William und Joanna - 1171

"Ach wäre William doch nur ein wenig schneller gewesen." murmelte sie leise. Das hätte ihnen eine Menge erspart, doch sie wollte ihm keineswegs Vorwürfe machen, sie wusste, dass er sein möglichstes getan hatte.
Jane drückte sanft Henrys Hand als er nach ihrer griff und war versucht ihm ins Wort zu fallen. Eine Nacht an Beckets Grab ... wenigstens musste er keine Pilgerreise unternehmen. Was dann jedoch folgte, sorgte dafür, dass sämtliche Farbe aus ihrem Gesicht wich. "Du musst WAS?" keuchte sie entsetzt und starrte Henry an.
Eine Geißelung? Das war doch ... ihr fiel einfach nichts passendes ein, was ihr Gefühl richtig beschrieben hatte. Eine schmachvollere Buße gab es für Henry doch fast nicht. Noch dazu ... allein bei dem Gedanken daran, was für Spuren diese Buße an ihrem Geliebten hinterlassen würde, wurde ihr übel.

Henry hob überrascht eine Augenbraue, kommentierte ihren ersten Satz aber nicht. Sie hatte ja recht. Er hatte seitdem auch immer wieder bedauert, dass William nicht schneller gewesen war. Dann würde Becket wohl noch leben.
Er knurrte unzufrieden.
"Ja. Ich muss mich einer Geißelung unterziehen, zufrieden?", brummte er schließlich. "Ich kann es nicht ändern. Mir fällt nichts ein um es zu verhindern. Ich werde mit den Folgen leben müssen, ganz einfach."
Und Jane sollte ihm bloß nicht auch noch auf die Nerven fallen. Er war angespannt genug.

Jane biss kurz die Zähne aufeinander als Henry so unwillig reagierte. So hatte sie das doch gar nicht gemeint, sie machte sich doch bloß Sorgen um ihn.
"Oh Henry, es tut mir Leid." murmelte sie und löste ihre Hand von seiner, damit sie ihm mit beiden Händen über die Wangen streichen konnte. Vielleicht lag es an der Schwangerschaft, aber der Gedanke daran, dass ihr Henry solche Schmerzen über sich ergehen lassen musste und das für etwas, was er nicht einmal zu verantworten hatte ... das war in der Tat mehr als sie ertragen konnte.
Sie legte die Stirn an seine und schloss kurz die Augen. Gab es denn keine Möglichkeit das zu umgehen?

Henry nickte knapp. Er wusste ja genau, was sie es meinte. Sie machte sich einfach Sorgen um ihn, aber mit der Schwangerschaft reagierte sie manchmal überzogen. Er ließ sie gewähren, rührte sich aber nicht.
"Du kannst ja nichts dafür. Es mach mich nur wahnsinnig, dass ich büßen soll für die mangelnde Intelligenz dieser zwei Idioten. Und mir fällt einfach nidhts ein um dem zu entgehen!", schimpfte Henry und erhob sich, um unruhig auf und ab zu gehen. "Ich bin der König von England! Das muss doch irgendeinen Wert haben! Er kann mir das doch nicht einfach auferlegen! Ich werde mir doch nicht grundlos Schmerzen zufügen lassen!"

Jane beobachtete ihn traurig als er aufstand und an ihr vorbei ging. So kannte sie ihn kaum ... er war mal wieder so in Rage, doch normalerweise entzog er sich ihr nicht so. Es schmerzte ihn so zu sehen und die Vorstellung was Henry über sich ergehen lassen musste sorgte erst recht dafür, dass - nein, Jane runzelte kurz die Stirn und legte dann beruhigend die Hand auf ihren runden Bauch.
Ihr Nachwuchs schien die Anspannung, die zwischen seinen Eltern herrschte genau zu spüren so unruhig wie er gerade wurde. Meist trat er nur, wenn Jane gerade gemütlich in der Sonne gesessen hatte und sich dann in den Schatten drehte oder wenn dem Kleinen etwas anderes nicht passte, doch das war eher selten der Fall.
"Henry, beruhig dich doch erst einmal ein wenig." warf Jane langsam ein und trat ihm in den Weg, so dass er aufhören musste auf und ab zu laufen. "Komm erst einmal zur Ruhe, dann finden wir vielleicht auch eher einen Ausweg." redete sie beruhigend auf ihn ein, eine Hand auf ihrem leicht schmerzenden Bauch, die andere auf Henrys Brust gelegt.

