William und Joanna ab 09.09.12 - Teil 5

 

"Ein Bier übergeschüttet?" fragte Edward verwundert und zog eine Augenbraue in die Höhe. Aber wieso sollte so ein Fehler Julia denn so aus der Fassung bringen?
Als er neben sie trat, wurde ihm augenblicklich bewusst, weshalb und der Zorn stieg unvermittelt in ihm auf. "Er hat dich geschlagen." stellte er fest und war froh, dass seine Stimme wenigstens noch einigermaßen beherrscht klang. "Er hat dich geschlagen, weil du Bier verschüttet hast?" Dieser Kerl war doch wirklich nicht mehr ganz bei Trost!
Edward ließ sich langsam neben Julia auf der Mauer nieder und sah dann zu dem Kindchen hinunter. "Du hast ein Mädchen bekommen?" fragte er leise und musste lächeln. "Niedliches Kindchen ... sie kommt bestimmt nach ihrer hübschen Mutter. Wie heißt sie?" fragte er mit sanfter Stimme und ließ den Blick von dem Kind zu Julia hinüber gleiten.

Julia

"Ja. es war so viel los, überall Hektik, die Kleine hat geschrien und ich musste sie stillen und auf der Höhe bin ich auch noch nicht wieder. Ich hatte ja auch nur zwei Tage Zeit zur Erholung. Es passiert eben."
Julia warf ihm einen flüchtigen Blick zu uns strich vorsichtig über ihre anschwellendes Auge. "Ihm ist nur die Hand ausgerutscht.", erwiderte sie ein bisschen zu eilig. Und er hatte ja auch nur gedroht der Kleinen was zu tun.
"Ja, ein Mädchen. Du bist aber der Erste, der sie wirklich eines Blickes würdigt. Ihrem Vater ist sie egal, es ist ja nur ein Mädchen. Er will Söhne. Sie heißt Aliz...und ob es so gut ist, wenn sie nach mir kommt, weiß ich auch nicht."

 

Zwei Tage zur Erholung, das bedeutete ... "Du hast die Kleine erst vor drei Tagen zur Welt gebracht? Und dann musst du heute schon wieder schuften?" Edwards Stimme bebte nun leicht, er wünschte so sehr, er könnte Julia einfach mitnehmen. Bei ihm hätte sie alle Zeit der Welt, um sich wieder zu erholen, würde nicht so schwer arbeiten müssen.
Edward schürzte die Lippen. "Natürlich, nur ausgerutscht." bemerkte er verächtlich und sah dann aber wieder auf das kleine Mädchen hinab. "Dabei ist sie jedes Blickes mehr als würdig." erwiderte Edward, glitt von der Mauer und kniete sich neben dem Körbchen auf den Boden. "Es ist gut, wenn sie nach dir kommt. Besser könnte es gar nicht sein." entgegnete er ohne den Blick auf nur von der Kleinen zu nehmen. Wäre es doch nur seine Tochter ... Vorsichtig streckte er die Hand aus und strich dem Mädchen über die Wange, beobachtete wie sich sogar im Schlaf so etwas wie ein zufriedener Ausdruck auf die Züge der Kleinen legten als seine Finger über ihre weiche Haut strichen. "Aliz." wiederholte Edward. "Ein schöner Name für ein schönes Mädchen." erklärte er und erhob sich wieder, um Julia anzusehen. "Du solltest dein Auge ein wenig kühlen ... ich habe ein Taschentuch dabei, das kann ich am Brunnen nass machen und du legst es dir auf das Auge. Dann schwillt es vielleicht nicht ganz so sehr zu." bot er sich dann an.

