William und Joanna ~ 1175

Henry schenkte William und sich einen Becher Wein ein und lehnte sich entspannt zurück. Es war ein langer Tag gewesen und eben hatten sie die letzten Dinge für heute besprochen, sodass sie sich nun noch ein paar ruhige Minuten zusammen gestatten konnten, um den Abend ausklingen zu lassen.
"Wenn das so weiter geht, kannst du deinen Wohnsitz gleich her verlegen. Im Moment wollen sie alle gleichzeitig, dass ihr anliegen am schnellsten bearbeitet wird. Wozu bin ich König, wenn ich meine Zeit ja doch nicht nutzen kann, wie ich will? Jane ist schwanger und ich habe keine Zeit für sie. Aber sag mal...du bist im Moment auch irgendwie komisch, oder bilde ich mir das ein? Was ist los?"

 

William nahm dankbar den Wein entgegen und trank einen großen Schluck ehe er auflachte. "Sollte ich auch nur die Idee äußern hier her ziehen zu wollen, würde Joanna mich für verrückt erklären." bemerkte er trocken und nahm einen weiteren Schluck ehe er Henry einen Moment lang ansah. "Nichts ist los. Und ich bin auch nicht komisch. Das bildest du dir in der Tat ein." erwiderte er wider besseren Wissens und stürzte den Rest seines Bechers hinunter.
Sein Verhältnis zu Joanna war bis zu seiner Abreise angespannt geblieben und er war sich noch nicht sicher, wie er das bei seiner Rückkehr so schnell ändern sollte. Nur wollte er auch um keinen Preis, das seine Ehe den Bach hinunter ging ...

"Möglich." Henry grinste flüchtig und trank ebenfalls einen großen Schluck. "Ich kenne dich schon sehr, sehr lange, mein Lieber, und ich denke, ich kenne dich auch gut. Also versuch nicht mir etwas vor zu machen. Du bist komisch. Irgendetwas ist doch, das weiß ich genau. Also raus mit der Sprache, hat deine Angebetete dir wieder die Hölle heiß gemacht? Ich habe dir gleich gesagt, du bist verrückt, dein Herz so an sie zu hängen. Aber du wolltest ja nicht hören."
Henry legte den Kopf schief.
"Na los, spuck es aus."

 

William brummte unzufrieden und hielt Henry missmutig den leeren Becher entgegen, damit dieser ihm nachschenken konnte. Erst nachdem er noch einen weiteren - diesmal jedoch kleineren - Schluck getrunken hatte, lehnte William sich etwas zurück und legte die Stirn in Falten.
"Ich ... weiß auch nicht genau, was los ist." erwiderte er dann etwas unwillig. "Ich habe in den letzten Wochen wahnsinnig viel zu tun gehabt und kaum Zeit für Joanna gefunden - was sie mir natürlich fürchterlich übel genommen hat. Sie hat mir vorgeworfen, ich würde mir für sie ja keine Zeit mehr nehmen wollen und dass ich sie immer nur hin halte, wenn ich verspreche, dass es bald besser wird."
Er zuckte mit den Schultern und starrte einen Moment auf die rote Flüssigkeit in seinem Becher. "Ich weiß auch nicht, warum es im Moment nicht läuft." murmelte er dann und sah wieder zu Henry hinüber.

Henry goss William noch Wein ein und runzelte leicht die Stirn, als William dann doch zu erzählen begann. "Deine Frau war schon immer sehr fordernd. Aber sie wusste, worauf sie sich einließ. Du bist der Lordkanzler, du hast nun einmal viel zu tun und da muss sie zurückstehen. Aber mach dir keinen Kopf. Sie liebt dich so abgöttisch, dass sie dir nicht böse sein wird, wenn du heim kommst. Das Ganze wird sich von selbst erledigen. Sie wird sich schon wieder einkriegen."
Henry grinste knapp.
"Oder leidest du einfach nur unter Liebesentzug?" Natürlich, er liebte Jane über alles, aber er wäre nie auf die Idee gekommen sich so von ihr abhängig zu machen wie William es bei Joanna tat.