Henry hielt inne, als Jane ihm in den Weg trat und schaute sie fast ein bisschen trotzig an, dann aber entspannte er sich ein wenig. "Ich weiß aber nicht, wie ich mich beruhigen soll mit diesen Aussichten! Ich sehe keinen Ausweg. Der Papst wird mich leiden lassen, Jane. Allein schon deshalb, weil ich mich mit ihm angelegt habe."
Henry schnaubta unwillig, atmete dann aber durch um sich zu beruhigen, wie sie es von ihm wollte. Dabei fiel ihm aber doch auf, dasss sie fast ein wenig angespannt wirkte.
"Alles in Ordnung? Du bist etwas blass."

Jane atmete erleichtert aus als Henry wenigstens schon einmal stehen blieb. "Ich weiß. Ich weiß es ist schwer, aber nur so können wir in Ruhe darüber nachdenken." Jane biss sich kurz auf die Unterlippe und legte die Hand an Henrys Wange. Sie wollte nicht, dass er so etwas durchmachen musste. Und vor allem nicht auf so ungerechte Art und Weise.
Ihre Hand wanderte beiläufig über ihren Bauch, so wie sie es immer tat, wenn sie ihren Nachwuchs darin besänftigen wollte, doch bisher war sie noch nicht recht erfolgreich.
Auf Henrys Frage hin schüttelte sie jedoch den Kopf. "Schon in Ordnung, ich mache mir nur Sorgen um dich." erklärte sie mit bekümmerter Stimme.

"Ich zerbreche mir schon die ganze Zeit den Kopf! Alles nachdenken bringt mich zu keiner Lösung. Je eher ich das akzeptiere, desto besser. Aber du kennst mich, mir fällt das verdammt schwer."
Henry atmete tief durch.
"Du solltest dir aber keine Sorgen machen müssen. Das ist alles nur die Schuld dieses aufgeblasenen WIchtigtuers! Er sitzt in Rom und lacht sich ins Fäustchen. Und ich darf das alles ausbaden. Das darf doch einfach nicht wahr sein."

"Ach Henry" murmelte Jane und und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf den Mund. Wie konnte sie ihn denn nur vor dieser Geißelung bewahren? Vielleicht wäre ihr ja etwas eingefallen, wenn sie nur nicht solche Schmerzen hätte ... sie atmete geräuschvoll aus und seufzte. "Ich mache mir aber Sorgen. Weil du mir am Herzen liegst und ich nicht will, dass du unnötig leiden musst. Und erst recht nicht, wegen etwas, das du gar nicht getan hast."
Kaum hatte sie geendet, biss Jane die Zähne aufeinander als sie ein jäher Schmerz durchzucken. Das durfte doch nicht wahr sein ... warum zum Teufel ... Sie schloss kurz die Augen. Nein, dafür war es doch noch viel zu früh, das konnte nicht sein. So sehr hatte sie sich doch auch gar nicht aufgeregt.
Sie strich sich nachdenklich über den Bauch und runzelte die Stirn. Nein, es würde sicher gleich gut sein. Und solange sie kein Fruchtwasser verlor, würde ihre Befürchtung sich auch nicht bewahrheiten. Es würde schon gut gehen.

