William und Joanna - ab 1172 bis 1173

 

"Ja, ich weiß. Wenn sie unter anderen Umständen geboren wäre oder gearbeitet hätte wenigstens, wäre das Ganze anders zu beurteilen, aber so geht es wirklich nicht. Und wenn ich das schon so sehe...." Sie war nun in dieser Hinsicht wirklich tolerant.
"Nun, wenn das so ist.", erwiderte Joanna ebenso spöttisch. "Dann gib acht, dass du auch in Form bleibst. Immerhin ist es bis zur vierzig nicht mehr lange hin bei dir. Ich habe noch ein paar Jahre länger Zeit."
Sie lachte leise und lehnte den Kopf an seine Schulter. "Aber es ist wahr. Wir haben schon unsere Methoden um uns jung zu halten.", fügte sie grinsend hinzu.

 

"... wenn du das schon so siehst, ist es wirklich unmöglich." vollendete William ihren Satz neckend und lachte dann. "Keine Sorge, bisher wusste ich doch noch immer gut auf mich Acht zu geben, nicht wahr? Und bis zur vierzig habe ich immerhin noch etwas mehr als ein Jahr Zeit."
William strich Joanna sanft über die Wange und lächelte als sie den Kopf an seine Schulter legte. "Das haben wir. Und zwar ausgesprochen erfolgreiche Methoden. Wenn man bedenkt, wie lange wir uns mittlerweile schon kennen ..." Es war wirklich unglaublich, wenn William an den Tag zurück dachte an dem Joanna ihm direkt in die Arme gelaufen war. Was sie beide seit dem alles durchgestanden hatten und nun trotzdem hier glücklich zusammen am Feuer saßen, grenzte fast an ein Wunder.

 

"Da hast du auch wieder recht. Bisher hast du dich gut gehakten, obwohl wir Bertha in der Küche stehen haben." Joanna lachte leise. "Ja, noch ein Jahr...Henry hat nicht mehr so lange Zeit."
Auch ihre Gedanken wanderten aufgrund seiner Worte ein Stück in die Vergangenheit. "So ist es. Manchmal hat Gott für uns wirklich seltsame Wege vorgesehen. Aber ich bin froh, dass alles so gekommen ist. Wir haben nur so gelernt zusammen zu halten egal was kommt. Und wir haben uns gegen allen Widerstand durchgesetzt. Trotzdem lieben wir uns noch immer so wie damals, wenn nicht noch mehr. Ich werde nie vergessen, wie ich dich zum ersten Mal aus der Nähe gesehen habe. Als ich dir in die Arme gelaufen bin...Und von da an konnte ich dich nie wieder vergessen."

 

William grinste breit. "Bertha ist wohl auch die einzige Köchin, die mir irgendwann zum Verhängnis werden könnte." scherzte er und lachte leise. "Henry wird sicher nicht allzu erfreut darüber sein." Aber sein Cousin hatte wahrlich genug um die Ohren, um nicht einzurosten so viel stand fest.
"Ich habe es von Anfang an gerne gemocht, wenn du mir zu Füßen gelegen hast." spottete William sanft und gab Joanna einen Kuss. "Du hast mir damals sowohl Verstand als auch Herz gestohlen, aber zum Glück ist beides ja bei dir in guten Händen." murmelte er und seufzte zufrieden.

 

"Aber besser so, als wenn es dich aus dem Haus treiben würde, weil es dir nicht schmeckt.", widersprach Joanna. "Bertha einzustellen war ein guter Schachzug. Und weißt du...Henry hat ja Jane und die Kleinen. Die sorgen schon dafür, dass er sich jung hält."
Schließlich war Jane doch um einiges jünger als ihr königlicher Liebhaber.
"Ich fand dich allerdings viel interessanter als den Fußboden. Leider bringst du mich oft genug dazu unvernünftiger zu sein, als ich sollte. Aber glücklicherweise können wir uns das mittlerweile auch leisten. Am schönsten war damals ohnehin unser Ausritt. Weißt du noch? Du hast mir ein Kompliment zu meiner Frisur gemacht und dann hast du mich zum ersten Mal geküsst. Ich dachte, ich müsste zerspringen vor Glück."

