William und Joanna ~ 1175

Philippe

Philippe wollte etwas erwidern als Marguerite ihn anschrie und er entschied, dass es besser war für den Moment zu schweigen. Er wusste wie sie sich fühlte, nur zu gut, aber das durfte er jetzt nicht zeigen. Er musste für sie da sein, auch wenn es schwer war.
"Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, wieso Gott so etwas tut, Marguerite." murmelte er leise. "Aber ich weiß, dass du weiter machen musst. Du kannst jetzt nicht einfach so aufgeben." fuhr Philippe heiser fort. "Und ich werde dir immer zur Seite stehen. So auch jetzt. Ich werde dir helfen." Auch wenn er beim besten Willen nicht wusste, wie er das anstellen sollte.

Marguerite

Marguerite kniete am Boden wie ein Häufchen Elend. "Warum muss ich das? Zu welchem Sinn und Zweck? Mein Kind ist tot! Und dazu hat Henry jetzt noch den Beweis, dass ich ihm keinen gesunden Erben gebären kann. Was glaubst du, wie lange ich jetzt noch seine Gunst genieße....Wie willst du mir helfen? Was willst du schon tun? Das bringt mir meinen Sohn auch nicht mehr zurück."
Marguerite schloss fest die Augen.
"Ich will keine Königin sein. Ich will einfach nur....sterben. Zu meinem Sohn...."

Philippe

Philippe starrte Marguerite an und in diesem Moment konnte er nicht länger für sie stark sein. Dafür schmerzte ihn der Verlust ebenfalls viel zu sehr. "Vielleicht ja meinetwegen." erwiderte er leise. "Ich bin immerhin noch am Leben." Dann erhob er sich und trat einen Schritt zurück.
"Unser Sohn." korrigierte Philippe sie. "Unser Sohn ist tot. Du bist nicht die einzige, die heute einen Teil seiner Selbst verloren hat."
Dann wandte er sich zur Tür. Die Hebamme hatte versprochen nebenan zu warten, ihr würde er den Jungen geben können, damit sie sich um alles weitere kümmerte. Und dann ... dann würde er vermutlich derjenige sein müssen, der Henry die Nachricht überbrachte. Welch Ironie des Schicksals ...

Marguerite

"Ja, du bist am Leben. Ich glaube, ich würde freiwillig in den Tod gehen, würde ich dich auch verlieren." Ein wenig kochte die Wut in ihr hoch, als er so reagierte, tiefste Verzweiflung.
"Gestern....gestern hast du noch selbst betont, dass es Henrys Sohn sei. Natürlich hast du auch einen Sohn verloren, aber du...du hast ihn nicht so lange Zeit mit dir herumgetragen. Jede Bewegung gespürt, jede Entwicklung. Es tut so weh. Warum durfte er nur drei Tage alt werden?"
Marguerite senkte den Kopf, als er verschwand um William fortzubringen. Sie würde es nicht ertragen, wenn sie Philippe auch verlor. Aber im Moment war sie einfach zu schwach sich au nur zu bewegen. Sie konnte nicht mehr mit ihm streiten, sich nicht versöhnen..."

Philippe

Philippe hielt inne und bedachte Marguerite mit einem langen Blick. "Gestern." wiederholte er. "Gestern war er auch noch Henrys Sohn. Erbe von England und der Normandie. Heute ..." Philippe schüttelte leicht den Kopf. "Heute ist er einfach nur noch mein Sohn, der in meinen Armen gestorben ist." fuhr er mit brüchiger Stimme fort und ging nach nebenan.
Philippe war sich nicht sicher, wie er es schaffte den toten Jungen an die Hebamme zu übergeben, aber irgendwie musste es ihm gelungen sein, denn nur wenig später kehrte er zu Marguerite zurück. Sie kniete noch immer dort am Boden wo er sie gerade zurück gelassen hatte und Philippe trat zu ihr, um ihr aufzuhelfen und sie zum Bett zu bringen, wo sie sich setzen konnte.
"Ich ... ich muss es Henry sagen." erklärte er mit belegter Stimme.

Marguerite

Marguerite blieb einfach am Boden kniend zurück und rührte sich nicht, bis Philippe zurückkehrte. Wie in Trance ließ sie sich von ihm helfen und saß wie ein Häufchen Elend auf dem Bett. Sie konnte einfach nicht begreifen, dass ihr kleiner Sohn tot war.
Das alles war für sie wie ein Albtraum. Doch er würde nie enden....
"Ja...ja, das...solltest du wohl.", murmelte sie geistesabwesend. Aber es war alles egal...Henry...Henry war unwichtig.