Henry legte die Hand an ihre Wange. "Ich weiß, aber wenn er nicht wäre, hättest du gar keinen Grund dir Sorgen zu machen. Wenn Becket gar nicht erst nach England zurück gekehrt wäre, wäre er auch noch am Leben. Das ist furchtbar. Sie sollten sich alle um wichtigere Dinge kümmern als eine Strafe für mich."
Er bemerkte schließlich, dass Jane ein wenig angespannt und abwesend wirkte. Das gefiel ihm gar nicht. "Jane, bist du sicher, dass alles in Ordnung ist? Du wirkst nicht so. Willst du dich vielleicht erst einmal setzen? Du solltest dich nicht so aufregen. Es tut mir leid. Ich sollte dich damit nicht belasten."

"Ist schon in Ordnung." murmelte sie. "Ich möchte ja, dass du auch solche Dinge mit mir teilst." Sie gab ihm einen Kuss und lehnte sich dann an seine Schulter. So konnte sie seine beruhigende Nähe genießen und gleichzeitig ein wenig Halt bei ihm suchen.
Eine Hand hatte sie um Henry gelegt, so dass sie sich an ihn schmiegen konnte, die andere ruhte auf ihrem Bauch. Wenn doch nur das Ziehen nachlassen würde ...
"Vielleicht finden wir ja noch eine Lösung, wenn wir erst einmal darüber geschlafen haben." murmelte sie nachdenklich. Im nächsten Moment durchfuhr sie ein jäher Schmerz und mit leisem Keuchen vergruben sich ihre Finger in Henrys Hemd. "Ich glaube, dein Kind ist auch nicht ganz zufrieden mit der Situation." murmelte Jane und versuchte sich wieder zu entspannen.
Etwas, was sich jedoch als hoffnungslos herausstellte, denn nur einen Moment später war sie sich ganz sicher, dass die Schmerzen nicht wieder vorbei gehen würden ... die Wehen setzten viel zu früh ein.
"Aber ich habe Harrys Pullover doch noch gar nicht fertig." nuschelte sie ein klein wenig benommen.

"Ja. Aber ich möchte nicht, dass du darunter leidest, verstehst du? Es tut mir leid, Jane." Henry betrachtete seine Liebste ein wenig skeptisch und beschloss, sie erst einmal nicht aus den Augen zu lassen.
"Ja, vielleicht tun wir das.", pflichtete er ihr bei. Er glaubte zwar nicht recht daran, aber er wollte nicht, dass Jane sich da hinein steigerte. Henry strich ihr sanft über den Rücken.
"Nein? Dann müssen wir dafür sorgen, dass es - was??" Henry starrte sie entgeistert an. "Wie meinst du das, du hast Harry Pullover noch nicht fertig?" Er wusste genau, was sie meinte. Aber eigentlich wollte er es nicht wahr haben. "Nicht das, was ich denke, oder doch?" Mit einem Mal hatte er Angst. Große Angst. Es war doch viel zu früh...

Jane lächelte müde. "Nun, auch wenn ich keinen Ehegelöbnis gesprochen habe, so ist es doch trotzdem in guten wie in schlechten Zeiten, nicht wahr?" erwiderte sie und gab Henry einen Kuss auf die Wange. "Wenn du so etwas durchstehen musst, will ich für dich da sein, du bist es für mich immerhin auch."
Jane hätte gerne noch mehr gesagt, aber jetzt forderte doch erst einmal ein ganz anderer Umstand ihre Aufmerksamkeit und vor allem ihre ganze Kraft. Sie blinzelte und hielt sich an Henry fest als eine erneute Wehe einsetzte und sie einen Moment später keuchend zurück ließ. "Ich habe ihm versprochen, dass ich ihn fertig habe, bevor das Kind kommt." erwiderte Jane leise. Ihr Atem ging ein wenig schwerer und einen Moment später schloss sie die Augen als sie das Fruchtwasser an ihren Beinen hinab laufen spürte.
"Henry" begann sie langsam. "Ich glaube ... ich sollte mich hinlegen." Allerdings rührte sie sich nicht vom Fleck, da sie ihren eigenen Beinen nicht traute. Wenn sie Henry jetzt los lassen würde, war sie sich nicht sicher, ob sie es auch nur einen Schritt weit schaffen würde.