 

William nickte grinsend. "Wohl wahr. Mit Bertha in der Küche wird das aber sicher nicht passieren." pflichtete er Joanna bei. "Ach, Henry hat gar keine Zeit alt zu werden, egal ob nun Jane mit ihren Kindern dafür Sorge trägt oder seine Söhne, die ihn in Atem halten."
Damals als Henry Jane aus Wales mitgenommen hatte, war William noch immer der festen Überzeugung gewesen, dass sich das Ganze schnell im Sand verlaufen würde. Doch bis heute waren die beiden noch immer zusammen und Henry nach wie vor verliebt wie ein Jüngling.
"Zum Glück! Welch Schande wäre es gewesen, wenn der Fußboden mich geschlagen hätte." erwiderte William entrüstet und lächelte dann. "Wie könnte ich das vergessen? Es war einer der schönsten Tage in meinem Leben."

 

"Stimmt. Ich glaube, mit seinem Ältesten wird Henry noch Probleme bekommen. Er wird sich nicht unterordnen. Aber Jane wird ihn unterstützen, wo sie kann und seinen Zorn besänftigen. Das hast du damals nicht geglaubt, was? Dass er sie nicht abschreibt, nachdem sie das erste Kind bekommen hat. Er liebt sie wirklich."
Joanna lächelte versonnen. "Für mich war der schönste Tag meines Lebens als ich dich geheiratet habe. Egal, unter welchen Umständen, ob frei oder nicht. Wichtig war nur, dass dich mir niemand mehr wegnehmen konnte, weil ich endlich ein Recht darauf hatte mich um dich zu sorgen und bei dir zu sein. Und dann Edwards Geburt..."

 

"In der Tat. Ich habe fest damit gerechnet, dass er sie schnellst möglich wieder abschiebt. Aber Henry ist und bleibt nun doch für Überraschungen gut, der alte Teufel." schmunzelte William. Dann zog er Joanna ein wenig enger an sich und nickte. "Oh ja, das war ein wundervoller Tag. Auch wenn die Zeiten ungewiss waren, so wusste ich wenigstens, dass ich dich nun für immer bei mir haben würde. Und dann kurz darauf hast du mir einen wundervollen Jungen geschenkt auf den ich noch heute Tag für Tag stolz bin."

 

"Das war er noch immer. Aber es ist gut für alle, dass seine wilden Zeiten als Casanova vorbei sind. Wenn ich da an Alais denke...Darauf kann ich wirklich verzichten."
Joanna lächelte. Sie mochte es mit William in Erinnerungen zu versinken und in alten Zeiten zu schwelgen, so anstrengend sie auch gewesen waren. Es war ihre gemeinsame Vergangenheit.
"Ich bin auch stolz auf ihn. Allerdings glaube ich, du solltest in Oxford ein paar Stallungen mehr errichten lassen, wenn du vorhast es ihm zu vererben. Der Junge blüht wirklich auf, seit er so viel Zeit mit den Pferden verbringt. Er hat nichts außer ihnen im Kopf. Aber wenn er das möchte....er hat ein Händchen dafür, das stimmt. Wer weiß, ob er sich nicht irgendwann mit einer Zucht einen Namen macht. Er kümmert sich auch sehr liebevoll um die neuen Pferde, besonders um die Scheckstute. Und sie vertraut ihm. Er überlegt schon fleißig, welcher Hengst am Besten zu ihr passt."

 

William grinste. "Ja, vielleicht sollte ich das in Auftrag geben. Es freut mich, dass er endlich was gefunden hat, was dafür sorgt, dass er nicht mehr ganz so viel Unsinn anstellt. Und eine gute Pferdezucht kann ihm später mehr als nützlich sein."
Es freute William, dass sein Sohn so darin aufging sich mit den Pferden zu beschäftigen. Er selbst legte großen Wert auf seine kleine Zucht und dass seine Pferde gut ausgebildet wurde. Wenn er das an seinen Sohn weiter geben konnte, war ihm das nur recht. Und wenn Edward ein Händchen für die Zucht entwickelte, würde er später mit guten Schlachtrössern einiges verdienen können.

