William und Joanna - 1193

Gabriel

Gabriel schüttelte den Kopf. "Eine vergebene Hoffnung, denke ich. Außerdem sind sie noch so klein." Er gönnte seinen Brüdern die unbeschwerte Kindheit, die Situation war für sie alle schwierig genug. Aber die Beiden verstanden ja auch noch nicht recht, warum ihre Mutter nun woanders lebte.
Mary begrüßte ihren Bruder freudig und erwiderte seine Umarmung. "Das kann ich nur zurückgeben, großer Bruder. Du siehst zufrieden aus."
Edward wirkte nicht mehr mitgenommen und rastlos, vielmehr strahlte er eine innere Zufriedenheit aus, so nervös er vielleicht auch sein mochte vor der Begegnung mit Helene. Seine neue Liebe schien Edward wirklich gut zu bekommen.
"Wann heiratet ihr?"

"Das sind sie. Und das dürfen sie auch gerne noch eine ganze Weile bleiben." bemerkte Edward. Er liebte seine Söhne und er hatte es nicht eilig damit, dass sie erwachsen wurden. Es freute ihn immer, wenn er sie auf den Schoß nehmen und ihnen eine Gesichte erzählen konnte. Wenn ihre Augen vor Begeisterung leuchteten, machte ihn das immer glücklich.
Edward lachte leise über Marys Feststellung. "Und das bin ich auch. Ich glaube, seit langer Zeit zum ersten Mal wieder aufrichtig zufrieden." Seit er Claire kennen gelernt hatte, ging es ihm so und seit klar war, dass sie heiraten würden, war dieses Gefühl noch überwältigender geworden.
"Wenn es nach mir ginge schon gestern." bemerkte er grinsend und hob dann die Schultern. "Wir warten noch auf den Dispens, aber lange kann es nicht mehr dauern. Sobald er da ist, werden wir zusehen, dass alles möglichst rasch organisiert wird. Ich kann es kaum erwarten, wenn ich ehrlich bin und Claire geht es ebenso." erklärte Edward zufrieden. "Und wie steht es hier? Alle gesund und munter? Was macht unser Brüderchen?"

Mary nickte zufrieden. "Das freut mich wirklich zu hören, ich gönne es dir." Auch Edward sollte endlich sein Glück finden, nachdem er bislang so viel hatte durchmachen müssen.
"Ich weiß, die Zeit wird einem gern lang. Aber du hast sicher Recht und bald ist es soweit. Ich hoffe, ihr feiert ein angemessen großes Fest, ich liebe Hochzeiten!", erwiderte sie lächelnd. "Oh ja, es geht allen gut. Im Sommer hat Charles weniger Probleme mit seinem Knie, es wird immer ein klein wenig besser. Die Kinder sind alle gesund und Daniel und Joanna sind die reinsten Turteltauben, die Beiden sind so vernarrt ineinander, es ist wirklich schön. Und Joanna ist eine Bereicherung für uns. Will ist ein Mordskerl geworden, du wirst staunen. Er ist Charles' bester Mann, Charles ist wirklich stolz auf ihn."
Dabei hatte gerade Will sich am Anfang so widerspenstig gezeigt.

"Danke. Es war ein langer Weg bis dahin, aber ... es scheint als würde Gott für mich doch noch einiges an Glück bereit halten." bemerkte er und lachte dann. "Oh ja, da werden wir wohl kaum drum rum kommen. Amélie hat mich mehr oder weniger dazu gedrängt in Truro zu heiraten, aber ich denke, es ist wirklich eine gute Idee. Ich hoffe, du und deine Familie, ihr scheut die lange Reise nicht?" fragte er neckend. Er wollte so viele seiner Geschwister um sich haben an diesem freudigen Tag, so viel war sicher.
"Das freut mich. Und so jungem Glück kann ich nun mit noch größerer Freude entgegen sehen, weil ich selbst wieder in den Genuss komme. Es macht mich ausgesprochen langmütig." bemerkte er amüsiert. "Sind die beiden denn schon auf dem Weg den Fortbestand der Familie zu sichern?" erkundigte Edward sich neugierig, ehe er seiner Schwester einen verblüfften Blick zuwarf. "Tatsächlich? Es scheint als hätte dein Mann ein wahres Wunder gewirkt. Aber ich bin froh, wenn es so ist. Will hat es nicht ganz leicht gehabt mit seinem störrischen Dickkopf, wenn er in Charles ein Vorbild gefunden hat, umso besser."

