William und Joanna - ab 1182 bis 1183

Henry ballte die Fäuste. "Du wirst tun, was ich sage!" Warum musste Richard nur so einen Sturkopf haben? Das hatte er eindeutig von Eleonore!
"Wenn die Normandie fällt, wirst du nichts mehr zu lachen haben, Richard. Abgesehen davon kennt auch Philippe unsere Schwachstellen. Was sagt dir, dass er nicht zuerst Aquitanien oder die Bretagne nehmen will? Er wird einen Weg und Verbündete finden, du wirst sehen. Also reiß dich zusammen! Leiste diesen Eid!"
Der junge Henry sprang auf. "Wenn ich mich traue?! Du wirst schon sehen, woran du bist, wenn ich in Aquitanien sitze und triumphiere!"
Sein Vater fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Das war eine Katastrophe.

"Ich habe durchaus Ahnung von militärischen Strategien, Vater. Wenn er die Bretagne will, muss er entweder durch die Normandie, Maine oder das Anjou ... durch Henrys Gebiete. Oder sagen wir mal, durch die Gebiete, von denen Henry so tut, als wären es seine, obwohl du doch selbst fleißig die Hand darüber hältst, Vater." erwiderte Richard. "Und sollte er so dumm sein und sich zuerst nach Süden wenden und nach Aquitanien kommen, so sei es. Ich werde ihn dort gebürtig empfangen und da ich ein sicheres Bündnis zum Grafen von Toulouse habe, werde ich im Notfall auch auf seine Unterstützung setzen können. Du siehst also, Aquitanien ist durchaus in der Lage seine Unabhängigkeit zur Not mit Gewalt zu verteidigen." erklärte Richard voller Eifer.
Er hatte bereits ein paar Schritte getan als die Stimme seines Bruders ihn doch noch einmal dazu anhielt sich umzudrehen. Richard grinste hämisch. "Du? Im Leben nicht. Du hast ungefähr so viel militärisches Geschick, wie der Stuhl auf dem du gerade noch gesessen hast. Ehe du mir Aquitanien abnehmen könntest, würde die Hölle zufrieren. Außerdem ... vielleicht solltest du erst einmal ein wenig Erfahrung in deinen eigenen Gebieten sammeln, bevor du auf die Besitzungen anderer schielst." Damit ließ Richard sowohl seinen Bruder als auch seinen Vater sitzen und verließ den Raum.
Er hatte seinen Standpunkt deutlich gemacht und vor Henry, diesem Dummkopf, fürchtete er sich nun am aller wenigsten. Lediglich mit seinem Vater würde er Probleme bekommen und vielleicht wäre es ratsam mit diesem später noch einmal unter vier Augen zu sprechen. Aber so oder so, er würde Henry keinen Eid leisten.

Henry ging aufgeregt hin und her. Er war wütend. Wie konnte Richard ihn so beleidigen, überhaupt so mit ihm sprechen? Das war ungeheuerlich! Vielleicht sollte er wirklich versuchen Aquitanien zu nehmen. Aber da würde sein Vater ganz sicher nicht mitspielen. Der war sowieso aufgebracht, weil sie untereinander stritten.
Erstaunlicherweise war Geoffrey bei ihm geblieben und war nicht wütend abgerauscht wie Richard.
"Oh Geoffrey, ist Richard nicht furchtbar? So von sich überzeugt. Ich werde ihm schon zeigen, was er davon hat!", regte er sich auf. "Und Vater...Vater will sich da wohl nicht einmischen. Warum auch immer er das nicht will..."

Geoffrey

Geoffrey hatte im Nu erkannt, dass es ihm direkt in die Hände spielen würde, wenn Richard sich mit Henry überwarf und hatte deshalb einen neuen Entschluss gefasst. Er hatte noch nie vor einer guten Intrige zurück geschreckt, war wohl derjenige unter den Brüdern, der am meisten Geschick darauf aufwenden konnte, andere Menschen für seine Zwecke zu manipulieren. Und Henry war ein gefundenes Fressen für ihn, aufbrausend und gleichzeitig naiv wie er war.
Also war er geblieben und beobachtete seinen Bruder nun, wie dieser unruhig in dem Gemach auf und ab lief und vor sich hin schimpfte. "Sicher." erwiderte er und nippte an seinem Wein. "Richard ist ein selbstgerechter Bastard." pflichtete er Henry bei und lächelte. "Aber wir könnten ihm zeigen, wo sein eigentlicher Platz ist. Und dafür bräuchten wir Vater nicht einmal. Gemeinsam könnten wir problemlos gegen ihn vorgehen." erklärte Geoffrey.
Er stellte den Becher bedächtig auf den Tisch und erhob sich langsam, trat vor Henry und legte eine Hand auf dessen Schulter. "Henry, Richard hat keine Chance gegen uns zwei. Und dann wird er schon sehen, was er von seinen schönen Worten hat. Und Vater wird einsehen müssen, dass du es durchaus verdient hast, Befugnisse in der Normandie zu erhalten." redete Geoffrey beschwörend auf seinen Bruder ein.