Henry nickte. "Das ist wahr...normalerweise habe ich dagegen auch nichts, aber du sollst dich nicht so aufregen und das weißt du auch." Er seufzte leise, wurde schließlich aber ganz aufmerksam, als Jane sich an ihm festklammerte.
Henry schlug das Herz plötzlich bis zum Hals. Das war nicht gut...
"Wir...wir sagen Harry einfach, dass sein Geschwisterchen es etwas eilig hatte und du seinen Pullover fertig machst, sobald du kannst." Er schluckte schwer und löste sich aus seiner Starre. "Ja...ja.du hast sicher Recht." Kurzerhand hob er sie vorsichtig hoch und legte sie auf das Bett. "Ganz ruhig, Jane."
Und dabei war er selber einer Panikattacke nahe. Ohne weiter darüber nachzudenken eilte er zur Tür und öffnete sie, herrschte dann einen vorbeieilenden Diener an. "Hol die Hebamme! SOFORT!"

Mit einem Mal musste Jane mit den Tränen kämpfen. Dieser verdammte Pullover ... dabei hatte sie es ihm doch versprochen. "Sag ihm, dass es mir Leid tut, ja?" bat sie Henry und bemühte sich die Tränen zurück zu halten, die in ihren Augen brannten.
Jane war unglaublich erleichtert, dass Henry sie zum Bett hinüber trug, so musste sie sich wenigstens keine Sorgen machen, ob sie den Weg schaffte oder nicht.
Als er jedoch zur Tür eilte, ergriff sie ein kurzes Gefühl der Panik. Er durfte sie doch nicht alleine lassen! Aber zum Glück tat er das nicht und als Henry zu ihrem Bett zurück kehrte, griff Jane fast panisch nach seiner Hand. "Lass mich ja nicht allein!" ermahnte sie ihn mit leiser, aber strenger Stimme. Sie brauchte ihn jetzt mehr als alles andere hier an ihrer Seite.

"Jane...Harry ist ein guter Junge. Er wird das verstehen und dir nicht böse sein. Dazu freut er sich doch viel zu sehr auf sein Geschwisterchen. Mach dir keine Sorgen. Ich werde es ihm erklären." Und solche DInge fielen ihm bei Harry unglaublich viel leichter als bei seinen anderen Söhnen.
Er ließ sich neben ihr auf die Bettkante sinken und umfasste ihre Hand mit seinen. "Ganz ruhig. Ich lasse dich nicht allein. Das habe ich bei Harry doch auch nicht getan, meine Liebste. Alles wird gut, du wirst sehen..."
Auch wenn er sich Sorgen machte, weil es zu früh war....das würde er Jane sicherlich nicht spüren lassen. "Die Hebamme wird gleich kommen und dann wirst du nochmal stolze Mutter sein."

Jane nickte langsam. "Ich wäre wirklich gerne vorher fertig geworden." murmelte sie und schloss für einen Moment die Augen als Henry seine Hände um ihre schloss. Eine erneute Welle des Schmerzes durchfuhr sie und Jane klammerte sich an Henry fest bis der Schmerz wieder nach ließ.
Erschöpft sah sie ihn an und biss sich leicht auf die Unterlippe. Das hier war nicht gut, es war viel zu früh und das wussten sie beide. "Es ist zu früh, Henry." erwiderte sie auf seine beruhigenden Worte und bemühte sich dabei, trotz allem die Angst nicht zuzulassen, die in ihr aufkeimte. Angst um das was ihnen nun bevor stand. Angst um sich und das Kind. Eine Geburt zu einem solchen Zeitpunkt war alles andere als ungefährlich und das wusste sie genau.

"Ich weiß...aber wenn du ihn nachher fertig machst, wird Harry sich auch freuen. Hauptsache, er bekommt seinen Pullover von dir. Er wird das verstehen, Jane. Mach dir darüber keine Gedanken.", beruhigte er sie weiter.
Henry schloss einen kurzen Moment lang die Augen und atmete langsam aus. Dieses Thema hatte er eigentlich vermeiden wollen. "Ich weiß...aber du wirst sehen, es wird gut gehen. So lange hätte es ohnehin nicht mehr gedauert. Ihr schafft das. Du bist doch meine Kämpferin. Du wirst das hier überstehen und dann wird Harry sein Geschwisterchen kennenlernen. Also hör auf dir Sorgen zu machen und konzentriere dich darauf, dass du das schaffst. Du kannst mich schließlich nicht einfach im Stich lassen, das lasse ich nicht zu."

