William und Joanna - ab 1183

Alan schaute sich noch einmal um und lächelte James dann an. "Oh, aber sicher. Für eine solch schöne Kapelle immer."
Er hatte hier immer genug zu tun und auch er fand, dass auch dieser kleine Raum, den der Bischof nutzte, durchaus eine Verschönerung gebrauchen konnte. Sie waren zufrieden hier in Winchester und er hoffte beinahe, sie würden immer hier bleiben.
"Das werde ich, das weißt du doch. Es wird besonders schön werden, damit du dich wohl fühlst und immer an mich denkst, wenn du den Raum betrittst."
Er gab James einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. "Und hast du spezielle Wünsche, hm? Oder möchtest du dich überraschen lassen."

Gabriel

James lachte leise auf. "Dabei soll ich meine Gedanken hier drinnen doch Gott widmen. Wie soll ich das tun, wenn ich ständig an dich denken muss?" neckte er und erwiderte dann den flüchtigen Kuss. "Hm, keine speziellen Wünsche. Hauptsache es wird ein frommes Bild, um Gott und seine Schöpfung zu preisen." entgegnete James und strich Alan sanft über den Rücken.
"Steck deine Nase also ruhig ein wenig in die Bibel und such dir eine passende Stelle aus, die du hier verewigen möchtest. Ich bin sicher, dass ich mit deiner Wahl zufrieden sein werde." zeigte James sich zuversichtlich.
Gabriel war auf der Suche nach seinem Onkel und da er ihn in seinen Gemächern nicht gefunden hatte, versuchte er es nun mit der kleinen Privatkapelle, die von seinem Onkel immer dann genutzt wurde, wenn er in Ruhe seinen Gebeten nachgehen wollte. Eigentlich wollte Gabriel ihn dabei auch nicht stören, deshalb entschied er sich dafür, nur einen kurzen Blick in die Kapelle zu werfen. Entweder war sein Onkel dort, dann würde Gabriel einfach hier draußen irgendwo warten oder er fand die Kapelle verlassen, dann würde er seine Suche anderweitig fortsetzen.

"Das tust du doch sowieso schon, oder nicht? An mich ständig denken...Mir zumindest geht es so." Alan nickte und grinste. "Ich werde doch noch zur Betschwester, wenn ich mit dieser Kapelle fertig bin. Dann kenne ich die Bibel auswendig, weil ich all die Szenen schon gemalt habe. Aber mir wird sicherlich etwas Passendes für dein Refugium einfallen, keine Sorge." Hier musste es ja auch nicht ganz so tauglich für die Öffentlichkeit sein. "Es wird ihn preisen, da brauchst du keine Angst zu haben. Ich vergesse schon nicht, dass es eine Kapelle ist."
Alan schaute sich noch einmal um, legte die Hand an James' Wange und küsste ihn erneut, diesmal etwas länger. "Ich werde gehen und schon einmal ein paar Skizzen anfertigen. Wir sehen uns heute Abend, nicht wahr? Ich liebe dich...", sagte er fröhlich und wandte sich dann ab, um durch die kleine Seitentür die Kapelle zu verlassen, die einen recht verborgenen Gang zu seinen Gemächern enthielt. Etwas, das sie Beide freudig entdeckt hatten, als sie die Räume erkundet hatten.

