William und Joanna - ab 1172 bis 1173

 

"Natürlich begreift er nicht alle Konsequenzen. Dazu ist er viel zu jung. Aber er ist sich ziemlich sicher, dass er kein Ritter werden will. Er hatte überhaupt keine Lust mit seinem Bruder und Brian zu trainieren. Er drückt sich darum, wann er nur kann. Seine Interessen liegen mehr bei den Büchern. Er war so glücklich, als ich ihm noch einmal seine Lieblingsgeschichte vorgelesen habe. Eine Heiligengeschichte... Verstehst du, was ich sagen will? Er ist nicht wie Robert und Edward."
John nickte. "Das glaube ich dir. Was hattest du denn für ihn geplant? Aber glaub mir, er kann auch als Priester weit kommen, so scharfsinnig wie er ist. Er denkt nach, bevor er etwas sagt. Und es ist sicherlich nicht das Schlechteste, einen Bischof in der Familie zu haben...."

 

William atmete geräuschvoll aus. "Nein, das ist er wirklich nicht. Er hat noch nie in seinem Leben Ärger gemacht, ist deutlich ruhiger und ich wäre blind, wenn mir nicht auch schon aufgefallen wäre, dass er keineswegs so begeistert mit dem Schwert trainiert wie seine Brüder." brummte William. Trotzdem hatte er nie erwartet, dass sein Sohn Priester werden wollte.
William kratzte sich nachdenklich am Kinn. "Ich habe es auf einige Besitzungen in der Normandie abgesehen, die er später erben sollte. Aber so wie es aussieht, kann ich das ja wohl vergessen." William sollte sich gut überlegen, wie es mit James weiter gehen sollte. Der Junge war in der Tat ein kluger Kopf, wenn man das förderte, würde er wirklich weit kommen können.

 

"So ist es. Er ist sehr nachdenklich und hinterfragt die Dinge, spricht aber erst, wenn er sicher ist, dass er auch ausdrücken kann, was er sagen will. Das ist ein großes Talent für einen so kleinen Jungen.", erklärte John lächelnd. "Ich sehe großes Potenzial in ihm."
Er legte den Kopf ein wenig zur Seite. "Nun, aber du könntest diese Besitzungen Elias vererben. James wird nicht leer ausgehen. Selbst, wenn irgendwann einmal Notwendigkeit bestehen sollte, werden seine Brüder ihn nicht im Stich lassen. Er wird schon seinen Weg finden, du wirst sehen. Mach dir nicht so viele Gedanken. Lass uns erst einmal abwarten, wir er sich entwickelt und ob er dann immer noch Priester werden will."

 

William lehnte sich zurück und schloss die Augen. "Meinst du, ich sollte ihn in dieser Hinsicht schon fördern? Beziehungsweise ihm die Möglichkeit dazu geben? So erkennt er womöglich, ob es wirklich das richtige für ihn ist oder nicht." überlegte William langsam. Es half schließlich nichts seinem Sohn etwas zu verwähren, was er ihm eigentlich leicht gewähren konnte. Zumal er den Jungen nur unglücklich machen würde, wenn er ihn zu etwas anderem zwang als er wollte.
William stöhnte leise. "Nun, dann soll er sehen, wohin das Leben ihn bringen soll. Wenn er es zum Bischof bringt, wäre das immerhin durchaus etwas."

 

"Ich denke, das wäre nicht schlecht. Wenn du ihn dahingehend fördern möchtest, stehe ich dir gerne zur Seite. Ich habe ihm schon versprochen, dass er sich meine Bücher ausleihen darf, wenn er anständig lesen gelernt hat. Und er war Feuer und Flamme..."
John lächelte sanft.
"Ich denke, er wird sich freuen, wenn du seinen Wunsch akzeptierst und ihm die Möglichkeit gibst zu sehen, ob ihm das gefällt. Und ich denke, mit deiner Unterstützung kann er es in jedem Fall zum Bischof bringen. Wenn nicht sogar weiter...."

 

William nickte langsam. "Ich danke dir. Ich wäre froh, wenn du dich darum kümmerst. Vielleicht sollte ich morgen auch mit Owen darüber reden, er wird dir in dieser Sache sicher auch gern helfen. Außer euch beiden gibt es hier schließlich niemanden, der den Jungen in solchen Dingen weiter ausbilden könnte. Und ihn bereits weg zu schicken, fände ich doch etwas zu früh. Mal ganz davon abgesehen, dass Joanna mir die Hölle heiß machen würde, wenn ich ihr so unerwartet ihren kleinen Jungen nehme." William schnitt eine leichte Grimasse.
Dann lachte er trocken. "Na, solange er nicht gleich Papst werden will, soll es mir wohl recht sein."

