William und Joanna - ca. 1186 - ?

Aileen

Aileen stimmte nachdenklich zu. "Er wird wollen, dass wir hier heiraten. Eine weitere Bindung zwischen dem Haus meines Vaters und deines Vaters, obwohl ich nur ein Bastard bin. Jetzt plötzlich wird er das für sich nutzen und so tun, als wäre ich die geliebte Tochter. Aber du hast Recht. Ich werde nicht mehr alleine vor die Tür gehen. Das wird ihn in Schach halten."
Sie erwiderte sein Lächeln.
"Das wäre wirklich schön. Ich würde ihn so gern wieder sehen. Ich habe leider noch keine Antwort erhalten. aber er wird enttäuscht sein, dass ich nicht komme." Sie seufzte leise. "Ich vermisse ihn."

Elias

Elias griff nach Aileens Hand und zog sie zu sich auf das Bett. Er legte den Arm um sie und lächelte leicht, was bei seiner aufgeplatzten Lippe allerdings nicht ganz so leicht war. "Mir ist es egal wozu unsere Väter die Hochzeit nutzen. Es zählt nur, dass ich dich heiraten kann." erklärte er sanft.
Langsam hob er die Schultern. "Gut möglich, aber er hat dich immerhin auch reichlich enttäuscht, als er ohne die verschwunden ist, also sollte er sich hüten dir deshalb Vorhaltungen zu machen. Und ich bin sicher, dass Richard und er schon einen Weg finden, er wird kommen und dann könnt ihr alle Neuigkeiten austauschen." Elias strich Aileen über den Rücken und streckte vorsichtig die Beine aus. "Ein gutes hat es ja doch, dass es bis zur Hochzeit noch ein wenig dauert. Bis dahin sind wenigstens die blauen Flecke verschwunden." bemerkte er trocken.

Thomas

Thomas war mehr als nervös. Ein Jahr war er nun hier in Truro und fühlte sich ausgesprochen wohl, obwohl er seine Geschwister und auch seinen Stiefvater vermisste. Doch Philippe hatte ihm eine Chance gegeben sich hier zu entwickeln und zu lernen. Er war Teil von Philippes Familie geworden und das tat ihm gut.
Und heute würde sein Stiefvater ankommen um ihn zu sehen und zu entscheiden, ob er wieder mitkommen sollte nach Oxford.
Er hatte sich gewaschen und die Haare gekämmt und ordentliche Kleider angezogen und so stand er nun hier im Innenhof und wartete. In der Ferne konnte er bereits Chouchous Silhouette ausmachen.

Edward hatte sich dazu entschieden alleine nach Truro zu reisen, um Thomas zu besuchen. Er wollte sehen, wie der Junge sich gemacht hatte, schließlich war er bereits seit einem Jahr bei Philippe und ihre Abmachung war damit im Grunde erfüllt. Edward hatte auf dem Weg hier her allerdings lange darüber nachgedacht und war zu dem Schluss gekommen, dass er Thomas die Möglichkeit geben wollte, selbst zu entscheiden, ob er noch hier in Truro blieb oder mit nach Oxford kommen wollte.
Als er mit Chouchou in den Burghof ritt, wurde er dort bereits von Thomas erwartet. Lächelnd glitt Edward aus dem Sattel und überließ Chouchous Zügel einem der Stallburschen. "Du hast dich ja richtig herausgeputzt ... all der Aufwand nur für mich?" fragte er amüsiert und legte Thomas eine Hand auf die Schulter. "Herrje, du bist seit dem letzten Mal ganz schön gewachsen." stellte Edward verblüfft fest und grinste dann breit. "Was denkst du, willst du mich gleich ein bisschen herum führen und mir erzählen, wie es dir so ergeht?"