Jane lächelte traurig. Wie lieb Henry sein konnte ... "Henry, es wären noch gut fünf Wochen gewesen." widersprach sie ihm sanft und drückte kurz seine Hand. Sie wollte ja selbst nicht einfach so aufgeben, aber sie wollte sich darüber klar sein, dass es nicht so einfach war, wie Henry tat. Das Risiko, dass dem Kind oder ihr etwas geschah war durchaus hoch. Oder möglicherweise sogar ihnen beiden.
Der Schweiß trat Jane auf die Stirn als sich die nächste Wehe ankündigte und sie die Zähne zusammen beißen musste, um keinen Laut von sich zu geben.
Als sie den Kopf wieder in die Kissen sinken ließ, suchte sie erneut Henrys Blick. "Hilf mir mit dem Kleid, ja?" bat sie ihn und zog seine Hand zu ihren Lippen, um einen Kuss darauf zu hauchen. "Ich liebe dich, Henry."

"Musst du immer alle meine Versuche dich aufzumuntern zunichte machen?", fragte Henry mit einem schiefen Grinsen und schüttelte dann den Kopf. "Ich weiß das alles...aber ich weiß auch, dass du stark bist. Ich brauche dich, Jane. Tu mir das nicht an." Henry schluckte schwer, damit die Panik ihn nicht übermannte. Er hatte wahnsinnige Angst um Jane und das Kind, aber er wollte sie nicht noch nervöser machen. Sie wusste selber nur zu gut wie es stand. "Fünf Wochen ist nicht allzu viel...Harry ist doch auch ein starkes, gesundes Kerlchen. Also wird dieses Kind das auch verkraften. Da bin ich sicher. " Und er hoffte sehr, dass er überzeugter klang, als er sich fühlte. Das konnte Gott ihm doch nicht antun...nicht Jane. Nicht, wo er zum ersten Mal jemanden wirklich aufrichtig liebte. Wo sie ihn zu einem besseren Menschen machte.
Er nahm die Gelegenheit zur Ablenkung wahr und half ihr behutsam aus ihrem Kleid heraus. "Das Kleid kannst du ohnehin wegwerfen...", murmelte er unruhig, zwang sich aber zu einem Lächeln. "Ich dich auch, Jane."

"Ich bin halt gerne realistisch." erwiderte Jane und zwang sich zu einem Lächeln. "Mach dir keine Sorgen, Henry. Ich werde mir in jedem Fall Mühe geben." versprach sie dann und war mehr als dankbar, dass er ihr aus dem Kleid half. So musste sich die Hebamme darum nicht mehr kümmern sobald sie kam.
"Ich bin sicher, du wirst mir ein schönes neues kaufen, nicht wahr?" erwiderte sie und versuchte Henry damit wieder ein wenig abzulenken. Sie musste stark sein. Für ihn, für Harry und für ihren jüngsten Nachwuchs.
Sie strich Henry mit zitternden Fingern über die Wange und zog ihn dann sanft zu sich hinunter, um ihm einen Kuss zu geben. "Ich glaube, ich höre jemanden kommen." murmelte sie, als sie ihn wieder frei gab.

"Natürlich werde ich das. Was immer du möchtest..." Für Jane würde er wirklich alles tun, solange er es bewerkstelligen konnte. Er erwiderte ihren Kuss und löste sich dann von ihr, um ihr zart über die Stirn zu streichen. "Ja, ich auch. Das wird sicherlich die Hebamme sein. du wirst sehen, alles wird gut."
Und er war ausgesprochen erleichtert, dass es letztlich auch wirklich die Hebamme war, denn allein mit Jane das hier durchzustehen...das hätte nicht seiner Macht gestanden.
"Gib dein Bestes, meine Schöne...ich bin bei dir, was auch immer passiert. Du schaffst das schon...", murmelte er, als die Hebamme sich ans Werk machte.

