William und Joanna - ab 1183

Gabriel

Gabriel grinste schief. "Und letztlich ist das ja auch die viel löblichere Variante, nicht wahr? Menschen zusammen zu flicken statt sie aufzuschlitzen, meine ich."
Als sie über den Platz schlenderten, warf Gabriel Edmund einen amüsierten Blick zu. "Findest du es hier denn so langweilig?" fragte er und zuckte dann leicht mit den Schultern. "Es ist ja nicht so, dass ich ein ungebildeter Klotz bin. Ich finde hier also genug Beschäftigung, wenn wir nicht gerade trainieren. Und es ist eine einmalige Gelegenheit. Nach Truro kann ich jederzeit gehen und in Oxford bleiben sowieso. Aber mein Onkel ist ein Mann von dem auch ich viel lernen kann, er ist ein ausgesprochen kluger Politiker und großartiger Stratege. Eigenschaften, die mir später als Earl viel nützen werden. Darüber hinaus habe ich eine Abmachung mit ihm von der ich mir viel verspreche." erklärte Gabriel leichthin.

Edmund


Edmund nickte und grinste unkompliziert zurück. "Das ist wohl wahr. Trotzdem streben alle das Ritterdasein an. Ich bin letztlich ganz froh, dass mein Vater das nie von mir verlangt hat." Er seufzte leise. "Ich finde es nicht langweilig, im Gegenteil. Ich finde diesen Ort sehr faszinierend, aber viele empfinden das anders, weil es nicht so lebhaft zugeht wie an manch anderem Hof."
Aber er begriff, dass Gabriel anders dachte als so manch anderer Junge in seinem Alter. "Das stimmt, der Bischof ist ausgesprochen faszinierend. Voller neuer Ideen und ein geschickter Politiker."
Edmund lächelte wissend.
"Dein Italienisch-Kurs, hm? Erschrick nicht, hier gibt es nicht viel, was ich nicht weiß. Ich weiß zwar nicht, warum du es lernst, aber ich habe es auch recht leicht gelernt, weil ich es schön finde. Wenn du also ein bisschen üben willst, kann ich dir dabei gern helfen."

Gabriel

"Viele, das stimmt. Und wo wäre die Welt wohl, wenn dem nicht so wäre? Wenn es keine Ritter mehr gäbe?" Würden sie dann alle an einem besseren Ort leben? Frei von Leid und Elend? Oder würde dann erst Recht alles aus den Fugen geraten?
Gabriel machte eine kleine Geste und lächelte leicht. "Siehst du. Und ich finde es auch nicht langweilig. Hier ist es weiß Gott weltlich genug, um sich nicht zu langweilen wie hinter versteckten Klostermauern." Das wäre Gabriel dann doch um so einiges zu zahm, aber hier in Winchester konnte man es gut aushalten.
Gabriel sah seinen Begleiter überrascht an als Edmund von seinem Italienischunterricht sprach. Er zog eine Augenbraue in die Höhe und musterte den Älteren ein wenig skeptisch. "Ja, das scheint mir auch ganz so. Aber wieso überrascht mich das eigentlich? Mein Onkel sprach davon, dass du seine rechte Hand seist, kein Wunder, wenn du weißt, was hier so vor sich geht." folgerte Gabriel dann und lächelte dann leicht. "Ich denke, auf das Angebot komme ich gerne zurück. Je eher ich es passabel kann, desto besser." Denn dann konnte er endlich seinen Brief an Giulia schreiben ...

Edmund


Edmund hob die Schultern. "Eine interessante Frage, deren Antwort wir wohl nie erfahren werden. Aber ich denke, es gäbe mehr Frieden in dieser Welt, wenn nicht jeder versuchen würde, seine Probleme mit dem Schwert in der Faust zu lösen."
Er nickte zustimmend. "Da hast du Recht. Ich war eine Weile in einem Kloster, es war fürchterlich. Ich konnte meine Gedanken nicht aussprechen, ohne eine Strafe zu riskieren. Hier hingegen fördert der Bischof meine gelehrten Gedanken und ist immer offen für eine Diskussion über interessante Glaubensfragen." Edmund musste grinsen. "Das bin ich, es hat sich nach und nach entwickelt. Und ich fülle diese Position gerne aus. Das bringt es aber mit sich, Augen und Ohren offen zu halten und zu sehen, was hier so vor sich geht. Wenn du auf mein Angebot zurückkommst, kann ich mich wenigstens ein bisschen für deine Bemühungen revangieren. Sprich mich einfach an, wenn du Lust zum üben hast. Mein Italienisch ist ganz passabel."

