William und Joanna - ab 1182 bis 1183

"Spiel hier nicht das Unschuldslamm!", fauchte Isabella ihn wütend an. "Unfrieden muss ich nicht stiften, das schaffst du selbst schon gut genug. Ich habe meine Schwester getröstet, weil sie ziemlich geknickt war. Und denkst du, ich glaube ihre dämlichen Ausreden, dass sie die Treppe herab gefallen sei oder sich an der Komode gestoßen habe? Denkst du, ich sehe die blauen Flecke an ihren Armen nicht, die von deinem groben Griff kommen? Du hast sie gar nicht verdient!"
Isabella schaute ihm fest in die Augen.
"Wenn du noch einmal Hand an sie legst und sie schlägst, dann gnade dir Gott, Gerard. Dann werde ich alles daran setzen, dass sie die Kinder nimmt und geht. Und dann wirst du ganz allein sein."

Gerards Gedanken rasten. Dass dieses Weib es wagte so mit ihm zu sprechen! Was ging sie das alles überhaupt an? Das war doch wohl ganz allein eine Sache zwischen Mary und ihm, Isabella sollte sich da besser raus halten.
"Du hast doch keine Ahnung, was du da redest!" zischte er wütend und erhob sich, um nicht länger zu Isabella aufsehen zu müssen. "Das ist allein Marys und meine Angelegenheit, sie ist meine Frau und du hast kein Recht dich einzumischen. Und erst Recht nicht dazu sie und die Kinder von hier fort zu schaffen, hörst du? Also wage es ja nicht mir zu drohen!" knurrte er verärgert.

Isabella stemmte die Hände in die Hüften und unterbrach den Augenkontakt nicht, als Gerard sich erhob. Dieser Mann machte ihr keine Angst und sie würde alles daran setzen Mary vor ihm zu schützen.
"Doch, ich denke, ich habe Ahnung von was ich da rede. Ich weiß, dass du die Kontrolle verlierst. Also arbeite an dir und deiner Beherrschung, sonst schwöre ich dir, wirst du auf Dauer Mary verlieren. Und wenn du sie liebst, solltest du etwas tun. Du hast die Chance, denn sie liebt dich und will bei dir bleiben. Aber wenn du sie wieder schlägst und verletzt, Gerard, werde ich alles daran setzen, dass sie vor dir sicher ist. Diese Angelegenheit geht mich auch etwas an, denn sie ist meine Schwester und ich will sie glücklich sehen. Das ist sie mit dir nicht. Zumindest im Moment nicht. Wie kommst du zum Beispiel dazu sie zu schlagen, nur weil sie ihre Aufgaben gewissenhaft erfüllt? Also sei vorsichtig, Gerard. Mir machst du keine Angst und ich drohe dir so viel, wie es mir passt."

"Du kleines Miststück. Kommst hier her und spielst dich auf als hättest du die Weisheit mit Löffeln gefressen und drohst mir mit Dingen, die du überhaupt nicht umsetzen kannst. Mary ist meine Frau, sie gehört an meine Seite und kein Gericht der Welt würde mich verurteilen, weil ich meine Frau gezüchtigt habe. Du hast also nicht das geringste Recht sie von hier fort zu holen, also spar dir die Reden." erwiderte Gerard bissig, war aber selbst überrascht, dass er solche Worte fand. Tatsächlich versetzten Isabellas Worte ihn nämlich in ziemliche Unruhe. Er wollte ja nicht, dass es Mary schlecht ging und er wollte auch nicht, dass irgendjemand an ihrer Ehe und ihrem Glück zweifelte.
"Und erzähl mir nicht, was sie gewissenhaft erfüllt, sie weiß ganz genau, was zu ihrem Aufgaben gehört und was nicht. Und in diesem Fall hat sie ihre Befugnisse überschritten. Sollte sie das anders sehen, scheine ich mich offenbar immer noch nicht deutlich genug ausgedrückt zu haben." Gerard trat um den Tisch herum und baute sich Isabella gegenüber auf. "Und nun verschwinde und wage es ja nicht, meiner Frau irgendeinen Floh ins Ohr zu setzen. Sonst wirst du meinen Grund und Boden im Nu wieder verlassen, glaub mir."