 

John seufzte leise und nickte. "Natürlich. Tu, was du für richtig hältst. Allerdings bezweifle ich, dass Owen mich in dieser Sache als geeigneten Förderer für James sieht. Du weißt genau, was er von mir hält. aber irgendwie werden wir uns schon arrangieren. "
Er war nie wirklich warm mit Owen geworden, aber inzwischen behandelten sie einander wenigstens zumeist respektvoll.
"Ich glaube auch, dass er noch zu klein dafür ist. Ich kann Joanna schon verstehen. Vor allem hatte sie es mit James damals sehr schwer. Weil du nicht da warst, hat sie sich mit ihrer Liebe nur noch mehr an ihr Ungeborenes gewandt. Kein Wunder, dass sie ihn noch lang bei sich halten will. Und ich glaube auch nicht, dass er gleich nach der Papstwürde strebt. Solchen Ehrgeiz hat er nicht."

 

"Natürlich weiß ich das. Aber Owen weiß auch ganz genau, was ich von dir halte und dass er in dieser Sache lieber vorsichtig sein sollte. Mach dir darüber nur keine Gedanken, du weißt, dass ich hinter dir stehe." erwiderte William. Er runzelte die Stirn und nickte dann. "Da hast du wohl recht. Um ein Haar hätte ich damals sogar seine Geburt verpasst ... umso erleichterter bin ich, wenn ich ihn noch eine Weile bei mir habe."
William war gespannt, was Joanna sagen würde, wenn er ihr von James' Wunsch berichtete. Aber es würde ihn nicht einmal überraschen, wenn seine Frau so etwas schon längst geahnt hatte.

 

"Ja, das weiß er. Was nicht bedeutet, dass er mich nicht deutlich spüren lassen wird, dass das nicht mehr mein Interessengebiet zu sein hat. Nicht, dass mir das etwas ausmachen würde, ich habe mich daran gewöhnt. Ich möchte nur nicht, dass James mitbekommt, wenn wir uns deswegen in die Haare kriegen."
John lächelte leicht.
"Nun, umso besser, dass er sich damals etwas mehr Zeit gelassen hat. Auch für ihn ist es gut, wenn er noch ein paar Jahre in Ruhe hier aufwachsen kann. Ein paar erste Dinge können wir ihm nahe bringen. Erst einmal muss er richtig lesen können, dann sehen wir weiter."

 

"Das werdet ihr beiden schon hinbekommen, da bin ich sicher." erklärte William und klopfte John mit spöttischem Grinsen auf die Schulter. "Aber du musst zugeben, auch wenn ihr beide euch nicht sonderlich versteht, macht er seine Sache durchaus ordentlich."
Dann grinste William und nickte. "In der Tat. Auch wenn er mir damit einen ziemlichen Schock versetzt hat als ich Joanna plötzlich hochschwanger vor mir hatte, obwohl ich doch so lange weg gewesen war." William seufzte leise und nickte. "Nun gut, dann ist es beschlossene Sache. Soll er herausfinden, ob der Weg eines Geistlichen für ihn das richtige ist."

 

Beatrice drehte sich genervt von einer Seite auf die Andere, dann zurück auf den Rücken und atmete durch. Es machte sie wahnsinnig. Es war später Abend, sie waren bereits ins Bett gegangen und Richard schlief selig. Wie sie ihn doch beneidete....Sie wälzte sich seit zwei Stunden umher, weil sie nicht einschlafen konnte.
Ständig war ihr inzwischen kugelrunder Bauch im Weg oder sie war gerade am einnicken, da bewegte sich das Kind. Es war um verrückt werden. Dabei war sie so unfassbar müde.
Am liebsten hätte sie Richard geweckt. Wenn sie schon nicht schlafen konnte...aber das wäre auch ungerecht gewesen.

 

Richard drehte sich im Schlaf auf die Seite und ließ ein zufriedenes Seufzen vernehmen. Der Tag war anstregend gewesen und er hatte es genossen den Abend mit Beatrice zu verbringen, war jedoch rasch eingeschlafen als sie zu Bett gegangen waren.
Normalerweise ließ er sich im Schlaf auch nicht von irgendetwas stören, doch dieses Mal riss ihn eine unruhige Bewegung neben sich aus seinen Träumen. Richard brummte unzufrieden und wollte die Störung gerade ignorieren als er Beatrice seufzen hörte.
"Was denn los?" nuschelte er verschlafen und blinzelte müde in die Dunkelheit hinein, während seine Hand vorsichtig nach seiner Frau tastete.