Julia

"Ja. Sie ist erst drei Tage alt." bestätigte Julia leise. "Natürlich muss ich arbeiten. Das ist doch normal, ich darf nicht länger ausfallen. Das können wir uns nicht leisten." Tom könnte es sich vielleicht schon leisten, aber er wollte auch nicht. Sie hatte gefälligst mitzuarbeiten.
Sie beobachtete, wie Edward sich neben das kleine Mädchen kniete und ihr so zärtlich über die Wange strich. Wie zufrieden die Kleine wirkte, obwohl sie es gar nicht mitbekam. Wieder kamen ihr die Tränen. "Warum kann er nicht so sein wie du?", fragte sie erstickt. Warum konnte er seine Tochter nicht lieben und sie nicht schätzen?
"Ja...wenn du meinst, es wird irgendetwas helfen." Man würde ihr so oder so morgen ansehen, dass ihr Mann sie schlug, aber alle würden wegsehen und es geschehen lassen.

 

Edward zog eine Augenbraue in die Höhe. "Tom macht mir nicht den Anschein als könnte er nicht noch eine Schankmagd einstellen." bemerkte er trocken. "Euer Geschäft läuft doch gut." Der Wirt wollte es nur einfach nicht, weil er zu geizig war.
Edward verspürte einen Stich mitten ins Herz als er sich wieder aufrichtete und den Kopf schüttelte. "Das willst du nicht wirklich." erwiderte er. "Du hasst mich für das, was ich dir angetan habe, schon vergessen?" erinnerte er sie und ging ohne ein weiteres Wort an Julia vorbei, um zum Brunnen zu gehen.
Kurze Zeit später kam er mit dem nassen Taschentuch zurück und faltete es vorsichtig zusammen, ehe er es Julia hin hielt. "Hier, nimm und leg es dir aufs Auge, es wird ein wenig helfen." erklärte er und warf einen kurzen Blick Richtung Burg. "Ich kann zu John gehen und dir eine Salbe von ihm holen. Er hat sicher etwas, was hilft die Schwellung schneller zurück gehen zu lassen, damit du nicht Tage lang so herum laufen musst."

Julia

Julia hob leicht die Schultern. Sie durfte nicht schlecht über ihn reden, aber eigentlich hatte Edward ja recht. "Naja...es ist eben eigentlich ein Familienbetrieb. Das ist nicht so einfach. Außerdem geht es mich nichts an, ob er es sich leisten kann. Mit dem Geld habe ich nichts zu tun." Sie bekam nur, was sie für Einkäufe brauchte.
"Nein, das habe ich nicht vergessen. Aber du wärst nie so lieblos zu deinen Kindern. Und du würdest deiner Frau keine Vorwürfe machen, weil sie nicht besser arbeiten kann. Vielleicht hasse ich dich auch nur, weil du mich all dem hier ausgesetzt hast. Ich kann einfach nicht mehr...ich kann es nicht besser machen, auch wenn ich will." Sie war erst siebzehn Jahre alt, aber sie fühlte sich jeden Tag wie eine alte Frau. Besonders jetzt.
Sie nahm das Taschentuch entgegen, das er ihr reichte und legte es vorsichtig auf das Auge, auch wenn sie trotzdem zusammenzuckte. "Du kannst mir nicht einfach eine Salbe holen. Wenn er das sieht, wird er mich fragen woher ich sie habe. Wovon ich sie bezahlt habe." Oder womit. "Es wird schon so gehen, danke."

 

Edward schnaubte verächtlich, sparte sich jedoch einen weiteren Kommentar zu diesem Thema. Er wusste, was Tom so an Einnahmen zu verbuchen hatte, wenn der Laden voll war und er hatte auch eine Vorstellung davon, auf was sich die Ausgaben des Wirtes beliefen. Er war nicht auf den Kopf gefallen, er wusste, dass Tom noch jemanden einstellen könnte. Wenigstens für die Zeit nach der Niederkunft, so dass Julia sich in Ruhe erholen konnte. Und das machte Edward unfassbar wütend.
"Nein, das wäre ich nicht. Und wie könnte ich dir jemals einen Vorwurf machen?" erwiderte Edward und ließ den Blick zwischen dem Kind und Julia hin und her gleiten. Was würde er darum geben sie einfach mitnehmen zu können. Ihr aus dieser Lage heraus zu helfen und sie zu sich zu holen.
Edward schürzte die Lippen. "Und dann würde er dich erst Recht grün und blau schlagen, weil du etwas für deine Gesundheit getan hast, meinst du?" erwiderte Edward verächtlich. Der Wirt wurde ihm wirklich von Sekunde zu Sekunde verhasster und er betete beinahe darum irgendwann einmal die Gelegenheit zu haben, um Tom Bekanntschaft mit seiner Faust machen zu lassen.

