William und Joanna - ab 1181 bis 1182

Constance nickte und versuchte ein zuversichtliches Lächeln zu zeigen. "Sicher wird er das. Er wird sich schon wieder beruhigen, keine Sorge." erwiderte sie und hoffte, dass sich die Wogen zwischen John und ihr tatsächlich wieder glätteten, sie liebte ihren Mann doch schließlich ...
Als Arthur stehen blieb, folgte sie seinem Beispiel und hielt ebenfalls an. Sie seufzte leise. "Ja, damals. Aber damals liegt leider schon so viele Jahre zurück, Arthur. Die Dinge haben sich geändert." erwiderte sie sanft, doch im nächsten Moment stockte ihr Herz. Das waren genau die Worte von denen sie gehofft hatte, sie nie zu hören, die Worte vor denen sie Angst gehabt hatte.
nur deinetwegen habe ich durchgehalten
Constance hatte kurz das Gefühl als würde ihr schwindlig werden, doch noch ehe sie darüber nachdenken konnte, hatte Arthur sie hinter einen Busch gezogen und sie fand sich in seinen Armen wieder ... und mit seinen Lippen auf den ihren.
Constance hatte die Hände auf Arthurs Brust gelegt und schloss die Augen, unfähig den Kuss zu erwidern, aber genauso unfähig ihn zu beenden. Dann war es vorbei und Arthurs Worte jagten ihr einen weiteren Schauer über den Rücken.
"Arthur, ich ... ich kann das nicht tun." wisperte sie leise und sah traurig zu ihm auf.

Arthur

Arthur schaute sie zweifelnd an. "Ich weiß nicht. Ich glaube manchmal fast, er mag mich nicht. Dabei bin ich sein Bruder. Ist er eifersüchtig auf mich?"
Er spürte genau, dass Constance den Kuss zwar nicht erwiderte, aber auch nicht unterbrach. Das war ein Schritt, den er nicht vorher gesehen hatte und innerlich triumphierte er. Vielleicht hatte er doch noch eine Chance. Constance gehörte zu ihm, das hatte sie damals schon. Er hätte sie nie vor den Kopf stoßen sollen.
"Aber du willst es tun? Nichts hindert dich daran, Liebes."

Constance bedachte Arthur mit einem spöttischen Blick. "Denk mal drüber nach. Meinst du, er hat einen Grund eifersüchtig zu sein?" erwiderte sie und seufzte innerlich auf. Natürlich war er eifersüchtig und Constance musste sich nun wirklich überlegen, wie es weiter gehen sollte. Joanna hatte recht, so wurde sie niemandem gerecht und John hatte das nicht verdient.
Der Kuss, den Arthur ihr gab, verursachte zunächst aber ein fürchterliches Gefühlschaos in Constance. Das war einfach zu viel für ihre Nerven und sie musste schwer schlucken.
"Oh du Dummkopf! Natürlich hindert mich etwas, zum Beispiel meine 17 Jahre Ehe mit deinem Bruder, hast du das etwa schon vergessen?" fragte Constance heiser und spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. So oder so, einem der Brüder würde sie das Herz brechen und das war ein fürchterliches Gefühl.
Sie vergrub das Gesicht an Arthurs Schulter und gestattete sich einen Moment lang in seinen starken Armen ein wenig Halt zu finden. "Arthur, du kommst so viele Jahre zu spät ..." murmelte Constance leise.

Arthur

Arthur erwiderte ihren Blick. "Möglicherweise, aber auf eine Frau wie dich muss man einfach gut acht geben, auch Andere wissen zu schätzen, was für eine tolle Frau du bist.", erklärte er langsam. "Die 17 Jahre Ehe hindern dich nur, weil du sie dich hindern lässt." Er trat ein wenig näher an sie heran und legte die Hand an ihre Wange.
"Viele Jahre zu spät, aber du weißt, dass diese Jahre nicht meine Schuld waren. Robin und die Franzosen haben mir diese Jahre genommen. Jahre an deiner Seite. Eigentlich sollten diese Ehejahre Jahre mit mir sein. Eure Kinder sollten meine Kinder sein. Und John war zum Priester bestimmt, er hätte es bleiben sollen...."