 

"Natürlich wusste sie das und darum geht es im Grunde ja auch nicht ... ich bin oft genug weg gewesen oder hatte viel zu tun, aber ich habe mir zwischen durch immer Zeit für sie genommen. Und nun unterstellt sie mir, dass ich es dieses mal willentlich nicht tue." Und vielleicht hatte sie ja recht? Vielleicht wollte er sich die Zeit unbewusst gar nicht nehmen. Blieb nur die Frage wieso?
William seufzte. "Ja, ich hoffe auch, dass es wieder besser wird, sobald ich zurück bin. Dann habe ich den Kopf wieder etwas freier und sie hat sich vielleicht etwas entspannt."
Im nächsten Moment schnitt er eine Grimasse und nahm nun doch einen tiefen Schluck Wein, ehe er antwortet. "Auch das ist zweifelsohne ein Problem." bestätigte William dann missmutig.

"Und...tust du es oder tust du es nicht?" Das konnte er sich bei William kaum vorstellen, so vernarrt wie dieser seit jeher in seine Frau gewesen war. Das war alles sehr seltsam.
"Das ist auch ein Problem? Ohje, dann steht es ja schlimmer, als ich dachte." Henry schwieg eine Weile und leerte seinen Becher. Eigentlich hatte er gleich zu Jane zurückkehren wollen, aber er spürte, dass William ihn gerade brauchte.
Seine Liebste würde es verstehen und vermutlich schon schlafen.
"Und...liebst du sie noch? Das ist das erste Mal, dass ich dich so reden höre..."

 

"Nein, natürlich nicht. Ich ... ich meine, ich ... ich weiß es nicht." kam er letztlich zum Schluss. "Wenn, dann tue ich es unbewusst, aber ich wüsste nicht wieso. Ich will ihr ja nicht aus dem Weg gehen, ich genieße die Zeit mit ihr. Aber in letzter Zeit gab es soviel, was ich unbedingt noch selbst erledigen wollte und nicht irgendjemand anderem überlassen wollte - ich habe einfach kein Ende gefunden. Vielleicht habe ich mich nur zu sehr hinein gesteigert." überlegte William dann und zog eine Augenbraue in die Höhe. "In der Tat." stimmte er Henry zu. "Und du kennst mich, das ist nichts, was zu meiner Ausgeglichenheit beträgt."
Im nächsten Augenblick starrte er Henry beinahe entsetzt an. "Na-natürlich liebe ich sie noch!" erwiderte William mit etwas heiserer Stimme. "Was wäre mein Leben denn auch ohne sie? Ich liebe sie mehr als alles andere. Nach wie vor."

"Hm...vielleicht bist du einfach überarbeitet wegen der letzten Wochen. Du hast viel Verantwortung, auch Zuhause. Wenn wir hier soweit fertig sind und du heimkehrst, solltest du dir ein bisschen freie Zeit gönnen. Das tut dir sicher ebenso gut wie deiner Ehe. Wenn du dich wirklich in die Arbeit hinein steigerst, brauchst du ein bisschen Erholung. Dann wird das schon wieder. Und ich bin sicher, dann lässt deine Frau dich auch wieder ran." Den Vorschlag sich doch mit einer Dirne zu behelfen, konnte er sich bei William nun wirklich sparen.
"Dann ist es ja gut. Es hätte mich auch gewundert, wenn deine Meinung sich dahingehend geändert hätte, auch wenn ihr schon lange verheiratet seid."
Immer dabei war es geblieben.