Julia

Julia wusste, was Edward dachte, war aber froh, dass er es nicht aussprach und ihnen so eine Auseinandersetzung ersparte. "Ich weiß es nicht, Edward. Ich weiß es nicht..." Sie wusste nicht, ob er sich zu Vorwürfen hinreißen lassen würde und sie wusste auch nicht, ob Tom sie verprügeln würde, weil sie den Arzt um Hilfe gebeten hatte. Und er würde fragen, warum der ausgerechnet ihr half, schließlich war John de Warenne hauptsächlich der Arzt der Fürstenfamilie, auch wenn er gelegentlich den Leuten ebenso half wie denen, die auf der Burg leben.
"Du solltest gehen, bevor uns jemand sieht oder er uns findet. Man weiß nie, wann ich ihm wieder einfalle." Und sie hoffte wirklich inständig, dass er sie heute Nacht zufrieden lassen würde. Vermutlich würde sie es nicht überleben, wenn er darauf bestand, dass sie ihre Pflichten erfüllte.

 

Edward warf Julia einen gequälten Blick zu und ergriff dann kurz ihre Hand. "Mir wäre es am liebsten, er würde dich ganz vergessen, Julia." bekannte er mit gedämpfter Stimme und ließ den Blick prüfend die Straße hinab und hinauf wandern, um sicher zu gehen, dass sie niemand beobachtete.
"Komm zu mir, wenn irgendetwas ist, ich bitte dich. Oder lass mir eine Nachricht zukommen, wenn du dich nicht traust selbst zu kommen." erwiderte er und verneigte sich dann ein wenig, um ihre Hand an seine Lippen zu führen und einen Kuss darauf zu hauchen. "Lass dich von ihm nicht zugrunde richten." murmelte er und drückte noch einmal ihre Hand, ehe er sie wieder los ließ und einen Schritt zurück trat.
Sein Blick glitt kurz zu dem Kind hinunter, dann sah Edward Julia noch einmal an. "Und vergiss nicht, dass deine Tochter ein wundervolles Kind ist, egal was ihr Erzeuger sagt." Vater konnte man Tom nun wirklich nicht nennen ... dazu gehörte in Edwards Augen mehr als einfach nur ein Kind zu zeugen.
Dann nickte er Julia noch einmal zu und wandte sich, wenn auch widerwillig, ab, um zu gehen.

Julia

Julia ließ ihn kurz gewähren und erwiderte seinen Blick. "Mir auch, Edward, aber das wird niemals passieren. Aber ich danke dir. Ich...wenn etwas ist, werde ich von mir hören lassen." Aber nur, wenn es nicht anders ging, denn sollte Tom das heraus finden...Sie wollte sich seine Reaktion gar nicht ausmalen.
Julia schluckte schwer, nickte dann aber. "Ich versuche es..." Auch, wenn es wirklich schwer war. "Ich liebe meine Tochter, das musst du mir nicht noch sagen."
Niemals würde sie sich einreden lassen, Aliz sei ein schlechtes Kind. Die Kleine konnte doch nichts dafür.
Sie sah Edward nach und hoffte, dass es nicht noch schlimmer werden würde. Sie wollte doch einfach nur in Ruhe leben.