"Oh natürlich hat er das. Du sollst glücklich werden." Mary nickte eifrig. "Aber natürlich kommen wir, was denkst du denn? Dafür könnte kein Weg zu weit sein. Ich freue mich schon darauf. Und es wird schön, Truro wieder zu sehen."
Sie lächelte zufrieden. "Noch nicht, aber sie arbeiten fleißig daran. Wenn es nach Charles ginge, dürfte es auch noch etwas dauern, er fühlt sich nicht bereit Großvater zu werden." Sie neigte den Kopf. "Das scheint mir auch. Ich bin auch immer fasziniert, wenn ich mein Brüderchen betrachte. Er hängt sehr an Charles und er eifert ihm inzwischen sehr nach."
Mary bedachte Edward mit einem wissenden Blick. "Helene war sehr überrascht, als sie herkam...mehr als das. Das war ein sehr nobler Zug von dir, Brüderchen..."

"Sehr schön. Ich hoffe nur, dass auch Mutter und Vater sich bis dahin wieder von Bordeaux trennen können ... ich hätte ihnen diese ganze Geschichte ja am liebsten persönlich erklärt, aber wie es scheint muss doch ein Bote mit einem Brief her halten, damit sie rechtzeitig wieder zurück sind." Edward lachte laut auf. "Gut so. Und da Joanna aus einer sehr fruchtbaren Familie kommt wird es sicher nicht mehr lange dauern. Aber ich kann Charles verstehen. Mit einer so hübschen jungen Ehefrau und einem Haufen kleiner Kinder fühlt man sich wohl nicht wirklich bereit Großvater zu werden." Edward lächelte erleichtert. "Das freut mich sehr. Ich bin schon gespannt, was Will mir erzählen wird. Vermutlich muss ich mir in den nächsten Tagen von früh bis spät Charles' Loblied anhören." Edward zog unbehaglich die Schultern in die Höhe als Mary ihn so wissend ansah. "Ich ... weiß nich twovon du sprichst ... ich dachte einfach sie wäre bei dir gut aufgehoben und ihr seid ja wesentlich dichter als Isabella in Pembroke ..." erwiderte er ausweichend.

"Oh sicher, ich denke, sie werden bald heim kommen. Sie waren ja nun doch eine ganze Weile in Bordeaux, irgendwann zieht es sie doch immer wieder nach England. Und Mutter würde sich deine Hochzeit doch nie entgehen lassen. Sie wird zwar mal schlucken, aber dann werden sie schon begreifen, dass du glücklich sein musst."
Mary lächelte. "Das denke ich auch. Aber Charles wird sich damit abfinden müssen." Sie betrachtete Edward wissend und neigte den Kopf.
"Oh, natürlich. Also wirklich, Ed, nun stell dich nicht an. Ich weiß genau, dass du sie her geschickt hast, weil du von Robert erfahren hast, dass Alexander hier ist. Und das finde ich sehr anständig von dir. Helene ist nun meine Zofe, weißt du. Wir haben uns wirklich gut angefreundet."

"Nein, das ist wahr, das würde sie nicht verpassen wollen. Aber mir wäre einfach wohler, wenn sie jetzt schon zurück wären, so dass ich es ihnen direkt erklären kann. Nun bekommen sie einen Brief, der ... naja, nicht wirklich so eindrucksvoll darlegt, wieso ich das tue." räumte Edward achselzuckend ein.
Edward ließ den Blick einen Moment wandern, damit er Mary nicht ansehen musste, dann seufzte er tief und sah seine Schwester wieder an. "Schon, aber ... ich bin nicht halb so anständig, wie es scheint. Gäbe es Claire nicht und hätte sie nicht eingewilligt mich zu heiraten, ich ... selbst wenn ich gewusst hätte, wo Alexander ist, hätte ich es Helene nicht gesagt." gestand Edward unbehaglich. Ihm gefiel es nicht allzu sehr für diese Tat gelobt zu werden, es war letztlich doch das Mindeste, was er hatte tun können nach allem, was er Helene angetan hatte in all der Zeit.
"Wirklich? Das ist gut. Ich dachte mir schon, dass ihr euch gut verstehen würdet. Aber es ist beruhigend zu hören, dass sie hier einen guten Platz gefunden hat."

