William und Joanna - ab 1190 bis 1191

Bernard

Bernard fuhr herum als er eine Hand auf seinem Arm spürte und wollte den Störenfried rüde zurecht weisen, nahm sich jedoch im letzten Moment zusammen als er Eleonore erkannte. Er biss die Zähne aufeinander und rang einen Moment lang mit sich. „Das sollte er auch nie wieder, denn das nächste Mal kommt er nicht mit einer Tracht Prügel davon.“ knurrte Bernard und bedachte den Küchenjungen mit einem herablassenden Blick. „Eigentlich müsste ich dir den Schaden vom Lohn abziehen, das wäre dir wohl eher eine Lehre.“ Und vor allem wäre es das aus für den Jungen, denn um den Schaden zu ersetzen, wären mehrere Monatslöhne fällig, eine Summe, die ein einfacher Küchenjunge nie im Leben einfach so aufbringen konnte.

Eleonore

Eleonore konnte den Zorn in Bernards Augen sehen, aber er hielt sich zurück, als er sie erkannte. Es kostete ihn Mühe, aber sie konnte deutlich sehen, dass seine Haltung ein wenig entspannter wurde. "Ich bin sicher, dass er das verstanden hat. Nicht wahr, Tommy? Also entschuldige dich bei deinem Herrn." Der Küchenjunge starrte sie aus großen Augen an und verbeugte sich dann. "Es tut mir leid, Comte, verzeiht mir."
Eleonore ließ die Hand auf Bernards Arm liegen. Er durfte dem Jungen nicht den Lohn streichen, sie wusste genau, dass seine Familie vermutlich darauf angewiesen war. Sie wollte nicht, dass er und die Seinen deswegen hungern mussten.
"Ja, das müsstest du, aber ich bin sicher, du wirst ihm noch einmal Milde erweisen und ihn gehen lassen. Schließlich haben wir Beide eine gute Neuigkeit zu feiern, die dich gnädig stimmt."

Bernard

Bernard starrte den Küchenjungen mit unverhohlenem Zorn an, seine Kiefermuskeln arbeiteten mühsam während er abwog, was er tun sollte. Er fühlte sich durch Eleonore um seine Rache und das Gefühl der Genugtuung betrogen, aber jetzt, da sie interveniert hatte, konnte er die Strafe unmöglich weiter vollziehen.
Bernard rang noch einige Augenblicke mit sich, dann fuhr sein Kopf zu Eleonore herum und er starrte sie einen Moment lang an. Gute Neuigkeiten zu feiern … sollte sie etwa-?
Er gab sich einen Ruck und entließ den Küchenjungen mit einem schroffen Nicken. „Verschwinde schon und komm mir heute besser nicht mehr unter die Augen.“ erklärte er brüsk, verengte dann jedoch noch einmal die Augen. „Und wenn so etwas noch einmal passiert, wirst du es bitter bereuen, ich schwör’s.“ fügte Bernard leise hinzu. „Und du solltest Gott heute auf Knien dafür danken, dass meine Gemahlin ein so weiches Herz hat, dass sie einem Taugenichts wie dir die Haut rettet.“
Dann wandte Bernard sich Eleonore zu und griff nach ihren Händen. „Gute Neuigkeiten?“ fragte er leise, ein hoffnungsvolles Funkeln lag nun in seinen Augen, so als wäre der Vorfall mit dem Küchenjungen nie gewesen.

Eleonore

Eleonore wartete geduldig auf Bernards Entscheidung und wurde nicht enttäuscht. Offenbar hatte sie doch gewissen Einfluss auf ihn, so wenig ihm das auch behagen mochte. Tommy jedenfalls ließ sich seine Chance nicht entgehen.
"Ich danke Euch, Comtesse...", flüsterte er hastig, verbeugte sich tief und huschte davon. Er hatte nicht geglaubt, Bernards Zorn noch einmal zu entgehen.
Eleonore lächelte und widmete ihre Aufmerksamkeit dann ihrem Mann. "Oh ja, gute Neuigkeiten." Der Vorfall schien für Bernard schon vergessen, das Zorn wie fort geblasen.
"Ich bin schwanger. In etwas mehr als einem halben Jahr werden wir Eltern." Sie war eine Weile nicht sicher gewesen, aber die Hebamme hier hatte sie sich angesehen und mit ihr gesprochen. Schließlich hatte ihr Verdacht sich bestätigt und so hatte sie nur auf den richtigen Moment gewartet.