 

In der Nacht nachdem er Julia begegnet war, hatte Edward kaum ein Auge zugemacht und sich deshalb irgendwann in die Halle gesetzt und über einem Weinkrug vor sich hingebrütet. Er wusste einfach nicht mehr weiter, wollte er Julia doch so gerne helfen, aber ihm waren die Hände gebunden, vor allem so lange sie seine Hilfe nicht wollte.
Auch in den folgenden Tagen wurde es nicht besser und Robert hatte seine liebe Not dabei Edward irgendwie auf andere Gedanken zu bringen. Vor allem, weil Julia mit einem Mal nicht mehr im Wirtshaus arbeitete und auch sonst nicht zu sehen war. Allein bei der Vorstellung, was ihr passiert sein könnte, wurde Edward ganz übel.
Ganze drei Tage hielt er diese Ungewissheit aus, dann fand er sich in einer kleinen Seitengasse wieder, den Blick auf das Wirtshaus gerichtet und wartete darauf, dass Tom endlich heraus kam. Er wusste, dass der Wirt heute ins Nachbardorf wollte, um mit einem befreundeten Bauern dort zu verhandeln und Edward musste die Chance einfach nutzen.
Als Tom endlich gegangen war, wartete Edward noch etwas ab, um sicher zu gehen, dass der Wirt weit genug weg war, dann setzte er sein Vorhaben in die Tat um. In das Wirtshaus zu gelangen war nicht sonderlich schwierig und so ging er wenig später langsam durch den Schankraum und hielt auf die Tür zu, die nach nebenan in die privaten Räume von Tom und seiner Familie führten.
Langsam öffnete er die Tür, warf einen Blick in das Zimmer und erstarrte. Panik beschlich ihn und im nächsten Moment hatte er den Raum durchquert und ließ sich neben dem Bett auf die Knie fallen. "Julia!" raunte er besorgt und legte eine Hand auf ihre schweißnasse Stirn. "Julia, was ist passiert?" fragte er leise und strich ihr besorgt über die Wange. Sie glühte förmlich vor Fieber und war beinahe so blass wie ihr Bettlaken.

Julia

Unruhig warf Julia den Kopf hin und her und gab ein leises Stöhnen von sich. Sie brannte regelrecht und niemand war da, der ihr Erleichterung hätte verschaffen können. Tom war gegangen um irgendwelche Geschäfte zu tätigen.
Plötzlich hörte sie Schritte und dann war jemand neben ihr. Mühsam drehte sie sich um und erkannte aus vor Fieber verschleierten Augen Edward.
"Ed...was machst du hier?", fragte sie kaum hörbar. "Nichts...ich...er hat...er wollte, dass ich meine Pflicht tue, aber zu früh. Dann kam das Fieber."
Ihre Hand strich fahrig über die Bettdecke. "Aliz....hilf ihr. Ich konnte sie nicht stillen." Sie war einfach zu schwach um aufzustehen und nach der Kleinen zu sehen.

 

"Nach dir sehen, du Dummchen, was denn sonst? Ich habe dich Tagelang nicht zu Gesicht bekommen und habe mir Sorgen gemacht. Und wie es aussieht ganz zu Recht." erwiderte Edward und spürte dieses brennende Gefühl in seiner Magengegend als sich neben der Angst um Julia auch der Hass auf Tom wieder regte.
Edward riss sich kurz von Julias Anblick los und trat eilig an die Krippe der Kleinen heran. Das Mädchen schlief gerade, wirkte dabei aber nicht allzu erholt, vermutlich hatte sie ziemlichen Hunger, aber für den Moment war die Kleine seine geringste Sorge.
Suchend sah er sich in dem Raum um und fand schließlich eine Waschschüssel in der auch noch frisches Wasser war. Edward kramte eilig einen Lappen hervor und tauchte ihn in das Wasser, um ihn dann Julia auf die heiße Stirn zu legen. "Aliz schläft, mach dir erst einmal keine Sorgen um sie." redete er beruhigend auf Julia ein und drückte sanft ihre Hand. "Julia, du musst jetzt noch ein wenig stark sein, ja? Ich laufe zurück zur Burg und hole John - und wage es ja nicht mir zu widersprechen. Lass Tom nur meine Sorge sein. Wenn John nicht kommt und dir hilft, wirst du an dem Fieber zu Grunde gehen und das lasse ich nicht zu, hörst du?" erklärte Edward und hauchte Julia einen Kuss auf die Wange. "Ich bin so schnell es geht zurück." versprach er hastig. Er durfte jetzt keine Zeit mehr verlieren.