"Nein, vielleicht nicht. Aber unsere Mutter weiß doch nur zu gut, wie es ist, wenn man sich so sehr verliebt. Sie ist doch noch heute so sehr verliebt in unseren Vater."
Mary legte Edward die Hand auf die Schulter. "Aber du hast es getan. Sicher, wenn du glücklicher bist, fällt es dir leichter, anderen ihr Glück zu gönnen. Glaub mir, sie ist dir sehr dankbar. Sie ist wirklich sehr glücklich hier mit ihrer kleinen Familie, nur die Jungs vermisst sie manchmal sehr."
Sie richtete den Blick kurz auf die Beiden, die durch den Innenhof tollten. "Aber nun komm, lass uns nicht hier herum stehen. Du wirst noch Gelegenheit haben mit ihr persönlich zu reden, denke ich. Aber erst einmal sollt ihr euch erfrischen. Komm, ich zeige euch eure Gemächer. Dort findet ihr auch Wein und eine Kleinigkeit zum Essen. Heute Abend essen wir gemeinsam."

Edward hatte sich erweichen lassen und trug den kleinen Raphael auf dem Arm, während sein Bruder noch immer munter um sie herum flitzte. Michaels Energie schien nahezu unerschöpflich, anders als bei seinem kleinen Bruder, denn Raphael hatte den Kopf an die Schulter seines Vaters gebettet und gähnte immer wieder herzhaft. Allein die Aussicht seine Mutter gleich wieder zu sehen hielt ihn davon ab schon einzuschlafen.
Edward hatte sich entschieden die beiden Jungen gleich zu Helene zu bringen, so würden die kleinen Teufel Ruhe geben und Helene und er konnten ein paar Worte wechseln bevor sie heute Abend vor aller Augen gemeinsam an der Tafel saßen, denn dort würde es für mehr als höfliche Plauderei ja doch nicht reichen.
"Michael, mach dich doch einmal nützlich und klopf an die Tür, hm?" schlug Edward vor als sie nur noch wenige Meter von dem Gemach entfernt waren, das laut Beschreibung Helenes sein sollte.

Helene hatte sich gut in Dover eingelebt und genoss das ruhige Dasein mit Theresa und Alexander. Es war, wie es sein sollte. Sie hatte sich rasch daran gewöhnt, dass sie keine Countess mehr war, sondern Marys Zofe. Mary hatte es ihr leicht gemacht und sie waren Freundinnen geworden. Das hatte alles noch einmal einfacher gemacht.
Sie hatte Theresa gerade für ein kleines Schläfchen hingelegt, als es an ihrer Tür klopfte. Ein wenig überrascht bat sie den Besuch herein und fand sich dann im nächsten Moment ihren Söhnen gegenüber. Und Edward...
Strahlend schloss sie Michael in die Arme und nahm Edward dann den müden Raphael ab, um ihn auch zu begrüßen. "Meine Jungs! Oh, wie schön euch zu sehen, meine Süßen...wie geht es euch, hm? War die Reise gut?" Sie schenkte auch Edward ein Lächeln. Alles würde einfacher werden jetzt.