 

William nickte gedankenverloren. "Das hatte ich auch vor. Alleine schon, um Joanna endlich einmal wieder gerecht werden zu können." erwiderte er dann und musterte Henry eingehend, ehe er eine Augenbraue in die Höhe zog. "Komm, sag es schon, es liegt dir doch förmlich auf der Zunge." forderte William und musste gegen seinen Willen grinsen. "Du bist der Meinung, dass ich mir eine Dirne nehmen sollte." brachte er Henrys Gedanken auf den Punkt. Er kannte seinen Cousin mittlerweile wahrlich gut genug, um solche Dinge zu wissen. Und er ... früher wäre er diesem Vorschlag zweifelsohne nachgekommen, bevor er Joanna geheiratet hatte. Aber heute nicht mehr, mitteirweile hatten sich die Zeiten geändert.
William schüttelte leicht den Kopf. "Ich werde sie immer lieben. Das wird sich nie ändern, Henry."

"Dass wir in diese Hinsicht einmal den selben Gedankengang haben...erstaunlich." Henry grinste knapp und schüttelte dann leicht den Kopf.
"Das hätte ich eigentlich jedem Anderen empfohlen, aber ich weiß, was für eine Antwort ich dann wieder bekomme. Du lehnst das seit Jahren strikt ab."
Ebenso wie er allerdings, seit er Jane kannte.Jane würde ihm das nie verzeihen. "Deiner Entspannung hätte es vielleicht gut getan, aber nicht deinem Seelenfrieden. Ich weiß, dass du sie immer lieben wirst. So wie ich Jane lieben werde."
Etwas, das er nicht bereute. Seine geliebte Jane...

 

William nippte an seinem Wein. "Vor Jahren hätte ich dein Angebot ohne zu zögern angenommen, aber würde ich das heute tun, dann könnte ich genauso gut meine Ehe anullieren lassen, Joanna würde mir das nicht noch einmal vergeben." Es war schon ein Wunder, dass sie es überhaupt einmal getan hatte.
William lehnte sich zurück und betrachtete Henry einen Moment lang. Sein Cousin sah auch nicht gerade erholt aus, aber das überraschte ihn auch nicht sonderlich.
"Wo wir gerade von Jane sprechen ... wie geht es ihr?" erkundigte William sich dann, da er sich eingestehen musste, die junge Frau seit seiner Ankunft noch nicht besucht zu haben. Vielleicht sollte er das Morgen einmal nachholen.

"So ist es wohl. Deine Frau ist in dieser Hinsicht nicht sonderlich kompromissbereit. Allerdings geht es mir nicht viel besser, Jane würde mich umbringen, würde ich sie betrügen. Selbst, wenn ich es mit meiner Ehefrau tun würde. Eine makabere Situation... Wir haben ein Talent dafür uns schwierige Frauen anzulachen, scheint mir.", bemerkte er grinsend.
"Oh, Jane geht es recht gut...sie ist schwanger und genießt es, dass die jetzt wieder eine Rechtfertigung hat, wenn sie mal ein bisschen launisch ist. Aber sie ist glücklich und Harry und Aileen entwickeln sich ausgezeichnet. Allerdings sieht sie mich derzeit weniger, als mir lieb ist."

 

William schürzte die Lippen. "Ich hätte ja beinahe angeboten, dass ich dir deine Ehefrau gerne abnehme, aber da wird meine eigene wohl protestieren." feixte er und nahm einen Schluck Wein, ehe er Henry angrinste. "Ja, das scheint mir tatsächlich so zu sein." stimmte er zu und begann zu lachen - ein befreiendes Lachen und dazu vermutlich das Erste seit Tagen, das wirklich losgelöst über seine Lippen kam.
Er legte Henry eine Hand auf die Schulter und schüttelte den Kopf. "Du glaubst gar nicht, wie sehr du mir gefehlt hast, Henry." bemerkte er dann. Eine Erkenntnis, die ihn noch viel tiefer traf, da sie ihm doch zumindest zum Teil vor Augen führte, weshalb er in letzter Zeit in Cornwall so merkwürdig gewesen war.
"Das freut mich für Euch." erwiderte William dann, ehe sein Blick sanft wurde. "Dann geh, Henry. Verschwinde schon, du solltest die Zeit besser mit ihr nutzen und nicht mit mir hier verschwenden."