Thomas

Thomas wartete, bis Edward aus dem Sattel stieg und begrüßte seinen Stiefvater mit einem stolzen Lächeln. "So oft kommst du ja nicht, da wollte ich nicht in den schmutzigen Stallkleidern hier auftauchen. Aber Philippe sagt auch, ich werde eines Tages größer werden als ihr alle."
Mit den Wochen und Monaten hier hatte er die Zurückhaltung und Trübseligkeit abgelegt. Von Amélie und Philippe hatte er fortwährend die Bestätigung bekommen, nach der er sich gesehnt hatte und Amélie war wie eine Ersatzmutter für ihn geworden. Sie war immer liebevoll und gütig und vergaß ihn neben ihren eigenen Kindern nie. Er hatte sie wirklich ins Herz geschlossen.
"Wenn du möchtest, gerne. Ich dachte, du willst dich vielleicht erst ausruhen und etwas essen."

Edward lachte und klopfte Thomas leicht auf die Schulter. "Da hat er vermutlich Recht. Sonderlich klein bist du ja nun wirklich nicht mehr." Zufrieden musterte Edward seinen Stiefsohn, der nicht nur durch die ordentlichen Kleider einen guten Eindruck hinterließ, sondern in jeder Hinsicht eine sehr positive Entwicklung gemacht zu haben schien.
"Ausruhen? Ach was, das kann ich tun, wenn ich irgendwann mal alt und grau bin." feixte Edward und schob Thomas vor sich her. "Na los, nun zeig mir alles. Philippe hat sich ein neues Haus gegönnt, habe ich gehört?"

Thomas

Thomas grinste ihn an und nickte dann munter. "Sicher, komm. Ich zeige dir die Stallungen. Du wirst nachher sicher ohnehin bei Philippe vorbei sehen wollen, dann kannst du gleich das Haus sehen. Es ist wirklich wundervoll, ein Steinhaus. Mit viel Platz. Amélie hat seit einiger Zeit sogar eine Magd, die ihr hilft. Merle... Man fühlt sich sehr wohl dort, glaub mir."
Thomas brachte seinen Stiefvater in die Stallgasse. "Die Fohlen sind wirklich wundervoll. Wir haben dieses Jahr bereits dreimal Nachwuchs bekommen. Ausgezeichneten Nachwuchs. Teilweise haben sie maurisches Blut, das macht sie so schnell und wendig. Philippe hat mir einen Zweijährigen und einen Jährling zugeteilt, um die ich mich alleine kümmern darf. Nur wenn ich Probleme habe, greift er ein. Und wir reiten ohnehin immer zusammen das Training.", erzählte er eifrig.
"Was gibt es in Oxford Neues? Geht es meinen Geschwistern gut?"

"Klingt als hätte er sich wirklich eine goldene Nase bei der Auktion verdient." bemerkte Edward amüsiert, doch er gönnte es seinem Halbbruder wirklich. Er hatte zwar kein so inniges Verhältnis zu Philippe wie Robert es hatte, ja im Gegenteil, sie beide hatten auch schon ab und an ein paar Differenzen gehabt, doch im Grunde hatte er wirklich viel für Philippe übrig und wusste, dass der es verdient hatte so voran zu kommen.
Edward beobachtetet Thomas während dieser so aufgeregt berichtete und musste lächeln. Kaum zu glauben, dass der Bengel ihm einmal das Pferd geklaut hatte, um abzuhauen ...
"Das klingt hervorragend. Hast du auch schon ein paar Pferde im Auge, bei denen du mir zum Kauf raten würdest, hm? Für ein paar gute Reitpferde habe ich immer bedarf und ich dachte, vielleicht könnte ich ein oder zwei Stuten kaufen, die dann hier bleiben und die Robert und Philippe in meinem Auftrag zur Zucht nehmen ... was denkst du, würde sich das lohnen?" fragte er neugierig.
Dann schnitt Edward bei Thomas' Frage eine kleine Grimasse. "Deinen Geschwistern geht es gut ja. Allerdings muss ich ganz ehrlich sagen, dass deine Stiefmutter mir das Leben nicht ganz leicht macht. Aber zu Jonah und Aliz ist sie gut und Gabriel scheint sie sehr ins Herz geschlossen zu haben ... das scheint mir das Wichtigste." erwiderte Edward und hob leicht die Schultern.