Constance gab einen erstickten Laut von sich und schloss die Augen, versuchte sich zu sammeln, ehe Arthur die Hand an ihre Wange legte.
Als sie ihn nun ansah, begannen die Tränen unaufhaltsam über ihre Wangen zu laufen. "Ich habe es mir früher so sehr gewünscht, weißt du. So sehr habe ich mir gewünscht, dass du um meine Hand anhalten würdest, aber du hast es nie getan. Und als ich deine Hilfe gebraucht habe, hast du sie mir nicht gewährt." erwiderte Constance langsam und schüttelte den Kopf. "Du hast kein Recht jetzt einfach hier aufzutauchen und alles durcheinander zu bringen, Arthur." wisperte sie. "Du bist mir lieb und teuer auch nach all diesen Jahren, aber John hat nicht verdient, dass er von uns beiden so hintergangen wird. Ich liebe ihn, verstehst du? Ich habe ihn nicht einfach nur so geheiratet aus einer Laune heraus, weil er gerade da war und mir eine Perspektive bot ..."

Arthur

Arthur wischte Constance einige Tränen von den Wangen. "Ich habe es mir auch gewünscht, aber ich hatte anfangs nicht den Mut darüber nachzudenken. Vater hätte es nie erlaubt. Aber dann war Vater tot und der richtige Moment hat gefehlt...Dass ich dir meine Hilfe verweigert habe, bereue ich bis heute zutiefst. Es tut mir so leid und ich hoffe so sehr, dass du mir verzeihen kannst."
Er schaute sie etwas gequält an. "Das habe ich nicht, aber ich bin hier. Ich wusste ja nicht, dass du hier bist. Du bedeutest mir alles, Constance. Und du sollst Zeit haben, wenn du sie brauchst. Natürlich hat John es nicht verdient, aber ich verzehre mich nach dir." Er küsste sie erneut kurz auf die Lippen.
"Ich würde alles dafür geben, an Johns Stelle zu sein."

Constance konnte dem Drang nicht widerstehen Arthur über die Wange zu streichen. "Du Dummkopf." wiederholte sie leise. "Ich habe dir doch schon lange verziehen. Als du im Hof plötzlich vor mir standest, war ich so unendlich erleichtert, dass du am Leben bist."
Sie ließ erneut zu, dass Arthur sie küsste und legte für einen Moment die Arme um ihn. Sie hörte seinen Herzschlag an ihrem Ohr als sie den Kopf an seine Brust legte und für einen Moment versuchte sie das Gefühl zu ergründen, dass sie empfand, wenn sie ihm so nahe war. Dann seufzte sie leise und löste sich wieder von ihm.
"Komm, lass uns zurück gehen, ja? Es wird doch langsam kalt hier draußen." bat sie ihn dann und sah Arthur bittend an. Sie musste über so vieles nachdenken, jetzt erst recht.

Arthur

"Ich danke dir, meine Schöne. Oh, wie ich dich vermisst habe." Er legte kurz seine Hand auf ihre auf seiner Wange und genoss den kurzen Moment. Er wusste, er war vermutlich selten. Wenn er Constance doch nur für sich gewinnen konnte.
Er strich ihr durch das Haar und drückte sie einen Moment an sich. Was für eine wundervolle Frau...
"In Ordnung. Drin ist es wirklich wärmer. Und ich weiß, du brauchst Zeit. Denk über alles nach. Ich liebe dich, Constance.", sagte er leise und bot ihr den Arm um sie nach drinnen zu begleiten.

Constance starrte auf den Kerzenleuchter vor sich und musste gegen ihren Willen lächeln. Ja, das hatte sie wohl wirklich verdient, dass sie nun hier saß und sie dieses Mal diejenige war, die auf John warten musste. Sie hatten für heute Abend keinerlei Absprachen getroffen, aber nach dem Spaziergang mit Arthur, der sie so fürchterlich durcheinander gebracht hatte, hatte sie sich mehr denn je nach der Nähe ihres Mannes gesehnt und wünschte sich ihn einfach um Vergebung bitten zu können.
Aber ausgerechnet heute war wohl ein dringender Patient dazwischen gekommen und sie wartete schon eine ganze Weile darauf, dass John endlich nach Hause kam.
Sie goss sich einen Becher Wein ein und seufzte laut. "Tja, Constance, selbst Schuld. Nun erlebst du wenigstens einmal wie sich das anfühlt ..." murmelte sie und nippte an dem Wein, hoffte, dass John bald kommen würde und wartete weiter, während die Kerzen immer mehr herunter brannten.