Gabriel

Gabriel nickte langsam. "Ja, vielleicht. Aber was ist mit denen, die keine Ritter sind und Unheil verbreiten? Wer würde ihnen dann Einhalt gebieten?" Das war etwas auf das Gabriel wirklich keine Antwort wusste, aber es war wie Edmund sagte eine wirklich interessante Frage. Ob klügere Köpfe als der seine darauf eine Antwort wüssten?
Bei Edmunds Worten musste er unweigerlich grinsen. "Ah, sie wollten dir die ketzerischen Gedanken austreiben, wie?" neckte er belustigt. Er konnte sich nur zu gut vorstellen, wie sehr die Welten in einem Kloster und hier doch auseinander gingen und Edmund schien ihm auch hier viel besser her zu passen.
Gabriel nickte bereitwillig. "In einer Stunde?" schlug er dann ohne zu zögern fort. Sein Onkel würde heute erst am Abend wieder für ihn Zeit haben, er hatte also noch viele Stunden vor sich, die er sinnvoll füllen musste, wieso also nicht direkt auf Edmunds Angebot eingehen?

Edmund


"Ich würde sagen Gott, aber ich weiß, dass das Leben andere Wege geht. Gottes Wege sind unergründlich, selbst für einen Kirchenmann, glaub mir." Selbst als Priester verstand er manchmal nicht, warum gewisse Dinge passierten.

Edmund grinste und nickte. "Ja, das wollten sie. Sie fanden Kritik an ihren Aussagen nicht gerade gut, ich habe sehr viel Zeit auf meinen Knien verbracht, das kann ich dir sagen." Er war überrascht, dass Gabriel sein Angebot sofort in Anspruch nahm und lächelte.
"Einverstanden. Dann kann ich noch etwas anderen anziehen. Ich freue mich darauf. Vielleicht erzählst du mir ja irgendwann, warum du so brennend Italienisch lernen willst."
Er zwinkerte Gabriel zu und verabschiedete sich dann. Er mochte den Rotschopf, wirklich.

Gabriel

"Vielleicht, ja." Wenngleich Gabriel sich dabei auch nicht ganz sicher war. Gott könnte schließlich auch jetzt schon alles Unheil von den Menschen fernhalten und tat es nicht. Aber er verstand von all diesen Dingen vermutlich viel zu wenig, um einer Antwort auch nur nahe zu kommen.
Gabriel musste lachen und schüttelte dann leicht den Kopf. "Also wirklich ... aber daher scheint es umso besser, dass du hier nach Winchester gekommen bist, hm?" Zumal Edmund einfach ganz genau hier her zu passen schien.
Dann hob er ein wenig abwehrend die Hände und grinste schief. "Abwarten. Erst einmal muss ich sehen, was dein Unterricht so taugt und selbst dann ... vielleicht nur, wenn es unter das Beichtgeheimnis fällt." stellte er in Aussicht, ehe die beiden sich von einander trennten, um die vom Training dreckige Kleidung zu wechseln.

Wie jedes Mal war Helene auch diesmal aufgeregt, da sie auf Edward treffen würde. Sie wusste, er war hier um seinen Sohn abzuholen und das gefiel ihr gar nicht, aber es war notwendig. Er hatte ein Recht auf seinen Sohn und es war schon großzügig, dass er ihn ihr überhaupt gelassen hatte. Sie Beide führten ein glückliches Leben unabhängig voneinander, trotzdem waren sie immer erst einmal befangen, wenn sie sich begegneten.
Insbesondere jetzt, da Helene wieder ein Kind erwartete, wusste sie nicht, wie er reagieren würde. Es war noch nicht allzu offensichtlich, aber es würde ihm auf jeden Fall direkt auffallen. Er kannte sie einfach wirklich gut. Sie atmete noch einmal durch, als sie ihn im Hof vom Pferd steigen sah und wartete dann darauf, dass er sie aufsuchte.