Gabriel

James seufzte. "Und du kannst dir vorstellen wie schwer mir manchmal die Arbeit fällt, wenn du immer durch meine Gedanken schweifst." Erwiderte er augenzwinkernd. James lachte erneut auf. "Es kann dir nicht schaden die Bibel gut zu kennen. Sieh es einfach als Bußleistung für unser lasterhaftes Leben." Scherzte er. "Oh ich habe keine Angst. Im Gegenteil, ich weiß dass du auch hier ein wundervolles Werk vollbringen wirst." James lächelte und genoss den Kuss, den sie beide zum Abschied teilten. "Ich kann es kaum erwarten zu sehen was du dir bis dahin ausgedacht hast." Denn natürlich würden sie sich heute Abend sehen, das taten sie nur in den seltensten Ausnahmen nicht. "Ich dich auch." gab James seinem Liebsten noch mit auf den Weg, denn riss ihn ein verblüffter Laut aus der anderen Richtung aus seinen Gedanken.
Gabriel hatte die kleine Kapelle erreicht und hatte sich bemüht möglichst lautlos die Tür zu öffnen, um seinen Onkel nicht im Gebet zu stören. Doch diese Sorge stellte sich als völlig unbegründet heraus. Sein Onkel war zwar in der Kapelle aber alles andere als in ein Gebet versunken.
Als Gabriel hinein spähte, sah er wie die beiden Männer sich gerade aus einem Kuss lösten und er erkannte Alan, den begabten Maler, der hier am Hof seines Onkels lebte und die wundersamsten Malereien in der großen Kirche, aber auch in den Wohnräumen hier geschaffen hatte.
"Großer Gott ..." wisperte Gabriel als Alan sich mit einer ganz unmissverständlichen Bemerkung verabschiedete.

James war ausgesprochen beunruhigt über den Laut, der ihm den Beobachter verraten hatte. Je nachdem, wer es war, konnte das doch erhebliche Schwierigkeiten mit sich bringen. Er wandte sich um und schritt zur Tür, ehe der Besucher verschwinden konnte. Er musste wissen, wer es war. Warum war er so unvorsichtig gewesen? Andererseits kam kaum jemand ohne Aufforderung hierher.
Daher war James auch nicht so wirklich überrascht, als er sich Gabriel gegenüber sah. Er seufzte tief und machte eine auffordernde Geste in Richtung Kapelle.
"Komm, dort drinnen können wir ungestörter reden. Wir sollten uns unterhalten." Sicher hatte Gabriel einige Fragen.
Aber Gabriel konnte schweigen, das zeigte schon sein kleines Geheimnis, das er vor seinem Vater hatte geheim halten können.

Gabriel

Gabriel war hin und her gerissen zwischen bleiben und verschwinden und noch ehe er sich zu etwas hatte entschließen können, tauchte sein Onkel vor ihm auf und nahm ihm damit die Entscheidung ab.
Zweifelnd sah Gabriel ihn an, unschlüssig was er von dem, was er da gerade gesehen hatte halten sollte. "Ich ..." Gabriel setzte an, brach aber ab, weil er nicht wusste, was er sagen sollte. Mühsam schluckte er und nickte dann nur kläglich, um seinem Onkel in die Kapelle zu folgen.
Sein Magen fühlte sich flau an und er fragte sich in was er da nur schon wieder hinein geraten war. Wieso musste immer er in solch unpassende Situationen herein platzen? Dabei war er nicht einmal übermäßig unhöflich und stürmte ohne jede Ankündigung andauernd in irgendwelche Zimmer. Aber wenn er es doch einmal unüberlegt tat, schien das jedes Mal gleich auf solche Weise zu enden.
Als die Tür der Kapelle sich hinter ihnen geschlossen hatte, sah Gabriel seinen Onkel wieder unsicher an, unfähig als erster das Wort zu ergreifen.

James konnte sehen, wie verunsichert Gabriel war, daher blieb er einfach ruhig und brachte ihn in die Kapelle, setzte sich dann mit ihm gemeinsam auf eine Bank.
"Ich denke, das beantwortet dir einige Fragen, nicht wahr? Macht manche Dinge klarer.... Ich bin nicht allzu stolz darauf, dass wir diese Sünde leben, aber weißt du, ich bereue es auch nicht. Einfach, weil wir füreinander geschaffen sind."
Er hob die Schultern. "Ich weiß, es ist ein Schock für dich. Trotzdem bitte ich dich um deine Verschwiegenheit."
Es war essentiell, dass Gabriel den Mund hielt. Aber eigentlich schätzte er den Jungen so ein, dass er es schaffen würde ihn zu überzeugen.