John hatte noch einmal nach einer Patientin im Hospital gesehen, deren Zustand bis zum Mittag kritisch gewesen war. Er hatte aber zu seiner Erleichterung festgestellt, dass sie nun auf dem Weg der besserung war und in Obhut der Pfleger bleiben konnte. So konnte er sich beruhigt nach Hause zurück ziehen. Dort würde Constance sicher auf ihn warten. Obwohl...vielleicht war sie auch noch bei Arthur und hörte ihm zu. Er hatte mehr und mehr das Gefühl hinter seinem Bruder zurückzustehen. Was fand Constance nur an ihm? Und Constance liebte ihn doch...
Er trat ein und war nicht überrascht, dass Constance noch dort saß. "Du schläfst ja noch gar nicht. Ich musste noch einmal ins Hospital zurück."

Constance war erleichtert als sich endlich die Tür öffnete und John herein kam. Mit einem Lächeln auf den Lippen erhob sie sich und trat zu ihrem Mann, gab ihm einen Kuss auf die Wange und griff nach seinen Händen. "Ich habe auf dich gewartet." erklärte sie sanft. "Ich dachte, vielleicht kann ich ein wenig wieder gut machen, dass ich dich in letzter Zeit so vernachlässigt habe und du verzeihst mir, dass ich unsere Verabredung versäumt habe."
Sie nickte leicht und sah ihn besorgt an. "Gab es Probleme mit einem Patienten? Ist alles in Ordnung?" fragte sie nach.

John lächelte leicht zurück. Er liebte seine Frau ja trotzdem, so sehr. Also sollte er auch versuchen ihr zu verzeihen. Er strich ihr über die Wange.
"Und wie willst du das anstellen, Liebes? Das würde mich interessieren. Solange du mich nicht wieder so vernachlässigst und unsere Verabredungen einhältst, verzeihe ich dir..."
Er schüttelte leicht den Kopf. "Alles in Ordnung. Martha aus dem Dorf ist ziemlich krank, aber seit heute Mittag fällt das Fieber endlich und ich wollte nur sichergehen, dass es so bleibt."

Constance lächelte schief. "Nun, ich wollte eigentlich den Abend mit dir nachholen, aber das Essen ist mittlerweile kalt. Aber es schmeckt sicher trotzdem noch und wenn du Hunger hast ..." Constance atmete tief durch, trat noch einen letzten kleinen Schritt auf John zu und legte dann die Hände auf seine Brust. "Und danach könnten wir es uns gemütlich machen, was meinst du? Es ist zwar nur ein kleiner Anfang, aber immerhin." Sie hob leicht die Schultern. "Und ich werde mich in Zukunft an unsere Absprachen halten."
Es war zum Verrückt werden, jetzt, da sie wieder bei John war, ließ allein die Vorstellung, sie könnte ihn verlassen sie schaudern. Dennoch ... sie wusste einfach nicht, wie sie ihre Gefühle ordnen sollte. Konnte es sein, dass man zwei Menschen gleicher Maßen lieben konnte? Und wie sollte sie so die Gefühle für den einen unterdrücken?
Constance lächelte erleichtert als John von seiner Patientin berichtete. "Das ist gut, dann kannst du wenigstens auch ruhig schlafen." Er machte sich immer solche Sorgen, wenn es einem seiner Patienten wirklich schlecht ging. Das war einer seiner sanften Charakterzüge, die Constance das Herz so wärmten.

John legte den Kopf zur Seite und erwiderte das Lächeln, küsste sie auf die Stirn. "Das ist lieb von dir. Es freut mich wirklich. Aber ich bin sicher, es schmeckt trotzdem noch hervorragend und ich habe noch nichts gegessen. Daher trifft sich das ausgezeichnet. Komm, lass es uns ein bisschen gemütlich machen. Und nachher können wir ja vor den Kamin wechseln und einen schönen Abend verbringen. Ich bin froh, dass alles wieder gut ist zwischen uns. Ich hasse es mit dir zu streiten."
Er nahm sie an der Hand und führte sie zum Tisch hinüber. Dann legte er noch einmal etwas Holz auf das Feuer und entzündete ein paar Kerzen neu, ehe er sich zu ihr setzte.
"Ja...Gott sei Dank. ich habe mir wirklich Sorgen gemacht, das Fieber wollte nicht sinken. Und in ihrem Alter ist damit nicht zu spaßen."