 

Beatrice verzog leicht das Gesicht. Jetzt hatte sie Richard doch geweckt, obwohl sie das nicht wollte. "Ach, schlaf nur weiter, Richard. Ich kann nur nicht einschlafen. Es ist alles unbequem und wenn ich am einschlafen bin, bewegt sich das Kleine. Es macht mich verrückt, ich bin ziemlich müde. Aber da muss ich jetzt wohl durch. Lass dich von mir nicht um den Schlaf bringen.", erwiderte sie leise und strich legte die Hand kurz auf seine.
"Es dauert nicht mehr lange. Und dann habe ich es glücklicherweise endlich hinter mir." Und dann konnte sie vielleicht endlich ein kleines bisschen Schlaf nachholen. Wenn das Kind genauso pflegeleicht war wie William, würde das in jedem Fall gehen.

 

"Tut mir Leid." murmelte Richard ein wenig undeutlich und rückte dann näher an Beatrice heran, um den Arm um sie zu legen. "Vielleicht sollt ich n Schlaflied singen?" schlug er leise vor und gähnte herzhaft.
Es tat ihm wirklich aufrichtig Leid, dass Beatrice kaum Schlaf fand. Trotzdem hielt ihn selbst das recht wenig davon ab auch weiterhin wie ein Stein zu schlafen, sobald er im Bett lag. Er strich sanft über Beatrices Bauch, der mittlerweile schon beeindruckende Ausmaße angenommen hatte. Allzu lange würde es nicht mehr dauern bis auch ihr zweites Kind auf die Welt kam.

 

"Es muss dir nicht leid tun, es ist ja nicht deine Schuld." Beatrice schmiegte sich an ihn und schloss trotzdem die Augen. Dann aber musste sie lächeln. "Ein Schlaflied? Ich glaube nicht, dass du das in deinem verschlafenen Zustand zustande bekommst. Und ob es etwas bringt...."
Sie genoss es, wie seine Hand über ihren Bauch wanderte und fühlte sich gleich ein wenig besser. "Halt mich einfach fest...vielleicht hilft das ja schon.", murmelte sie.
"Ich liebe dich...."

 

Richard grinste müde. "Na klar ... ohne mich wärst du nicht so rund." erinnerte er sie und gähnte erneut. "Wer weiß." er zuckte mit den Schultern und gab ihr einen leichten Kuss. "Fest halt ich dich aber auch gern." erklärte Richard sich bereit und legte einen Arm um Beatrice und strich mit der anderen Hand weiterhin sanft über ihren Bauch. "Mal sehn, ob es nich doch ruhig wird ..."
Richard freute sich schon wahnsinnig auf das Kind und insgeheim hoffte er ja noch auf einen weiteren Sohn, auch wenn das jetzt natürlich nicht mehr ganz so wichtig war, denn mit William hatte er immerhin seinen erhofften Erben bekommen.

 

Beatrice lächelte matt. "Das schon, da hast du recht. Aber du kannst ja nichts dafür, dass es so unruhig ist. Und dass ich keine bequeme Position finde. Ich wollte dich nicht um den Schlaf bringen, tut mir leid."
Sie bemühte sich darum sich zu entspannen und spürte tatsächlich, wie sie unter seinen sanft liebkosenden Händen schläfrig wurde.
"Vielleicht hast du ja doch Wunderhände..." murmelte sie müde. "Das fühlt sich so gut an..." Und langsam begann sie tatsächlich wegzudämmern. Worte fielen immer schwerer. Es war einfach nur schön, Richards warmen Körper zu spüren.

 

"Unsinn. Ich krieg schon genug Schlaf." erwiderte Richard und fuhr damit fort sanft über ihren Bauch zu streicheln, da er spürte, wie sie sich langsam entspannte.
"Natürlich habe ich die." flüsterte er und lächelte als Beatrice langsam müde wurde. "Du hast mich ja nicht umsonst geheiratet."
Richard opferte gerne etwas von seinem Schlaf, wenn er dafür Beatrice helfen konnte Ruhe zu finden. Immerhin hatte sie es schwer genug, gerade in den letzten Wochen ihrer Schwangerschaft. Und wenn er ihr so schon nichts abnehmen konnte, dann wollte er ihr wenigstens beistehen.