Edward seufzte verstohlen als Helene die Tür öffnete und Michael mit leuchtenden Augen in die Arme schloss. Es war ein schönes Bild und Mutter und Kinder gehörten einfach zusammen, aber ihre Lage war kompliziert. Gönnte er ihnen dieses Glück bedeutete das unweigerlich für ihn, dass er seine Kinder nicht sah, aber nun hatte er sie schließlich einige Zeit ganz für sich gehabt, es war wirklich fällig gewesen sie zu Helene zurück zu bringen.
Er überließ ihr auch Raphael, der sich mit leuchtenden Augen an seinem Mutter kuschelte während Michael emsig nickte. "Sie war sooooo spannend! Wir sind die meiste Zeit auf unseren Ponys geritten! Und auch ganz schnell. Und wir haben immer auf alle aufgepasst, damit uns niemand überfällt. Und ..." Michael plapperte noch munter weiter, erkundete aber gleichzeitig auch schon das Gemach seiner Mutter.
Edward fuhr sich ein wenig verlegen über den Nacken und grinste leicht. "Er ist ein bisschen aufgedreht, tut mir Leid. Aber vermutlich wird er es Raphael bald gleich tun."

Helene lauschte völlig hingerissen ihren Söhnen. Wie sehr hatten diese ihr in den letzten Wochen gefehlt, lebhafte, kleine Kobolde, die sie doch waren.
"Oh wirklich? Das ist aber toll. Und ihr seid ja schon richtige Helden, wenn ihr auf die Anderen aufgepasst habt. Ich bin furchtbar stolz auf euch." Sie küsste Raphael liebevoll auf die Schläfe, während Michael schon ihre Gemächer erkundete.
Helene wandte sich an Edward und schüttelte nachsichtig den Kopf. "Ach was... das macht doch nichts. Bei so vielen neuen Eindrücken ist das doch normal. Er wird bald genauso müde sein wie sein Bruder. Dann legen wir die Beiden hin und dann können wir uns in Ruhe ein bisschen unterhalten." So viele Dinge waren noch unausgesprochen zwischen ihnen...

Raphael nickte fleißig. "Wir haben sehr gut aufgepasst!" bestätigte er die Geschichte seines Bruders und schloss die Augen als seine Mutter ihm die Schläfe küsste. Der kleine Kerl war auf Edwards Arm schon fast eingeschlafen und jetzt, da er seine Mutter begrüßt hatte, war er vollends zufrieden und bereit sich dem Schlaf zu ergeben.
Edward verfolgte Michaels Erkundungsgang mit den Augen und nickte leicht. "Ja, es war wirklich aufregend für die zwei. Ich schätze, sie werden gleich seelenruhig schlafen, aber die nächsten Tage, wenn hier noch alles neu ist, werden ganz schön turbulent." mutmaßte er. Edward hatte sich vorgenommen einige Tage in Kent zu bleiben, er wollte mit seinen Geschwistern etwas Zeit verbringen, sich mit Charles austauschen und vor allem die beiden Jungen noch ein wenig beschäftigen, während sie hier in Kent langsam ankamen, damit Helene nicht gleich alle Hände voll mit ihnen zu tun hatte.

Helene hielt ihren Sohn auf dem Arm, bis dieser einschlummerte. Michael huschte noch ein wenig herum, dann trieb ihn die Müdigkeit aber doch auf das dicke Fell vor den Kamin. Helene legte Raphael in ihr Bett, damit er schlafen konnte und brachte ein Weilchen später Michael ebenfalls dorthin. Die Brüder würden ein gemütliches Schläfchen halten.
Dann kehrte sie zu Edward zurück und bot ihm einen Stuhl an. "Setz dich doch, etwas Wein?" Sie hatten sich lange nicht gesehen und so etwas wie befangenheit drohte aufzukommen aufgrund der Lage.
"Ich bin froh, dass du mich hergeschickt hast. Es ist schön hier und die Leute haben mich freundlich aufgenommen. Auch wenn das Gesinde mich gern die gefallene Lady nennt, sind sie trotzdem sehr freundlich und hilfsbereit." Und so hatte Helene gelernt, ihr Standesdenken auf ein Minimum zu reduzieren. Der Umgang mit den Menschen hier war leichter als mit vielen Adeligen.
"Schön, dass du die Jungs wieder her bringst. Sie haben mir gefehlt."

