William und Joanna ab 09.09.12 - Teil 5

Julia

Julia rannen Tränen aus den Augenwinkeln über die Schläfen und versickerten in ihrem Haar, aber sie blieb tapfer und versuchte nicht zu jammern.
"Ich versuche es ja..."
Doch Edwards Worte beruhigten sie ein wenig, taten ihr gut. Er war für sie da und es war so ein ungewohntes Gefühl, dass sich jemand tatsächlich um sie sorgte. Seit sie mit Tom verheiratet war, hatte sich niemand mehr Sorgen um sie gemacht, denn offiziell schien sie ja ein erfülltes Leben zu haben.
"Geht es Aliz gut?", fragte sie leise, als sie ein bisschen mehr zu sich gekommen war. "Wenn Tom dich sieht..."
Er würde sie umbringen und Edward gleich mit. Genau wie die Kleine...

 

Edward atmete leise aus als er spürte, wie die Spannung aus Julias Körper wich und ihr Gesichtsausdruck verriet, dass auch die Schmerzen nach ließen. Er warf einen Blick zu John und dem Mädchen hinüber und nickte dann. "Sie ist in Ordnung. John füttert sie gerade mit etwas Milch, die ich beim Nachbarn geholt habe, sie scheint ordentlich Hunger zu haben, aber es geht ihr gut, hab keine Angst." beruhigte Edward sie und lächelte leicht.
Dann zog er eine Augenbraue in die Höhe und beendete langsam seine Massage, um Julia das Gebräu einzuflößen, das John ihm gebracht hatte. "Soll er doch kommen. Dein Tom wird Ärger mit mir bekommen, wenn er nicht zulässt, dass John dich behandelt bis es dir gut geht. Mach dir um mich nur keine Sorgen." erwiderte Edward und setzte Julia den Becher an die Lippen. "Hier, trink das. Es wird helfen."

Julia

Julia war erleichtert, dass der Arzt sich so gut um Aliz kümmerte und sie auch zum Trinken brachte. Unter Toms Obhut wäre Aliz wohl verhungert.
"Das ist wirklich gut...sie ist noch so klein." Entbehrungen würden ihr viel mehr zu schaffen machen, als den größeren Kindern.
Julia richtete sich mit Edwards Hilfe ein wenig auf. Sie glühte immer noch, aber die Schmerzen ließen etwas nach und sie ließ sich von ihm einen Schluck Aufguss einflößen. Angewidert verzog sie das Gesicht. Es schmeckte so widerlich wie es roch, aber sie wusste, es musste wohl sein.
"Hoffentlich..."

 

Edward nickte versonnen. "John kriegt sie schon satt, keine Angst. Wichtig ist, dass du wieder gesund wirst und bald wieder auf deine kleine Süße aufpassen kannst, nicht wahr?"
Edward half Julia sich aufzusetzten und drückte dabei sanft ihre Hand. Was würde er nur alles darum geben, wenn er sie einfach mit in die Burg nehmen könnte ...
"Sicher." murmelte Edward und nahm ihr den Becher wieder ab, als Julia ihn pflichtbewusst geleert hatte. Dann horchte er auf und verzog das Gesicht. "Scheint als würden wir besuch von deinem liebreizenden Gatten bekommen. Ob ihm aufgefallen ist, dass er seine Fieberkranke Frau mit ihrem halbverhungerten Kind zurück gelassen hat?" grollte Edward und sah zu John hinüber. Egal was Tom tat, er würde dafür sorgen, dass der Wirt den Arzt in Frieden ließ. John musste sich um Julia und Aliz kümmern, wenn die beiden nicht das Zeitliche segnen sollten.

Julia Tom

Julia nickte langsam. "Ja...du hast ja recht." Sie verzog das Gesicht, als Schritte laut wurden und ganz offensichtlich ihre Mann zurückkehrte. "Er musste eben weg. Und von Kindern hat er keine Ahnung. Die Kleine ist ihm egal...", murmelte sie.
Tom hatte gemerkt, dass die Tür nur angelehnt war und mit raschen Schritten den Weg zu den Wohnräumen seiner Familie zurück gelegt. Er trat ein und entdeckte als Erstes zwei Männer im Schlafzimmer. Seine Miene verfinsterte sich.
"Was habt ihr hier zu suchen? Finger weg von meine Weib.", fuhr er Edward zornig an. "Und das Balg geht euch auch nichts an."