Philippe

Eigentlich hätte Philippe gehen müssen, doch stattdessen, ließ er sich kurz neben Marguerite nieder und legte die Hände an ihre Wangen, zwang sie ihn anzusehen. "Marguerite" murmelte er leise. "Es tut mir Leid, dass ich mein Wort nicht halten konnte."
Aber nichts auf dieser Welt hätte den kleinen Jungen noch retten können, auch er nicht. Und doch würde er am liebsten sein eigenes Leben geben, nur um den kleinen William wieder zurück holen zu können. Mit Freuden würde er mit seinem Sohn tauschen, wenn dieser nur leben durfte, aber das war unmöglich. Und so mussten sie alle mit diesem Verlust leben lernen. Und er durfte seine Trauer nicht einmal offen zeigen, immerhin war es offiziell gar nicht sein Kind ...

Marguerite

Marguerite schüttelte leicht den Kopf, als Philippe sie ansah. "Das ist nicht deine Schuld. Es...es ist eben passiert. Aber ich vermisse ihn so...Jetzt schon."
Sie seufzte schwer und ihre Stimme war brüchig, als sie weitersprach. "Ich verstehe einfach nicht, warum gerade mein Sohn sterben muss. Andere Frauen haben zehn Kinder und schenken ihnen keine Liebe. Und ich sehne mich danach Mutter zu sein und ich darf es nicht sein. Das ist einfach ungerecht."
Marguerite legte die Hände auf die Oberschenkel und sah Philippe an.
"Ist das die Strafe dafür, dass ich Henry hintergehe?"

Philippe

"Ich vermisse ihn ebenfalls." murmelte Philippe leise. Seit der Kleine seinen letzten Atemzug getan hatte, fragte Philippe sich kontinuierlich wo die Gerechtigkeit hinter all dem war. Wieso das geschehen war und warum ihnen ihr Glück verwehrt blieb. Er wollte gerade antworten als Marguerite ihn ansah und ihre nächsten Worte ihn zusammen zucken ließen, als hätte sie ihm direkt ins Gesicht geschlagen.
Philippe ließ die Hände sinken und wandte den Blick ab. "Ich weiß es nicht." erwiderte er heiser und stand dann auf, den Blick weiterhin gesenkt. "Ich sollte jetzt besser gehen." bemerkte Philippe und sah zur Tür. Dieser Weg würde unglaublich schwer werden und war Philippe bisher ein guter Schauspieler gewesen, so musste er jetzt wirklich alles daran legen Henry nichts merken zu lassen.

Marguerite

"Wir werden ihn noch sehr lange vermissen." Und sie glaubte nicht daran, dass sie jemals ein lebendes Kind haben würde. Der Verlust schmerzte so sehr. So ein unschuldiges Wesen hatte den Tod nicht verdient.
Marguerite nickte.
"Ja, du....du musst es ihm sagen. Ich kann es jetzt nicht. Ich schaffe das alles nicht." Sie hatte bemerkt, wie ihre Worte ihn getroffen hatten, dabei lag es durchaus nahe. Warum sonst sollte Gott sie sonst bestrafen, wenn nicht, weil sie ihren Mann betrog?

Philippe

Philippe sah Marguerite kurz an und nickte, ehe er dann zur Tür ging. Ja, vielleicht war das ihre Strafe dafür. Vielleicht war es allein seine Schuld, dass sie nun dieses Leid durchstehen musste. Und vielleicht bedeutete das letztlich, dass er ihr auf die bisherige Art und Weise nicht mehr nahe sein durfte.
Philippe verließ das Gemach und machte sich auf den Weg, um Henry zu suchen. Der junge König würde zweifellos ganz und gar nicht glücklich über diese Nachricht sein, hatte er sich doch tatsächlich aufrichtig über den Nachwuchs gefreut.

Henry

Henry summte leise vor sich hin und erledigte noch ein bisschen Papierkram. Die Arbeit ging ihm leicht von der Hand, schließlich hatte er nun einen Erben. Endlich war sämtlicher Druck von ihm abgefallen und er konnte befreiter leben. Niemand würde ihm mehr hinter vorgehaltener Hand Unfähigkeit vorwerfen.
Als es klopfte, bat er gut gelaunt den Besucher herein.
Nichts konnte ihm die Laune verderben heute, egal, was für Nachrichten irgendein Bote bringen würde.
"Kommt herein."