Isabella lächelte böse. "Die ich nicht umsetzen kann? Und ob ich das kann. Ich rede solange, bis es meiner Schwester wieder gut geht. Sowie du sie unter Druck setzt und ihr Schmerzen bereitest, geht es ihr sicher nicht gut. Ich werde dich im Auge behalten, Gerard. Mag Mary sich selbst die Schuld geben und Angst vor dir haben, ich bin ganz sicher nicht so." Die Ehe mit William hatte ihr einiges an Selbstbewusstsein gegeben und auch deutlich mehr Wortgewandtheit. Sie wusste schon ganz genau, was sie tun würde, wenn Gerard sich nicht besserte. Ihr Vater wäre sicherlich nicht begeistert. Er würde Gerard eigenhändig die Leviten lesen.
Sie ließ sich nicht davon beeindrucken, dass er sich vor ihr aufbaute, sondern sah kalt zu ihm auf. "Ich lasse mir von dir nicht drohen. Was ich mit meiner Schwester bespreche, ist seine Sache. Und du solltest deine Vorstellung von einer Burgherrin überdenken. Sie kann ihre Aufgaben nicht erfüllen, wenn sie keinerlei Freiraum für Entscheidungen hat. Sie sieht es nicht anders als du, aber ich. Nun gut, ich gehe. Aber denk an meine Worte. Ich mache keine leeren Versprechungen.", mahnte sie und wandte sich zum gehen.

Schon als die Nachricht von Isabella gekommen war, dass sie in wenigen Tagen nach London kommen würde, war William überglücklich gewesen und als es nun so weit war und er im Burghof stand, um seine Tochter zu begrüßen, zierte ein breites Lächeln seine Lippen.
Er ging Isabella entgegen und zog sie ohne Umschweife in die Arme, gab ihr einen Kuss auf die Stirn und lachte zufrieden. "Ah, es ist wundervoll dich zu sehen, mein Kind." Er strich ihr über die Wange und musterte sie aufmerksam. "Erstaunlich, aber du scheinst mir seit unserem letzten Treffen sogar noch hübscher geworden zu sein ... wie machst du das nur, hm?"

Mit weniger guten Neuigkeiten hatte Isabella sich auf den Weg nach London gemacht. Sie hatte den festen Vorsatz, Mary aus dieser Ehe zu holen, bis Gerard sichunter Kontrolle hatte. Denn der hatte ihre Warnungen in den Wind geschlagen und war einige Tage später wieder ausgerastet.
Doch jetzt freute sie sich erst einmal auf ihre Eltern. Ihr Vater wartete bereits auf sie und so ließ sie sich bereitwillig in die Arme schließen und küsste ihn auf die Wange.
"Ich bin auch froh dich zu sehen, Vater. Du hast mir gefehlt." Sie lachte leise auf. "Meinst du nicht, das könnte vielleicht an deinem Enkelkind liegen?", fragte Isabella amüsiert.

"Und du mir erst, meine Kleine." erwiderte William und legte Isabella einen Arm um die Taille, um sie nach drinnen zu führen. Er lachte auf und nickte bekräftigend. "Ja, das würde Sinn machen. Ich freue mich so für dich, dass es nun soweit ist. Ich habe dir ja gesagt, es wird schon funktionieren." Während er bei seinem ersten Enkelkind noch zwischen Freude und Sorge geschwankt hatte, da ihm die Geburt des Kindes deutlich vor Augen geführt hatte, dass er nicht jünger wurde, genoss er es mittlerweile umso mehr wenn er wieder einmal Großvater wurde.
"Deine Mutter wartet auch schon sehnsüchtig auf dich. Und deine Geschwister ebenfalls. Seit Sophie gehört hat, dass du kommst, ist sie furchtbar ungeduldig, weil sie dir ihr neues Kleid zeigen will." berichtete William amüsiert und führte seine Tochter über den Burghof. "Wie war deine Reise bisher? Bist du gut über den Kanal gekommen und hast dir mit Mary ein paar schöne Tage gemacht?"