Gabriel

"Hm, ich ... weiß nicht. Ich glaube, ich ..." Gabriel stockte ein wenig hilflos. Manche Dinge beantwortete es, aber gleichzeitig hatte er so viele neue Fragen. "Ich verstehe nicht wirklich." räumte er dann ein. Er konnte einfach nicht recht begreifen, was er da gerade beobachtet hatte.
Er musste an das denken, was er bei seinem Gespräch mit Edmund gedacht hatte, dass er sich seinen Onkel kaum mit einer Frau vorstellen konnte und plötzlich drohte ein nervöses Kichern aus ihm hervor zu brechen. Er hatte ja schließlich Recht, es war auch keine Frau, die sein Onkel vorzog ...
Zweifelnd sah er seinen Onkel an, nickte dann aber. Was hätte er schon davon, das hier irgendjemandem zu erzählen. "Es ... es ist gefährlich, nicht wahr?" Diese Liebschaft konnte seinen Onkel so ziemlich alles kosten, wenn es heraus kam.

"Tja, da gibt es eigentlich nicht allzu viel zu verstehen. Alan und ich haben...eine Liebschaft, wenn man es so nennen will. Aber es ist viel mehr als das, es ist einfach wahre Liebe. Dagegen waren wir Beide machtlos. Wir haben uns als Jungen kennengelernt und mit der Zeit, mit den ganzen Jahren, wurde es eben mehr. Und seit vielen Jahren begleitet Alan mich, wohin mein Weg mich auch führt. Winchester ist unser Zuhause geworden, hier können wir es uns leisten, ein kleines bisschen unvorsichtiger zu sein, wenn nicht gerade jemand hier herein schaut. Ich gebe zu, ich war leichtsinnig. Aber diese ganze Sache ist etwas, das ich mit Gott selbst ausmachen werde."
James seufzte tief. "Oh ja, es kann sogar sehr gefährlich sein. Es kann mich alles kosten, was ich mir erarbeitet habe und noch viel mehr, aber trotzdem kann ich es nicht aufgeben. Wir sind uns zu verbunden und ich könnte mir das Leben ohne ihn gar nicht vorstellen. Leider gibt es zu viele Menschen, die engstirnig nur das als richtig empfinden, was man ihnen irgendwann eingetrichtert hat. Dabei will Gott einfach nur Liebe schaffen. Es ist, so glaube ich, völlig egal, wie sie sich offenbart."

Gabriel

"Aber ..." begann Gabriel, wusste den Satz jedoch nicht weiter fortzuführen. Er schluckte, versuchte sich zu sortieren und nahm einen erneuten Anlauf. "Aber es heißt doch immer, das Liebe zwischen Männern nicht möglich ist, dass es Sünde sei. Und Ihr seid doch ..." Gabriel verstummte und senkte den Blick. Sein Onkel war ihm immer so ohne Fehler erschienen. Als er ihm dann eingestanden hatte, dass auch er Erfahrungen in Liebesdingen gemacht hatte, so hatte Gabriel vermutet, dass es sich vielleicht um eine Liebschaft in seiner Jugend gehandelt hatte oder so etwas, doch nie war ihm in den Sinn gekommen, dass es etwas aktuelles sein könnte.
Gabriel fuhr sich unbehaglich über das Kinn. "Ich weiß nicht so recht, was ich denken soll." gestand er leise ein. "Ich meine, es ist so vieles so ... merkwürdig. Alle sagen das eine und tun das andere. Gibt es denn noch irgendeine Regel, die überhaupt etwas wert ist? Die nicht nur eine hohle Phrase ist?" fragte er nachdenklich. "Und wieso verachten die Menschen die Liebe zwischen Männern, wenn es ist, wie Ihr sagt, wenn es Gott egal ist in welcher Form die Liebe zwischen den Menschen besteht?"