Jane kam es vor als wären Tage vergangen bis die Hebamme endlich ein kurzes aufmunterndes Lächeln auf den Lippen zeigte. "Na komm, noch einmal Liebes, dann hast du es geschafft." sprach sie Jane zu als die letzte Wehe einsetzte.
Völlig erschöpft, ließ Jane sich schließlich wieder in die Kissen sinken und beobachtete, wie die Hebamme sich abwandte. Panik stieg in ihr auf und mit weit aufgerissenen Augen sah sie zu Henry hinauf. "Was ist? Was ist mit dem Kleinen?" flüsterte sie heiser, die Stimme erfüllt mit Sorge, weil sie das Kind weder hatte schreien hören noch hatte man ihr einen Blick auf es gewährt. "Henry!" drängte sie ihren Geliebten zu einer Antwort.
Dass sie selbst völlig am Ende ihrer Kräfte war, spielte gerade keine Rolle. Sie musste wissen, ob es ihrem Kind gut ging!

Henry hatte das Gefühl, noch nie im Leben solche ANgst gehabt zu haben. Er hatte noch nie so sehr gefürchtet, jemanden zu verlieren. Als sie es schließlich geschafft hatte, runzelte Henry irrtiert die Stirn. Er konnte Janes Sorge durchaus verstehen....das Kind schrie nicht. Er fühlte sich, als würde eine kalte Hand nach ihm greifen. Das durfte doch einfach nicht wahr sein. Nicht jetzt...nicht das Kind....Bitte, Gott, nicht das Kind...Jane kann doch nichts dafür...Ich werde bereitwillig die Buße des Papstes annehmen, alles, aber lass das Kind leben...
Er antwortete Jane nicht, sondern erhob sich, um zu der Hebamme hinüber zu gehen.
Diese hob die Hand und gab dann in diesem Moment dem Kind einen festen Klaps auf den Po. Henry starrte sie entsetzt an, aber offenbar wusste sie, was sie tat. Das Kind begann zu schreien, nicht sehr laut, nicht sehr kräftig, aber es schrie. Henry fuhr sich erleichtert diurch das Gesicht und stützte sich am Tisch ab.
Es war ein Mädchen. Sehr klein und zierlich, aber offenbar doch mit einem Funken Kampfgeist. Und mit etwas Glück würde die Kleine es schaffen...

"Henry!" Janes Stimme zitterte als Henry ihr keine Antwort gab, sondern sich stumm erhob und zu der Hebamme trat. Panik machte sich in ihr breit und wenn sie nicht so müde gewesen wäre, wäre sie sofort aufgestanden, um selbst nachzusehen. So war sie jedoch zum Warten verurteilt.
Als einen Moment ein leiser, aber doch bemühter Schrei durch das Zimmer drang, liefen Jane die ersten Tränen über das Gesicht. Ihr Kind war am Leben!
"Ich will es sehen!" bat sie mit heiserer Stimme und war nur zu erleichtert als die Hebamme nickte, das Kind in ein weiches Tuch wickelte und an ihr Bett trat. "Es ist ein kleines Mädchen, Mylady." erklärte sie lächelnd und legte das Bündel vorsichtig in Janes Arme. "Sie ist sehr klein und wiegt nicht genug, aber wenn sie genauso weiter kämpft wie bisher wird sie es schaffen, da bin ich sicher." erklärte sie mit zuversichtlicher Stimme. Allerdings entging Jane nicht der Blick, den die Hebamme Henry zuwarf. Ganz so sicher war sie sich scheinbar doch nicht.
"Oh Gott, du bist so winzig, meine Kleine." murmelte Jane und trotz der Tränen auf ihren Wangen, lächelte sie liebevoll. Ein kleines Mädchen!