"Dann habe ich ja nicht vergeblich gewartet." erwiderte sie zufrieden und unterdrückte mit etwas Mühe ein Schaudern. Alles wieder gut ... herrje, wenn es doch wirklich so einfach wäre.
Constance folgte John zum Tisch und ließ sich neben ihm auf dem Stuhl nieder. "Wirklich nicht, aber es freut mich, dass du es wieder einmal geschafft hast zu helfen." gab Constance lächelnd zurück, ihre Gedanken kreisten tatsächlich aber weniger um Martha als viel mehr um ihre eigene Situation.
Ob sie sich John anvertrauen sollte? Ihm erzählen, was heute passiert war und reinen Tisch machen? Vielleicht würde eine solche Aussprache ihr dabei helfen alles zu ordnen, damit sie Arthur das nächste Mal gefasster entgegen treten konnte. Andererseits konnte das auch bedeuten, dass sie John damit weiter von sich wegtrieb und er nur misstrauischer wurde und es letztlich zwischen den beiden Brüdern ihretwegen noch böses Blut gab ...

"Nein, das hast du nicht.", antwortete John lächelnd und küsste sie auf die Wange. "Es hat mir gefehlt Zeit mit dir zu verbringen." Und er verzieh ihr ja gerne, er liebte seine Frau. Er wollte ihr nahe sein und wieder alles mit ihr teilen.
John goss sich etwas Wasser ein und trank einen Schluck, beobachtete seine Frau dabei aufmerksam. "Ist alles in Ordnung, Constance? Du wirkst sehr nachdenklich. Ist es meinetwegen?"
Er machte sich wirklich Sorgen, er wollte sie ja nicht belasten. "Mach dir keine Gedanken, ich bin dir nicht mehr böse. Wirklich nicht. Ich war einfach nur...enttäuscht."
Und er hatte so das Gefühl, als beschäftige Constance irgendetwas.

Constance seufzte leise als John sie so mühelos durchschaute. Sie griff nach seiner Hand, schüttelte den Kopf, nickte dann jedoch gleich darauf. "Auch." erwiderte sie und strich mit dem Daumen über seinen Handrücken. "Ich bin einfach noch ein wenig durcheinander. Das Arthur hier aufgetaucht ist, hat viele Erinnerungen wieder hochgeholt und ich muss dringend meine Gedanken sortieren. Vor allem, damit ich dir gerecht werden kann." Sie sah John an und lächelte sanft. "Schließlich habe ich mich dir gegenüber in letzter Zeit wirklich scheußlich benommen. Egal, ob Arthur mir wichtig ist oder nicht, du bist und bleibst schließlich mein Gemahl, nicht wahr?" Sie reckte sich ein wenig und gab John einen Kuss. "Und ich liebe dich und ich will nicht, dass du meinetwegen verletzt bist."

John lächelte sie an und erwiderte ihren Kuss sanft. "Lass dir Zeit damit. Ich weiß, es lässt deine Vergangenheit wieder lebendig werden. Aber denk daran, ich bin für dich da. Wirklich. Egal, was ist und wann. Sortiere deine Gedanken, du bist erst einmal wichtig. Aber ich möchte einfach Zeit mit dir verbringen und mich nicht ständig fragen, wo du wieder bist. Warum du bei Arthur bist und nicht bei mir. Du hast nämlich recht, ich bin dein Gemahl und nicht er. Und ich liebe dich auch, so sehr."
John zog einen Teller näher.
"Na komm, lass uns etwas essen, dann können wir es uns nachher bequem machen. Wenn du reden willst, Liebes, egal über was, dann bin ich da."