Isabella nickte. "Ich auch. Es hat so lange gedauert, aber jetzt wird alles gut. William war so außer sich vor Freude. Und dann hat er sich Sorgen gemacht wegen der Unruhen auf dem Festland. Ich habe mich dann breitschlagen lassen nach England zu reisen. Ich hoffe, ihm passiert nichts."
Sie seufzte leise. "Ich freue mich auch sehr sie wiederzu sehen. Es ist schon viel zu lange her. Aber sonst geht es allen gut? Hast du etwas von Robert gehört?"
Sie folgte ihrem Vater Richtung Burg.
"Ja, die Reise war gut, das Kind schränkt mich noch nicht ein und bereitet mir nur dann und wann ein bisschen Übelkeit. Ich war bei Mary und habe mich sehr gefreut endlich wieder bei ihr zu sein. Aber ich muss nachher mit dir über ein paar Dinge sprechen. Das ist aber kein Thema für die Öffentlichkeit."

William nickte ein wenig versonnen. "Ein guter Mann. Mir würde es ganz ähnlich gehen. Es war die richtige Entscheidung, dass du hergekommen bist. Ich glaube zwar nicht, dass es soweit kommt, dass du in Rouen wirklich in Gefahr gewesen wärst, aber sicher ist sicher. In so einer Auseinandersetzung kann es schnell zu unerwarteten Situationen kommen." erwiderte William und nickte dann. "Alle gesund und munter. Wir haben Elias, Sophie und Will mit her gebracht, James ist von Cornwall aus wieder nach Italien aufgebrochen, um sein Studium weiterzuführen, aber Edward ist hier, du kannst also eine Reihe deiner Geschwister begrüßen." erklärte William. Dann seufzte er leise und nickte noch einmal. "Ja, das habe ich. Die Lage gefällt mir nicht sonderlich. Richard hat es abgelehnt Henry für Aquitanien zu huldigen und dieser Dummkopf scheint nun seine Truppen in Bereitschaft zu versetzen, so wie Robert schrieb. Wir müssen abwarten wie sich die Sache entwickelt, aber mir gefällt die Sache nicht, ein Bruderkrieg im eigenen Land kann nur Unheil bringen."
William schüttelte ein wenig unwillig den Kopf. "Aber lass uns darüber jetzt kein Trübsal blasen, sondern uns lieber freuen, dass du hier bist, nicht wahr?" William lächelte, wurde dann jedoch schlagartig wieder ernst und sah seine Tochter besorgt an. "So? Nun, dann lass uns zusehen, dass wir hinein kommen ..."

Isabella lächelte. "Und das werde ich nachher ausgiebigtun, wenn ich Mutter begrüßt habe. Aber erst einmal sollte ich mich vielleicht eine halbe Stunde hinsetzen." Sie spürte, dass sie einfach ein bisschen Ruhe brauchte nach der Reise und der Aufregung um Mary.
"Nun, wir werden sehen, wie sich die Lage auf dem Kontinent entwickelt. Ich kann dazu ohenhin nichts beitragen. ich hoffe nur, dass William unversehrt bleibt."
Eine Weile später saß sie mit ihren Eltern zusammen und beschloss, nun das heikle Thema anzuschneiden. "Ich war bei Mary in Essex....und auch, wenn sie es nicht wirklich wahr haben will, sie ist nicht glücklich." Isabella suchte den Blick ihres Vaters.
"Er schlägt sie. Scheinbar hat er Probleme sich zu beherrschen. Wenn er wütend wird, verliert er die Kontrolle und schlägt zu. Er hält sie an der kurzen Leine und lässt sie kaum Entscheidungen treffen. Aber sie liebt ihn und er liebt sie scheinbar auch trotzdem. Du musst etwas unternehmen."

