William und Joanna - ab 1183

Eleonore seufzte tief und nickte. "Ja, wir Beide. Weil die Einladung nur für uns Beide gilt. Die neuen Ereignisse haben deinen Vater umgestimmt und er braucht dich an deiner Seite. Manchmal muss man Pläne eben ändern, Gui, und besonders wir müssen manchmal Opfer bringen für das höhere Wohl, auch wenn es uns nicht gefällt. Dein Vater hat das sicher nicht leichtfertig entschieden."
Sie legte Gui die Hand auf die Schulter.
"Hör zu, Gui....du weißt doch, dass der König und dein Großvater sich nicht gut verstehen, sie führen sogar in gewisser Weise Krieg gegeneinander. Deshalb kann er nicht einfach nach England gehen und eine Hochzeit besuchen. Da ich aber deines Vaters Schwester bin, gilt dieses Problem nicht für mich. Und natürlich auch nicht für dich. Aber weder Louis noch Philippe können mit uns gehen. Nur Louisa und Géraud könnten uns begleiten."

Gui

Gui schluckte leicht. Opfer bringen ... ja, das hatten seine Eltern ihm auch schon oft genug erklärt. Immer wenn es darum gegangen war, wieso sie beide nicht hatten heiraten können. Gui hatte schon früh im Leben lernen müssen, dass selbst ein Mann wie sein Vater nicht immer frei entscheiden konnte.
Dennoch erschien ihm das hier ganz besonders ungerecht.
"Aber ... das ist nicht fair." erwiderte Gui mit einer Mischung aus Unwillen und Verzweiflung darüber, dass er wohl ohnehin nichts an der Entscheidung ändern konnte. "Louis und ich sind doch Freunde!" wandte er ein, verstummte dann aber, weil er einfach nicht wusste, was er dazu sagen sollte. Diese Entscheidung machte ihn regelrecht sprachlos und in Gui tobten gerade so viele Gefühle, dass er nicht recht wusste, welches die Oberhand gewinnen würde.
Louis sah seine Stiefmutter traurig an. Er hatte sich schon so sehr an Guis Anwesenheit hier in Paris gewöhnt, hatte seinen Cousin so sehr ins Herz geschlossen, dass es ihm schwer fiel sich damit zu arrangieren, dass ihre gemeinsame Zeit ein so jähes Ende finden sollte. "Wird Gui dann nie wieder her kommen können?" fragte Louis schweren Herzens.

Eleonore seufzte und legte die Hand kurz an seine Wange. "Ich weiß, mein Kleiner, aber das Leben ist leider nicht immer fair. Das müssen wir alle lernen." Es zerriss ihr das Herz, wie niedergeschlagen beide Jungen waren und das verstärkte ihren Entschluss nur noch, alles notwendige dafür zu tun, dass sie sich wiedersehen konnten.
"Doch, das wird er. Ich werde mit Guis Vater reden und eine Lösung finden. Guillaume findet es nämlich eigentlich auch gut, dass ihr so gute Freunde seid. Wir finden einen Weg, keine Sorge. Und ihr könnt euch Briefe schreiben. Eine gute Freundschaft kennt keine Entfernung. Ich versprech euch, ihr seht euch wieder. Bestimmt dauert es gar nicht lang. Aber jetzt muss Gui erst einmal dafür sorgen, dass jeder weiß, dass er eines Tages der König von England sein wird.", versuchte sie die Beiden etwas aufzumuntern. "Vertraut mir und genießt die Zeit bis wir abreisen noch zusammen."