 

"Nein, das habe ich wirklich nicht...", murmelte Beatrice noch, ehe ihr die Augen zu fielen.
Am nächsten Morgen erwachte sie ausgeruht wie lange nicht mehr und immer doch dicht an Richard gekuschelt.
Zärtlich lächelte sie auf ihn hinab und strich ihm eine Strähne aus der Stirn. Was hatte sie nur für einen wundervollen, liebevollen Mann geheiratet. Sie hatte keine einzige Sekunde bereut ihn geheiratet zu haben, aller Widerstände zum Trotz, Und er bewies ihr jeden Tag erneut, dass er sie mehr als alles Andere liebte. Gerade jetzt...und dafür war sie ihm so dankbar.

 

Richard war wach gewesen bis Beatrice schließlich in seinen Armen eingeschlafen war und hatte sich erst dann gestattet selbst wieder die Augen zu schließen. Natürlich war er prompt wieder eingeschlafen und wurde nun auch nur wach als ihn Beatrices sanfte Finger an der Stirn berührten.
Er blinzelte ein wenig verschlafen und gähnte dann herzhaft, ehe er lächelnd zu ihr aufsah. "Und, hast du nun nicht viel besser schlafen können?" fragte er zufrieden und streckte sich ein wenig.

 

Beatrice lächelte, als er ihrem Blick begegnete und beugte sich ein wenig hinab um ihm einen zärtlichen Kuss zu geben.
"Doch. Ich habe so gut geschlafen wie lange nicht mehr. Ich danke dir wirklich. Was du da gemacht hast, war schön. Und dem Kleinen hat es auch gefallen."
Sie küsste ihn erneut. "Ich dachte nur gerade, wie glücklich ich doch bin, dass ich dich geheiratet habe und wie sehr ich dich liebe."
Er war einfach immer für sie da und er nahm sie ernst. Das war etwas, was nicht selbstverständlich war.

 

Richard gähnte noch ein letztes Mal, setzte sich auf und war dann wie üblich hell wach. So leicht es ihm fiel umgehend einzuschlafen, so leicht fiel es ihm auch morgens wieder wach zu werden.
Mit breitem Grinsen legte er die Arme um Beatrice und gab ihr einen Kuss. "Das freut mich." erwiderte Richard und lächelte zufrieden. "Mir geht es genau so. Was wäre ich nur ohne dich, meine Liebe?" murmelte er und strich ihr sanft über die Wange, ehe er seine Hand auf ihren Bauch legte. "Und ohne William und unseren kleinen Nachwuchs hier ... ich bin gespannt, welchen Tag er sich aussucht, um auf die Welt zu kommen. Lange kann es ja nicht mehr dauern."

 

Beatrice lehnte sich an ihren Mann und genoss die traute Zweisamkeit an diesem Morgen. Dann nickte sie und legte ihre Hand auf seine.
"Ich denke, es wird in den nächsten Tagen soweit sein. William war vorher auch recht unruhig, wenn auch nicht so sehr wie dieses kleine Nervenbündel hier drin.", erklärte sie lachend.
"Und, was hast du heute so auf deinem Tagesplan stehen? Etwas Besonderes? Ich bin ja schon froh, wenn ich meiner Großmutter nicht begegne, die mir wieder einige Ratschläge geben will wie jeden Tag. Wenigstens lenkt Aubrey sie ein wenig davon ab mich belehren zu wollen. Das ist eindeutig die beste Nebenwirkung davon."

 

Richard fuhr unbeirrt damit fort seine Hand über Beatrices Bauch gleiten zu lassen und grinste breit. "Tja, dann kommt dieses Kind hier wohl eindeutig nach dir." erklärte er gelassen und legte dann beide Arme um Beatrice.
"Hm, nun, heute wollte ich mich um meine Gemahlin kümmern. Ich habe gehört, dass sie eine ganz reizende Frau sein soll und dachte mir, ich sollte Ihr ein Mal etwas Zeit widmen." erklärte er und gab Beatrice einen Kuss. "Immerhin wird in Kürze ein kleiner Mensch voll und ganz Ihre Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen und dann bin ich abgeschrieben." scherzte er.

 

Beatrice lachte und kniff ihm tadelnd in den Arm. "Ach ja? Ich würde eher sagen, es kommt nach dir. Ich war noch nie so ein Nervenbündel. Das bist eher du. Besonders, wenn du ungeduldig bist und etwas unbedingt willst, aber noch warten musst."
Trotzdem küsste sie ihn sanft auf die Wange. "Das würde sie sehr freuen. Aber dass du das jetzt erst bemerkst, wie reizend sie ist."
Liebevoll strich sie ihm eine Strähne aus der Stirn.
"Aber keine Sorge...du bist nie abgeschrieben für mich."