Edward hatte entschieden, dass er mittlerweile lange genug damit gewartet hatte Michael zu sich zu holen. Er hätte den Jungen am liebsten schon mit sechs nach Oxford geholt, hatte sich aber überzeugen lassen ihn Helene und Raphael zu Liebe noch etwas in Dover zu lassen. Nun aber war es in seinen Augen wirklich an der Zeit, denn Michael würde nach dem Winter schon acht Jahre alt werden; er hatte also lange genug auf seinen Sohn verzichtet.
Also hatte Edward vorab Nachricht nach Kent geschickt und Helene, sowie Charles und seine Schwester über seine Entscheidung informiert und heute war er endlich in Dover angekommen.
Er hatte sein Pferd den Stallburschen überlassen und seinen zwei Begleitern erklärt, dass sie sich ausruhen sollten, er würde sie erst wieder brauchen, wenn sie Dover wieder verließen. Kaum hatte er sich umgewandt, hatte er auch schon Mary am Eingang der Burg entdeckt und seine Schwester freudig begrüßt. Sie hatten kurz ein paar Worte gewechselt, sich dann aber darauf verständigt, dass sie nachher beim Essen in Ruhe reden würde. Jetzt wollte er erst einmal zu Helene und vor allem seine Söhne sehen.
Er ließ sich von einem Diener den Weg zeigen und klopfte schließlich an die Tür zu dem Gemach, das Helene mit ihrer kleinen Familie - und wohl auch ihrem priesterlichen Liebhaber - bewohnte. Er war ein wenig aufgeregt, wenn er ehrlich zu sich selbst war, denn seine Begegnungen mit Helene waren immer ein wenig merkwürdig. Aber vor allem sehnte er sich danach Michael und Raphael zu sehen.

Helene strich ihr Kleid glatt und wandte sich zur Tür, als es klopfte. Sie war stolz darauf, dass ihre Stimme fest klang, als sie ihn herein bat. Es war seltsam, wie sehr seine Gesellschaft sie immer noch beeinflusste, aber immerhin hatten sie zwei Kinder zusammen.
Als Edward eintrat, lächelte sie leicht. "Edward...schön dich wieder zu sehen." Helene trat einen Schritt näher. "Wie schön dich zu sehen, du siehst gut aus." Die Ehe mit Claire schien ihm gut zu tun, das musste sie neidlos anerkennen.
Sie war gelassener in diesen Dingen geworden, denn schließlich hatte auch sie hier ein beschauliches, glückliches Leben unter dem Schutz des Earl of Kent. Mehr konnte sie nicht verlangen. Und so gönnte auch sie ihm sein Glück.
"Wie geht es dir?"

Edward lächelte als er Helene sah und sie auf ihn zu trat. Er griff nach ihren Händen und hauchte einen Kuss auf ihren Handrücken. "Das Kompliment kann ich nur zurück geben." erwiderte er lächelnd. Auch wenn sie beiden nun völlig getrennte Wege gingen, hatten sie doch einige stürmische Jahre zusammen verbracht und immerhin zwei Söhne zu Stande gebracht.
Edward deutete ein kleines Nicken an. "Gut, soweit. Alle sind gesund und munter, das ist wohl das wichtigste." erwiderte er. Und vor allem war er glücklich in seiner Ehe. Keinen Tag lang hatte er seine Entscheidung bereut Claire zu heiraten, aber das wollte er Helene nun nicht unbedingt noch extra auf die Nase binden, auch wenn sie mit Alexander hier ja auch glücklich war.
"Und dir?" fragte er und musterte sie aufmerksam. "Du ... blühst wieder einmal." stellte er mit einem kleinen Blick auf ihren Bauch fest. Man sah es noch nicht allzu deutlich, aber er kannte Helene ganz genau, er sah dass sie wieder schwanger war. Schwanger von diesem elenden Priester ...