Gui

Gui sah seiner Tante in die Augen als sie die Hand an seine Wange legte und nickte dann langsam. Es war eine wirklich schwere Lektion, aber darum kam er wohl nicht drum herum.
Eleonores aufmunternde Worte entlockten Louis dann zumindest ein Lächeln. Er vertraute seiner Stiefmutter und wenn sie sagte, sie würde ihnen ein Wiedersehen ermöglichen, dann würde es auch gelingen. Gui hingegen schnitt eine kleine Grimasse. "Aber ich kann doch noch gar nicht so gut schreiben ... und lesen." Er machte in seinem Unterricht zwar Fortschritte, aber er sah sich bei Weitem noch nicht dazu in der Lage einen Brief zu schreiben.
Philippe, dem diese kleine Szene fast schon das Herz zerrissen hatte, trat noch einen Schritt näher. "Was haltet ihr davon, wenn wir einen Ausritt machen, Männer?" schlug er mit einem Lächeln vor. "Und ich bin sicher, dass Eleonore und ebenfalls gerne begleiten würde, hm? Wir machen uns einfach einen schönen restlichen Tag zusammen, wie klingt das?" Vielleicht ließ sich so der erste Kummer der beiden Jungen noch ein wenig mildern.

Eleonore lächelte leicht und schüttelte den Kopf. "Sorge dich nicht, Gui. Du wirst doch Unterricht auch in England bekommen und ich bin mir ausgesprochen sicher, dass deine Mutter dir gern helfen wird, wenn du sie fragst. Sie kann inzwischen wirklich gut lesen und schreiben, sie kann dir zur Hand gehen. Du wirst es schnell lernen. Und Louis erwartet sicher keine seitenlangen Briefe."
Eleonore neigte den Kopf, als Philippe diesen Vorschlag machte. Die Jungen waren auch ausgesprochen begeistert und ließen sich ablenken.
"Oh ja!" Eleonore lachte leise auf. "Ich fühle mich geehrt, dass meine Gesellschaft euch wünschenswert erscheint. Ich begleite euch gern."

Diana hatte sich von einem Diener den Weg zu den Gemächern ihres Bruders zeigen lassen, kaum dass sie mit John und den Kindern am Hof angekommen war und gehört hatte, dass Rob hier war. Es war schon wieder eine Weile her, dass sie sich bei Dianas Besuch in Truro gesehen hatten und besonders jetzt sehnte sie sich danach ihn wieder zu sehen und mit ihm zu sprechen.
Daher war sie auch ausgesprochen erleichtert als sie an die Tür klopfte und die gedämpfte Stimme ihres Bruders sie herein bat. Sie schlüpfte eilig in das Gemach, schloss die Tür hinter sich und lächelte strahlend als sie Rob entdeckte.
Sie eilte auf ihn zu und umarmte ihn freudig. "Rob! Wie gut dich zu sehen. Ich hatte so gehofft, dass du hier sein würdest!"

Rob hatte sich in London gut eingefunden und war umso entspannter, da sich Giselle hier deutlich wohler fühlte, als sie Beide geahnt hatten. Zudem hatten sich Freunde und Familie hier eingefunden, sodass es oft vergnügliche Zusammenkünfte gab.
Als es klopfe, bat er ein wenig überrascht den Besuch hinein. Im nächsten Moment war er auf den Beinen und schloss strahlend seine Schwester in die Arme. "Diana! Oh, ich bin so froh dich zu sehen, du hast mir gefehlt."
Zwar befremdete ihn ihre Verbindung zu Prinz John immer noch sehr, aber er liebte seine Schwester und auch deren Kinder wirklich. Er freute sich immer sie zu sehen, geschah es doch selten genug. "Komm, Schwesterchen, setz dich doch. Wie geht es dir, hm?"
Auch Giselle würde sich freuen, mochte sie Diana doch wirklich gern.

Diana lachte leise auf als Rob sie in die Arme schloss. "Du mir auch, Brüderchen." erwiderte sie lächelnd und folgte dann bereitwillig seiner Aufforderung und setzte sich zu ihm. "Gut, aber vor allem erst einmal froh, dass wir die Reise hinter uns haben. Es wurde Zeit, dass die Kleinen endlich wieder mehr Bewegungsfreiheit haben." erwiderte sie schmunzelnd.
Dann jedoch wurde sie ernst und einen Moment lang zögerte sie etwas, wollte eigentlich das frohe Wiedersehen nicht sofort mit ihren Sorgen belasten, aber sie wusste, dass Rob sie ja ohnehin im Nu durchschaut hatte. Also gab sie sich einen Ruck, atmete verstohlen durch und fügte hinzu: "Ich ... mache mir allerdings ein wenig Sorgen. Wir sind hergekommen, weil der König uns eingeladen hat, er hat John gebeten wieder her zu kommen, nur ..." Diana stockte kurz und sah ein wenig verlegen auf ihre Hände hinab. "John ist außer sich vor Zorn." gestand sie dann leise. "Die neusten Entwicklungen, Guillaumes Hochzeit ..." Sie zuckte leicht mit den Schultern und sah ihren Bruder wieder an.
John hatte diese Neuigkeiten ausgesprochen schlecht aufgenommen, hatte Guillaumes Heirat und die damit verbundene Legitimierung seines Sohnes Johns Position in der Erbfolge doch erheblich verschlechtert.