James nickte. "Ja, ich weiß. Wer wüsste es besser als ich...Glaub mir, es war auch nicht ganz einfach das zu akzeptieren. Für mich selbst. Aber...es ist passiert und ich komme nicht dagegen an, ich liebe ihn. Bischof oder nicht....Ich bin ein Mensch und als solcher bin auch ich nicht ohne Fehler. Ob es ein Fehler ist, ich weiß nicht. Das kommt wohl auf die Sicht der Dinge an."
Er seufzte tief.
"Ich weiß, es ist schwer für dich zu verstehen. Es gibt genug Regeln, die Bestand haben. Ich halte mich sonst auch wirklich recht streng an die gegebenen Regeln, nur in diesem Punkt kann ich es nicht. Die Menschen verachten oft, was sie nicht verstehen, ist es nicht so? Und das hier ist so ungewöhnlich, dass sie es nicht verstehen. Und es ist eine Frage dessen, was man glaubt. Ich glaube an einen barmherzigen Gott, der mir diese Gefühle geschickt hat. Der mich nicht straft für etwas, das ich nicht ändern kann. Ich werde meine Rechnung begleichen, wenn ich eines Tages vor meinem Schöpfer stehe. Denkst du, du kannst es so besser verstehen?"

Gabriel

Gabriel hörte aufmerksam zu und versuchte den Gedankengängen seines Onkels zu folgen. Es klang durchaus plausibel, was dieser sagte und vermutlich verstand er auch wesentlich mehr von diesen Dingen als Gabriel selbst.
Schließlich nickte er langsam. "Oft verachten sie es auch, weil sie aus ihrem Unverständnis heraus Angst haben, nicht wahr?" überlegte er dann. In Truro hatte er manchmal mit Azeem gesprochen und dessen Geschichten aus dem Morgenland hatten Gabriel immer fasziniert, aber es hatte ihn auch erschreckt wie viel Ablehnung Azeem vor allem durch Christen erfahren hatten und das nur, weil sie ihn und seinen einstigen Glauben nicht verstanden.
Gabriel atmete tief durch und nickte dann. "Ja, ich denke schon. Zumindest weiß ich, dass es eine Sache zwischen Euch und Gott ist und so sehr ich mich auch immer gesträubt habe, erfahre ich doch gerade am eigenen Leib, was die Liebe mit einem anstellen kann." schloss er dann. "Weiß irgendjemand davon? Ich meine -" Er brach ab, denn ihm kam in den Sinn, was sein Vater wohl zu diesen Dingen sagen würde und das war etwas, das Gabriel lieber doch nicht aussprechen wollte. Er wusste ja selbst nur zu gut, wie unsensibel sein Vater in solchen Themen war.

"So ist es. Das Unbekannte ist für viele Menschen furchteinflößend, geht es uns nicht auch so? Ich ertappe mich auch dabei, dass ich Dinge unheimlich finde, die ich nicht verstehen kann."
James lächelte leicht. "Es freut mich, dass ich es dir begreiflich machen konnte. Du hast vollkommen recht, die Liebe verändert einen vollkommen. Und weißt du, Alan ist ein Kind des Geistes wie ich, nur auf andere Weise. Wir ergänzen uns perfekt. Ich könnte ihn niemals von mir weg schicken."
Er neigte den Kopf, nickte dann. "Ja, aber nicht viele Menschen. Meine Eltern wissen es, John, Cathie, Beatrice. Und ich denke, auch mein Bruder Robert. Um dem zuvor zu kommen, auch dein Vater weiß es. Als er zu mir kam wegen seiner Scheidung, hatten wir ziemlichen Streit und er hat mich so zur Weißglut getrieben, dass ich mich habe hinreißen lassen ihn einzuweihen. Er hat mir vorgeworfen, ich könne ihn ja niemals verstehen, denn ich hätte ja keine Ahnung von der Liebe... Ich denke allerdings, in Punkto Treue kann er mir nicht das Wasser reichen. Jedenfalls hat er es wirklich gut aufgenommen, beinahe gelassen."