"Das glaube ich allerdings auch. Zumal da ein gewisser Spanier etwas dagegen hätte. Und mit dem möchtest du dich nicht anlegen. Außerdem wäre es in Salisbury auf Dauer langweilig."
Auch Henry lachte und freute sich, dass William nun wieder so glücklich wirkte. Das hatte ihm wohl gefehlt. Schon früher hatten sie oft lange geredet und gelacht.
"Du mir auch, William. Du hast mir gefehlt. Wir haben viel zu viel Zeit unseres Leben zusammen verbracht um uns nicht zu vermissen, Cousin."
Henry schüttelte den Kopf.
"Aber du brauchst mich auch. Das habe ich heute Abend deutlich gemerkt. Es geht dir nicht gut und Jane schläft vermutlich auch schon. Wenn du Gesellschaft brauchst..."

 

Williams Augen funkelten spöttisch. "Und du glaubst, ich könnte es nicht mit ihm aufnehmen?" fragte er provozierend und mit einem schelmischen Grinsen. "Mit so einem daher gelaufenen Spanier werde ich doch selbst mit einer Hand auf dem Rücken fertig." Dann legte er den Kopf ein wenig schief und bedachte Henry mit einem langen Blick. "Aber du könntest Recht haben, in Salisbury würde ich es nicht lange aushalten ... wie lange willst du sie dort noch festhalten, Henry?" Seine letzten Worte waren nun etwas leiser, beinahe sanft über seine Lippen gekommen, er wollte mit Henry darüber keinesfalls streiten.
Dann huschte ein Grinsen über seine Lippen. "Zu wahr. Auch, wenn ich dir bei unserer ersten Begegnung ein wunderhübsches blaues Auge verpasst habe." neckte er und sah Henry dann dankbar an. "Bist du dir sicher? Ich komme schon zurecht. Wenn du zu ihr willst, dann geh."

"Das schon, aber Eleonore wäre nicht so glücklich darüber." Henry legte den Kopf ebenfalls zur Seite und verschränkte die Arme.
"Solange es nötig ist, William. Sie hat gemeinsam mit meinen Söhnen paktiert und mich verraten. Findest du das besser? Sie hat es nicht besser verdient. Wenn ich sie frei lasse, wird sie mir bei nächster Gelegenheit wieder in den Rücken fallen.", erwiderte Henry ernst. Auch er legte keinen Wert auf Streit.
"So ist es. Aber danach wusste ich, dass ich mich auf dich verlassen kann, wenn ich deine Treue gewonnen habe. Und sieh dir an, was wir gemeinsam alles erreicht haben...damals waren wir nur Bengel mit Träumen. Und du hast dich danach gesehnt deinem Vater zu entkommen."
Er lächelte leicht.
"Ja, du brauchst mich jetzt dringender. Sie wird es verstehen. Und morgen Abend nehme ich mir Zeit für sie."

 

William hob leicht die Schultern. "Du kennst meine Meinung dazu, Henry." erwiderte er nur ruhig. Immerhin hatten sie oft genug darüber debattiert und William war nach wie vor der Meinung, dass Henry es gut sein lassen sollte. Seinen Söhnen hatte er vergeben und bei seiner Frau sollte er nicht anders handeln.
Statt weiter auf dem Thema herum zu reiten, lehnte William sich wieder zurück und seufzte leise. "Ja, damals wollten wir am liebsten noch die ganze Welt erobern." bemerkte er amüsiert. "Aber immerhin hat es wenigstens mit England funktioniert." Und nicht zu vergessen die Gebiete, die Henry sich auf dem Festland hatte sichern können ... ja, sie hatten wahrlich einiges erreicht.
"Die Zeiten haben sich wahrlich schnell geändert, nicht wahr? Sieh uns heute an ... ich habe ein Alter erreicht von dem ich früher immer gedacht habe, Menschen müssten in diesem Alter doch längst grau und gebrechlich sein und würden ständig nur über die besseren Zeiten in ihrer Jugend faseln. Und heute, heute sehe ich zwar meinen Sohn vor mir, wie er eine Familie gründet und beginnt mehr und mehr Aufgaben in Cornwall zu übernehmen, aber ich fühle mich noch sehr weit davon entfernt alt und gebrechlich zu sein."