Rob lächelte breit. "Oh, das glaube ich dir sofort. Will war auch unausstehlich, als wir hier angekommen sind. Aber deine Beiden werden sich sicher im Nu ein bisschen ausgetobt haben."
Als sie einander gegenüber saßen, konnte Rob seiner Schwester sofort ansehen, dass sie Sorgen hatte und Diana rückte auch bald mit der Sprache heraus. Es wunderte ihn nicht, was er zu hören bekam, er hatte so etwas erwartet.
"Nun, der König wird Einheit in der königlichen Familie demonstrieren wollen, die Lage ist durch Guillaumes Hochzeit angespannt genug. Aber ich ahne, dass John ausgesprochen zornig ist, dass Guillaume so seinen Sohn legitimiert. Das macht seine Sache im Hinblick auf die Thronfolge aussichtslos, insbesondere, da Emma noch ein Kind erwartet. Aber damit wird er sich abfinden müssen. Richard wird ihm nicht noch eine Chance geben, wenn er rebelliert. Ich dachte, er hört vielleicht ein bisschen auf dich."

"Ja, sobald sie hier erst einmal die Gänge unsicher machen konnten auf ihren kleinen Beinchen wird es schon besser sein. Und sie werden überglücklich sein, wenn sie dich sehen." erwiderte Diana lächelnd. Rob hatte einfach eine wunderbare Art mit Kindern umzugehen und ihre Kleinen waren ihrem Onkel sofort verfallen, ganz gleich wie selten sie sich sahen.
"So ist es, deshalb wollte Richard auch seinen Bruder hier haben. Seit der König John vergeben hat, hat er sich wirklich bemüht. Es fiel ihm gerade am Anfang nicht leicht, aber er hat eingesehen, dass er besser dran ist, wenn er sich auf Richards Seite stellt ... das wir besser dran sind. Er hat einiges an seinen Ländereien zurück bekommen, vor allem nachdem John für Richard auf dem Festland gekämpft hat. Aber ... er hat trotzdem nie seine Hoffnungen und Ambitionen ganz begraben. Das was nun geschieht, ist ein herber Schlag für John." Diana schluckte leicht. "Ein bisschen, sicher. Aber ich habe Angst, dass das hier womöglich ein wenig zu viel für ihn ist. Es war schon nicht ganz einfach ihn zu überreden, dass wir an der Feier teilnehmen müssen, weißt du? Ich ... ich tue mein möglichstes, Rob, aber auch ich kann nicht zaubern." Und sie fürchtete sich vor dem, was passieren konnte, wenn John die Nerven verlor. Was aus ihrer Familie werden sollte, wenn er sich noch einmal gegen seinen Bruder stellte ... aus John, aus ihr und ihren Kindern.

"Und ich freue mich sie wieder zu sehen." Rob war einfach ein Kindernarr und er konnte wirklich gut mit ihnen umgehen. Dianas Kinder hatten ihn schon beim letzten Besuch regelrecht vergöttert.
"Das ist auch klug. Er wird gegen Richard nicht ankommen, nicht, wo der König wieder selbst regiert und sein wachsames Auge auch auf seinen Bruder gerichtet hat. Er mag ihm erneut vergeben haben, aber ich würde mich nicht darauf verlassen, dass es ein nächstes Mal gibt. Richard war wirklich großzügig, auch mit den Ländereien. Es ist töricht zu glauben, er hätte irgendeine Chance oder irgendeinen Anspruch auff den Thron. Guillaume wird erben und er hat einen Sohn, der nun legitim ist. Ich verstehe deine Sorgen durchaus, aber John muss sich damit abfinden."
Rob schüttelte den Kopf. "Natürlich, du tust schon mehr, als jeder von uns geglaubt hätte, dass es möglich ist. Du musst ihn zur Ruhe mahnen. John muss sich vorsehen, sonst hat er bald nicht mehr nur keine Chance mehr auf die Krone."