Constance musste schwer schlucken und konnte dem Drang nicht länger widerstehen die Arme um John zu legen. Sie vergrub das Gesicht für einen Moment an seiner Halsbeuge und genoss die Zweisamkeit mit ihm, die beruhigende Nähe zu John. "Ich liebe dich, John, und ich danke dir." wisperte sie schließlich.
Wenn all das nur nicht so schwierig wäre. Aber alle beide, sowohl John als auch Arthur, zeigten ihr immer wieder, weshalb sie solche Zuneigung für sie empfand und das machte es wirklich nicht einfach.
Sie hätte es nie für möglich gehalten, aber es war fürchterlich anstrengend, wenn zwei Männer in gewisser Weise um ihre Gunst rangen. Besonders weil sie eigentlich keinem von ihnen das Herz brechen wollte.

Robert sah sich flüchtig nach seiner Familie um. Er war auf einer Reise immer ein wenig nervös, es konnte immer etwas passieren. Natürlich hatten sie einige Männer zum Schutz dabei, aber man wusste ja nie. Doch sie waren kurz vor dem Ziel, noch etwa eine Stunde Weg lag vor ihnen.
Sein Sohn Rob ritt auf seinem Pony kurz hinter ihm und genoss ganz offensichtlich die Reise. Er selbst hingegen spannte sich an, als es im Gebüsch knisterte und er legte die Hand vorsorglich an den Griff seines Schwertes. Plötzlich kreuzte vor ihnen ein Reh den Weg und sprang auf der anderen Seite des Weges einen dort beginnenden Waldpfad entlang. Robert nahm nur leicht die Zügel auf, damit Châtaignier bei ihm blieb und nicht erschrak, entspannte sich selbst aber wieder und schalt sich einen Narren. Womit er allerdings nicht gerechnet hatte, war die Jagdlust seines Sohnes, der ohne zu zögern seinen Bukephalos in den Galopp trieb und hinter dem Reh her setzte.
"Rob! Komm zurück, bleib hier!", verhallte Roberts Stimme ungehört und er seufzte. "Dieses Kind..."

Rob

Rob genoss die Reise nach Aquitanien in vollen Zügen. Allein schon die Überfahrt mit dem Schiff war in seinen Augen ein wundervolles Abenteuer gewesen und seine Eltern hatten ihn nur mit Mühe von der Reling weg bekommen und verhindern können, dass er wie die Seemänner in der Takelage herum kletterte. Aber auch die Reise über den Kontinent war kaum weniger spannend und so blühte Rob schon auf dem Weg nach Aquitanien wieder auf. Seine Magenschmerzen waren tagsüber völlig vergessen und nur noch selten, wenn sie einen sehr langen Reisetag mit schlechterem Wetter hinter sich hatten, ziepte es manchmal noch.
Aufmerksam beobachtete er nun schon seit einer Weile die Umgebung, da sein Vater ihnen gesagt hatte, dass sie bald da waren und Rob wollte unbedingt der erste sein, der die Burg entdeckte.
Doch selbst das war für den Moment vergessen als plötzlich vor ihnen ein Reh in die Höhe ging. Bukephalos' Ohren huschten nach vorne und kurz entschlossen, trieb Rob sein Pony an, das auch sofort bereitwillig in den Galopp fiel und sie jagten dem Reh hinterher.
Er hörte die Stimme seines Vaters zwar noch, verstand aber schon nicht mehr, was er rief, wenn gleich er es sich denken konnte ... aber Rob war fiel zu sehr gefangen in dem Wunsch das Reh zu verfolgen, dass er darauf nicht weiter Acht gab.
Sie lieferten sich eine kleine Verfolgungsjagd, doch irgendwann schlug das Reh einen Haken und brach mitten durch ein Dornen bewachsenes Gebüsch. Gerade noch rechtzeitig zügelte Rob sein Pony und grinste. "Nun, das wollen wir dann wohl doch lieber sein lassen, was?" Er lachte und klopfte Bukephalos den kräftigen Hals.
Einen Moment lang rang er noch um Atem, dann wendete er sein Pony und ließ es ihn einem gemütlichen Trab zurück zu der Reisegruppe laufen.
Seine Wangen waren rot vor Aufregung, seine Haare ein wenig zerzaust, Schweiß stand ihm auf der Stirn und der Wind hatte ihm ein paar Tränen in die Augen geweht, dennoch kehrte Rob mit einem stolzen Grinsen zu seinen Eltern und dem Troß zurück.
"Beinahe hätte ich es erwischt!" erklärte er stolz und grinste breit. "Wenn ich später einmal richtig zur Jagd reiten darf, werde ich sicher die größte Beute machen." verkündete Rob ein wenig großspurig und fuhr sich durch die schwarzen Haare, die wirr von seinem Kopf ab standen.