Thomas

Thomas lachte leise. "Nun, die Auktion war ausgesprochen erfolgreich. Es spricht sich herum, dass es hier ausgezeichnete Pferde zu kaufen gibt. Und die Menschen kommen in Scharen."
Er sah seinen Stiefvater überrascht an. "Sicher habe ich das. Ich habe es dir versprochen, erinnerst du dich? Ein paar gute Pferde. Und wenn ihr wirklich ein paar Stuten kaufen und hier lassen wollt...ich bin sicher, dass es sich lohnt. Mehr als das."
Auf eine solche Idee war er gar nicht gekommen. Doch es interessierte ihn auch sehr, was in Oxford vor sich ging.
"Inwiefern macht sie dir das Leben schwer? Ist sie nicht nett zu dir? Ich kenne sie fast nur aus euren Briefen. An der Hochzeit habe ich sie nicht allzu lange zu Gesicht bekommen und auch nicht mit ihr gesprochen. Sie wirkte etwas traurig, aber recht freundlich. Aber wenn wenigstens die Kleinen sie mögen."

Edward nickte nachdenklich. "Gut. Ich denke, es könnte sich lohnen, hier zwei, drei Stuten zu haben, so habe ich guten Nachwuchs sicher. Und hier sind sie besser aufgehoben als in Oxford, dort gibt es schließlich keine Pferdezucht und auch niemanden, den ich derzeit damit beauftragen würde, so etwas ins Leben zu rufen."
Edward seufzte leise und überlegte einen Moment, was genau er Thomas anvertrauen sollte, doch dann gab er sich einen Ruck. "Naja, die Lage ist nicht ganz leicht. Sie wollte diese Hochzeit nicht und hat mich nur geheiratet, weil ihr Vater es wollte. Und sie hat von Anfang an keinen Hehl daraus gemacht, dass sie nichts für mich übrig hat. Das macht das Zusammenleben mit ihr nicht ganz leicht, zumal es mich immer fast wahnsinnig macht, wenn sie wieder einmal so abweisend und bissig reagiert. Etwas, das - zugegebenermaßen - nicht dazu führt, dass ich mich ihr gegenüber immer tadellos benehme." Edward zuckte leicht mit den Schultern. "Vielleicht funktioniert es irgendwann, wenn wir beide uns zusammen reißen und uns mehr Mühe geben." Edward zerzauste Thomas den dunklen Schopf und grinste. "Wir zwei kommen mittlerweile ja auch ganz gut zurecht, hm?"

Thomas

Thomas lächelte zufrieden. "Ja, ich denke das auch. Und wenn ich alt genug bin, werde ich in Oxford eine Pferdezucht aufbauen. Ich bin sicher, dass ich bis dahin genug gelernt habe um es zu schaffen. Wenn du dann noch eine Pferdezucht willst."
Er lauschte der Erzählung über seine Stiefmutter und war erstaunt über Edwards Offenheit. Das schien wirklich eine schwierige Lage zu sein.
"Sie wird schon noch merken, dass du ein netter Kerl bist. Das habe ich schließlich auch. Vielleicht wird alles noch besser werden."
Er grinste breit. "Stimmt. Wenn wir Beide uns arrangieren konnten....Komm, wir gehen zu Philippe."

Edward bedachte seinen Stiefsohn mit einem langen Blick und nickte dann lächelnd. "Es würde mich sehr freuen, wenn du das tust, Thomas." erklärte er und legte dem Jungen einen Arm um die Schultern. "Weißt du, deine Mutter wäre wirklich mehr als stolz auf dich." murmelte er leise. "Und ich bin es auf jeden Fall auch." Es freute ihn mehr als er erwartet hatte, dass der Junge hier so gut zurecht kam und ganz offensichtlich eine Leidenschaft für sich entdeckt hatte.
"Das hoffe ich. Schließlich scheint sie mir im Grunde ein gutes Herz zu haben, es wäre schade, wenn wir zwei so gar nicht miteinander auskommen würden." Und Edward hatte sich immerhin vorgenommen in Zukunft wesentlich diskreter zu sein, denn dass Helene ihn mit Hanna erwischt hatte, war nicht gerade förderlich für ihre Beziehung zueinander gewesen.
"Ja, lass uns gehen. Ich bin gespannt darauf das Haus von innen zu sehen und wir können dann mit ihm alles weitere besprechen."