Diana nickte langsam. "Ich auch nicht. Daher tut er gut daran kein Risiko einzugehen und sich an dem zu erfreuen, was wir derzeit haben. Aber der jüngste Sohn zu sein war für John noch nie einfach, besonders weil sein Vater ihn immer bevorzugt hat." Der alte König hatte so unermüdlich erklärt, dass John die Krone bekommen sollte, wie hatte dieser sich vor diesem Gedanken verschließen sollen? Und es war etwas, das so tief in John verwurzelt war, dass er wirklich damit haderte, dass die Krone nun in weitere Ferne gerückt war.
Diana seufzte leise. "Das tue ich, sei versichert. Aber John ist ein Plantagenêt und wie alle angehörigen dieser Familie hat er ein leicht entflammbares Gemüt. Es liegt nicht in seiner Natur die Ruhe zu bewahren." Diana fuhr sich kurz über das Gesicht. "Daher bete ich jeden Tag zu Gott, er möge dafür sorgen, dass John auf mich hört, dass er sich beherrscht und ... und uns nicht ins Unglück stürzt." Diana zögerte einen Moment, ehe sie weiter sprach. "Denkst du, du könntest mit Guillaume reden. Ihn sozusagen ein wenig vorwarnen? Ich fürchte mich ein wenig davor, was passiert, wenn die beiden sich das erste Mal alleine begegnen sollten."

Rob neigte zustimmend den Kopf. "Das sollte er wirklich. Und er hatte nun wirklich lange genug Zeit sich mit seiner Position zu arrangieren, er sollte keine Gefahr für euch beschwören. Sein Vater ist lange tot und Richard lebt. Richard ist König und Guillaume wird es nach ihm werden. Und dann Gui....und im Übrigen hat Guillaume mehrere Brüder."
Er grinste schwach. "Nein, das tut es wohl nicht. Aber du bist auch nicht gerade ein Lämmchen, Diana. Von daher würdest du ihn wohl kaum bändigen können, wärst du es. Du wirst es schon schaffen, dass er die Ruhe bewahrt. Sorge dich nicht."
Doch er gab ihr Recht. "Ja, das ist wirklich keine angenehme Vorstellung. Wir können froh sein, wenn sie sich nicht prügeln oder Schlimmeres. Aber ich werde mit Guillaume sprechen. Du hast Recht, das wird sicher das Beste sein."

Diana lächelte matt. "Egal wie lange sein Vater tot ist, Rob, John wird sich immer ins Unrecht gesetzt fühlen, solange er nicht die Krone trägt. Er mag es hinnehmen, weil er weiß, dass er derzeit nicht gegen Richard ankommt, aber das ändert nichts an dem, was er denkt und sich wünscht. Und sein Vater wollte nun einmal ihn haben, zumindest in dieser Sache hat John Recht." erwiderte Diana langsam.
Ihre Mundwinkel verzogen sich amüsiert. "Das wohl nicht, da hast du Recht. Aber wer in unserer Familie ist das schon, hm?" erwiderte sie lächelnd. Trotzdem fiel es ihr nicht so leicht ihre Sorgen einfach bei Seite zu schieben. Es war bei weitem nicht so leicht, wie es bei Rob gerade klang.
Dann seufzte sie schwer. "Ja ... ich danke dir, Rob. Ich hoffe, dass wir dadurch das Schlimmste abwenden können, wenn die beiden aufeinander treffen."