Edward beobachtete mit einem leichten Lächeln wie Helene die beiden Jungen schließlich in ihr großes Bett legte. Wenngleich er bei dem Anblick des Bettes einen kurzen Stich verspürte als er an Helene und Alexander denken musste, ließ er es sich nicht anmerken und willigte gerne ein als Helene ihm einen Platz anbot. "Immer gerne, das weißt du ja." erwiderte er augenzwinkernd, um sich betont locker zu geben.
Er setzte sich und nahm wenig später dankend den Wein entgegen. Er seufzte verstohlen. "Ich bin froh, dass du dich trotz allem hier wohl fühlst. Ich hatte gehofft, dass es so ist und dass Mary und du Gefallen aneinander findet. Sie sagte mir, du wärst ihre Zofe geworden ... du scheinst also hier bleiben zu wollen, hm?" Edward schlug die Beine übereinander und zuckte leicht mit den Schultern. "Ich hatte es dir ja versprochen, nicht wahr? Außerdem haben sie dich vermisst und sie sollen ja auch möglichst viel von ihrer Mutter haben, solange sie noch so klein sind und sich danach sehnen." Irgendwann wenn sie größer wurden, würde ihr Interesse sich ohnehin verschieben, ihre Ausbildung würde beginnen und dann konnte Edward sie immer noch zu sich holen.

Helene trank ebenfalls einen Schluck Wein und lehnte sich etwas zurück. "Oh ja, Mary ist großartig. Sie ähnelt Isabella sehr und doch ist sie ganz anders. Sie ist mir eine gute Freundin. Es war erst etwas seltsam, ihre Zofe zu werden, aber man gewöhnt sich an alles. Und ich kann Theresa um mich haben." Sie lächelte ihm wissend zu.
"Das will ich. Und du weißt doch genau, warum, Edward. Du hast mich deswegen hergeschickt. Und auch deswegen bin ich dir so dankbar. Ich...hätte nicht gedacht, dass du das tust."
Er war so wütend gewesen und doch hatte er ihr jetzt ein Leben mit Alexander ermöglicht. Zwar mussten sie diskret sein, aber sie konnten zusammen sein und falls die Leute etwas ahnten, beachteten sie es nicht sonderlich. Sie gönnten der gefallenen Lady und dem ernsten Priester ein bisschen Glück.
"Das hast du. Ich habe sie auch vermisst und sie werden schnell genug groß. Sicher ist es gut, wenn sie das Hofleben schon kennenlernen, aber ich bin froh, wenn ich sie ein bisschen bei mir habe."

"Das ist sie in der Tat." Und Edward liebte seine beiden Schwestern wirklich von ganzem Herzen. Daher konnte er nur zu gut verstehen, dass Helene sich auch hier in Kent wohl fühlte.
Edward lehnte sich etwas zurück und machte eine etwas verschämt wirkende Geste. "Ich auch nicht, wenn ich ehrlich bin." räumte er ein und nippte an seinem Wein. "Und wäre ich auch nur einen Funken anständiger, hätte ich nicht so ein Theater veranstaltet, sondern dir geradeheraus gesagt, weshalb ich dich ausgerechnet hier her schicken wollte." Aber das hatte er einfach nicht fertig gebracht. Gleichzeitig hatte er das Wissen um Alexanders Aufenthaltsort auch nicht für sich behalten können. Jetzt nicht mehr, wo er selbst sein Glück gefunden hatte.
"Und sie freuen sich wieder hier bei dir und der Kleinen zu sein. Sie haben in den letzten Tagen ständig davon geredet. Außerdem hätte ich in nächster Zeit ohnehin nicht genügend Zeit für sie, ich habe einiges für Richard zu erledigen, um ihn endlich wieder nach Hause zu bekommen. Es war also der ideale Zeitpunkt sie dir zurück zu bringen." Und insgeheim hatte er sich versichern wollen, dass Helene hier wirklich glücklich war, aber lieber hätte Edward sich die Zunge abgebissen als das einzugestehen.