Helene neigte den Kopf und erwiderte sein Lächeln. "Ich danke dir." Sie schätzte diesen freundschaftlichen Umgang wirklich sehr, denn sie hatte es kaum zu glauben vermocht. Sie drückte leicht seine Hände. "Das freut mich sehr zu hören, hier geht es auch allen gut. Die Jungs sind wohlauf und stellen mit Marys Söhnen eine Menge Unsinn an."
Helenes Lächeln wurde ein wenig verlegen und sie nickte. "Es geht mir gut, aber ja...du hast Recht. Es...hat eine ganze Weile gedauert, aber jetzt werden die Kinder noch ein Geschwisterchen bekommen. Ich freue mich darauf..."
Sie legte den Kopf schief. "Wie steht es bei euch? Noch kein Nachwuchs in Sicht, Edward?"  Und das verursachte doch ein bisschen zwiespältige Gefühle in ihr. Es tat ihr leid, dass die Beiden noch keine Kinder hatten, aber es war auch...ein kleines bisschen Genugtuung, immerhin hatte sie Edward sehr schnell nach der Hochzeit einen Sohn geboren.

Edward grinste leicht. "Oh, das glaube ich gern. Und vermutlich nicht nur mit ihren Söhnen, sondern auch mit ihren Töchtern, hm? Wenn meine Nichten auch nur ein klein wenig sind wie ihre Mutter, stehen sie ihren Brüdern in nichts nach." erwiderte Edward amüsiert.
Dann wurde er eine Spur ernster als er Helenes Verlegenheit sah und nickte langsam als sie seinen Verdacht bestätigte. "Dann wünsche ich dir alles Gute für die Schwangerschaft und ein gesundes Kind." Edward war überrascht und nicht wenig stolz auf sich, wie leicht ihm diese Worte über die Lippen kamen und wie sorglos er klang. Dabei spielte er hier doch nur eine Rolle, tat so als wären ihm diese Dinge egal und versuchte die Maske auch aufrecht zu erhalten als Helene ihn nach Claires Umstand fragte.
"Noch nicht. Aber Claire ist schließlich auch noch sehr jung, es ... kann gar nicht schaden, wenn der Nachwuchs noch auf sich warten lässt. Außerdem habe ich ja schon einige Kinder vorzuweisen." erwiderte er und versuchte sich möglichst unbekümmert zu geben. Dabei begann er doch mittlerweile auch schon sich nach einem Kind mit Claire zu sehen. Anfangs war nur sie es gewesen, die sich Nachwuchs gewünscht hatte, er hatte es nicht eilig gehabt, doch je länger sie verheiratet waren und je enger das Band zwischen ihnen wurde, desto mehr wollte auch er noch ein Kind mit dieser wundervollen Frau.

Helene grinste zurück. "Ja, so ist es. Sie sind Mary ausgesprochen ähnlich und haben genauso viel Unsinn im Kopf. Aber wenn Charles in der Nähe ist, sind sie alle vollkommen zahm." Es war eine bewunderswerte Gabe, die der Earl da hatte, das hatte sie schon festgestellt.
Helene war ein wenig überrascht, dass Edward so gelassen reagierte, sie hatte immer das Gefühl, dass er ihr tun hier missbilligte. Und doch hatte er selbst sie hergeschickt.
"Ich danke dir, wirklich. Ich weiß das sehr zu schätzen.", erwiderte sie sanft. Sie spürte, dass er seine wahren Gefühle überspielte und seufzte leise. Aufmunternd drückte sie seine Hand. "Du hast vollkommen Recht. Sie ist jung und es ist weniger risikoreich, wenn sie etwas älter ist. Ich bin ganz sicher, ihr werdet bald ein Kind bekommen. Sicher hast du schon einige Kinder, aber es ist trotzdem etwas Anderes. Das verstehe ich vollkommen, Edward. Ich bin....ein bisschen traurig, dass du Michael mitnehmen möchtest, aber ich sehe die Notwendigkeit ein."
Sie seufzte tief. "Aber ich denke, wir sollten bei Raphael abwarten, wie er sich entwickelt. Er ist ein eher ruhiges Kerlchen, vielleicht ist er tatsächlich für die Kirche geeignet."