Gabriel

"Hm, ja, ich schätze schon." Vermutlich war man davor auch nicht wirklich gefeit, das einzige, was man tun konnte, war zu versuchen fremde Dinge zu verstehen und nicht vorschnell zu urteilen.
Gabriel erwiderte das Lächeln seines Onkels. "Ich vermute, ich kann noch wesentlich mehr von Euch lernen als nur Italienisch." stellte er dann fest. In Fragen der Moral war sein Onkel seinem Vater schließlich trotz allem weit überlegen und eine solche Diskussion, die schon philosophische Züge annahm, hätte er nie mit seinem Vater führen können.
Gabriels Augen weiteten sich verblüfft. "Mein Vater weiß davon?" fragte er ungläubig. "Ich ... er ..." Gabriel schüttelte den Kopf und sortierte seine Gedanken, ehe er es noch einmal versuchte. "Ich hätte nie erwartet, dass er mich trotzdem herkommen lässt. Und es fällt mir wirklich schwer mir vorzustellen, dass er darauf gelassen reagiert hat. Ich hätte eher vermutet, dass er wieder irgendwelche taktlosen Dinge von sich gibt. Aber vermutlich war er noch zu sehr auf Eure Hilfe angewiesen und wollte es sich deshalb nicht mit Euch verscherzen." mutmaßte Gabriel.

James nickte und grinste. "Vielleicht kannst du das. ich bin jedenfalls recht vielseitig begabt, mag man es mir auch nicht direkt zutrauen." Und er schätzte es durchaus, mit Gabriel so sprechen zu können. Der Junge war sehr reif für sein Alter.
"Ja, er weiß es. Und du vergisst, er ist mein Bruder. Er will mir nichts Böses und moralische Vorhaltungen kann er sich nun wirklich  nur bedingt leisten, bei dem, was er von mir haben wollte. Du magst recht haben, das mag zu seiner Reaktion beigetragen haben. Letztlich war er hauptsächlich fasziniert davon, dass ich doch nicht ganz aus der Art geschlagen bin, ich er immer dachte und froh, dass ich glücklich bin."
Er hob die Schultern.
"Es hat unser Verhältnis jedenfalls nicht beeinträchtigt."

Gabriel

Gabriel zuckte mit den Schultern. "Mitnichten, aber er ist auch mein Vater und das hält ihn auch nicht davon ab sich manchmal genauso gefühlvoll wie ein Holzklotz zu benehmen. Im Vergleich zu Euch konnte ich ihm aber natürlich nicht bei seinem Scheidungsansinnen helfen." bemerkte Gabriel ein klein wenig spöttisch, dann lachte er trocken auf. "Ah, das passt. Er ist froh darüber, dass nicht nur er sich der Sünde hingibt ... kein Wunder."
Gabriel seufzte leise. "Ich glaub's. Abgesehen davon verehrt er Euch jetzt ja beinahe seit er dank Eurer Hilfe neu heiraten konnte. Das hat ihm wirklich viel bedeutet. Einer seiner schönen Charakterseiten ... er vergisst nie, wer ihm einmal beigestanden hat." bemerkte Gabriel und dachte bei sich, dass er sich öfter daran halten sollte, an die starken Seiten seines Vaters. Früher hatte er ihn einfach nur vergöttert, doch je älter er geworden war, desto mehr brachte sein Vater ihn durcheinander.

James nickte langsam. "Das ist er, da hast du recht. Rücksicht auf Andere war noch nie seine Stärke, aber er hatte es auch nicht immer leicht und er liebt dich von ganzem Herzen, vergiss das nicht, mein Junge." Er lächelte und legte ihm kurz die Hand auf den Rücken.
"Gräme dich nicht. Er ist wie er ist, er wird sich nie ändern. Ich halte mich auch an die schönen Seiten seines Wesens und daran, dass er mein Bruder ist. Er ist ein guter  Kerl, er liebt dich. Also sei nicht ganz zu streng mit ihm, ja?"
James machte eine Geste Richtung Wand. "Und, hast du Vorstellungen, was Alan hier malen könnte? Ich versuche immer es mir vorzustellen, aber schon wenn ich es auf einer seiner Skizzen sehe, weiß ich, dass ich vollkommen daneben lag und es noch wunderbarer wird."