Philippe

Selbst die dicke Eichentür konnte Henrys gute Laune kaum verbergen als er Philippe herein bat, der mit schwerem Herzen die Tür öffnete. Er trat ein und schloss die Tür sorgfältig hinter sich, ehe er mit gesengtem Blick vor seinen König trat. "Sire" begann er ein wenig stockend. "Ich ... ich komme mit düsteren Nachrichten. Euer Sohn, er ... er hat seinen Kampf heute verloren, Sire. Es tut mir so Leid." erklärte Philippe und musste sich wirklich beherrschen, um die Haltung zu wahren.
Er war sich nicht im geringsten sicher, wie Henry reagieren würde und dass machte ihm diese Aufgabe nicht leichter.

Henry

Henry verengte ein wenig die Augen, als Philippe mit so düsterem Blick eintrat. Was hatte das nun zu bedeuten? "Was?", fragte er ungläubig. Er hatte gewusst, dass der Kleine schwächlich war, aber so? Es hatte eher den Eindruck gemacht, als würde er sich erholen.
"Wollt Ihr mir sagen, mein Sohn sei tot? Ihr müsst Euch irren, das kann nicht sein." Das wäre die reinste Katastrophe.
Und sein Kind...
"Er kann nicht tot sein. Außerdem hätte Marguerite mich unterrichtet. Wenn das ein schlechter Scherz sein soll...."

Philippe

Philippe nagte auf seiner Unterlippe herum und schüttelte den Kopf. "Nein, so sehr ich mir wünschte, ich würde mich irren, ich tue es leider nicht, Sire." erwiderte Philippe und war erstaunt, dass er diese Worte überhaupt über die Lippen bekam.
"Er ... er hat vor kaum einer halben Stunde seinen letzten Atemzug getan. Die Königin ist in ihrem Gemach, sie ist völlig am Boden zerstört, deshalb bin ich zu Euch gekommen, Sire. Ich würde nie einen solchen Scherz wagen." erwiderte Philippe traurig.

Henry

Henry schüttelte den Kopf. "Das kann nicht sein....Einfach so? Ich dachte, er würde sich erholen!" Mit einem verzweifelten Aufschrei warf er die Dokumente von seinem Schreibtisch.
Das durfte einfach nicht wahr sein.
"Geht. Sofort.", zischte er. Er selbst würde später nach Marguerite sehen, jetzt würde er ihr höchstens etwas an den Kopf werfen, was er bereuen würde.

Philippe

Philippe sah seinen Herren betreten an. "Er war von Anfang an sehr schwach, Mylord. Die Hebamme hat sich kontinuierlich Sorgen um in gemacht. Es war fast ein Wunder, dass er überhaupt -" Philippe zuckte leicht zusammen als Henry aufschrie und deinen Schreibtisch leer fegte.
Dann nickte er eilig und machte einen Schritt rückwärts. "Sehr wohl, Sire." murmelte er, verneigte sich noch einmal und beeilte sich dann zur Tür zu kommen. Mit Henrys Laune war nicht zu spaßen und er ließ den König nur zu gerne allein, wenn dieser es in solch einem Ton forderte.

Marguerite

Marguerite hatte ihr Bett seit einigen Tagen kaum verlassen. War sie vorher schon wieder voller Tatendrang gewesen, so hatte der Tod ihres Sohnes sie nun völlig aus der Bahn geworfen.
Sie hatte keinerlei Antrieb für irgendetwas, trauerte grenzenlos. Sie wusste schon nicht mehr, wie sie die Beerdigung des kleinen William überstanden hatte ohne zusammen zu brechen. Sie wusste nicht, wie sie Henry oder Philippe gegenüber auftreten sollte, denn keiner von ihnen konnte verstehen, wie sehr dieser Verlust sie traf, auch wenn sie Beide behaupteten sie zu lieben.
So lange hatte sie auf ihr Kind gewartet um nun keine Mutter sein zu dürfen. Es war anders geworden zwischen Philippe und ihr, auch wenn sie noch nicht genau sagen konnte, was eigentlich.
Sicher würde er bald wieder nach ihr sehen, sie fragen, wie es ihr ging....welch unsinnige Frage.

Philippe

Philippe klopfte leicht an die Tür. Nicht, weil er um Einlass bitten wollte, sondern um sich anzukündigen. Eine Antwort würde er nämlich ohnehin vergeblich erhoffen. Marguerite hatte sich seit Williams Tod völlig zurück gezogen und auch, wenn Philippe innerlich am liebten genau das selbe getan hätte, konnte er nur schwer nachvollziehen, wieso sie es wirklich tat. Er musste mit seiner Trauer zurück halten und durfte sie nur offen ausleben, wenn er nachts alleine in seinem Gemach war und niemand ihn sehen oder hören konnte.
Er trat an das Bett heran und strich vorsichtig über Marguerites Schulter. "Ihr müsst aufstehen, meine Königin. Etwas Essen, Euch ein wenig bewegen. Ich bitte Euch." murmelte er leise und warf Marguerites Zofe einen Blick zu, erntete jedoch nur ein Kopfschütteln. Also hatte sie heute das Bett wieder nicht verlassen.