Bernard

Bernard zog es vor dem Küchenjungen keine weitere Beachtung mehr zu schenken. Jetzt da er entschieden hatte die Strafe auszusetzen, hatte diese kleine Kröte seine Aufmerksamkeit gar nicht mehr verdient.
Verdient hatte Eleonore sie hingegen und als sie ihre gute Nachricht überbrachte, machte sich ein übermütiges Grinsen auf Bernard Lippen breit. " Schwanger." Wiederholte er und zog Eleonore für einen Kuss an sich. "Das sind wirklich wunderbare Neuigkeiten. Wir sollten das Essen heute Abend in der Halle einnehmen ... ein kleines Festmahl anlässlich dieser Neuigkeiten!" Entschied er und küsste Eleonore noch einmal lachend. "Und in einem halben Jahr werden wir unseren Sohn auf der Welt willkommen heißen." Er würde einen Erben bekommen ... einen Sohn, der mit dem König von England verwandt war, einen Sohn, der seine Position erheblich festigen würde.

Eleonore

Eleonore nickte und ihre Augen leuchteten erfreut auf, als er sie küsste. "Nicht wahr? Und ich halte es für eine gute Idee ein kleines Festmahl zu veranstalten. Ich werde es später deinem Vater sagen. Er wird sich sehr freuen und vielleicht fühlt er sich wohl genug um dabei zu sein."
Auch wenn Bernard wahrscheinlich nur mäßig begeistert war, Geraud war seine Familie und würde der Großvater des Kindes sein, dass sie zur Welt brachte. Zudem befanden sie sich in seinem Haus. Es war nur recht, wenn er dabei war.
"Das werden wir..." Sie legte die Arme um seinen Hals und schaute ihn eine Spur ernster an. "Und was, wenn es ein Mädchen wird, Bernard?"
Sie hoffte wirklich, dass er auch einem Mädchen ein guter Vater sein würde.

Bernard

Bernards Grinsen verrutschte ein wenig. Allein die Erwähnung seines Vaters beschwor bereits dessen Stimme in Bernards Kopf herauf. Ah, hast du es also doch noch geschafft deine Frau zu schwängern?  Er seufzte leise. "Das muss wohl sein, was?" erwiderte er ein wenig grantig und hoffte insgeheim, dass sein Vater es vorzog lieber im Bett zu bleiben. Aber er wusste, dass er Eleonore davon nicht abbringen würde, also versuchte er es lieber erst gar nicht.
Bernard sah Eleonore in die Augen, dann schüttelte er leicht den Kopf. "Wird es nicht. Ich war der Erstgeborene in der Familie, mein Vater vor mir ebenso ... es liegt in der Familie, es wird ein Junge, glaub mir." erwiderte er und lächelte nun wieder. "Und sollte es all dem zu Trotz doch ein Mädchen werden, dann versuchen wir es halt gleich noch einmal." fügte er dann rasch hinzu, weil er in Eleonores Augen sehen konnte, dass sie noch mehr hören wollte, dass sie sich mehr von ihm erhoffte. Bernard musste ein wenig grinsen. "Außerdem stünden dann unsere Chancen gar nicht so schlecht, dass wir sie eines Tages mit dem kleinen Louis vermählen können, hm?"

Eleonore

Eleonore lächelte nachsichtig und strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. "Natürlich. Das hier ist sein Haus und außerdem wird er sich sehr darüber freuen, dass seine Linie gesichert wird. Gib ihm eine Chance und sei ein bisschen nett, hm? Heute kann dir doch nichts die Laune verderben."
Sie erwiderte den Blick und hoffte, er möge recht behalten. Vielleicht wurde es ja wirklich ein Sohn. Erst hatte sie sich ein wenig Sorgen gemacht, aber als er fortfuhr, entspannte sie sich. Also würde ein Mädchen auch kein großes Problem sein.
"Ich bin froh, dass du das so siehst." Ihr behagte zwar auch nicht, dass er schon begann eine Ehe zu planen, aber wenn er einer Tochter dafür etwas abgewinnen konnte...
"Ja, du hast sicher recht. Und nun sollten wir ein Festmahl vorbereiten, hm?"