Gabriel

Gabriel lächelte schief. "Das werde ich nicht. Ich weiß, dass ich mich im Zweifelsfall immer auf ihn verlassen kann und dafür bin ich ihm wirklich dankbar." Nur manchmal wünschte er sich etwas mehr Verständnis von seinem Vater, etwas mehr Feingefühl. "Ich gebe mir Mühe, versprochen." versicherte Gabriel und sah dann auf die Wand vor ihnen.
Ein unangemessenes Grinsen huschte über seine Lippen. "Nun, der Sündenfall wäre angemessen, denkt Ihr nicht? Das einzig schwierige dabei wäre zu entscheiden, wer von Euch Adam und wer Eva ist, Euer Hochwürden." bemerkte Gabriel und senkte rasch den Blick, um seinem Onkel nicht in die Augen sehen zu müssen, doch das Grinsen blieb auf seinen Lippen. Nie hätte er gedacht einmal in solch eine Situation zu kommen und gar so eigentümlich vertraut mit seinem Onkel zu sein. Dieser war ihm immer so unerreichbar erschienen in seiner Verbundenheit zu Gott.

"Ich verstehe dein Problem mit ihm wirklich. Aber er ist sich oft gar nicht bewusst, was für Auswirkungen sein tun hat. Du bist dahingehend ein wenig vorausschauender und das wird dir in deinem Leben noch viel nutzen."
James musste lachen. "Da hast du nicht Unrecht. Der Gedanke würde Alan wahrscheinlich gefallen. Es würde mich nicht einmal wundern, wenn er auf ähnliche Gedanken käme. Die Entscheidung allerdings könnte schwierig werden."
Er musste wirklich eingestehen, dass er mit Gabriel ein immer besseres Verhältnis aufbaute und das gefiel ihm. "Sag mir, Gabriel, wie geht Edmunds Training voran? Macht er Fortschritte?" Edmund war ihm wirklich ausgesprochen wichtig, beinahe wie ein Sohn, den er nie haben würde.

Gabriel

Gabriel lächelte. "Danke. Es klingt gut, wenn meine Verzagtheit einmal vorausschauend genannt wird." bemerkte er amüsiert und stellte nicht ganz ohne Überraschung fest, dass sein Onkel seine flegelhafte Bemerkung mit Belustigung hinnahm. "Dann bin ich umso gespannter darauf für was Alan sich entscheiden wird." Aber Gabriel war sich sicher, dass es so oder so ein großartiges Werk werden würde. Er hatte zwar nicht viel Ahnung von Kunst, aber er erkannte durchaus, dass die Malereien, die Alan hier in Winchester vorgenommen hatte mit großem Abstand die besten waren.
Als James ihn dann nach Edmund fragte, lächelte Gabriel wieder und nickte. "Oh, durchaus. Der Anfang fiel ihm schwer, aber das ist nur natürlich, er hat erst spät mit diesem Training angefangen, da braucht es etwas länger bis man sich daran gewöhnt hat, aber je weiter unser Training voran kommt, desto besser wird er. Ich würde sagen ... er macht ungefähr solche Fortschritte wie ich mit meinem Italienisch." schloss er.

James lachte auf. "Das kann ich mir vorstellen. Aber ganz ehrlich, diese Verzagtheit ist mir viel lieber als Draufgänger, die erst handeln und dann denken. Dein Vater ist auch oft so und das lässt mich oft den Kopf schütteln."
Er nickte. "Wir werden sehen, enttäuscht werden wir jedenfalls nicht sein. Er hat mich noch nie enttäuscht, die Erwartungen immer übertroffen." Aber er war ausgesprochen zufrieden, von Edmunds Fortschritten zu hören. Das war ja auch genau das, was er gewollt hatte. Und wenn die Beiden sich anfreundeten, umso besser.
"Das ist gut. Wenn er Fortschritte macht wie du, dann wird er bald ein guter Schwertkämpfer sein, schätze ich. Wer weiß schon, wann er es einmal brauchen wird."