Thomas

Thomas lächelte zurück und schaute zu ihm auf. "Danke." Er errötete leicht. Es bedeutete ihm so unglaublich viel, dass Edward das sagte. Dass er das Gefühl bekam, dass es richtig war, was er tat. Endlich anerkannt...
Er nickte langsam. "Ich bin sicher, das werdet ihr." Und damit nahm er ihn an der Hand und führte ihn hinein ins Haus.
"Philippe! Amélie! Wir haben Besuch.", rief er aufgeregt und zog Edward mit in die Wohnstube. Es war wirklich unerwartet schön ihn hier zu haben.

Rob strich zärtlich über das weiche, graue Fell und dachte nach. Er saß neben MacGrey auf der Koppel, der junge Hengst hatte seinen Kopf vertrauensvoll auf Robs Schoß gelegt und die Augen halb geschlossen, während Rob die Hand langsam den Mähnenkamm entlang wandern ließ.
Er liebte diese ruhigen Momente allein mit seinem Pferd und er konnte es kaum abwarten, dass er MacGrey endlich reiten durfte. Es konnte ja im Grunde auch nicht so schwer sein ... aber noch hielt sein Vater nicht allzu viel von der Idee.
"Dabei bist du doch mittlerweile alt genug. Und ich auch ..." murmelte Rob und betrachtete den Hengst, der bei Robs Worten den Kopf gehoben und sich in eine aufrechtere Liegeposition gebracht hatte. "Und was soll daran schon so schwer sein, hm?" Rob kniete sich neben den jungen Apfelschimmel, so dass er mit seinen Beinen dessen Flanke berührte und legte sich kurzer Hand mit dem Oberkörper über den langen, kräftigen Rücken.
Er grinste breit. "Siehst du, das haben wir doch eh schon tausend Mal gemacht. Ich muss eigentlich nur noch ..." Sein Blick huschte kurz über die Koppel, doch er konnte niemanden in der Nähe entdecken, also schob Rob kurzer Hand sein Bein auf noch über den Pferderücken, so dass er nun halb auf dem jungen Hengst saß. "Und nun hoch mit dir." murmelte er und zupfte MacGrey an der Mähne. "Na los, hoch." Doch zunächst erntete er nur einen irritierten Blick seines vierbeinigen Gefährten.
Rob seufzte leise und begann gerade sich damit abzufinden, dass der Hengst sich in seiner Mittagsruhe nicht stören lassen wollte, als er spürte, wie sich unter ihm die Muskeln bewegten. Im nächsten Augenblick streckte MacGrey die Vorderbeine auf und drückte sich in die Höhe.
Leise jauchzend klammerte Rob sich an die Mähne des Tieres und fiel ihm um den Hals als der Hengst nun auf Recht stand - mit seinem jungen Reiter auf dem Rücken. "So ist gut, du bist ein feiner Kerl." murmelte er leise lachend und streichelte das weiche Fell. "Und nun lauf ein Stück, na komm." Rob schnalzte leise mit der Zunge und der Schimmel setzte sich langsam, zunächst ein wenig zögerlich auf Grund des ungewohnten Gewichtes auf dem Rücken, in Bewegung.