Henry hielt in seinem unruhigen Lauf inne und starrte Geoffrey an. "Wir? Wir Beide gemeinsam? Was ist denn in dich gefahren?" Geoffrey hatte noch nie wert darauf gelegt ein Bündnis mit seinen Brüdern einzugehen.
"Wir bräuchten Vater nicht? Was hast du vor?" Henry legte Geoffrey die Hand ebenso auf die Schulter. "Vater muss das einfach einsehen. Und in einem Punkt hat er ja recht. Zusammen sind wir recht stark. Stärker als allein. Was also ist dein Plan, Bruder?"
Hier eröffnete sich eine ganz neue Möglichkeit.

Geoffrey

Geoffrey lächelte. "Ja, wir beide gemeinsam. Ich bin es satt, dass Richard immer mit allem durch kommt und auch noch in den Himmel gelobt wird. Er hat Aquitanien überhaupt nicht verdient." erwiderte Geoffrey und triumphierte innerlich als Henry so furchtbar leicht auf ihn ansprang.
"Sobald Vater wieder in England ist, ziehen wir Truppen zusammen. Du in der Normandie, in Maine und in Anjou, ich bringe die Männer aus der Bretagne. Wenn wir uns zusammen schließen, werden wir Richard im Handumdrehen zermalmt haben und er wird vor uns auf den Knien um Gnade betteln." erklärte Geoffrey und sah Henry eindringlich an. "Stell es dir vor, Henry, wie dieser selbstherrliche Mistkerl vor dir im Dreck kniet. Wäre das nicht ein erbaulicher Anblick? Und danach hat Vater gar keine andere Wahl als einzusehen, dass du endlich zu deinem Recht kommen musst. Du wirst endlich erhalten, was dir zusteht, wenn wir erfolgreich sind." versuchte Geoffrey seinem Bruder die ganze Sache schmackhaft zu machen.

Henry  lächelte zurück und seine Miene hellte sich auf. Oh, wie wunderbar das doch klang... "Ich bin es genauso satt. Nur weil er Mutters Lieblingssohn ist hat er Aquitanien erhalten, nicht weil er ach so fähig ist. Wir Beide können ihm allemal das Wasser reichen."
Er nickte langsam. "Gut, das wird sich einrichten lassen. Wir werden handeln ehe Richard weiß, wie ihm geschieht." Er lachte auf.
"Das ist perfekt. Dieser Anblick wäre in der Tat...sehr erbaulich. Ich komme zu meinem Recht..:" Er legte den Kopf schief. "Aber was hast du davon? Was willst du für deine Hilfe, Bruder?"

Geoffrey

"Das können wir. Und wir können ihn sogar übertrumpfen." erklärte Geoffrey entschlossen und musste ein Grinsen unterdrücken. Das hier war leichter als einem kleinen Kind die Süßigkeiten zu stehlen. Henry war manchmal wirklich ein Einfaltspinsel und so leicht zu beeinflussen ...
Geoffrey nickte entschlossen. "Das werden wir. Und ehe Richard überhaupt weiß, dass wir uns zusammen getan haben, stehen wir schon vor seiner Tür und nehmen sein heiß geliebtes Aquitanien im Handstreich ein."
Geoffrey lächelte nachsichtig als Henry schließlich bewusst wurde, dass Geoffrey auch etwas vom Kuchen abbekommen wollte. "Zum einen kann ich mich an dem herrlichen Anblick erfreuen, den hochgelobten Richard am Boden zu sehen. Und zum anderen ..." Er machte eine kurze Pause und drückte leicht Henrys Schulter. "Überlass mir Aquitanien, Bruder. Gib es mir, wenn wir Richard besiegt haben und ich werde dir noch im gleichen Atemzug den Treueid für sämtliche meiner Besitzungen leisten. Für die Bretagne und Aquitanien. Alles wird in deinen Händen zusammenlaufen."