Julia

"Ac...ist doch nur halb so schlimm.", murmelte Julia leise und schloss halb die Augen. Doch sie war ein wenig erleichtert, dass Aliz nur schlief und sich ihr Hunger noch nicht so deutlich zeigte. Sie wollte die Kleine nicht verlieren, aber sie hatte einfach keine Kraft sich um ihre Kinder zu kümmern. Um die beiden Jungs kümmerte sich die Nachbarin glücklicherweise.
Das nasse Tuch verschaffte ihr ein wenig Erleichterung. Sie war so unfassbar froh, dass Edward bei ihr war. So weiteten sich ihre Augen auch ängstlich, als der sie wieder allein lassen wollte.
"Aber..." Sie verstummte. So furchtbar ihr Leben auch war, sie wollte nicht sterben. Sie hing doch daran.
"In Ordnung."

 

Edward spürte Julias Angst als er verkündete, dass er wieder gehen musste und beugte sich noch einmal zu ihr hinab. "Julia, ich liebe dich. Und ich werde unter keinen Umständen zulassen, dass es dir so schlecht geht." erklärte er mit gedämpfter, aber ernster Stimme. "Ich werde so schnell wie möglich zurück sein, das verspreche ich dir. Und du ruhst dich in der Zeit weiter aus."
Dann riss Edward sich von ihrem Anblick los und eilte zur Tür. Er musste sich beeilen und John finden, das war nun erst einmal das Wichtigste. Es war ihm dabei auch egal, dass man ihm auf der Straße merkwürdige Blicke zuwarf, weil er zur Burg hinauf rannte, als wäre der Teufel persönlich hinter ihm her. Wichtig war nur, dass er Julia helfen konnte.

John war gerade dabei vor dem Schlafengehen noch ein bisschen zu lesen und dabei langsam einen Becher Rotwein aus Italien zu leeren, wie er es manchmal tat um einen Abend in Ruhe ausklingen zu lassen. Die Kinder waren schon im Bett und auch Constance hatte sich schon zurückgezogen, weil sie sehr müde gewesen war.
John klappte gerade das Buch zu, als es klopfte. Überrascht über die späte Störung bat er den Besucher hinein. Natürlich war es es gewohnt, oft auch Nachts gerufen zu werden. So war es nun einmal als Arzt. Aber es kam nicht oft vor. Umso überraschter war er auch, Edward vor sich zu sehen.
"Edward, was führt dich zu mir?"

 

Edward war reichlich außer Atem als er endlich Johns Gemächer erreicht hatte, aber er hatte jetzt keine Zeit, um sich auszuruhen. Er sah den Arzt mit ernster Miene an. "John, du musst mit ihns Dorf kommen." drängte er keuchend. "Julia hat hohes Fieber und sie sieht wirklich schlecht aus. Wenn du nicht nach ihr siehst, wird sie das alleine nicht schaffen. Ich flehe dich an, John, du musst mit mir kommen und um Gottes Willen, bitte beeil dich." bat Edward verzweifelt.
Er hatte jetzt keine Zeit zu erklären, warum er das wusste und wieso er jetzt mit einer solchen Nachricht kam, wichtig war nur, dass John mitkam. "Bitte, John ..."