"Eine richtige Autoritätsperson, unser Earl." spöttelte Edward halbherzig. Er konnte Charles wirklich gut leiden, deshalb käme es ihm nicht in den Sinn sich ernsthaft über ihn lustig zu machen. Im Gegenteil, er achtete dessen strenge, konsequente, aber gleichzeitig doch irgendwie liebevolle Art, die er den Kindern zukommen ließ, ganz gleich ob es seine eigenen waren oder seine Neffen.
Edward sah Helene in die Augen als sie seine Hand drückte und so aufmunternde Worte für ihn fand. Er lächelte schief. "Danke. Dabei muss es für dich doch fast schon eine Genugtuung sein, nicht wahr?" erwiderte er leise. "Ich weiß. Aber er ist alt genug, seine Ausbildung ist nun an einem Punkt an dem er viel davon profitieren kann, wenn er in Oxford ist." erklärte Edward und nickte dann langsam. "Ja, er soll ruhig noch etwas Zeit haben und dann sehen wir wohin sein Weg ihn führen wird."

"Das ist er, aber erstaunlicherweise ist es nicht das. Im Gegenteil. Sie vergöttern ihn und heischen um seine Anerkennung, deshalb sind sie artig. Er hat eine ganz eigene Art an sich, das verwundert mich jedes Mal. Es ist faszinierend."
Helene nickte langsam und lächelte ebenfalls schief. "Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich hätte nicht einen Funken Genugtuung gespürt, das kann man mir bei unserer Geschichte auch nicht verdenken. Aber ich wünsche mir trotzdem, dass du glücklich bist, du hast mir mein Glück ja auch ermöglicht. Daher gönne ich dir ein Kind von ganzem Herzen und ich bin sicher, dass es auch bald so kommen wird. Du solltest dir nicht zu große Sorgen machen."
Sie biss sich auf die Unterlippe. "Ja, ich weiß. Aber es ist trotzdem hart für mich, er ist schließlich mein erstes Kind. Er wird mir schrecklich fehlen und ich werde ihn eine ganze Weile nicht mehr wiedersehen." Dabei waren sie bisher nur selten voneinander getrennt gewesen.

"Ja, er ist ein bemerkenswerter Mann." Und Edward hoffte inständig, dass er in Michaels Augen gegen Charles bestehen konnte. Er war vielleicht nicht unbedingt das, was man einen vorbildlichen Vater nennen konnte und Michael ging es hier in Devon in den letzten Jahren ausgesprochen gut. Aber Edward hätte sich lieber die Zunge abgebissen als das Helene gegenüber zuzugeben.
Er grinste schief. "Aber darüber sind wir hinweg, nicht wahr? Wozu sollten du und ich uns noch anlügen? Aber ich danke dir, dass du mir Glück wünschst ... dass du das nach allem noch kannst." Edward lächelte, beugte sich vor und hauchte einen flüchtigen Kuss auf Helenes Wange.
"Natürlich ist es hart, du bist seine Mutter. Und ich kenne das Gefühl von dem du sprichst, immerhin musste ich die meisten Jahre seines Lebens auf meinen Sohn verzichten." Erst weil er im heiligen Land gewesen war, danach weil Michael mit seiner Mutter nach Devon gegangen war. "Aber du wirst es überstehen, das weiß ich. Du bist eine starke Frau. Und du hast ja noch mehr Kinder, die dich ein wenig darüber hinweg trösten können."

"Das ist er. Aber Michael fragt trotzdem oft nach dir, du bist sein unbestrittenes Vorbild." Helene ahnte, dass Edward nicht so sicher war, wie er vorgab zu sein. Aber das machte ihn in ihren Augen eher sympathischer.
"Das sind wir. Wir haben uns so viele unschöne Dinge an den Kopf geworfen, da wird die Wahrheit nicht mehr schwerwiegend ins Gewicht fallen." Sie schloss kurz die Augen, als er ihre Wange küsste. "Ich kann, denn ich habe dir verziehen. Und ich hofffe, dass du mir irgendwann auch verzeihen kannst. Wir haben Beide Fehler gemacht, aber jetzt ist unser Leben so, wie es sein sollte."
Ganz vergleichbar waren seine Gefühle mit ihren aber sicherlich nicht. "Schon, aber ich habe ihn neun Monate mit mir herum getragen, das sorgt dafür, dass es noch schwieriger ist. Sicher, Raphael und Theresa werden mich schon ablenken. Und dieses kleine Wesen auch...." Sie legte die Hand auf ihren Bauch. "Aber es tut trotzdem weh. Ich werde es lernen müssen..."