Henry lächelte verklärt. "Ja, das können wir und das werden wir. Und dann werden wir Aquitanien haben. Endlich wird es unser sein."
Er klopfte Geoffrey auf die Schulter und grinste leicht. "Der Anblick ist Lohn genug, was? Aber gut...wenn wir es nehmen und Richard am Boden liegt, sollst du Aquitanien haben und mir den Eid schwören. Ich werde endlich von Vater für voll genommen werden. Und dann sind wir Beide unbezwingbar."
Das war ein sehr hervorragender Plan.
"Damit wird Richard am Boden liegen."

Diese absurde Mischung aus Erleichterung und Sorge war wieder über Mary herein gebrochen als die Wehen am Morgen eingesetzt hatten. Erleichterung, weil das Kind nun endlich auf die Welt kam, Sorge, weil der schwerste Teil ihr noch bevor stand.
Seit einiger Zeit war die Hebamme nun bei ihr und Mary flehte Gott und die heilige Jungfrau an, auf dass das Kind endlich auf die Welt kommen und die Schmerzen ein Ende nehmen würden. Als nun ein weiterer Schrei über ihre Lippen kam, sah die Hebamme auf und lächelte leicht. "Ihr habt es fast geschafft, mein Kind. Nur noch ein bisschen und ihr werdet Euer Kind in den Armen halten können. Der Kopf ist schon zu sehen!" ermutigte sie Mary, die die Finger in den Bettlaken vergrub und die Augen schloss als die nächste Wehe durch ihren Körper schoss.
Aber wenigstens war es diesmal all die Mühe mehr als wert. Dieses Mal würde es ein Junge werden, da war sie sich sicher. Sie würde Gerard glücklich machen mit dem Kind ...

Gerard war nervös vor der Tür auf und ab gelaufen, als seine Frau in den Wehen lag. Diesmal würde es der ersehnte Erbe werden, da war er sich mehr als sicher. Und dann würde alles gut werden. Seine Familie war endlich vollständig und bei weiteren Kindern, die seine süße Mary ihm schenken würde, konnte er deutlich entspannter sein.
Als die Hebamme ihn endlich hinein bat, musste er sich beherrschen um nicht zum Bett hinüber zu rennen. "Mary! Geht es dir gut? Und dem Kind?"
Auch wenn sie dann und wann stritten, er liebte sie sehr und er würde es nicht ertragen, wenn ihr etwas passieren sollte.

Mary saß im Bett und hielt das kleine Bündel in den Armen. Das kleine Bündel, das ihr Kind war und das sie eigentlich überglücklich hätte machen sollen. Stattdessen rannen ihr in einem fort die Tränen über die Wangen. Das konnte einfach nicht möglich sein, sie war sich so sicher gewesen, so fest überzeugt davon, endlich den gewünschten Sohn zu bekommen und jetzt?
Mary hielt den Blick gesenkt als sich die Tür öffnete und Gerard herein stürzte. Wie enttäuscht er sein würde ... wieder einmal. Das dritte Mal, das sie ihren Gemahl so enttäuscht hatte.
Als er an ihrem Bett anhielt, sah sie aus traurigen Augen zu ihm auf. "Gerard ..." murmelte sie leise, musste schwer schlucken und senkte wieder den Blick, weil die Tränen sich ihrer erneut bemächtigten. "Es tut mir so Leid."

Gerard trat an das Bett und setzte sich auf die Kante. Seine Miene verfinsterte sich, als er die Tränen in ihrem Gesicht sah. Vorsichtig strich er mit dem Daumen über ihre Wange.
"Was ist?" Doch als sie sich entschuldigte und er einen flüchtigen Blick auf das Bündel in ihren Armen warf, begriff er.
"Ein Mädchen...",stellte er düster fest. "Das darf doch nicht wahr." Er stand wütend auf. "Das kann nicht sein! Warum gebärst du mir schon wieder ein Mädchen? Was soll ich mit noch einer Tochter?"
Es tat ihm ja leid, dass sie auch enttäuscht war. Aber wie so oft gewann die schlechte Laune erst einmal die Oberherrschaft.

Wäre Mary von der anstregenden Geburt nicht so erschöpft gewesen, hätte sie Gerard möglicherweise Paroli geboten, doch so zuckte sie leicht zusammen als er sich wütend erhob. Sie senkte den Blick und schluchzte leise, drückte ihr Kind ein wenig fester an sich. "Ich ... es tut mir Leid, verzeih mir. Ich war mir so sicher, es würde ein Junge werden ... es tut mir Leid." erwiderte Mary hilflos.
Doch was hätte sie auch tun sollen? Wie hätte sie ahnen können, dass sie wieder ein Mädchen trug und wie hätte sie es verhindern sollen?
Mary atmete tief durch und mahnte sich zur Ruhe. Sie sah wieder auf. "Immerhin ist sie gesund." erklärte sie dann mit belegter Stimme. "Dass ist doch das Wichtigste. Und wir bekommen schon noch einen Sohn, da bin ich mir sicher."