Bernard

Bernard schnitt eine kleine Grimasse. Eine Chance? Wenn das doch nur möglich wäre, wenn er auch eine Chance bekommen würde. Aber irgendwas war einfach schon immer zwischen ihnen gewesen. "Nun, zumindest sollte nichts mir die Laune verderben, nach so wunderbaren Neuigkeiten." stimmte Bernard dann schließlich zu. Er strich Eleonore über die Wange. "Gleich. Einen kleinen Moment noch ..." murmelte er leise, zog sie wieder eng an sich und gab ihr einen langen Kuss.
Sie war schwanger! Das nahm durchaus eine Last von seinen Schultern. Sicher, sie waren noch keine Jahre verheiratet, aber Bernard hatte langsam angefangen sich Gedanken zu machen, weil Eleonore noch nicht schwanger geworden war. Und dabei war es doch gerade für ihn wichtig einen Erben zu bekommen - sein Vater würde sich schließlich nicht wieder erholen, krank wie er war und Bernard musste dafür sorgen, dass die Linie fort bestand, immerhin konnte jeder, auch er selbst, zu jeder Zeit vor Gott berufen werden.

Eleonore

"Na siehst du. Also wirst du dich mir zuliebe heute auch mit deinem Vater gut halten und keinen Streit anzetteln. Dasselbe werde ich ihm im Übrigen auch sagen." Ihre Augen funkelten schelmisch auf. "Ihr wisst ja, ich sollte mich nicht aufregen, also sorgt ihr Beide auch dafür, dass ich es nicht tun muss, nicht wahr?", folgerte sie amüsiert.
Sie erwiderte bereitwillig seinen Kuss und legte die Hand auf seine Brust.
"Jetzt wird alles gut werden, du wirst sehen. Die Linie wird gesichert sein und wir bekommen endlich Nachwuchs."
Sie hatte sich schon ein eigenes Kind gewünscht, seit sie sich so intensiv um den kleinen Louis gekümmert hatte. Jetzt würde es wahr werden und niemand würde ihr vorhalten können, sie würde ihre Pflichten nicht erfüllen.

Bernard

Bernard musste gegen seinen Willen lachen. "Na gut, dir zu Liebe werde ich keinen Streit mit ihm anfangen, aber ich will von ihm dann auch keine dummen Bemerkungen hören."
Das Thema behagte ihm nun einmal so gar nicht und Bernard wollte auch gerne wieder an den Hof zurück, damit Eleonore und sein Vater nicht ständig zusammen hingen. Doch jetzt gab es erst einmal wichtigeres.
"Ja, jetzt wird alles gut." murmelte Bernard und strich Eleonore über den Rücken. Am liebsten hätte er sich mit in die nächste Ecke gezogen, ihre Röcke hoch geschoben und ... "Weißt du, wir können doch das Festessen auch noch in einer Stunde vorbereiten, hm? Lass uns jetzt lieber noch einmal in unserem Gemach ... nach dem rechten sehen." schlug Bernard schelmisch grinsend vor und ließ seine Hände Eleonores Taille hinauf und hinab wandern.

Eleonore

"Wundervoll, das wollte ich hören. Und ich werde ihm auch noch einmal einbläuen, dass er sich zurückhalten soll. Dann wird er schon keine Sprüche klopfen. Ehrlich, manchmal seid ihr Beide wie Katz und Maus. Könnt ihr nicht einfach einmal freundlich zueinander sein?"
Eleonore hob die Augenbrauen, durchschaute Bernards Absichten aber sofort. Sie war ein wenig unsicher gewesen, wie sie neuen Annäherungen ihres Mannes begegnen sollte, aber die Hebamme hatte sie beruhigt. Es würde nichts schief gehen.
"Hm, eine Stunde? Dann wirst du dir aber ein bisschen Mühe geben müssen, nicht wahr?" Sie schmiegte sich eng an ihn.
"Also gut, lass uns...nach dem rechten sehen."

James stand am Fenster seines Gemaches und genoss den Ausblick der sich ihm bot, froh darüber hier im warmen sein zu können. Er wartete darauf, dass Alan zurück kam, der schon den ganzen Tag über an einem aktuellen Auftrag gearbeitet hatte und James hoffte, dass sein Freund sich wenigstens zum Abend hin lösen konnte.
Er sah kurz zu dem Tisch hinüber auf dem ein kleines Bündel lag und lächelte versonnen. Alan wusste nichts von der kleinen Harfe, die sich unter den Leinentüchern befand und James war gespannt darauf, wie sein Freund auf das Geschenk reagieren würde. Er hatte das Musikinstrument extra anfertigen lassen und dabei keine Kosten und Mühen gescheut, um einen wirklich guten Handwerker dafür zu finden, der auch wusste, was er da tat.