Helene lachte leise. "Manchmal überrascht man sich doch selbst. Und ich bin froh, dass wir nun Beide unser Glück finden können. Wenn wir ehrlich sind, haben wir doch nie so recht zueinander gepasst..." Sie seufzte leise. "Eigentlich...war es gut, dass du nichts gesagt hast. Vielleicht hätte ich doch gezögert und mir den Kopf zerbrochen, was werden soll, wenn ich ihn wiedersehe. Und als ich hier ankam, hatte Alexander mit Mary schon gesprochen. Alles hat sich einfach gefügt. Also mach dir deswegen keine Sorgen...es ist nur verständlich, dass du es nicht sagen wolltest."
Sie lächelte sanft. "Das freut mich...Ich habe die Kinder gern einmal wieder alle zusammen. Es trifft sich ja gut, wenn du ohnehin wenig Zeit hast. Dann können sie Dover Castle etwas unsicher machen. Aber du bleibst noch eine Weile, oder? Wie geht es Gabriel?"
Sie hatte ihren Stiefsohn so lange nicht gesehen.

Edward nickte versonnen. "Das ist wahr. Und vielleicht hat Gott uns all diesen Prüfungen unterzogen, damit wir am Ende nun hier ankommen. Es wäre zumindest ein tröstlicher Gedanke, so war letztlich nicht alles vergebens." erwiderte Edward eigentümlich offen. "Keine Angst, darüber zerbreche ich mir schon nicht den Kopf." fügte er dann grinsend hinzu. "Mir wird nur immer etwas unbehaglich, wenn man meinen noblen Großmut lobt ... dabei ist es damit im Grunde ja nicht so furchtbar weit her."
Edward sah kurz zu den schlafenden Kindern hinüber und nickte dann. "Ja, ein paar Tage wollte ich auf jeden Fall bleiben. Ich habe einige Dinge mit Charles zu besprechen und will die Zeit mit meinen Geschwistern nutzen. Und ich dachte, es wäre nur gut, wenn ich dir noch etwas zur Hand gehe bis die beiden Rabauken sich hier eingelebt haben und etwas ruhiger werden." Es war nicht wirklich gerecht sie jetzt einfach bei Helene abzuliefern und sie dann mit den aufgekratzten Kindern allein zu lassen. Naja, allein mit Alexander ...
Edward seufzte schwer. "Gut, denke ich. Jetzt zumindest wieder. Er hatte hart an dieser Geschichte mit Claire zu beißen, immerhin stehen die zwei sich sehr nahe, sie ist wie eine Schwester für ihn. Aber ich glaube, allmählich arrangiert er sich damit, er hat verstanden, weshalb ich so handle, wie ich es tue." Edward lächelte leicht. "Er ist mit her gekommen, weißt du? Er wird sich sicher freuen, wenn du ihm etwas Zeit widmest, auch wenn er kein kleiner Bengel mehr ist, hat er dich doch vermisst."

Helene nickte ebenfalls. "Das wäre in der Tat ein schöner Gedanke...und immerhin haben wir zwei wunndervolle Kinder bekommen. Die Zeit war also nicht umsonst. Ach, lass dich doch etwas loben...wie diese Sache zwischen uns lief, wissen doch ohnehin nur wir. Und ich finde, du hast durchaus Großmut bewiesen. Nicht jeder hätte mir das hier ermöglicht...und wir haben uns doch recht im Frieden getrennt. Du nimmst mir meine Kinder nicht weg...Du bist ein sehr anständiger Kerl, Edward. Wirklich..."
Helene grinste flüchtig. "Das ist aber großzügig von dir. Zusammen bekommen wir sie schon in den Griff." Ihre Augen wurden groß und leuchteten auf.
"Er ist hier? Oh, wie wundervoll! Ich werde gleich später zu ihm gehen! Natürlich, wenn sie wie eine Schwester für ihn ist, ist das ein harter Schlag für ihn. Aber er wird sich schon damit abfinden, weil du glücklich bist. Ich habe ihn auch so sehr vermisst..."
Gabriel war wie ein weiteres leibliches Kind für sie.