Gerard schüttelte leicht den Kopf. "Ja, ich war mir auch sicher...", erwiderte er grimmig. "Aber scheinbar kannst du mir nur Töchter schenken." Er verschränkte die Arme vor der Brust und versuchte recht erfolglos sich ein klein wenig zu beherrschen. Wenn seine Enttäuschung doch nur nicht so tief sitzen würde. Es juckte ihn bei ihren Worten schon wieder in den Fingern. Was redete sie nur schon wieder für einen Unsinn?
"Es tut dir leid? Das hilft mir auch nicht viel weiter. Sie ist gesund? Ja, toll....Dass wir noch einen Sohn bekommen sagst du mir jedes Mal und jedes Mal wird es doch wieder ein Mädchen. Ich brauche einen Erben!"

Mary schüttelte den Kopf. "Nein, nein, ich bin sicher, dass ich dir einen Sohn werde schenken können." erwiderte Mary ein wenig verzweifelt. "Es ... es ist doch erst das dritte Kind. Wir bekommen unseren Sohn sicher noch." erwiderte Mary und sah dann auf ihre kleine Tochter hinab. "Willst du sie dir einmal ansehen?" fragte sie, wenngleich sie wenig Hoffnung hegte. "Sie braucht auch noch einen Namen ..." Wenn er sich vielleicht wenigstens ein bisschen mit seiner Tochter auseinander setzte, würde seine Wut womöglich etwas abflauen.
Sie hätte ihm ja gerne einen Sohn geschenkt, aber was sollte sie denn tun? "Wir ... werden es einfach weiter versuchen." erklärte Mary dann leise.

Gerard hob skeptisch die Augenbrauen. "Sicher? Ich bin nicht sicher. Erst das dritte Kind...und wie viele Töchter soll ich noch durchfüttern, bis ich endlich einen Sohn habe? Töchter, die ich alle verheiraten muss?"
Gerard schüttelte den Kopf, die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen gepresst. "Nein, will ich nicht. Ich hab sie doch vorhin gesehen. Dann gib ihr einen Namen und schick einen Diener zum Priester, damit er sie tauft. Und dann suche ich eine Amme, schnellstmöglich. Damit wir es auch wirklich weiter versuchen."
Oh wie sehr er doch gehofft hatte, dass dieses bange Warten endlich ein Ende hatte.

Mary biss sich auf die Unterlippe. Seine Vorwürfe trafen sie hart, aber sie hatte wohl nichts anderes verdient, immerhin hatte sie ihn wieder einmal enttäuscht.
"Du ... hast sie ja kaum angesehen." widersprach Mary dann jedoch. "Willst du sie nicht genauer sehen? Oder sie einmal halten?" fragte sie und stieß dann geräuschvoll die Luft zwischen den Zähnen hervor. "Frag doch zunächst einmal Edith. Vielleicht würde sie sich wieder um die Kleine kümmern, dann läge alles in ihrer Hand und wir müssten nicht mehrere Leute damit beauftragen." wandte Mary dann ein und wischte sich ein paar Tränen von den Wangen fort.
Und dann, wenn eine Amme gefunden war, würde es weiter gehen und sie konnte nur hoffen, dass sie bald einen gesunden Jungen zur Welt bringen würde.

Gerard zuckte mit den Schultern. "Ich habe sie gesehen, das reicht. Sie sieht nicht anders aus als die anderen Beiden in dem Alter. Es ist besser, wenn du sie hältst."
Er traute seiner Beherrschung nicht über den Weg. Zwar würde er niemals einem Kind etwas tun, aber manchmal überkamen ihn seine Gefühle doch noch unverhofft. Außerdem interessierte ihn das Mädchen schlichtweg nicht.
"Ja, ja, schon gut. Ich werde sie fragen und vielleicht macht sie es ja. Dann hätten wir ein Problem weniger. Ich schicke jemanden zum Pfarrer, überleg du dir also in der Zeit, wie du die Kleine nennen willst, mir ist es gleich."

"Wie du meinst." erwiderte Mary nüchtern und kämpfte ein wenig mit ihrer Fassung. Konnte es wirklich sein, dass das Mädchen ihm so egal war? Sie wusste ja, wie sehr er sich einen Sohn gewünscht hatte, aber dass er deshalb eine Tochter so ablehnte?
Mary schluchzte leise und legte die Hand vor den Mund, versuchte sich etwas zusammen zu reißen. Sie überlegte kurz und traf rasch eine Entscheidung. Wenn ihr Vater die Kleine schon ignorierte ... "Was hältst du von Marian?" schlug sie vor in der Hoffnung, dass sie ihm vielleicht doch noch eine positive Reaktion würde entlocken können.
"Gerard, wir sind noch jung ... beim nächsten Mal klappt es bestimmt, du wirst sehen." redete sie dann noch einmal beschwörend auf ihn ein.