Henry nickte. "Ja, die kenne ich. Aber sie ist meine Frau, das ist wesentlich schlimmer als wenn meine Söhne sich die Hörner abstoßen müssen. Doch wir sollten darüber besser nicht weiter diskutieren." Das würde nicht gut enden.
Henry nickte. "Wir hatten große Pläne. Und einige davon haben sich ja auch erfüllt. Ja, England...England ist mein."
Er seufzte leise. "So ist es. Und ich hätte nicht gedacht, dass ich mal die Frau treffen würde, die mich zur Treue bewegt. Dabei bin ich noch nicht einmal mit ihr verheiratet. Und unsere Kinder haben uns schon längst zu Großeltern gemacht. Ein merkwürdiger Gedanke, denn alt fühlte ich mich gewiss nicht. Zumal Jane mir noch weitere Kinder schenkt."

 

William nickte nur zustimmend. Sie wussten beide wo es hinführen würde, wenn sie dieses Thema vertieften und sie waren heute Abend nicht hier, um über etwas zu streiten, was sich so schnell eh nicht ändern würde. "Ich werde sie auf meinem Rückweg besuchen." erklärte er dann jedoch. Der Gedanke war ihm schon auf der Reise nach London gekommen und es bot sich einfach an auf dem Rückweg einen kurzen Halt in Salisbury einzulegen, nur für ein paar Nächte, nicht lange.
William kratzte sich nachdenklich am Kinn. "Nein, alt fühlen wir uns beide noch nicht ... immerhin sind wir es auch noch nicht." erklärte er und sah Henry einen Augenblick lang nachdenklich an.
"Weißt du ... ich glaube, ich kann mittlerweile verstehen, weshalb du dich so dagegen sträubst deinen Söhnen ihre Gebiete zu überlassen." begann er dann langsam. "Es ist nicht so, dass ich nicht will, dass Robert meine Nachfolge antritt, ganz im Gegenteil, nur ... eigentlich bin ich dafür noch nicht alt genug."
William hob knapp die Schultern. Es war ein Gedanke, der ihm während ihres Gespräches gekommen war und etwas, das er nur Henry gegenüber äußern konnte, weil er wusste, dass dieser ihn verstand. Er lachte leise, wenn auch nicht ganz aufrichtig. "Vielleicht kratzt es einfach an meinem Ego Aufgaben abzugeben, die ich sonst immer erledigt habe."

"Tu, was du nicht lassen kannst. Ich werde dich daran nicht hindern. Aber ich bitte dich auch nicht darum ihr schöne Grüße auszurichten. Allerdings solltest du das deiner Frau vielleicht nicht gleich bei deiner Rückkehr auf die Nase binden, wenn die Stimmung zwischen Euch derzeit ohnehin so angespannt ist."
Henry nickte langsam. "Ich tue es nicht einmal bewusst, aber der Gedanke behagt mir nicht. Richard wäre vielleicht soweit, aber Henry ist immer noch zu sehr auf das Geld aus. Er kann einfach mit Macht nicht umgehen und deshalb zögere ich so lange ihm Macht zu geben. Ich hoffe einfach, dass er noch irgendetwas lernt, wenn ich ihm nur lange genug Zeit dafür gebe. Ich kann es aber verstehen, wie es dir mit Robert geht. Wir haben etwas aufgebaut. Es ist schwer, das jemand Anderem zu überlassen. Aber irgendwann werden wir es müssen..."