Alan war den ganzen Tag mit einem Auftrag beschäftigt gewesen. Erstaunlicherweise schienen sich die Menschen auch hier geradezu um seine Dienste zu reißen und so nutzte er die Gelegenheit, wenn er nicht gerade im Dienst des Bischofs tätig war, um ein paar Gemälde und Wandmalereien anzufertigen.
Fröstelnd betrat er nun James' Gemächer im Bischofspalast. Die Wachen vor sämtlichen Türen und Zugängen hatten sich längst daran gewöhnt, dass er zu James ging, wann immer er wollte. Er wurde immer vorgelassen, sie kannten ihn.
"Furchtbares Wetter um feine Arbeiten zu machen. Mene Finger werden zu schnell steif vor Kälte." Aber hier schlug ihm behagliche Wärme entgegen und er fühlt sich sofort deutlich wohler.
"Wie war dein Tag?"

James machte sich von dem Anblick draußen los und drehte sich um als sich die Tür öffnete und Alan herein kam. Er zog die Hände aus den Ärmeln seiner Robe hervor und machte eine einladende Geste, die den gesamten Raum umfasste. "Dann mach es dir bequem und wärm dich auf. Wir wollen doch nicht, dass deine kostbaren Finger abfrieren." entgegnete James lächelnd und trat auf seinen Freund zu. "Ich weiß da auch genau das richtige Mittel, um sie warm zu halten." bemerkte er vergnügt. Schon seit er die Harfe heute Mittag in Empfang genommen hatte, freute er sich darauf sie Alan geben zu können.
"Recht geruhsam. Die üblichen kleinen und großen Aufgaben des Tages, aber keine Dramen. Es ging recht entspannt zu." berichtete James und gab Alan zur Begrüßung einen sanften Kuss als er vor ihm stehen blieb. "Und du? Bist du trotz der Kälte zufrieden mit deinem Vorankommen?"

Alan lachte leise. "Das klingt ausgezeichnet. Keine Sorge, so schnell frieren sie nicht ab. Aber es erleichtert die Arbeit nicht gerade, wenn man den Pinsel kaum mehr spürt." Er hob überrascht die Augenbrauen und schaute James fragend an.
"So, weißt du das? Und was wäre das richtige Mittel, hm?" Alan erwiderte James' Kuss und ließ sich dann in einen der bequemen Sessel sinken ohne aber den Blick von James abzuwenden.
"Das klingt gut. Ein ruhiger, entspannter Tag ohne Katastrophen. Ich bin wirklich froh, dass wir hier sind und nicht mehr in London. Dort waren solche Tage so selten."
Und es war für sie alle so viel einfacher geworden.

James lächelte geheimnisvoll. "Natürlich weiß ich das." gab er zurück. "Warte nur ab, ich zeig es dir schon noch." Er beobachtete Alan wie er sich in einem der Sessel niederließ und war einmal mehr schier überwältigt von den Gefühlen, die er für seinen Gefährten hegte. So viele Jahre kannten sie sich schon, so viele Dinge hatten sie gemeinsam durchgestanden und bewältigt ...
James riss sich von der Betrachtung seines Liebsten los und ging zum Tisch hinüber. "Ja, das ist wahr. Winchester ist ... unser zu Hause geworden. In London kam es mir nie so vor." In London hatte er das Gefühl gehabt, die Stadt verzehre ihn regelrecht.
James nahm die eingepackte Harfe vom Tisch und kehrte zu Alan zurück, ließ sich neben ihm nieder und strich kurz gedankenverloren über das Leinentuch. "Hier, für dich. Damit du deine Finger warm und beweglich halten kannst." erklärte James und reichte ihm das Geschenk mit einem sanften Lächeln.
Er hatte es immer so geliebt Alan auf der Harfe spielen zu hören.