Edward lächelte dankbar bei Helenes Worten. Sie kannten sich beiden nun einmal doch gut genug, um sich gegenseitig zu durchschauen.
Er sah ihr in die Augen und nickte sachte. "Ich denke, das habe ich schon längst. Ich wäre ein Narr, wenn nicht, oder? Es ist wie du sagst, wir beide haben Fehler gemacht, haben uns gegenseitig verletzt, aber wir hatten auch gute Zeiten zusammen und jetzt haben wir beide ein Leben gefunden in dem wir glücklich sind. Es ist nur Recht, wenn auch ich dir verzeihe." Und letztlich hatte er sie doch auch hier her gebracht, damit sie mit Alexander zusammen glücklich werden konnte. Wäre er ihr nach wie vor böse gewesen, hätte er das nicht gekonnt.
"Ja, wahrscheinlich ist es etwas anderes." räumte er ein. Bei diesem Thema fühlte er sich unweigerlich etwas unbehaglich. Wenn sie ihm so ihr Herz ausschüttete, bekam er doch noch ein schlechtes Gewissen, weil er ihr den Sohn wegnahm und das wollte er eigentlich nicht.
"Wo stecken die Kinder?" fragte er dann in der Hoffnung das Thema unverfänglich wechseln zu können.

Helene empfand ein bisschen Erleichterung, als Edward so wohlwollend reagierte. Offensichtlich waren die Dinge zwischen ihnen wirklich geklärt. "Ja, das hatten wir. Und ich bin froh, dass du das sagst." Sie lächelte leicht und schüttelte den Kopf.
"Er freut sich darauf mit dir zu gehen und ich weiß, dass es für ihn die beste Chance ist. Daher werde ich dir das nicht ausreden, aber ein bisschen Abschiedsschmerz wirst du mir zugestehen.", sagte sie dann leise. "Komm, setz dich. Willst du etwas Wein? Ich werde die Kinder holen, sie freuen sich sicher. Sie sind nebenan und haben deine Ankunft noch nicht bemerkt.", offenbarte sie dann freundlich.
"Sie sind schon ganz aufgeregt gewesen, als sie gehört haben, dass du her kommst." Schließlich hatte sie immer dafür gesorgt, dass sie ihren Vater nicht vergaßen.

Edward schenkte Helene ein Lächeln als sie ihn wieder einmal durchschaute und die richtigen Worte fand, um ihn zu beruhigen. "Sicher gestehe ich ihn dir zu. Und ich verspreche, dass du so oft wie möglich von ihm hören wirst, dafür sorge ich." versicherte Edward, um ihr ein wenig entgegen zu kommen. Er wusste selbst, dass Briefe kein Ersatz waren, doch es tat gut von seinen Liebsten zu lesen und vielleicht würde das auch Helenes Kummer etwas mildern.
"Ein Schluck Wein kann nie schaden." erwiderte Edward dankbar und folgte ihrer Aufforderung. Er ließ sich auf einem freien Stuhl nieder und nahm kurz darauf den Becher entgegen, den Helene mit einem tiefroten Wein gefüllt hatte. "Danke."
Edward schmunzelte. "Tja, das ist wohl der Vorteil daran, wenn man nur Gelegenheitsvater ist. Immer wenn ich hier bin unternehme ich spannende Sachen mit ihnen und die unbequemen Dinge durchzusetzen liegt bei dir, Charles und Mary. Kein Wunder also, dass sie sich über meinen Besuch freuen." bemerkte er amüsiert, wenngleich das auch eine seiner geheimen Ängste war: was wenn sein Sohn schnell feststellte, dass es in Oxford doch gar nicht so war, wie er sich erhofft hatte? Wenn sein Vater nicht der Mann war für den er ihn in seiner kindlichen Heldenverehrung immer gehalten hatte?