"Das ist wahr. Allein um der beiden Willen hat es sich schon gelohnt." stimmte Edward zu und nahm dann einen großen Schluck aus seinem Becher, damit Helene nicht sah, wie verlegen er über ihre Worte war. Er war all die Schmeichelein und schönen Worte am Hof gewohnt, all das Getue um 'wahres Rittertum' und solchen Unfug, aber ein so aufrichtiges, von Herzen kommendes Lob war etwas, dass Edward noch immer in Verlegenheit brachte.
Ihr Grinsen war da schon leichter zu erwidert und Edward nickte. "Nicht wahr? Und ich habe Hoffnung, dass uns das gelingt bevor einer von ihnen von den Kreidefelsen hier stürzt." bemerkte er spöttisch. Dann schmunzelte er über Helenes so offene Freude. "Ja, er ist hier. Ich glaube, er macht sich etwas Sorgen vor eurer ersten Begegnung, nach allem was zwischen dir und mir vorgefallen ist. Aber er wird sich freuen, wenn du schon nachher zu ihm gehst. Letztlich ist er ja nur deinetwegen mitgekommen."

Helene nickte. "Ja...und sie werden wundervolle Menschen werden. Daran werde ich alles setzen. Sie sollen anständige Männer werden." Sie konnte ihm trotzdem ansehen, wie verlegen er war über ihr Kompliment, aber es kam wirklich von Herzen.
"Diese Hoffnung teile ich durchaus. Das sollte uns gelingen. Zumal es hier viele wachsame Augen gibt, die etwas aufpassen werden. Gabriel ja auch...Aber er braucht sich wirklich keine Gedanken zu machen. Ich weiß, dass diese Sache nicht optimal war, aber sie hatte ja nichts mit ihm zu tun. Ich gehe zu ihm, ich will ihm die Befangenheit nehmen. Nur wegen mir? Oh, das ist so süß von ihm. Ich freue mich so sehr ihn wiederzuhaben."
Sie würde dem Jungen nie vergessen, dass er ihr den Einstand in Oxford so sehr erleichtert hatte. "Den Jungen verheiratest du aber noch nicht, oder?"

"Und das werden sie, da bin ich mir sicher. Sie sind jetzt schon so gut geraten, ich bin wirklich stolz auf sie. Und das ist maßgeblich dir zu verdanken, dass sie so sind." räumte Edward offen ein. Er war ja schließlich Jahre lang weg gewesen und Helene hatte die Kinder erzogen.
Edward zuckte leicht mit den Schultern. "Naja, er hat dich auch lange nicht gesehen und du bist für ihn nun einmal wie eine Mutter, er hängt sehr an dir. Jetzt nach dieser chaotischen Sache womöglich sogar noch mehr als vorher." Edward fuhr sich über den Nacken und zog die Augenbrauen in die Höhe. "Gabriel? Wo denkst du hin? Ich bin doch nicht närrisch. Der Junge ist ja noch grün hinter den Ohren. Ganz davon abgesehen, dass er von Heirat und Ehe derzeit so gar nichts hören will ..." erwiderte Edward und seufzte leise. "Aber vor allem bin ich noch keineswegs bereit dem Großvaterdasein ins Auge zu sehen." Besonders jetzt nicht, wo er selbst noch einmal heiratete und das auch noch eine so junge, hübsche Braut.

"Danke, das ist wirklich gut von dir. Ich habe mich bemüht sie in deinem Sinne zu erziehen." Helene lächelte. "Es ist so...unkompliziert zwischen uns auf einmal, Edward. Das ist...ungewohnt, aber gut." Sie nickte. "So geht es mir auch, er ist wie ein dritter Sohn für mich. Ich hänge auch so sehr an ihm, ich will, dass es ihm gut geht."
Helene hob die Schultern. "Ich weiß ja nicht, ob du nicht schon etwas für ihn arrangiert hast. Aber er ist in der Tat sehr jung. Vielleicht gut, dass er noch nichts davon wissen möchte. Aber ja...für einen Großvater bist du ein bisschen jung, gerade wo du selbst noch einmal heiratest. Ich wünsche euch wirklich Glück, Edward."