Gabriel

Gabriel grinste. "Das geht mir genauso. Ich schüttle auch häufig den Kopf über ihn. In dieser Sache sind wir uns sehr unähnlich, mein Vater und ich." Und manchmal fragte Gabriel sich wie viel sie überhaupt gemeinsam hatten.
Dann nickte er langsam. "Hoffen wir nie, denn er ist wirklich kein Freund davon. Aber sollte er einmal in eine Notlage kommen, die den Schwertkampf erforderlich macht, wird Edmund sich gut machen, da bin ich sicher." erwiderte Gabriel und lächelte. "Aber er hat ohne Zweifel schon die richtige Laufbahn gewählt. Als Ritter wäre er furchtbar unglücklich geworden."

Eleonore hatte vom Fenster aus schon gesehen, dass Gui äußerst aufgebracht den Übungsplatz verlassen hatte. Der Junge hatte es nicht ganz leicht, seit seine Eltern abgereist waren und sie wollte ihm das Gefühl geben, dass sie für ihn da war, wenn er es brauchte.
Gui hatte frustriert ausgesehen und sie dachte sich, wo er sich verstecken würde. Inzwischen kannte der Junge genug Plätze hier in der Burg. Kurzentschlossen machte sie sich auf den Weg um ihn zu suchen. Sie hatte Emma versprochen, dass sie ein wenig auf Gui acht geben würde und würde sie ernst nehmen. Außerdem wollte sie keinen Unfrieden hier. Wenn die Knappen Streit anfingen, würde sie das wohl Philippe sagen müssen. Sein Waffenmeister sollte für Ruhe sorgen.
Aufmerksam wandte sie sich Richtung Garten und sah sich um.

Gui

Gui schniefte leise und fuhr sich verstohlen mit dem Ärmel über die Nase, dann schlang er die Arme um seine angewinkelten Knie, bettete seine Stirn darauf und schloss die Augen, wild entschlossen die Tränen nicht heraus kommen zu lassen.
Eigentlich hatte das Training gut begonnen, aber als er Pierre zum zweiten Mal innerhalb von kurzer Zeit entwaffnet hatte, war alles irgendwie schief gegangen. Gui hatte durchaus schon begriffen, dass er sich wohl oder übel damit arrangieren musste, dass man über ihn und seine Mutter herzog, aber es war nicht so einfach wie gesagt. Vor allem, wenn jemand seine Mutter schlecht machte, so wie Pierre es getan hatte.
So etwas machte ihn einfach unfassbar wütend und Gui hatte immer das Bedürfnis sie verteidigen zu müssen, notfalls auch mit Fäusten.
Aber das hatte der Waffenmeister natürlich gar nicht gern gesehen also hatte er zu allem Überfluss auch noch Ärger bekommen und nun wollte er nichts weiter tun als hier hinter den Rosen zu sitzen, die seine Mutter so gern gehabt hatte, und sich ein wenig seinem Kummer hingeben.

Eleonore hatte mit ihrem Gespür recht behalten, denn es dauerte nicht allzu lange, bis sie Gui aufspürte. Er saß hinter den Rosen und hatte offensichtlich großen Kummer. Vorsichtig hockte sie sich vor ihn und strich ihm durch den roten Schopf. Wie ähnlich er ihrem geliebten Bruder doch sah...
"Gui....was ist los, mein Junge? Was macht dich so traurig?"
Sie ahnte schon, dass er wieder etwas Spott geerntet hatte wegen seiner Mutter. Es war natürlich nicht verborgen geblieben, dass der eheliche Segen so lange gefehlt hatte und dass Gui als Bastard geboren war. Niemand wusste schließlich von der Hochzeit der Beiden.
"Erzähl es mir, das hilft velleicht schon ein bisschen."
Eleonore musterte ihn aufmerksam. Wie schnell sie doch groß wurden, es war unglaublich. Das bewunderte sie auch an Louis.