"Ja, das stimmt wohl tatsächlich. Aber so sehr ich dich liebe, Diana, in dieserHinsicht....Niemand der bei klarem Verstand ist, würde John als König Richard vorziehen. Sein Vater wollte John haben, weil Richard der Sohn seiner Mutter ist. Aber jeder von uns muss lernen, dass nicht alle Wünsche und Träume für die Wirklichkeit geeignet sind."
Er hob die Schultern. "Nein, wir sind wohl alle ein wenig hitzköpfig, denke ich. Aber immerhin kein Plantagenet-Temperament."
Rob beugte sich vor und legte die Hand auf ihren Oberschenkel. "Das werden wir, nur die Ruhe, Schwesterchen. Alles wird gut. Und hier ist ja auch ständig jemand in der Nähe. Wenn Beide sich ein klein wenig zurücknehmen, werden wir diese Feier gut überstehen. Ohne wirklich unliebsame Zwischenfälle, denke ich."

Diana lächelte matt. "Ich denke, es ist wohl besser, wenn wir dieses Thema ruhen lassen." entgegnete sie, denn das letzte, was sie wollte, war mit Rob zu streiten. Aber dieses Thema war so viel komplizierter als Rob es gerade darstellte.
"Bloß gut. Noch mehr davon könnte die Welt wohl auch kaum ausgleichen." bemerkte Diana mit einem schiefen Grinsen und sah dann auf die Hand ihres Bruders hinab. Sie schwieg einen Moment, rang mit dem Gefühl, dass sie Rob nicht ganz hatte klar machen können, wie besorgt sie wegen dieser Sache tatsächlich war. Aber wie konnte sie das auch? Er kannte John nicht so wie sie es tat, er wusste nicht, was in ihrem Liebsten brodelte und wie gefährlich das tatsächlich war. Zumindest für sie.
"Alles wird gut ... ich wünschte, das könnte ich tatsächlich glauben. Du sagst es so einfach, es klingt so leicht, aber es ist ja auch nicht dein Leben, das auf Messers Schneide steht wegen dieser Sache, vermutlich ist es dann viel leichter zu nehmen."

Rob seufzte tief. "Ja, wahrscheinlich ist es wirklich besser so. Aber wir müssen uns ja auch nicht über alle Dinge einig sein, nicht wahr?"
Er lachte auf. "Nein, das könnte sie kaum verkraften. Du bist ein ausreichender Gegenpol zu ihm, das macht es erträglicher. Und weil er dich liebt, hört er auf dich. Doch dien Leben ist nicht in Gefahr. Wenn irgendetwas Unvorhergesehenes passiert, Diana, kannst du immer mit den Kindern nach Truro zurückkommen und das weißt du. Hab ein bisschen mehr Vertrauen in dich selbst. Es wird uns schon gelingen das hier zu einem guten Ende zu bringen, ich weiß es."
Diana war so jung, sie sollte wirklich nicht so eine Last schleppen müssen. Dabei war John doch nun wirklich alt genug um vernünftig zu sein.
"Erinnere ihn daran, dass er eure Kinder gefährdet. Das wird ihn vielleicht etwas besonnener machen. Er liebt sie schließlich."

Diana lächelte matt. "Ach Rob ..." Es war nun wirklich nicht so, dass ihr Bruder keinen Kummer kannte, dass er abgeschieden von der Welt aufgewachsen war, so dass man ihn weltfremd hätte nennen können. Aber sein gutes Herz sorgte manchmal auch dafür, dass er gern über die Abgründe hinweg sah, die sich Menschen manchmal auftaten, hatte Diana das Gefühl.
"Mein Leben an sich mag nicht in Gefahr sein, ja, aber ... mein Leben so wie es jetzt ist, verstehst du? Ich mag mit den Kindern nach Truro gehen können, aber was dann? Was bleibt mir dann noch?" Niemand würde sie heiraten wollen, nicht mit zwei Bastarden, vielleicht bald auch dreien und dann obendrein noch von John Plantagenêt. Nein, wenn irgendetwas schief gehen würde, bedeutete das für Diana ein einsames Leben in der Abgeschiedenheit Truros und sie glaubte nicht, dass sie das bis an ins hohe Alter aushalten würde.
"Ich weiß, ich habe es mir selbst ausgesucht, ich kannte die Gefahren von Anfang an und darüber klage ich auch nicht, aber ... das macht meine Angst davor dennoch nicht geringer." gestand sie schließlich leise.