Helene lächelte dankbar zurück. "Darüber würde ich mich sehr freuen, Edward. Lass mich trotzdem teil haben an seinem Leben und vielleicht besucht ihr uns auch ab und an einmal." Wenigstens würde Raphael ihr noch ein wenig länger erhalten bleiben.
Sie schenkte Edward einen Becher Wein ein. "Das ist wahr, aber Michael wird sich schon daran gewöhnen. Und ich denke, er ist sehr darauf bedacht dir zu gefallen, also wird er sich anständig benehmen. Er wird gerne in Oxford sein, er war vorher immer schon gern dort."
Helene neigte den Kopf. "Ich gehe die Jungs holen." Und tatsächlich waren die Beiden Feuer und Flamme, als sie ihren Vater sahen und strahlten über das ganze Gesicht.
"Vater, Vater!" Sicher würde Raphael am Anfang ein bisschen eifersüchtig sein, wenn Michael mit Edward ging, aber das würde sich schon legen. Er war eben noch so jung...

Edward nickte. "Das werde ich. Und Besuche sind sicherlich auch kein Problem. Vielleicht willst du mit Raphael ja auch mal nach Oxford kommen und sehen wie es Michael geht." Solange sie ihren Alexander zu Hause ließ, würde Edward damit kein Problem haben.
Doch all diese Dinge waren erst einmal vergessen als Helene nach nebenan ging und kurz darauf zwei aufgeregte Stimmchen erklangen. Edward erhob sich wieder und ging lachend in die Hocke als seine beiden Söhne herein gestürmt kamen. Überglücklich zog er die beiden in seine Arme und drückte sie sanft an sich. "Ah, da sind ja meine zwei tapferen jungen Helden." murmelte er und kniff für einen Moment die Augen zusammen, um sich zu sammeln, ehe er die beiden Jungen wieder aus seiner Umarmung entließ.
"Und ich weiß, dass ich das jedes Mal sage, aber ... ihr seid wirklich groß geworden." stellte er fest und fuhr beiden durch das etwas wirre Haar.

"Ich werde es mir überlegen und vielleicht komme ich wirklich darauf zurück. Aber erst, wenn dieses Kind zur Welt gekommen ist." Alexander würde darüber wohl nicht sehr begeistert sein, aber er würde sie gehen lassen. Er würde verstehen, dass sie Michael besuchen wollte und dass es keinen Grund zur Eifersucht gab, weil ihre Zeit mit Edward vorbei war.
Sie lächelte, als die Kinder ihren Vater so stürmisch begrüßten. Michael grinste breit und schaute seinen Vater fröhlich an.
"Ich habe mich ganz schön angestrengt zu wachsen, Vater, damit ich groß genug bin, wenn du mich mitnimmst.", erwiderte er. Raphael griff nach der Hand seines Vaters. "Vater, wann nimmst du mich auch mit?", fragte er leise. Helene seufzte lautlos. Sie hatte gewusst, dass diese Frage kommen würde.

Edward lachte leise und nickte. "Und ich würde sagen, dass ist dir auch gut gelungen. Wenn du so weiter wächst, bist du ja bald schon zu groß für dein Pony, hm? Ich hoffe, noch schleifen deine Beine nicht auf dem Boden, so dass du bis nach Oxford reiten kannst und nicht laufen musst?" neckte er Michael.
Dann spürte er wie eine kleine Hand nach der seinen griff und wandte sich Raphael zu dessen Worte ihm fast das Herz in der Brust zerrissen. Dieses leise Stimmchen, die scheue Geste mit der er nach Edwards Hand griff und der Blick, eine Mischung aus Hoffnung und Enttäuschung ... am liebsten hätte Edward seinen Sohn in die Arme genommen und ihm versichert er könne sofort mitkommen.
Ohne dass er es verhindern konnte, huschte sein Blick kurz zu Helene hinüber, ehe er Raphael wieder ansah. "Nun Kleiner, sieh mal wie groß dein Bruder ist ... wenn du das Stückchen auch noch geschafft hast und gewachsen bist, dann werde ich dich mitnehmen, einverstanden? Außerdem musst du deine Mutter noch ein wenig trösten, hm? Wenn ich euch beide jetzt mitnehmen würde, wäre sie doch sicher sehr traurig, glaubst du nicht? Und wenn du noch ein wenig bei ihr bleibst und auf sie Acht gibst, wird sie sicher sehr glücklich darüber sein." versuchte er dem Kleinen eine Erklärung zu bieten, die er selbst eigentlich kaum wahrhaben wollte. Er wünschte sich ja genauso sehr wie sein Sohn ihn endlich bei sich haben zu können.