ich komme, ist wohl meine Sache. Es ist für mich nicht angenehm, meinen Cousin einsperren zu müssen. Deshalb habe ich es vielleicht etwas vor mir her geschoben. Aber dazu kommt, dass ich noch andere Dinge zu tun habe. Beaumonts Tod hat Entrüstung unter den Lords hervor gerufen, weil einer der Ihren ermordet wurde und sie denken, dass es ebenso einer der Ihren getan hat. Und sie sind natürlich allesamt scharf auf Warwick, das ja nun endgültig frei wird."
Henry seufzte leise. "Ich dachte, ich kenne dich. Aber ich weiß auch, dass Roger sich vermutlich trotzdem an Joanna vergriffen hätte, wenn er sie in die FInger bekommen hätte. Du hast ihn nicht gesehen, als er hier war und mich fragte, wo er sein Weib fände. Da war eine merkwürdige Gier in seinen Augen. Und ich kenne dich so gut, dass ich doch weiß, dass du alles tun würdest um Joanna zu schützen. Zur Not auch einen Menschen töten, das hast du schon einmal getan."
Der König schnalzte missbilligend mit der Zunge. "Ich halte dich nicht für schuldig, ich weiß es einfach nur nicht. Ich würde nicht unbedingt die Hand für deine Unschuld ins Feuer legen, solange es nicht den geringsten Beweis gibt, wer sonst Interesse an seinem Tod haben könnte. Du weißt genau, wenn ich dich jetzt einfach frei spreche, wird an mir vorwerfen, dass ichdich einfach nur frei lase, weil du mein Cousin bist. Dass ich Mörder decke, egal, ob das nun wahr ist oder nicht. Deshalb musst du einen Prozess durchstehen. Wenn du frei gesprochen wirst, ist alles gut. Wenn du schuldig gesprochen wirst, sorge ich dafür, dass du nicht hingerichtet wirst. Aber ich kann dich jetzt nicht einfach freilassen. Dennoch...die Wachen haben Anweisung Joanna zukünftig zu dir zu lassen. Das dürfte in deinem Sinne sein."

"Andere Dinge? Du verschacherst lieber zuerst die Grafschaft an den meistbietenden anstatt mich nach dieser Sache zu befragen?" William schüttelte den Kopf. Das war doch wirklich unglaublich.
William knurrte wütend und machte noch einen Schritt auf Henry zu, so dass er nun unmittelbar vor ihm stand. "Ich habe William de Beaumont getötet, weil er meine Frau entführt hat und mich umbringen wollte. Aber selbst das habe ich in einem fairen Kampf getan. Ich würde nie jemanden hinterrücks ermorden." Das verbot ihm alleine schon sein Ehrgefühl und das wusste Henry eigentlich nur zu gut.
"Es gibt aber auch keinerlei Beweise dafür, dass ich schuldig bin!" fuhr William ihn wütend an. "Mit welchem Recht hältst du mich hier eigentlich fest wie jemanden, den man fast schon verurteilt hat? Es gibt keinen einzigen Beweis, lediglich einen Verdacht, der aber nicht der Wahrheit entspricht! Warum tust du das, hm?" fragte William seinen Cousin gereizt und war drauf und dran Henry am Kragen zu packen und durchzuschütteln bis er endlich wieder zur Vernunft kam.
Dann seufzte er leise. "Immerhin. Du machst es ihr so schon schwer genug mit dieser ganzen Sache."