Rob lächelte schwach zurück. "Man mag mich für naiv halten, Diana, aber weißt du, ich habe gelernt, dass es lohnt an das Gute zu glauben. Wenn ich nicht geglaubt hätte, dass wir es schaffen, würde Giselle heute nicht so laufen wie sie es tut. Manchmal muss man einfach Vertrauen haben, Diana."
Er nickte. "Ich verstehe durchaus, was du meinst. Aber du hast uns, du hast deine Familie, deine Kinder. Denkst du wirklich, wir würden dich im Stich lassen? Aber es muss doch auch nicht so kommen. Wie ich schon sagte, ich bin...zuversichtlich, dass es uns gelingt alles zum Guten zu wenden."
Rob griff nach ihrer Hand und drückte sie leicht. "Du wärst töricht, hättest du keine Angst. Wir alle fürchten uns, auch wenn wir die Gefahr selbst hervor gerufen haben. Aber wir werden dich auffangen, wenn du strauchelst und eines steht fest, er liebt dich. Also lass nicht zu, dass die Angst übermächtig wird und dich überwindet."

"Und das ist etwas wirklich wertvolles ... vielleicht gelingt es mir auch irgendwann, so unerschütterlich zuversichtlich zu sein wie du." erwiderte Diana schließlich.
Sie sah ihren Bruder an, lauschte seinen Worten und spürte schließlich den leichten Druck seiner Hand und Diana hatte den Eindruck, sie müsse überlaufen vor lauter Liebe zu ihrem Bruder. Sie presste die Lippen fest aufeinander, dann schlang sie die Arme um Robs Hals und vergrub das Gesicht an seiner Schulter, kämpfte einen Moment lang mit den Tränen vor lauter Rührung.
"Oh Rob ... du bist der beste Mann, den es gibt, weißt du das?" wisperte sie leise. "Der beste Bruder, den man sich nur wünschen kann." Seine Worte waren so ermutigend, so aufbauend, es machte Diana beinahe schwindelig. Sie vergaß ihre Sorgen keineswegs, aber es schien als wären sie mit einem Mal deutlich leichter zu tragen.

Rob hatte keine Zeit verloren und zeitnah Guillaume aufgesucht, nachdem Diana ihn verlassen hatte. Sie hatte Recht, er würde ihn warnen und ein wenig zur Ruhe mahnen müssen. Er war nicht überrascht, dass Guillaume sich etwas in seine Gemächer zurückgezogen hatte, denn Trubel hatten er und Emma nun derzeit wirklich genug.
Es tat ihm beinahe etwas leid ihn stören zu müssen, aber die erste Begegnung mit John würde nicht lange auf sich warten lassen.
"Guillaume. Hast du einen Moment für mich? Ich muss etwas mit dir besprechen, es ist wichtig.", begann er dann, als er eingetreten war. "Hör zu, John ist hier. Ich habe eben mit meiner Schwester gesprochen. Du solltest dich wirklich in Acht nehmen, er ist dir nicht gerade freundich gesonnen."

Guillaume

Seit Guillaume sich mit seinem Vater ausgesöhnt und die Einladungen zu der Hochzeitsfeier verschickt worden waren, schien es als hätte er kaum noch eine ruhige Minute. Ständig wurde er irgendwo gebraucht, irgendjemand wollte etwas von ihm ... daher nutzte er jeden Moment in dem er durchatmen konnte, um sich zurück zu ziehen und etwas bei Emma und den Kindern zu sein.
Gerade saß er mit der kleinen Beatrice auf dem Arm in ihrem Gemach und wartete darauf, dass Emma mit Aliénor zu ihm stieß als es an der Tür klopfte und Rob herein trat. Guillaume schenkte seinem Cousin ein ergebenes Lächeln und machte eine einladende Geste. "Sicher, setzt dich doch." forderte er seinen Besucher auf und zog im nächsten Moment belustigt eine Augenbraue in die Höhe. "Mich in Acht nehmen? Soll er doch kommen, ich fürchte meinen liebreizenden Onkel nicht." erwiderte Guillaume gelassen. Was sollte John auch schon tun? Schon einmal hatte er sich Guillaumes Vater beugen müssen, wenn er klug war, würde er nicht noch einmal versuchen gegen ihn anzukommen.