John hob überraschte beide Augenbrauen, zweifelte an der Ernsthaftigkeit der Lage aber nicht. Er nickte nur knapp und wandte sich um, um seine Tasche zu holen. "Ich komme mit dir, keine Sorge. Wenn sie wirklich so hohes Fieber hat, schaue ich sie mir natürlich an. Weißt du, ob es einen Grund für das Fieber gibt oder ist sie krank?"
Er holte alles, was er benötigte, hinterließ Constance einen Zettel und machte sich mit Edward auf den Weg.
"Woher weißt du das eigentlich, Junge?"

 

Ein Hauch Erleichterung machte sich in Edward breit als John einwilligte und begann seine Sachen zusammen zu suchen. "Sie hat vor ein paar Tagen ihr Kind bekommen und musste danach gleich wieder arbeiten. Ich habe sie vor drei Tagen gesehen, da war sie bereits völlig erschöpft und vorhin sagte sie, dass ihr Mann, dieses Tier, verlangt hätte, dass sie ..." Edward stockte kurz und riss sich dann wieder zusammen. "Dass sie ihre Pflicht tut. Und am nächsten Tag sei das Fieber gekommen." erklärte er und eilte dann mit John nach draußen.
Unbehaglich richtete er seinen Blick auf den Weg vor ihnen. "Ich war bei ihr." gestand Edward dann. "Ich habe mir Sorgen gemacht, weil ich sie nicht mehr gesehen habe und sie auch nicht gearbeitet hat und da habe ich nach ihr gesehen."

Johns Miene wurde grimmig. "Ich verstehe. Nun, wenn der Kerl nicht lernt Rücksicht auf seine Frau zu nehmen, wird er bald keine mehr haben. Kein Wunder, dass ihr Körper mit Fieber reagiert, wenn sie keine Zeit hat sich Ruhe zu gönnen. So arm kann der Wirt nicht sein..."
John folgte Edward in das Wirtshaus und wunderte sich auch nicht wirklich, dass der Wirt von ihrem Eindringen hier nichts wusste und nicht da war.
Vorsichtig trat er an das Bett der jungen Frau und streifte den Säugling in der Wiege mit einem flüchtigen Blick. "Edward, besorge irgendwo ein wenig Milch für das Kind. Irgendein Nachbar hat sicher eine Kuh. Es wird sonst verhungern, Julia kann jetzt nicht stillen.", forderte er Edward auf und setzte sich dann auf die Bettkante.
"Hab keine Angst, Julia, ich bin hier um dir zu helfen.", sagte er behutsam. Er legte vorsichtig die Hand auf ihre Stirn und seine Miene verfinsterte sich vor Sorge. Er schlug die Decke zurück und tastete vorsichtig über ihren Bauch. Wie erwartet, war ihr Unterleib hart wie Stein. Kein Wunder, dass Julia Fieber hatte. Sie musste auch ziemlich Schmerzen haben, aber vermutlich war sie schon zu entrückt um das so wirklich mitzubekommen.

 

Edward nickte düster. "Ich habe ihr auch gesagt, dass sie sich schonen müsste und das Tom sicher genug Silber hätte, um einen Ersatz einzustellen, aber sie war viel zu eingeschüchtert von ihrem Mann." grollte Edward.
Besorgt beobachtete er, wie John den Schlafraum betrat und ihn dann los schickte, um Milch zu holen. Edward zögerte kurz und warf einen besorgten Blick zu Julia hinüber, dann nickte er schließlich und löste sich aus seiner Starre. "Ich beeile mich." versprach er und rannte aus dem Haus, um bei den Nachbarn nach Milch zu fragen. Er würde schon etwas auftreiben können, da war er sicher, er hatte ein Händchen dafür Leute von sich zu überzeugen.