Alan folgte James mit den Augen und war durchaus neugierig, was er für eine Überraschung hatte. Er wusste, dass James seinen Geschmack treffen würde, sie kannten sich in und auswendig. Und dafür liebte er diesen Mann nur umso mehr.
"Oh ja, das ist es. In London ist alles viel größer, die Menschen sehnen sich nach mehr Macht und jeder kämpft um sein Überleben. Außerdem befindest du dich dort im Zentrum der Macht. Dort läuft alles zusammen. Das ist einfach nicht unsere Welt und es ist auch nicht der Grund, warum du Geistlicher geworden bist. Nicht, weil du Macht willst."
Aufmerksam nahm er das Geschenk entgegen und musterte es neugierig, ehe er es aus dem Leintuch löste. Einen Moment brachte er kein Wort heraus und seine Finger strichen andächtig über das Holz.
"Bei Gott, Jamie...sie ist wunderschön. Du bist doch verrückt.", sagte er rau.

James nickte. "Das ist wahr. Ich meine ... ich bin nun der Bischof der wohl reichsten Diözese in England, ich kann nicht behaupten, dass ich meine Macht durch diesen Wechsel geschmälert habe, aber es ist ... hier einfach irgendetwas anderes. So anders als in London, dieser wirklich eigenartigen Stadt." Er musste bei Alans letzten Worten lächeln. "Das war nicht der Grund, da hast du recht. Und seit wir hier sind, kann ich dem eigentlichen Grund viel mehr nachgehen." In London hatte er manchmal wirklich gehaderte, hatte sich Gott eigentümlich fern gefühlt. Hier in Winchester war James aufgeblüht.
Aufmerksam beobachtete er wie Alan die Harfe auspackte und James musste selbst schlucken als er sah, wie gerührt sein Freund von diesem Geschenk war. "Ein bisschen verrückt vielleicht." räumte James ein. "Verrückt danach dich glücklich zu sehen. Und das warst du mit einer Harfe in der Hand immer." James erinnerte sich noch so gut daran wie er den ersten Brief von Alan bekommen hatte in dem dieser davon berichtete dass er Harfe spielen lernte. Schon diese Zeilen schienen vor Alans Begeisterung nur so zu strotzen und James hatte Alan später spielen hören und verstanden, was ihn so daran bewegte. Aber mit der Zeit und vor allem den vielen Aufträgen, die Alan hatte, war das Harfespielen ein wenig in Vergessenheit geraten und Alan besaß schon länger keine eigene mehr. Und James hatte vor einer Weile entschieden das wieder zu ändern.
"Mir scheint, als hätte ich das richtige Geschenk gefunden." bemerkte er leise.

"Es ist anders, da hast du wahrlich recht. London führt ein Eigenleben und niemand bleibt davon unberührt, das steht fest. Es hat uns Beiden gut getan hier her zu kommen." Und für ihre Beziehung zueinander wares die Rettung gewesen. Die Vorsichtsmaßnahmen in London hatte jedes innige Verhältnis beinahe unmöglich gemacht.
Alan beugte sich zu James und gab ihm einen langen Kuss. "Ich liebe dich...Und ich danke dir für dieses wunderbare Geschenk. Du hast recht, ich war dann immer glücklich, es ist das beste Geschenk, das du machen konntest. Ich fürchte, ich bin ein wenig eingerostet, aber es wäre eine Schande ihr nicht ein paar Töne zu entlocken."
Andächtig ließ er die Finger über die Saiten streichen, er sammelte sich kurz und schlug dann eine leise Melodie an.
"Was für ein perfektes Instrument...", raunte er ehrfürchtig.

James erwiderte Alans Kuss und weidete sich an dem Strahlen, das in Alans Augen getreten war. "Und ich liebe dich." erwiderte er sanft und strich ihm kurz durch die Haare, ehe er gebannt beobachtete wie Alans schlanke Finger über die Saiten der Harfe strichen. "Vielleicht ein wenig, aber ich bin sicher, deine Finger erinnern sich schnell wieder daran wie es geht." ermunterte James ihn und lehnte sich etwas zurück als Alan eine leise, sanfte Melodie anstimmte.
Ein Lächeln zierte James' Lippen als er seinen Freund beobachtete und der Musik lauschte. Er hatte es sich ausgemalt, aber die Realität übertraf seine Träume noch einmal deutlich. Es war einfach wunderschön Alan beim Harfespielen zuzuhören.
"Spiel noch ein bisschen mehr." bat James leise und lächelte versonnen. Vielleicht wurde es wieder einmal Zeit, Gott auf Knien dafür zu danken, dass er ihm ein solches Leben gönnte ...