Nachdem Isabella kurz Joanna begrüßt hatte, hatte sie sich einen Moment zurück gezogen, um sich nach der Reise ein wenig auszuruhen und sich frisch zu machen.
Nun saßen sie aber wieder zu dritt beisammen und William brannte bereits darauf zu erfahren, was Isabella unbedingt mit ihm hatte besprechen wollen. Doch als Isabella zu sprechen begann, wurde William blass. "Wie bitte?" fragte er entgeistert, vollkommen fassungslos über das, was Isabella da gerade berichtete. "Er schlägt sie?"
Er spürte, wie bei der bloßen Vorstellung daran bereits sein Puls in die Höhe schoss. Das durfte doch nicht wahr sein! Dieser Bastard wagte es allen ernstes Hand an seine Tochter zu legen?
"Aber wieso hat sie davon nie etwas gesagt, nie geschrieben?" William merkte, dass er die Hände zu Fäusten geballt hatte und zwang sich dazu sie wieder zu öffnen.

Isabella seufzte leise. Eine solche Reaktion hatte sie fast erwartet. Sie hatte es ja auch nicht glauben wollen. Ihre liebe, süße Schwester....
"Ja, ihm rutscht regelmäßig die Hand aus, wenn sie widerspricht. Erst wollte sie mich mit Ausreden abspeisen. Sie sei die Treppe herunter gefallen und habe sich an der Kommode gestoßen. Aber Mary war noch nie tollpatschig. Und an den Armen hat sie ständig neue blaue Flecke. Ich habe ihn darauf angesprochen, da wurde er wütend und sagte, ich solle mich nicht einmischen und keinen Unfrieden zwischen ihnen Beiden stiften. Als ob es mich dazu bräuchte....Er hat sie geschlagen, weil sie eine Magd eingestellt hat, um nur ein Beispiel zu nennen. Und Mary will ihn nicht verlassen. Sie hat nie geschrieben, weil sie sich selbst die Schuld gibt. Sie verzeiht ihm immer wieder und sucht den Fehler bei sich. Und sie ist fest davon überzeugt, dass er sich ändert, wenn sie ihm einen Sohn schenkt, weil dann Druck von ihm abfällt. Ich bin der Meinung, sie muss dort weg mit ihren Kindern."

"Regelmäßig ..." wiederholte William mit rauer Stimme und schloss für einen Moment die Augen während Isabella erzählte. Das durfte doch nicht wahr sein! Sein armes Mädchen und er hatte nicht die geringste Ahnung davon gehabt!
Als er die Augen wieder aufschlug, sah er zu Joanna hinüber. "Ich werde sie morgen dort weg holen." entschied er mit bebender Stimme. "Ich bereche gleich morgen früh auf, bis dorthin brauche ich kaum einen halben Tag, dann bin ich mittags dort und kann sie mitnehmen. Mit den Kindern werden wir nicht so schnell voran kommen und sollten unterwegs nächtigen, aber dann bin ich übermorgen mit ihr und den Mädchen wieder zurück. Ich lasse sie keinen Tag länger bei diesem Bastard."

"Ja, immer öfter in letzter Zeit. Mary sagte mir, es sei schlimm geworden, seit Gerards Vater gestorben ist. Es täte ihm hinterher immer furchtbar leid, aber ändern kann er sich nicht so einfach.", erklärte Isabella und war zufrieden mit der Reaktion ihres Vaters, die sie genau so erhofft hatte. Sie hatte Gerard gewarnt. Und mit ihrem Vater war nicht zu spaßen, wenn es um seine Kinder ging.
Joanna war schon bei Isabellas Erzählung blass geworden. "Gut.", erwiderte sie mit brüchiger Stimme. "Je schneller du sie dort fort holst, desto besser. Das wird für sie und die Kinderdas Beste sein. So hätte ich Gerard gar nicht eingeschätzt. Unser armes Mädchen. Gut, dass du so ein wachsames Auge auf sie hast, Bella."

William schüttelte den Kopf. Das war unglaublich. Ihm selbst war Joanna gegenüber ein einziges Mal die Hand ausgerutscht und er hatte es bitter bereut und nie wieder getan. Aber das, was Gerard da scheinbar mit Mary trieb, ging über jedes Maß hinaus. "Hätte ich auch nur die leiseste Ahnung gehabt, dass er zu so etwas in der Lage ist, hätte ich nie zugelassen, dass die beiden heiraten, so viel ist sicher." knurrte William und stand auf, um ein wenig rastlos durch das Gemach zu laufen. Am liebsten wäre er sofort aufgebrochen, aber es hatte wohl wenig Sinn die Nacht durchzureiten.
"Ich danke dir, Liebes, es ist gut, dass du damit zu uns gekommen bist, wenn deine Schwester dazu schon nicht in der Lage ist." wandte William sich schließlich ein wenig erleichtert an Isabella. Ohne sie hätte er sicher nicht so schnell herausgefunden, was in Essex vor sich ging.