Marguerite

Marguerite schüttelte leicht den Kopf, als Philippe eintrat und sie zu Essen und zum Aufstehen bewegen wollte. "Ich muss nicht. Zu welchem Zweck denn überhaupt? Ich verspüre keinen Hunger und von meinen Aufgaben bin ich befreit."
Da konnte er sich auch mit ihrer Zofe zusammen tun, sie würde dennoch nicht aufstehen. Hier konnte sie der Wirklichkeit viel besser entfliehen und sich selbst bemitleiden.
"Lass mich doch einfach in Ruhe..."

Philippe

Philippe zog es vor ihre Frage nach dem Zweck unbeantwortet zu lassen. "Wenn Ihr einmal aufstehen würdet, meine Königin, würdet Ihr durchaus merken, dass Ihr Hunger habt. Ihr habt seit Tagen kaum etwas gegessen. Und Ihr müsst an die frische Luft, Ihr könnt Euch hier nicht verkriechen. Damit ändert Ihr weder etwas, noch ist damit jemandem geholfen."
Philippe runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf, auch wenn sie das wohl nicht sehen konnte. "Ich werde nicht eher gehen ehe Ihr nicht wenigstens aufgestanden seid und eine Kleinigkeit gegessen habt." erklärte er dann entschieden. Er würde sicher nicht dabei zusehen, wie sie hier vor seinen Augen langsam verhungerte.

Marguerite

Marguerite schüttelte den Kopf. "Woher wollt Ihr das wissen? Ich kann alles, ich bin eine Königin. Wenn ich mich hier verkriechen will, ist das meine Sache. Und an die frische Luft, mir all diese mitleidigen Blicke ansehen? Nein, sicher nicht."
Sie drehte ihm den Rücken zu. "Dann bleibt hier sitzen, das stört mich nicht."
Wie er mit ihr sprach...als wäre sie nur seine Königin. Irgendeine Frau, die er kaum kannte. Die ihm nichts bedeutete...natürlich nicht, jetzt wo sie es nicht geschafft hatte ihren Sohn am Leben zu halten. Seinen Sohn.

Philippe

Philippe atmete geräuschvoll aus und war der Zofe einen Blick zu. Mit einem Kopfnicken bedeutete er ihr, sie beide alleine zu lassen und wartete schweigend bis sich die Tür hinter ihr schloss.
"Ach, die mitleidigen Blicke willst du nicht sehen, aber selbst versinkst du hier im Selbstmitleid?" knurrte Philippe, beugte sich über Marguerite und packte sie an den Handgelenken, um sie zu sich herum zu ziehen.
"Ich habe meinen Sohn verloren, ich werde sicher nicht zulassen, dass ich nun auch seine Mutter verliere, weil diese sich hier zu Tode hungert." stellte Philippe klar und sah Marguerite unnachgiebig an. "Du hast die Wahl, entweder du stehst jetzt von alleine auf oder ich sorge dafür, dass du aus diesem Bett heraus kommst. Und glaube mir, das meine ich Ernst."

Marguerite

Marguerite setzte sich auf und funkelte ihn wütend an. "Lass mich in Ruhe! Und wenn ich im Selbstmitleid versinke, kann dir das doch auch egal sein."
Sie verschränkte die Arme und schüttelte den Kopf. "Philippe, ich werde nicht gleich sterben, nur weil ich ein paar Tage nicht viel esse. Ich habe einfach keinen Appetit."
Marguerite sah ihn einfach nur an. "Wie willst du das anstellen? Ich warne dich, Philippe, treib es nicht zu weit."

Philippe

"Es ist mir aber nicht egal, begreifst du das nicht!" fuhr er sie nun ein wenig wütend an. "Du bist mir nicht egal und deshalb bin ich hier. Warum will das nicht in deinen kleinen verbohrten Kopf hinein?"
Philippe seufzte leise und schüttelte leicht den Kopf. "Ich treibe es soweit, wie ich es für nötig halte. Und um es vorweg zu nehmen - es ist mir fürchterlich egal, ob du eine Königin bist oder nicht. Lass mich meinetwegen wegsperren, wenn du es für nötig hältst, aber solange du das nicht tust, werde ich dich auch nicht einfach hier sitzen lassen."
Philippe schlug mit einem Ruck die Bettdecke zurück. "Ich sage es dir, das ist deine letzte Chance freiwillig aufzustehen."