John seufzte. "Was soll sie auch tun? Wenn er nicht bereit ist Rücksicht zu nehmen, kann sie ihn nicht zwingen."
John erhob sich und machte sich daran, Wasser aufzusetzen um einen Aufguss aus Weidenrinde zu machen, der gut gegen Fieber wirkte. Während dieser zog, kehrte Edward zurück. "Stell die Milch auf den Tisch und komm her. Wenn du sie schon so liebst, kannst du ihr auch helfen. Setz dich neben sie und massier ihren Unterleib. Du spürst, wo es hart ist. Schöne langsame, kreisförmige Bewegungen, damit sich die Spannung ein bisschen lösen kann. Auch, wenn es ihr wehtut, es muss sein."
Erst dann konnte er ihr etwas gegen die Schmerzen geben. Hoffentlich kam der Wirt erst zurück, wenn seine Frau halbwegs versorgt war.
John kümmerte sich währenddessen um die Milch und erwärmte sie über dem Feuer ebenfalls ein wenig, damit sie warm blieb, bis die Kleine aufwachte.

 

"Aber er kann sie doch nicht schuften lassen bis sie tot umfällt." zischte Edward wütend. "Ich könnte ihr helfen, wenn sie mich nur ließe ..."
Edward hatte Glück und konnte schnell Milch auftreiben, die er zurück brachte und John übergab. Dann sah er den Arzt überrascht an. "Ich soll -" begann er, brach dann aber ab und sah zu Julia hinüber. Nun, was war schon dabei? Er hatte mit ihr das Bett geteilt, hatte sie nackt gesehen ... da konnte er ihr jetzt auch die von John angeordnete Massage zukommen lassen.
"In Ordnung." Edward nickte und ging zu dem Bett hinüber, ließ sich auf der Bettkante nieder und nahm Julias Hand. "Siehst du, ich habe dir doch versprochen, dass ich schnell wieder da bin." murmelte er. "John wird dir helfen, du wirst sehen. Bald bist du wieder auf den Beinen. Und um Aliz kümmern wir uns auch." redete er beruhigend auf Julia ein, ehe er ihre Hand wieder los ließ.
Edward atmete tief durch und legte dann vorsichtig die Hände auf Julias Bauch. Er zögerte einen Moment, dann begann er mit der Massage, so wie John ihn angewiesen hatte.

Julia

John seufzte leise. "Das ist eine Sache, in die du dich nicht einmischen solltest. Sie ist seine Frau und du kannst nichts dagegen tun. Du tut schon zu viel, indem du mich her geholt hast. Aber vielleicht wird er dir ja doch noch dankbar sein. Du musst sie verstehen, Edward. Sie hat hier ein Leben und du kannst sie nicht heiraten. Wie also willst du ihr helfen?"
John überging Edwards Befangenheit einfach und stellte den Becher mit dem Aufguss neben ihn. "Gib ihr das zu trinken, wenn du fertig bist."
Er selbst suchte ein sauberes Tuch, mit dem er die Milch aufsaugen konnte, damit die Kleine sie so nuckeln konnte. Das Mädchen war ja erst einige Tage alt und begann gerade leise zu wimmern. John hob sie aus der Wiege auf den Arm und versuchte sein Glück. Nach einigen Versuchen begann die Kleine gierig zu trinken.
Julia stöhnte indes leise. "Tust mir weh..." Edwards Massage war unangenehm und schmerzhaft, doch die Spannung löste sich langsam.

 

Edward warf John einen finsteren Blick zu, verzichtete aber darauf mit dem Arzt weiter über seine Beziehung zu Julia zu diskutieren. Er nickte lediglich als John den Becher neben ihn stellte und fuhr mit der Massage fort. Als Julia aufstöhnte, biss Edward sich auf die Unterlippe, hielt jedoch nicht in seinem Tun inne. "Ich weiß ..." murmelte er beklommen. "Aber es muss sein. Vertrau mir, danach wird es besser."
Er beugte sich vor, so dass er Julia näher war und hoffte, dass John genug mit dem kleinen Kind beschäftigt war, so dass er ihn nicht hörte. "Du bist doch mein tapferes Mädchen, nicht wahr? Du schaffst das, das weiß ich, Julia. Ich liebe dich und ich glaube an dich. Ein wenig musst du noch die Zähne zusammen beißen, dann ist das Schlimmste geschafft."