Gerard hatte sich heute ein wenig Zeit für seine Frau genommen. Seit Isabella endlich weg war und ihre Nase nicht mehr in Angelegenheiten steckte, die sie nichts angingen, war es hier doch duetlich entspannter, auch wenn Mary ihre Schwester nur schweren Herzens hatte gehen lassen.
Heute einmal waren sie wieder richtig zufrieden miteinander und Mary hatte ihm auch anvertraut, dass sie wieder ein Kind erwartete. Diesmal würde es ein Junge werden, davon war er überzeugt. Und dann würde alles gut werden.
"Wenn Ben dir lästig wird, sagst du es, ja`?" Der Knappe, der damals seiner Wut zum Opfer gefallen war, hing seither mit ehrfürchtiger Ergebenheit an seiner Frau und tat alles, um ihr einen Gefallen zu tun. Solange es nicht Überhand nahm, war Gerard bereit es zu dulden.

Mary war reichlich unglücklich gewesen als Isabella aufgebrochen war, aber natürlich hatte sie ihre Schwester gehen lassen, immerhin wollte diese auch noch ihre Eltern besuchen. Seit sie mit Bella über Gerard gesprochen hatte, fühlte sie sich irgendwie merkwürdig und versuchte umso dringlicher an Gerard heran zu kommen. Sie wollte nicht, dass ihre Ehe mit ihm in die Brüche ging, aber Isabella hatte durchaus Recht, so konnte es nicht weiter gehen.
Als sie ihm schließlich anvertraut hatte, dass sie wieder schwanger war, hatte sich genau das eingestellt, worauf sie gebaut hatte: Die Freude und die Hoffnung auf einen Sohn hatten Gerard langmütiger werden lassen und so genoss sie heute die Zeit mit ihm in vollen Zügen.
Sie saßen nebeneinander und Mary hatte sich an ihren Gemahl geschmiegt, strich sanft über seinen Unterarm und musste bei seinen Worten leise lachen. "Ach was, er wird mir nicht lästig. Ich finde es ganz süß, wie sehr er sich bemüht. In seiner freien Zeit hilft er mir sogar manchmal mit den Mädchen, er ist ein guter Junge." erklärte Mary lächelnd. Sie hatte den Knappen von Anfang an gut leiden können und seit sie ihn vor Gerards Wut gerettet hatte, schien sie beide ein eigentümliches Band zu verbinden.

William war wie angekündigt gleich am frühen Morgen aufgebrochen. Er hatte eine paar Männer als Begleitung mitgenommen und sie hatten die Strecke wie erhofft schnell zurück gelegt, so dass er bereits gegen Mittag sein Ziel erreicht hatte. Im Burghof sprang er ohne Umschweife vom Pferd, ließ sich von einem Diener die Richtung zu den Gemächern zeigen in der Gerard und Mary sich vermutlich gerade aufhielten und eilte dann durch die Gänge.
Nur kurze Zeit später hatte William das Gemach gefunden und riss die Tür auf ohne auf den protestierenden Diener zu achten, der ihm gefolgt war.
"DU!" Seine Stimme klang wie ein bedrohliches Donnergrollen und mit wenigen Schritten hatte er den Raum durchquert. Bevor Gerard Gelegenheit hatte zu reagieren, packte William ihn am Kragen, riss ihn in die Höhe und schlug ihm ohne zu zögern mit der freien Hand ins Gesicht.