 

William schnitt eine Grimasse. "Eleonore würde mich höchstens vor die Tür setzen, wenn ich versuche sie von dir zu grüßen." erwiderte William spöttisch, nickte dann jedoch bedächtig. "Ja, das sollte sie wohl besser erst später erfahren."
Ja, irgendwann ...
"Irgendwann müssen wir es, das stimmt. Aber noch nicht heute. Und auch nicht morgen. Henry, ich will mit dir auch noch die nächsten zwanzig Jahre dieses Land regieren, haben wir uns verstanden?" William lächelte und hob seinen Becher. "Auf uns!" erklärte er grinsend und nahm einen tiefen Schluck.
"Nun, diese Reise hatte noch einen weiteren Vorteil, ich scheine langsam zu begreifen, was zu Hause mein Problem war. Nur bin ich nicht sicher, ob das Joanna sonderlich gefallen wird." Vermutlich eher nicht. "Willst du im Frühjahr wieder in die Normandie?" fragte er dann unvermittelt und sah Henry neugierig an.

"Das könnte passieren, mein Lieber." Henry seufzte und lächelte dann, hob seinen Becher um mit William anzustoßen. "Auf uns und auf die nächsten zwanzig Jahre, Cousin!", erklärte er und leerte seinen Becher.
"So?", fragte Henry dann verwundert. "Dann erleuchte mich. Was war dein Problem Zuhause? Doch nicht, dass du mich vermisst hast?", amüsierte er sich.
"In die Normandie...vielleicht. Ich bin noch nicht sicher. Das kommt auch auf Jane an. Ich möchte sie nicht allein lassen. Wenn sie sich noch gut genug für eine solche Reise fühlt..." Er wollte nicht, dass ihr oder dem Kind etwas zustieß, schließlich sorgte er sich um sie.

 

William schmunzelte. "Du machst dich lustig darüber, aber genau genommen bist du tatsächlich einer der Gründe. Henry, wir sind förmlich zusammen groß geworden, haben den Großteil unseres Lebens zusammen verbracht. Und wie lange haben wir uns jetzt schon nicht gesehen, hm? Du bist für mich wie ein Bruder, warst jahrelang die einzige Familie die ich wirklich hatte ... es fehlt mir mit dir zusammen zu sitzen. Und auch das bunte Treiben hier ..." William zuckte mit den Schultern. "Das ist ein Teil von mir, den ich vermutlich nicht einmal im Grabe ablegen kann."
Er verlagerte ein wenig sein Gewicht und legte die Stirn in falten. "Und darüber hinaus ... ich habe dir gesagt, dass ich mich förmlich in meine Arbeit hinein gesteigert habe. Ich wollte alles selbst machen, wollte mir und der Welt beweisen, dass ich nach wie vor dazu in der Lage bin. Nenn mich einen alten Narren, aber ich denke, genau daran hatte ich in letzter Zeit hart zu arbeiten. Meine beiden Ältesten kommen langsam in ein Alter in denen sie selbst entscheiden wollen ... das bin ich nicht gewohnt." Er zuckte mit den Schultern.

"Ja, es stimmt schon. Es fehlt etwas. Du hast alles miterlebt. Wie ich hier zu Macht gekommen bin, meine Familie gegründet habe und auch, als ich Jane kennengelernt habe. Ich kann verstehen, dass dir das alles hier fehlt. Du musst einfach zwischendurch wieder herkommen. Dann hast du keine Probleme mehr."
Henry lächelte. "Vielleicht sollten wir euch auch einfach besuchen kommen, statt in die Normandie zu reisen. Jane könnte bei euch entbinden. Sie fühlt sich wohl in Cornwall und wir Beide vertrauen in die Fähigkeiten deines Arztes."
Er nickte verständnisvoll. "Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich bin König, normalerweise treffe ich die Entscheidungen. Trotzdem musste ich meinen Söhnen etwas abgeben. Jetzt schon. Obwohl ich noch lange nicht in die Jahre komme. Vielleicht solltet du einfach einmal einige Tage nur mit Joanna verbringen."