Rob musterte die kleine Beatrice und lächelte sanft. "Sie wird eine kleine Schönheit, hm?" Beatrice kam nach ihrer Mutter, aber das würde wirklich ein großer Vorteil für die Kleine sein. Dann wurde Rob aber ernst. "Ich weiß, dass du ihn nicht fürchtest, aber wir sollten im Vorfeld eurer Hochzeitsfeier doch Auseinandersetzungen vermeiden. John wartet nur auf einen Anlass auf dich loszugehen und er wird nicht fair kämpfen. Also sei bitte, bitte vorsichtig..."
Rob seufzte.
"Er wird sich nicht ewig von deinem Vater bändigen lassen und wenn du nicht aufpasst, bricht in England wieder der Krieg aus. Diana versucht alles, was sie vermag, um ihn in Schach zu halten und zu beruhigen, aber ihre Macht ist nicht unendlich. Also bitte, halte dich zurück, lass dich nicht provozieren...Das ist wirklich wichtig."

Guillaume

Guillaume folgte Roberts Blick und sah auf seine Tochter hinab. Ein wehmütiges Lächeln lag auf seiner Lippen als er Beatrice sachte über die weichen Haare strich. "Oh ja, das wird sie. Und ich fürchte mich jetzt schon davor." räumte Guillaume ein. "Ich schätze, es gibt weder in England noch auf dem Festland einen Ort, der abgelegen genug ist, um sie vor all den Lüstlingen zu verstecken, die um ihre Hand werden anhalten wollen." Und Guillaume wusste, dass er seine beiden Töchter trotzdem irgendwann würde hergeben müssen, doch er betete zu Gott, dass er sie nie einen politischen Absichten würde opfern müssen, dass er einen Weg finden würde, um sie mit guten Männern zu verheiraten, die sie schätzen, besser noch, die sie liebten.
Guillaume schürzte leicht die Lippen. "Deine Sorge in allen Ehren, Rob, aber denkst du nicht, du überschätzt Johns Einfluss gewaltig? Wie sollte er einen Krieg beginnen? Wer würde ihm schon folgen? Die Menschen hier sind meinem Vater treu ergeben und mir auch, wage ich zu behaupten. Selbst wenn John vielleicht eine handvoll Freunde für sich gewinnen könnte, niemand wäre wahnsinnig genug, sich auf einen Krieg einzulassen, den sie nie gewinnen können. Und so sehr mein Onkel auch grollt, ich schätze, so verrückt ist selbst er nicht. Zumal er meinem Vater seit dessen Rückkehr treu gedient hat, wozu all das also in Flammen aufgehen lassen?"

Rob lachte leise. "Aus diesem Grund bin ich dankbar, dass ich einen Sohn habe. Aber wer weiß schon, was das zweite Kind wird. Vielleicht kann ich dich dann noch besser verstehen. Doch ich bin...immerhin auch nicht ganz so begehrenswerte Verwandschaft wie du."
Rob bedachte ihn mit einem skeptischen Blick. "Er hat es schon einmal geschafft, Guillaume. Er hat schon einmal Leute um sich gesammelt und schon fast einen Aufstand provoziert. Unterschätze ihn nicht, er hat einflussreiche Freunde, immer noch. Und solche Dinge beginnen im Kleinen. Er hat deinem Vater treu gedient, aber seine Chancen die Krone zu erben standen auch viel besser. Wäre dir etwas passiert, wäre es ein leichtes gewesen Stephan davon abzubringen die Krone zu nehmen. Er will das ja eigentlich garnicht. Aber jetzt hast du einen Sohn und Gui steht John im Weg. Dein Vater lebt, aber John denkt weit voraus. Es ist eine herbe Enttäuschung für ihn und das wird ihn unvorsichtig machen."