 

Joanna nickte. "Das stimmt, es ist deutlich ruhiger um ihn geworden. Keine Beschwerden mehr, das ist wirklich angenehm. Und er mag es, wenn du ihn so einbeziehst und ihn um seine Meinung bittest. Und auf jeden Fall ist die Pferdezucht etwas, was Zukunft hat. Wenn es wirklich zu Auseinandersetzungen zwischen Henry und seinem Sohn kommt zum Beispiel."
Edward hatte sich schon eine gute Leidenschaft ausgesucht. Und die Pferde mochten ihn ebenso wie er sie.
"Wir werden in jedem Fall sehen, wohin es sich entwickelt."

 

Owen wischte sich die schweißnassen Haare aus der Stirn, ehe er sich vor dem Altar auf die Knie sinken ließ. Sein Herz raste noch immer, obwohl nun schon eine Weile vergangen war seit dem er aus seinem Albtraum hoch geschreckt war.
Früher als er noch in Oxford gewesen war, hatte Owen stets schlecht schlafen können, aber seit er hier in Cornwall war, hatte sich das deutlich gebessert. Hier fühlte er sich wohl und vor allem sicher. Er musste sich nicht mehr darum sorgen für den kleinsten Fehltritt im Kerker oder gar auf dem Scheiterhaufen zu laden.
Aber um diese Jahreszeit herum war es schon immer schlimmer gewesen mit diesen verfluchten Albträumen und so holten sie ihn auch hier wieder ein.
Er atmete geräuschvoll aus und faltete die Hände. "Lieber Gott ..." murmelte er leise und führte sein Gebet dann in Gedanken fort. Wieso nur wurde er immer wieder von diesen Erinnerungen Heim gesucht?

 

John hatte noch einmal nach den Zwillingen gesehen, die sich - wie sollte es auch anders sein - alle Beide eine Erkältung eingefangen hatten. Sie hatten leichtes Fieber, schliefen aber recht ruhig und so zog er sich zurück.
Trotzdem konnte er nicht schlafen und aus alter Gewohnheit trieb es ihn in die Kapelle, um noch ein Gebet zu sprechen.
Überrascht war er allerdings, als er feststellte, dass er nicht allein war. Vor dem mondbeschienenen Altar kniete Owen.
Einen Moment erwog John einfach wieder zu verschwinden, entschied sich dann aber dagegen, als ihm aufging, wie bleich und verstört der Andere aussah.
Langsam trat er heran und kniete sich neben ihn bekreuzigte sich.
"Ist alles in Ordnung? Ihr seht sehr mitgenommen aus..."

 

Owen hörte die sich nähernden Schritte, sah jedoch erst auf als John neben ihm niederkniete. Von allen Menschen die hier lebten, musste natürlich ausgerechnet er jetzt hier auftauchen. Ausgerechnet jetzt, wo Owen seine Schwäche kaum verbergen konnte, selbst wenn er sich zusammen riss. Hast du mich nicht schon genug gestraft in diese Nacht, Gott?
"Es ist ... nichts weiter." begann er und richtete den Blick wieder auf den Altar vor ihm. "Ich kann nur nicht schlafen." versuchte er Johns Frage auszuweichen.
"Und Ihr? Was treibt Euch um diese Zeit hier her?" fragte Owen in der Hoffnung so von seinen eigenen Problemen ablenken zu können.

 

John seufzte leise. "So seht Ihr aber nicht aus. Ihr seht aus, als hättet Ihr den Teufel persönlich gesehen. Und nun erzählt mir nicht, dass Ihr einfach nicht schlafen könnt. Was ist los? So kann ich Euch nicht helfen. Was plagt Euch? Oder habt Ihr Schmerzen?"
Er lächelte leicht.
"Ich habe nach meinen Kindern gesehen. Sie sind krank, schlafen aber ruhig. Und danach konnte ich nicht wieder einschlafen. Also führte mich aus alter Gewohnheit mein Weg her."

 

"Das habe ich möglicherweise auch." murmelte Owen und zwang sich dann dazu John wieder anzusehen. "Euer Angebot in allen Ehren, aber gegen das, was mich umtreibt, habt selbst Ihr keine Medizin. Schmerzen, die von einer vernarbten Seele her rühren lassen sich nicht so leicht vertreiben." erwiderte er und strich sich eine seiner roten Locken aus der Stirn. "Albträume halten mich zu dieser Jahreszeit gerne vom Schlafen ab und es liegt wohl allein in Gottes Hand mir in dieser Sache Linderung zu verschaffen, wenn es ihm beliebt."
Owen sah seinen Gegenüber kurz an und nickte dann. "Ich hoffe, sie werden bald wieder gesund. Es sind sonst sehr fröhliche Kinder." Die Jungen waren immer sehr aufgeweckt, dabei aber nie so voller Flausen im Kopf wie die Kinder seines Herren. Owen konnte die Zwillinge recht gut leiden, auch wenn er ihnen nur hin und wieder begegnete.