Gerard hatte den Arm um seine Frau gelegt und grinste flüchtig. "Er verehrt dich wie eine Göttin. Aber das wird vermutlich nicht das Schlechteste sein und solange er dir nicht im Weg ist." Der Junge nahm ihm inzwischen auch seinen Ausraster nicht mehr übel. Ja, seit Isabella fort war, war Gerard wieder zufrieden mit seinem Leben. Alles ging deutlich entspannter zu.
"Weißt du..." Viel weiter kam Gerard nicht mehr, als die Tür aufgerissen wurde und er perplex feststellen musste, dass es sich um Marys Vater handelte, der ihn da am Kragen packte und ins Gesicht schlug, dass seine Nase knirschte.
Schockiert starrte er den Earl an. "Mylord!", nuschelte er entsetzt. "Was hat das zu bedeuten?" Im Augenwinkel konnte er sehen, dass Mary ebenso entsetzt aufgesprungen war.

 

Als er den Schock in Gerards Augen sah, hätte William ihn um ein Haar losgelassen, doch die nächste Frage sorgte dafür, dass Gerard noch einen zweiten Schlag einstecken musste. "Das wagst du auch noch zu fragen?" grollte William erbost und stieß Gerard grob von sich.
Mary war aufgesprungen als ihr Vater Gerard in die Höhe gezogen hatte und als dessen Faust das zweite Mal in Gerards Gesicht landete, stieß sie einen leisen Schrei aus. Sie stürzte zu Gerard, als dieser zurück taumelte und schlang die Arme um ihn. "Oh Gott, Gerard ..." murmelte sie leise und sah ihren Vater erschrocken an. "Was ... warum tust du das?" fragte sie leise und klammerte sich an ihren Mann in der Hoffnung ihn so vor einem weiteren Schlag ihres Vaters zu bewahren.
William bedachte seine Tochter mit einem sorgenvollen Blick und ihm fiel auch sofort der dunkle Schatten in ihrem Gesicht auf, der Isabellas Worte bekräftigten.
"Ich bin hier, um dich mit nach London zu nehmen, Mary. Dich und die Kinder." erklärte er und wandte sich dann Gerard wieder zu. "Du dreckiger, kleiner Mistkerl! Ich habe dir meine Tochter anvertraut auf dass du gut auf sie Acht gibst und was muss ich da hören? Du Widerling legst Hand an sie." knurrte William und machte einen Schritt auf die beiden zu.
"Am liebsten würde ich dir hier und jetzt den Hals dafür umdrehen, Gerard. Du verlogener Feigling, was bist du für ein Mann, dass du dich an deiner Frau vergreifen musst, hm? Du du erzählst etwas von Liebe? Dass ich nicht lache!"

Gerard schüttelte etwas benommen den Kopf, als Mary plötzlich hinter ihm stand und die Arme um ihn legte. Wenigstens hing sie wirklich noch an ihm und hatte nicht Isabellas Geschwafel Glauben geschenkt. "Das hast du nun vom Vertrauen in deine Schwester...", murmelte er leise, aber nicht vorwurfsvoll.
Mary wirkte ein bisschen betroffen und starrte ihren Vater entsetzt an. "Nein! Ich komm nicht mit dir, Vater. Ich gehöre hier her zu Gerard. Er kann doch nichts dafür."
Gerard schluckte.
"Es tut mir leid, Mylord. Ich gebe mir wirklich Mühe, aber....ich kann mich nicht immer beherrschen. Ich versuche wirklich mich zu ändern, ich liebe sie doch." Mit einem Mal hatte er Angst. Was, wenn er Mary jetzt wirklich verlieren würde?
"Mary hat mir verziehen...."

William schüttelte den Kopf. "Doch, das wirst du. Du gehörst an die Seite eines aufrichtigen Mannes und nicht zu einem solchen Versager, der dich grün und blau schlägt. Sieh dich doch einmal an, wie oft läuft du mittlerweile mit einem blauen Auge durch die Gegend, hm? Liebes, es ist nur zu deinem Besten und dem deiner Kinder. Denn wenn er dich schon schlägt, was glaubst du, wird passieren, wenn die Mädchen ihm irgendwann einmal lästig sind?" erwiderte William und verengte die Augen als er Gerard ansah.
"Wenn du sie wirklich lieben würdest, würdest du dir mehr Mühe geben. Dann hättest du schon längst einen Weg gefunden, dich zusammen zu reißen und sie anständig zu behandeln." Er schnaubte leise. "Und solange du einen solchen Weg nicht gefunden hast, wird meine Tochter keinen Tag länger an deiner Seite sein, dessen kannst du dir sicher sein."