Alan nickte bedächtig und versuchte sich zu erinnern. An all die Melodien, die Cedric ihn damals gelehrt und an denen auch James so viel Freude gefunden hatte.
"Ja, ich denke auch. Es bedarf einfach wieder ein bisschen Übung. Und vielleicht bringe ich es dir ein wenig bei, was meinst du?"
Alan lächelte zufrieden und vertiefte sich erneut in die Musik. Als James ihn um mehr bat, folgte er der Bitte nur zu gern. Sie hatten beide viel Freude an diesem Zusammensein, der Musik und ihrer Verbundenheit zueinander.
Nach einer Weile ließ Alan die Harfe sinken. "Ich glaube, meine Finger haben doch ein wenig verlernt. Sie brauchen ein wenig Pause."

James lachte leise auf. "Mir? Ich weiß ja nicht, ob ich dafür musikalisch genug bin. Aber ich glaube, mit deiner Hilfe würde ich es gerne einmal versuchen, wieso nicht." willigte er schließlich ein. James wusste, dass Alan ein sehr geduldiger Lehrer sein konnte und selbst, wenn er nicht gut werden würde, wäre es einen Versuch wert und sie konnten die Zeit gemeinsam nutzen.
Als Alan schließlich die Harfe sinken ließ, seufzte James zufrieden. "Das war wunderschön." erklärte er entschlossen, dann beugte er sich zu Alan hinüber und gab ihm einen Kuss. "Du musst mir nun wieder öfter etwas vorspielen." bat er leise und strich über Alans Hände, die gerade noch der Harfe solch wundersamen Klänge entlockt hatten. Es war wirklich ein zauberhaftes Instrument und die Stimmung, die entstand, wenn Alan spielte, war etwas wirklich besonderes.

Helene

Helene stand vor der Hintertür der Kapelle und atmete in tiefen Zügen die klare, kühle Luft ein. Alexander hatte die Messe für sie und ihren Haushalt gelesen, als ihr plötzlich speiübel geworden war. Eine Weile hatte sie versucht es zu unterdrücken, aber als ihr der kalte Schweiß ausgebrochen war, hatte sie sich von der Holzbank erhoben und sich gemessenen Schrittes nach draußen begeben, damit niemandem ihre Hast auffiel.
Sie hörte, dass die Leute die Kapelle verließen und die Messe wohl zuende war. Sie wusste, Alexander würde sicher nach ihr sehen. Ihm würde aufgefallen sein, dass sie alle Farbe aus dem Gesicht verloren hatte. Sie hatte sie immer noch nicht zurück und musste sich auf ihre Atmung konzentrieren, damit sie sich nicht doch noch übergab.
Sie war versucht es auf den Weihrauch zu schieben, aber eigentlich wusste sie es besser.

Alexander

Es war Alexander mittlerweile eine liebgewonnene Gewohnheit geworden für die Burgbewohner sonntags die Messe zu halten. Es war eine angenehme Gemeinde, die er betreute und meistens waren sie ausgesprochen aufmerksam, Störungen während seines Gottesdienstes waren absolute Ausnahmen.
Daher fiel es ihm natürlich sofort auf, dass Helene sich erhob und gemessenen Schrittes die Kirche verließ. Ausgerechnet Helene! Alexander tat als hätte er es nicht bemerkt und fuhr mit seiner Predigt nahtlos weiter, aber seine Gedanken hatten in Wahrheit mit Helene die Kirche verlassen. Sie war so furchtbar blass gewesen ...
Mühsam beendete er die Messe und wartete bis seine Schäfchen die Kapelle verlassen hatten, dann eilte er hinaus. Helene stand direkt neben der Hintertür, als hätte sie nur auf ihn gewartet. Alexander sah ihr prüfend ins Gesicht und ließ kurz den Blick schweifen. Sie waren allein, aber sicher war sicher.
"Ihr seid blass, Mylady. Kommt, ihr könnt Euch drinnen ein wenig setzen und ich lasse nach heißem Wein schicken." erklärte er, nur für den Fall, dass doch jemand um die Ecke kam, bot Helene seinen Arm an und führte sie wieder hinein in die Kapelle und hinüber in den kleinen Seitenraum, der zur Aufbewahrung und als kleines Arbeitszimmer diente. Dort drückte Alexander Helene sanft auf einen Stuhl hinab, ging vor ihr in die Hocke und legte die Hände an ihre Wangen. "Was ist los?" fragte er leise, eindringlich und mit hörbarer Sorge in der Stimme. Hoffentlich wurde sie nicht krank!