 

"Nein, das ist wahr. Das kann nur die Zeit mildern." John lächelte traurig. "Aber manchmal hilft es jemandem zu offenbaren, was einen umtreibt. Die Last trägt sich allein schwerer. Allein werdet Ihr in dieser Nacht keine Linderung finden."
Und Gott half in diesem Fall auch nicht immer. Gründe gab es schließlich für so manchen Albtraum, der einem eine Warnung sein sollte.
"Ich bin gern bereit Euch zu helfen, aber die Entscheidung obliegt allein Euch." John lächelte nachdenklich, nickte dann aber.
"Oh, das werden sie. Es ist nur eine Erkältung, sie werden sich schon erholen und bald zu ihrer guten Laune zurückfinden."

 

Owen sah John mit einer Mischung aus Überraschung und Misstrauen an. "Ihr wollt mir helfen?" fragte er ein wenig verwundert. Das John sich wirklich anhören wollte, was ihn beschäftigte, grenzte für den jungen Waliser schon fast an ein Wunder, waren die beiden schließlich alles andere als Freunde.
"Es ist besser geworden seid ich hier bin, aber ... im Winter sind die Erinnerungen immer noch sehr lebendig." murmelte Owen und ließ den Blick wieder zum Altar wandern. Konnte er John wirklich davon erzählen? Er würde vieles von sich Preis geben und das ausgerechnet ihm gegenüber?
Andererseits hatte er Gott gebeten ihn wenigstens in dieser Nacht zur Ruhe kommen zu lassen und vielleicht ... vielleicht war John ja tatsächlich hier, um ihm zu helfen. "Mein halbes Leben plage ich mich schon damit, man könnte meinen, ich hätte mich bereits daran gewöhnt, aber nachts sind die Bilder noch immer so lebendig."

 

"Natürlich. Hier in Truro braucht sich niemand allein zu quälen. Ihr wisst, dass ich Euch bisher nicht sonderlich mochte, aber deswegen hege ich trotzdem keinen unversöhnlichen Groll."
John lauschte Owen aufmerksam und erinnerte sich an die Narben, die der Andere auch körperlich davon getragen hatte.
"An solche Dinge gewöhnt man sich niemals. Mich plagt auch heute noch manchmal die Erinnerung an die die Zeit, als ich exkommuniziert war. Zwar nicht vergleichbar, aber ein ebenso einschneidendes Erlebnis, das mich manchmal im Traum besucht. Es ist natürlich. Es beschäftigt Euch immer noch, weil Ihr nicht abgeschlossen und verarbeitet habt. Und Euer Unterbewusstsein spielt Euch deshalb des Nachts diese Streiche. Aber wenn Ihr mir davon erzählen wollt, stehe ich Euch gern zur Verfügung. Das könnte Euch helfen...Darüber zu reden."

 

Owen schnitt eine Grimasse. "Mit dieser Sache werde ich erst dann abschließen können, wenn die Welt Kopf steht oder ich sterbe." erwiderte er trocken. "Letzteres wird wohl irgendwann geschehen, nur habe ich dann auch nichts mehr davon, dass all das hinter mir liegt."
Owens Blick wanderte kurz durch die Kapelle, dann seufzte er leise. "Mein Vater war ... Euch gar nicht so unähnlich." murmelte er dann. Sein Vater hatte nie zurück gehalten mit dem was er dachte und seine Meinung und seine Ansichten offen vertreten ... und das war ihm letztlich teuer zu stehen gekommen. "Er hat auch immer sehr rigoros seinen Standpunkt vertreten."