"Nein. Ich gehöre zu meinem Mann. Er wollte das doch nicht, er wird sich ändern und dann wird alles gut. Es war keine Absicht. Zu meinem Besten? Das ist es, wenn ich hier bleibe, wo ich hingehöre. Er würde nie den Mädchen weh tun! Ich will nicht mit dir kommen, Vater! Ich habe keine Ahnung, was Isabella dir für einen Unsinn erzählt hat.", erklärte Mary aufgebracht.
Gerard schüttelte den Kopf. "Das ist nicht so einfach und es ist viel besser geworden. Ihr könnt sie nicht zwingen! Sie will hier bleiben, das hört Ihr doch. Sie ist mit mir verheiratet und ich habe nun die Verantwortung für sie. Nicht mehr Ihr. Ihr könnt nichts tun!"

"Dann soll er sich ändern und es beweisen, aber solange wirst du keinen Tag länger unter diesem Dach verbringen. Sieh dich an, Mary." erwiderte William, griff nach ihrem Arm und drehte ihn mit sanftem Druck herum. Er schob den Ärmel ihres Kleides nach oben und offenbarte, wie er vermutet hatte, einige blaue Flecken. "Er hat auch einmal gesagt, er würde auf dich Acht geben und nun verletzt er dich in einem Fort. Ich würde mich nicht darauf verlassen, dass er den Mädchen nicht eines Tages doch etwas tut." erklärte William eindringlich.
William starrte Gerard an und lachte trocken. "Viel besser? Das nennst du viel besser? Sie ist übersät mit blauen Flecken! Mit Verletzungen, die DU ihr beigebracht hast, obwohl du für ihr Wohlergehen sorgen solltest! Das du dich überhaupt noch traust ihr in die Augen zu sehen!" knurrte William.
Er ließ Marys Arm wieder los und packte stattdessen Gerards Kinn, zwang ihn so damit ihn unverwandt anzusehen. "Oh glaub mir, Bürschchen, ich kann dir das Leben zur Hölle machen. Ein Wort von mir und du wirst deines Lebens nie wieder froh. Willst du es darauf wirklich ankommen lassen?" raunte William ihm mit drohende Stimme zu.
"Mein Rat an dich: sorg dafür, dass ich in einer Stunde zusammen mit Mary und den drei Mädchen aufbrechen kann und krieg dein Leben wieder auf Reihe, dann kommst du vielleicht noch einmal mit einem blauen Auge davon. Und falls du tatsächlich so liebreizend sein solltest, wie meine Tochter glaubt und du in der Lage bist, dich irgendwann zusammen zu nehmen, dann kannst du sie möglicherweise sogar wiedersehen. Aber bis dahin bleibt sie bei ihrer Mutter und mir wo sie und die Kinder in Sicherheit sind."

Mary biss sich auf die Unterlippe und senkte den Blick. Nur widerwillig ließ sie ihren Vater ihren Arm sehen. Doch sie wusste, dass Widerworte nur wenig Sinn hatten. Ihr Vater war fest entschlossen und zu einem kleinen Teil musste sie sich eingestehen, dass er nicht Unrecht hatte. Die Mädchen waren in Sicherheit. Trotzdem brach sie stumm in Tränen aus. Sie wollte ihn nicht verlassen! Schon gar nicht, wo sie vielleicht endlich einen Sohn trug.
Gerard schluckte. "Sie hat mir verziehen! Ich bemühe mich." Aber es hatte keinen Zweck. Als er William so unverwandt vor sich hatte, fühlte er sich ganz klein. Er wusste, der Lordkanzler konnte ihm das Leben richtig schwer machen. Er warf Mary einen hilflosen Blick zu. Warum nur hatte er sich nicht unter Kontrolle?
"Ja, Mylord....", hauchte er tonlos.