 

"Er musste nicht! Er hätte sich um dich kümmern müssen, das hätte er gemusst!" brummte Edward verärgert darüber, dass Julia dieses Schwein auch noch in Schutz nahm. Dieser Tölpel hatte sie wirklich nicht verdient.
Als Tom eintrat und erwartungsgemäß los polterte, blitzten Edwards Augen hasserfüllt auf und er erhob sich langsam, richtete sich zu voller Größe auf und wandte sich zu Tom um. Er sah dem Älteren kühl entgegen und machte einen Schritt auf ihn zu.
Edward hatte zwar in der Zeit an Henrys Hof deutlich an Masse zugelegt, war größer und muskulöser geworden und würde mit der Zeit vermutlich sogar Robert überragen, aber Tom war noch ein gutes Stück größer als er und von der Breite war lieber gar nicht zu sprechen. Dennoch schüchterte der Wirt Edward nicht im Geringsten ein, was dieser ihm vielleicht an Stärke überlegen war, machte Edward an Geschicklichkeit und vor allem an Erfahrung wett.
"Da du ganz offensichtlich nicht in der Lage bist, deine Kranke Frau zu versorgen und dich um das Kind zu kümmern, haben wir das übernommen." erklärte Edward mit fester, beinahe herrischer Stimme. "John ist Arzt, der beste hier in der Gegend und du kannst tun und lassen was du willst, er wird hier unbehelligt seine Arbeit erledigen und dafür sorgen, dass Julia und das Kind wieder gesund werden." Sollte der Kerl doch kommen, Edward brannte nur darauf, dass Tom ihm einen Anlass gab ihm eine zu verpassen.

Tom

Tom baute sich ebenfalls vor Edward auf und bedachte ihn mit einem verächtlichen Blick. "Ihr habt euch hier nicht einzumischen. Nur weil Julia ein bisschen krank ist, muss man nicht gleich solchen Aufstand machen und der Schreihals war schließlich endlich mal ruhig. Julia stellt sich nur an. So dramatisch war es auch wieder nicht. Und es geht dich auch nichts an. Was fällt euch ein hier einzudringen?", brauste Tom auf und warf seiner Frau einen vorwurfsvollen Blick zu.
"Dieser ach so tolle Arzt kann gleich seine Sachen zusammenpacken und gehen. Am Besten freiwillig, sonst übernehme ich das. Und du Bengel gleich mit. Ihr habt hier nichts verloren. Und glaub ja nicht, ich würde diesem Quacksalber irgendetwas bezahlen für seine aufgedrängten Dienste."

 

Edward verengte die Augen. "Ein bisschen krank? Noch ein wenig länger und du hättest einmal eine Frau gehabt, du Dummkopf." zischte Edward zornig. "Und eine Tochter ebenfalls. Du hättest beide vor die Hunde gehen lassen!" warf er dem Wirt wütend vor und ballte die Hand zur Faust, öffnete sie dann langsam wieder, um sich zur Ruhe zu gemahnen.
"Du weißt, wer ich bin, oder? Also komm ja nicht noch einmal auf die Idee John oder mir zu drohen, ist das klar? Er wird hier bleiben und seine Arbeit machen und du wirst ihn keinesfalls daran hindern." erwiderte Edward mit einem Befehlston, den er sich beim König abgeguckt hatte. "Du Tor! Du brauchst ihm nichts zu bezahlen, es geht hier nur darum, dass er in Ruhe das Leben deiner Frau und deines Kindes retten kann."

Tom

"Übertreib nicht. Was soll sie denn plötzlich sterben? So ein Schwachsinn. Vor der Arbeit drückt sie sich, sonst nichts. Und das Kind ist nur ein Mädchen, wen kümmert es denn? Außerdem wäre sie schon nicht drauf gegangen, hat doch alles hier."
Tom ballte kurz die Fäuste. "Das geht dich doch gar nix an, du Dreckskerl! Verschwinde und lass die Finger von meiner Frau. Ist mir egal, wer du bist. Ich werd einfach zum Earl gehen und mich beschweren. Ich hindere daran, wen ich will. Und ihr seid hier eingebrochen."
Das alles machte ihn unheimlich wütend.

 

Edward hatte gewusst, dass Tom ein Dummkopf war, doch was sich ihm nun offenbarte verschlug sogar ihm kurz die Sprache. Als er sie wieder fand, maß er Tom mit einem verächtlichen Blick. "Sie hatte hohes Fieber, du Idiot! Hast du mal ihre Stirn angefasst? Sie hat geglüht, hättest du noch ein, zwei Tage gewartet und ihr wäre nicht mehr zu helfen gewesen. Was bist du nur für eine miese Kreatur, dass du ernsthaft glaubst, sie würde sich vor der Arbeit drücken?"
Wie abfällig Tom dann über sein Kind sprach, ließ Edward endgültig verstummen. Wie konnte ein Vater nur so wenig auf sein Kind geben?
Im nächsten Moment lachte Edward herablassend auf. "Wunderbare Idee. Komm, sollen wir direkt zur Burg gehen? Mein Vater brennt sicher darauf zu hören, dass du deine Frau fast hast verrecken lassen und dein Kind ebenso."