Robert hatte vergeblich nach seinem Sohn gesucht, also ging er zum einzigen Ort, der ihm noch einfiel: dem Gestüt. Sein Sohn war meistens dort anzutreffen, wenn er freie Zeit hatte. Jede freie Minute verbrachte er mit dem jungen Apfelschimmel, den er seinem Sohn geschenkt hatte. Viel Zeit war seitdem ins Land gezogen und aus dem ungestümen Fohlen war ein stattlicher, junger Hengst geworden. Rob brannte darauf ihn zu reiten, aber er selbst ließ den jungen Pferden lieber noch etwas mehr Zeit. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass sie dann bereitwilliger lernten.
Es war schönes Wetter, also waren die Pferde auf den Koppeln. Langsamen Schrittes schlenderte Robert den sanften Hügel hinauf und trat an den Zaun.
Was er sah, ließ ihm die Nackenhaare zu Berge stehen. Rob auf dem jungen Hengst, ohne Sattel, ohne Zaum...Robert schluckte, hielt sich aber davon ab in Panik zu geraten.
Vorsichtig glitt er zwischen den Latten hindurch und ging gemessen über die Koppel, bis er in Hörweite war.
"Rob...bist du wahnsinnig geworden? Ich bitte dich, komm da sofort runter.", bat er eindringlich, hielt die Sttimme aber ruhig um das Pferd nicht zu verschrecken.
Auf was für dumme Gedanken kam der Junge nur? Was, wenn MacGrey ihn einfach abgeworfen hätte?

Rob fühlte sich wie im siebten Himmel als der junge Hengst Vertrauen fasste und gemächlich einen Schritt nach dem anderen machte. Er strahlte über das ganze Gesicht während er sich in MacGreys Mähne festhielt und das Pferd langsam über die Koppel trottete. Doch der Glücksmoment war jäh zu Ende als Rob die Stimme seines Vaters hörte, den Kopf drehte und in dessen besorgte Miene blickte.
Er schluckte leicht. Er wusste, dass sein Vater alles andere als glücklich darüber war ihn so auf dem Rücken des Hengstes zu finden und sicher würde er nun gewaltigen Ärger bekommen.
"Aber Vater, er ist doch ganz artig. Sieh nur ..." Rob zog vorsichtig an der Mähne des Apfelschimmels bis dieser den Kopf drehte und damit die Richtung wechselte, so dass sie nun direkt auf Robert zu hielten. Auch wenn Rob wusste, dass er in Schwierigkeiten war, konnte er ein Grinsen nicht unterdrücken.
MacGrey, der sich offensichtlich von Robert etwas zu Essen erhoffte, hielt zügig auf diesen zu und blieb dann direkt vor ihm stehen, um neugierig an dessen Taschen zu schnuppern.
"Macht er das nicht wundervoll?" fragte Rob mit stolzer Stimme und strich seinem Pferd andächtig über den Hals.

Robert seufzte leise. Sein Ältester war manchmal so schrecklich unvernünftig. Doch zu ihrer aller Glück hatte MacGrey ein wahrlich freundliches Gemüt und war ziemlich vertrauensvoll. Sonst wäre das hier nicht so gut aus gegangen. Und Rob, Rob war überglücklich.
"Er ist artig, weil er nicht weiß, was er damit anfangen soll. Er hätte auch anders reagieren können, Rob. Das ist nicht ungefährlich. Du hättest dir den Hals brechen können."
Der Apfelschimmel blieb vor ihm stehen und Robert strich ihm seufzend über den Hals. MacGrey war auch mit ihm vertraut, schließlich hatte Robert ihn gelehrt, was er schon beherrschte. Er zog einen kleinen Apfel aus der Tasche und schob ihn zwischen die weichen Lippen.
"Aber ja, dafür dass du ihn überforderst, macht er das ausgezeichnet. Und jetzt komm runter. Genug für das erste Mal."