Robert atmete tief durch und zwang sich zur Ruhe. Er war ja froh, dass Rob so aufblühte und deine Beschwerden vergaß. Der Junge wurde wieder so lebhaft und aufgeweckt wie vorher, das bestärkte ihn in seiner Entscheidung den Jungen herzubringen. Aber diese Alleingänge...
Als sein Sohn zurückkehrte, schüttelte Robert missbilligend den Kopf. "Rob, du sollst nicht einfach wegreiten. Du kennst die Wälder hier nicht, es könnte gefährlich sein. Du weißt nie was lauert. Außerdem sind wir kurz vor dem Ziel. Was wäre, wenn du jetzt noch verloren gehst? Was soll ich dann Tante Beatrice sagen?"

Rob

Rob schürzte die Lippen und senkte rasch den Kopf, damit man sein freches Grinsen nicht sah, während sein Vater ihn belehrte. Er hatte es fast geschafft, sich zusammen zu reißen, doch dann gingen wieder einmal die Pferde mit ihm durch und er sah auf, blickte seinem Vater direkt in die Augen und grinste schelmisch.
"Dann kannst du ihr sagen, dass ich spätestens heute Abend mit einem großen Fang zurück bin, den ich nur ihr zu Ehren erlegt habe und der sicher köstlich schmecken wird, wenn sie ihn zubereiten lässt." erwiderte Rob feierlich.
Josephine, die nach Robs Alleingang etwas zu Robert aufgeschlossen war, konnte sich nicht mehr beherrschen und begann zu lachen. "Da hast du es Robert. Das ist doch eine passable Antwort für deine Schwester, oder? Sie wird sich sicher freuen, wenn sie dank Rob frisches Wildbret servieren kann."
Rob warf seiner Mutter einen kurzen Blick zu, ehe er seinen Vater wieder triumphierend ansah.

Robert warf seiner Frau einen finsteren Blick zu, weil sie ihm in den Rücken fiel, war innerlich aber trotzdem amüsiert über die Antwort seines Sohnes.
"Ich bezweifle irgendwie, dass sie sich mit dieser Antwort zufrieden geben wird. Sie wird sich ebenso Sorgen um ihn machen wie ich. Ich möchte nicht, dass du noch einmal so alleine durch die Gegend streifst, bis wir am Ziel sind. Es ist doch nicht mehr lange. Du weißt doch nicht, was hier im Wald so sein Unwesen treibt."
Er seufzte schwer.
"Na dann, lasst uns weiter..."

Rob & Josephine

Josephine warf ihrem Mann einen unschuldigen Blick zu und blinzelte liebreizend als er ihr einen finsteren Blick zuwarf. Sie wusste, dass Robert auf solchen Reisen immer angespannt war, weil er Angst hatte, dass seiner Familie irgendetwas zustieß. Deshalb war sie auch durchaus froh, dass sie heute ihr Ziel erreichen würden und endlich wieder ein Federbett würden genießen können. Zwar mussten sie auf wieder von hier nach Rouen, doch bevor sie dorthin aufbrachen, würden sie einige Tage hier verweilen.
Rob schob trotzig seine Unterlippe nach vorne, fand dann jedoch das Schlupfloch in den Worten seines Vaters und nickte grinsend. "In Ordnung. Dann reite ich auf dem Weg etwas voraus!" erklärte er und trabte an, noch ehe Robert Einwände erheben konnte. "Ich bleib auch in Sichtweite, versprochen!" rief er noch über die Schulter hinweg und ließ Bukephalos die Zügel dann ein wenig länger, so dass dieser zufrieden schnaubend seine Tritte etwas verlängerte.
Josephine lachte leise und lenkte ihr Pferd nun dicht an Châtaigner heran. "Es tut so gut ihn wieder so fröhlich zu sehen, nicht?" fragte sie leise und beobachtete Rob mit einem Lächeln auf den Lippen.