Tom

"Nein, hab ich nicht, ich hab auch noch andere Sachen zu tun. Hätte sie halt das Maul aufmachen sollen. Und es wäre ja nicht das erste Mal." Julia arbeitete einfach schlecht und unwillig, da war es ja auch kein Wunder, dass er so etwas glaubte. Was bildete dieser arrogante Pinsel sich eigentlich ein?
"Er brennt sicher auch darauf zu hören, dass ihr hier eingebrochen seid. Was hast du mit meiner Frau zu schaffen, dass dich das kümmert? Du kennst sie doch gar nicht. Sie ist meine Frau, das ist mein Haus. Also verschwinde endlich."
Das war ja wohl noch die Höhe!

 

"Ach, damit du wieder einen Grund hast, sie zu schlagen, wenn sie dir sagt, dass sie krank ist?" höhnte Edward und warf Tom einen verächtlichen Blick zu. "Ich kenne sie gut genug, da ich regelmäßig in deinem Wirtshaus sitze und mein Silber da lassen. Das habe ich schon getan als es noch das Wirtshaus deines Vaters gewesen ist und Julia dort gearbeitet hat. Und sie hat mich stets freundlich bedient, als sie nun mehrere Tage nicht auftauchte, habe ich mir Sorgen gemacht. Deshalb bin ich hier." erklärte Edward und wandte sich dann einfach ab.
"Und nun gibt endlich Ruhe, du Tölpel, sonst werden die beiden nie gesund, weil sie sich nicht erholen können." bemerkte Edward bissig und tauchte den Lappen, der auf Julias Stirn lag in die Wasserschale neben ihrem Bett, wrang ihn aus und legte ihn dann wieder auf ihre Stirn.

Tom

"Was ich mit meiner Familie mache ist min Problem, nicht deins. Ich warne dich, misch dich ja nicht ein. Du kennst sie gut von der Arbeit? Willst du mich für dumm verkaufen? Ich kenne jeden, der mein Gasthaus mehr als einmal besucht hat und du hast das zwar getan, aber bei weitem nicht so oft, wie du mir weiß machen willst. Deswegen brichst du einfach hier ein? Da sehe ich keine Rechtfertigung. Jetzt hat der Kerl sie ja behandelt, also kannst du endlich gehen. Verschwinde hier, sie wird schon nicht mehr sterben. Nicht, dass es dich etwas anginge."
Tom knackte provozierend mit den Knochen, als Edward den Lappen auf Julias Stirn austauschte. "Strapazier es nicht...geh endlich."

 

Ich will dich nicht für dumm verkaufen, du bist dumm! schoss es Edward durch den Kopf, er sprach es aber ganz bewusst lieber nicht aus. Er warf Julia einen Blick zu, dann schüttelte er kurz den Kopf. "Ich bin hier nicht eingebrochen." erwiderte er über die Schulter hinweg. "Ich habe vorher geklopft." Das war zwar eine glatte Lüge, aber das spielte keine Rolle.
Edward hörte das Knacken der Knochen hinter sich und ein Schauer von fast freudiger Erregung durchfuhr ihn. Auf diese Gelegenheit hatte er nun wirklich schon lange gewartet. Ganz ohne sein Zutun senkte seine linke Hand sich auf den Griff des Dolches, den er bei sich trug und Edward bedauerte einmal mehr, dass er den Ritterschlag noch nicht erhalten hatte und deshalb hier kein Schwert tragen durfte. Aber das brauchte er gar nicht, er würde Tom auch so entgegen treten.
Seine Augen waren dunkel vor Hass als er sich betont langsam wieder zu Tom herum drehte und auf ihn zutrat. "Sonst was?" fragte er herablassend.

Tom

Toms Augen verengten sich zu Schlitzen. "Und das willst du mir weiß machen? Dass sie euch hereingebeten hat? Pah..."
Er ballte die Fäuste, als Edwards Hand zum Dolchgriff wanderte. "Glaubst du, ich hab Angst vor dir, du verwöhntes Herrensöhnchen?" Er schüttelte den Kopf.
"Du verschwindest sofort, sonst kann dein alter Herr hier deine Knochen einsammeln kommen." Tom kam drohend einen Schritt näher.
"Raus!", grollte er. "Lass die Finger von meiner Frau und verschwinde!"

 

"Natürlich. Ich wüsste nicht, was daran so abwegig ist." erwiderte Edward spitz. Dann schürzte er spöttisch die Lippen. "Das wagst du gar nicht." stellte er fest, zog aber die Hand vom Dolch zurück. Nicht, weil er Angst vor Tom hatte, sondern weil er den Wirt nicht abstechen wollte.
Stattdessen ballte er die Hand zur Faust. "Im Gegensatz zu dir, habe ich dafür gesorgt, dass Hilfe kommt." zischte Edward wütend und taxierte Tom genau. Er wusste, dass er schnell sein musste. Er durfte nicht zu lange fackeln und Tom zu viel Gelegenheiten geben, denn er zweifelte nicht daran, dass der Wirt stärker war als er selbst.
Edward atmete durch, konzentrierte sich und im nächsten Moment übernahm sein Instinkt als er sich auf Tom stürzte und mit der geballten Faust auf das Gesicht des Wirtes zielte.

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