"Er würde mir nie etwas tun!" erwiderte Rob im Brustton der Überzeugung. Er war unheimlich stolz auf sein Pferd und beobachtete lächelnd, wie der Hengst den Apfel entgegen nahm und ihn genüsslich verspeiste.
Allerdings wusste Rob auch, dass er den Bogen besser nicht noch weiter überspannen sollte, strich MacGrey noch einmal über den Hals und rutschte dann vorsichtig von seinem Rücken herunter. Dankbar schlang er dem Hengst die Arme um den Hals und vergrub sein Gesicht einen Moment lang in dem weichen Fell. Dann sah er seinen Vater wieder an und grinste. "Ich glaube nicht, dass ich ihn überfordert habe. Wir sind doch nur ein kleines Stück im Schritt über die Wiese." erklärte er mit Unschuldsmiene.
"Papa, können wir morgen zur Falkenjagd?" fragte er im nächsten Moment euphorisch als ihm schon wieder ein Einfall kam. "Wir waren so lange nicht und Merlin langweilt sich bestimmt fürchterlich."
Obwohl sein Vater sich darüber amüsiert und ihn belehrt hatte, dass der Falke kein Merlin sei und der Name daher mehr als irreführend, hatte Rob den Vogel so genannt - und seinen Vater belehrt, dass das Tier dann halt nicht nach der Falkenart, sondern nach dem großen Zauberer benannt worden war und damit war die Sache für ihn entschieden gewesen.

"Nicht absichtlich. Aber es ist schwer für ein junges Pferd dein Gewicht auszubalancieren, das hätte ihn erschrecken können. Aber es ist ja glücklicherweise nichts passiert."
Robert klopfte dem jungen Hengst auf den Hals, während Rob abstieg. "Ein kleines Stück, aber für den Anfang genügt das völlig. Man muss vorsichtig mit ihnen umgehen, Rob, zu leicht kann man sie verderben und ihnen Angst machen."
Und er wollte, dass Rob noch viele Jahre Freude an dem Schimmel hatte. Er lachte leise, als sein Sohn schon wieder den nächsten Einfall hatte und gab ihm einen sanften Klaps auf den Hinterkopf, ehe er ihm durch das dunkle Haar wuschelte.
"Du bist unverbesserlich, Bengel. Meinetwegen...und du könntest deinen Großvater fragen, ob er Lust hat uns zu begleiten. Das würde ihn sicher freuen."

"Können wir denn jetzt ab und zu mit ihm üben? Immer nur ein ganz klein wenig? Bitte, Papa, ich bin sicher, es würde ihm auch Spaß machen!" bettelte Rob in der Hoffnung, dass er auf diesen kleinen Ritt nun würde aufbauen dürfen.
Er steckte den Klaps auf den Hinterkopf wortlos ein, weil er genau wusste, dass er ihn mehr als verdient hatte, dann sah er seinen Vater wieder an, strahlte zufrieden und schlang die Arme um dessen Oberkörper. "Oh danke! Und ich werde ihn gleich fragen gehen, er kommt bestimmt mit!" Rob liebte seinen Großvater, der sich oft genug Zeit für ihn nahm und nicht nur die besten Geschichten kannte, sondern Rob auch häufig mit auf einen Ausritt oder in die Stadt nahm und nicht selten fiel bei einem solchen Ausflug auch ein kleines Geschenk für ihn ab - nicht, dass das der Grund war, weshalb Rob seinen Großvater liebte, aber es war etwas, das die ganze Sache noch mehr versüßte.

"Meinetwegen. Aber wir werden es langsam angehen lassen, hast du gehört? Immer nur ein wenig mehr, er ist noch jung. Du willst ihn schließlich noch lange Jahre reiten können. Es wird ihm nur Spaß machen, wenn es ihn nicht überfordert. Und ich will, dass du mir versprichst, keine solchen Alleingänge mehr zu unternehmen. Nur mit mir zusammen, zumindest am Anfang."
Er legte Rob den Arm um die Schultern.
"Ich denke auch, dass er mitkommt. Er ist ja völlig vernarrt in dich." Was auch immer das war zwischen seinem Vater und Rob, es war eine sehr innige Beziehung. Die Beiden waren oft gemeinsam unterwegs und seinen Vater schien das eindeutig jung zu halten.
Wenn Robert bedachte, wie abweisend sein Vater am Anfang auf seinen Enkel reagiert hatte.
"Und nun lauf schon, wir sollten MacGrey nun seiner Mittagsruhe überlassen."