Gerard nickte knapp und ignorierte Marys Schluchzen. Sie würde sich schon damit abfinden, dass er dem Mädchen keine große Beachtung schenkte. "Ja, ja, schon in Ordnung. Warum nicht." Marian war ja ein normaler Name.
"Das sagst du jedes Mal und jedes Mal wird es wieder ein Mädchen. Das ist schon das dritte Mädchen, Mary. Und jedes Mal sagst du mir: beim nächsten Mal klappt es." Ihn beschlich allmählich der Verdacht, dass Mary einfach keine Söhne gebären konnte. Und wenn das wirklich so war, hatte er ein großes Problem. Er liebte sie ja, aber er brauchte einen Erben.

Gerards Worte ließen das Fass nun doch überlaufen. Oder vielleicht waren es genau die Worte, die er nicht sagte, sondern nur dachte, doch mit einem Mal verengte Mary die Augen und straffte die Schultern.
"Ja, beim nächsten Mal, das ist das einzige, was ich sagen kann und ich bin zuversichtlich, dass wir irgendwann einen Sohn bekommen. Aber was soll ich denn deiner Meinung nach tun, hm? Mehr als schwanger werden und dir ein Kind nach dem anderen schenken kann ich doch wohl kaum, oder?" erwiderte sie feindselig.
"Ich weiß genau, was du mir nun in Gedanken unterstellst, aber vielleicht ist es ja auch gar nicht meine Schuld!?" fuhr sie Gerard verärgert an.

Gerard spürte, dass er schon wieder dabei war die Kontrolle zu verlieren, aber er konnte es nicht ändern. Er konnte dagegen nicht angehen.
"Irgendwann ist mir aber zu wenig. Wir werden die Hebamme fragen, ob man es irgendwie beeinflussen kann. Und ich werde direkt nachher mit Edith sprechen.", erklärte er mühsam beherrscht, bis ihre Worte ihn schließlich explodieren ließen. Er ballte die Hände zu Fäusten und hielt sich im letzten Moment davon ab sie mit dem Säugling im Arm zu schlagen. Davor hatte er dann doch Skrupel.
"Wie kannst du es wagen?!", zischte er wütend. "Wage es nicht so mit mir zu reden, Weib! Jeder weiß, dass solche Dinge an der Sündhaftigkeit der Frauen liegen! Und ich erinnere mich noch ausgezeichnet, wozu du mich verführt hast...das ist die Strafe Gottes dafür."

"Dann frag sie, aber glaub nicht, dass es irgendein Wundermittel gibt, denn dann hätte ich mich dessen schon längst bedient. Ob wir einen Sohn oder eine Tochter bekommen, liegt in Gottes Hand und er wird sich schon etwas dabei denken." erwiderte Mary kühl, obwohl sie genau wusste, dass sie mit dem Feuer spielte. Hier und jetzt, so kurz nach der Niederkunft und mit der kleinen Marian im Arm würde Gerard es nicht wagen sie anzurühren, egal wie wütend er war, aber später ...
Doch davon wollte sie sich nicht einschüchtern lassen. "Nenn mich nicht so!" zischte Mary wütend. "Du könntest mir schon etwas Respekt entgegen bringen." Doch im nächsten Moment schnappte sie überrascht nach Luft. Dass er ihr das vorhalten würde, hatte sie nicht erwartet. "So? Und dabei hatte es ganz den Anschein, als hätte es dir ausgesprochen gut gefallen!"

Gerard schüttelte den Kopf. "Vielleicht hast du nur nicht gründlich genug nachgefragt. Irgendetwas wird es schon geben. Gottes Hand..ja...aber vielleicht straft er uns wirklich. Man sagt nicht umsonst, die Frau verführe den Mann zur Sünde! Es ist nur deine Schuld, dass wir keinen Sohn haben! Ich nenne dich so, wie du es verdienst! Wenn du einmal eine demütige, gehorsame Ehefrau wärst, könnte ich dir auch mehr Respekt entgegen bringen."
Gerard trat wohlweislich einen Schritt zurück. Er musste sich beherrschen, immerhin hatte sie einen Säugling auf dem Arm. Auch wenn es ein Mädchen war, würde er nie ein Kind gefährden.
"Besser, ich gehe..."