 

John nickte langsam. "Möglich. Aber dann habt Ihr alles dafür getan. Und irgendwann wird es auch besser werden, Ihr werdet sehen. Man sagt nicht umsonst, die Zeit heilt alle Wunden."
John war überrascht, als Owen tatsächlich zu erzählen begann. Der Jüngere verriet ihm sonst so wenig wie möglich.
Er seufzte leise. "Ja, das kann ziemlich schnell gefährlich werden. Nicht jeder hat so viel Glück wie ich. Eine lose Zunge kann einem wirklich zum Verhängnis werden in diesen Zeiten."

 

Owen fuhr sich mit leicht bebender Hand über das Kinn. "Wenn ich nachts die Augen schließe, sehe ich alles direkt vor mir. Ich sehe was geschieht und bin noch machtloser als damals, weil es nur ein Traum ist. Und obwohl es so ist kommt es mir vor als würde ich ..." Owen brach ab und schwieg einen Moment lang. Sollte er das wirklich erzählen? Das was er im Begriff zu verraten war, war sein wohl am stärksten gehütetstes Geheimnis und es ausgerechnet John zu erzählen fühlte sich merkwürdig an. "Selbst wenn ich aufwache ist es nicht vorbei." erklärte er leise. "Ich kann noch immer den Schnee unter meinen Füßen und die Hitze im Gesicht spüren. Ich rieche den Rauch ... und das verbrannte Fleisch." Owens Puls begann zu rasen während er sprach und er war sich gar nicht sicher, ob John ihn noch verstand, da er immer leiser weiter sprach. "Und ich höre ihn. Höre, wie er Gott bittet stark zu sein für seine letzte Prüfung ... und wie er aufschreit." Owens Brust hob und senkte sich rasch und er hatte das Gefühl, dass das hier noch viel schlimmer war als jeder seiner Albträume. Aus diesen war er immer erwacht, aber jetzt konnte er nicht aufwachen und die Bilder aus seinem Geist verbannen.

 

John nickte langsam und ließ Owen erzählen. "Als wärt Ihr wirklich dort....", murmelte er. Als Owen erneut von seinen Gefühlen übermannt wurde, zögerte John kurz und legte ihm dann eine Hand auf die Schulter. Auch er war blass geworden, denn es war schrecklich, was Owen offenbarte. Und der Andere tat ihm leid.
"Wie alt wart Ihr?", fragte er leise und schluckte dann.
"Vergesst nicht, es ist vorbei. Niemand kann ihn Euch zurückbringen, aber er muss auch schon lange nicht mehr leiden. Wo er jetzt ist, geht es ihm gut. Er hat die letzte Prüfung bestanden und ist für das, was er vertrat, in den Tod gegangen. Ihr könnt stolz auf ihn sein."

 

Owen fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen bevor er weiter sprechen konnte. "Zehn." erwiderte er und war erstaunlich erleichtert darüber, dass John ihm die Hand auf die Schulter legte. Diese Geste erinnerte ihn daran, dass er nicht mehr auf dem Marktplatz stand und dabei zusehen musste, wie sie seinen Vater verbrannten, sondern, dass er hier in Truro war ... zwanzig Jahre später.
"Sie ... sie haben ihn als Ketzer verbrannt. Für das was er sagte und tat. Er war -" Owen brach ab und atmete geräuschvoll aus. Als er John langsam ansah, verzogen sich seine Lippen zu einem schwachen, freudlosen Lächeln. "Er war Priester, John." erklärte er bitter. Priester und Vater von drei Söhnen. Etwas, was den Leuten schon länger sauer aufgestoßen war, doch es wurde meist Stillschweigen darüber bewahrt, immerhin war sein Vater nicht der einzige Geistliche, der eine Familie hatte. Aber irgendwann hatte er den Mund einmal zu oft geöffnet und Missstände angeklagt.

 

"So jung...." John seufzte leise und drückte mitfühlend die Schulter des jungen Priesters. Und er verstand. Ein Schicksal, das ihm selbst auch beinahe geblüht hätte. Bei diesem Gedanken erschauderte er.
"Gerade dann sehr gefährlich seine Meinung zu äußern, wenn sie den Oberen nicht passt. Zumal er Verantwortung für eine Familie trug. Das hat bestimmt nicht dazu beigetragen, dass er unter den Leuten angesehen war..."
John schaute Owen nachdenklich an.
"Deshalb seid Ihr Priester geworden, nicht wahr? Weil Ihr es besser machen wollt und weil Ihr ihm Ehre machen wollt."