Rob begann von einem Ohr zum anderen zu grinsen als sein Vater einwilligte. "Sicher, ganz langsam. Und ich werde so etwas alleine nicht wieder machen, versprochen, Sir." erwiderte Rob lachend.
Er wusste ganz genau, dass er eigentlich deutlich mehr Ärger verdient hatte, besonders weil er sich auf MacGrey gesetzt hatte, obwohl er wusste, dass er es nicht durfte. Doch sein Vater war nie über die Maßen streng mit ihm und Rob dankte es ihm - zumindest meistens - damit, dass er sich anständig benahm und keinen völligen Unsinn anstellte.
Er nickte eifrig. "Die hat er sich wirklich verdient." stimmte er zu. "Und ich werde Großvater suchen gehen." kündigte er an und eilte dann davon. Rasch schlüpfte er zwischen dem Zaun hindurch und lief in Richtung Burg, noch immer ein breites Grinsen auf den Lippen. Heute Abend würde er seiner Mutter ganz stolz von seinem ersten Ritt erzählen können.

Helene

Helene schlief nie sonderlich tief, seit sie im gleichen Bett mit Edward schlafen musste. Aber allmählich hatte sie sich an die Anwesenheit einer zweiten Person im Bett gewöhnt, auch, da dieser sie dankbarerweise nicht anfasste.
Allerdings war sie so sofort wach, als leises Tapsen sich dem Bett auf Edwards Seite näherte und eine kleine Hand an Edwards Fingern zog.
"Papa?" Ein leises Schniefen folgte und Helene setzte sich auf. "Gabriel?" Das war neu. Normalerweise kamen die Kinder nachts nicht zu ihnen. Wenn etwas war, gingen sie zuerst zu ihrer Amme.

Edward wurde wach als ihn etwas an den Fingern zog und hörte dann die bekannte Stimme seines Sohnes. Unsicher, etwas verschnupft, weil er geweint hatte, und ein wenig heiser erklang sie und sorgte dafür, dass Edward im Nu hellwach wurde - genau wie Helene neben ihm, die sich aufsetzte und den kleinen Besucher ebenfalls erkannt hatte.
Edward setzte sich auf, griff seinen Jüngsten unter den Achseln und hob ihn ohne zu zögern ins Bett. "Hattest du einen Albtraum, Kurzer?" fragte er und verfrachtete den Jungen unter die Bettdecke ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken, dass Helene möglicherweise protestieren würde. Wenn Gabriel mitten in der Nacht zu ihm kam, würde er ihn um keinen Preis wieder weg schicken. Eher würde er Helene aus dem Bett schmeißen, so viel war sicher.
Er strich Gabriel durch die roten Locken und lächelte sanft. "Jetzt ist es schon etwas besser, oder? Hier passiert dir nichts."murmelte er leise und legte einen Arm um seinen Sohn.

Helene

Helene kam nicht einmal auf die Idee zu widersprechen, als Edward den kleinen Jungen mit in das Bett hob und ihn zudeckte, sondern legte behutsam die Hand auf den schmalen Rücken. Er saß nun zwischen ihnen, wo er sich sicher fühlen konnte und schmiegte sich an seinen Vater.
"Ja...ich hab von bösen Drachen geträumt. Jonah hat gesagt, Drachen kommen und holen Kinder, wenn sie hungrig sind. Die Kinder, die nicht artig waren. Und ich habe doch einen von seinen Keksen gegessen gestern...", erzählte er leise.
Und Helene bestaunte schweigend, wie einfühlsam ihr Ehemann sein konnte. Etwas, das sie ihm gar nicht zugetraut hatte. Und doch fand er genau die richtigen Worte, denn der Kleine entspannte sich deutlich.
"Ja...kann ich nicht heute hier schlafen?"