William und Joanna - ab 1171 bis 1172

Richard nickte. "Auf genau diese Einstellung hatte ich gehofft." bemerkte er schmunzelnd. "Es freut mich, dass sie dir gefällt."
Er gab Beatrice einen Kuss auf die Wange und lächelte. "Gut beschützt, ausgeschlafen, klug und tapfer wie ein Löwe." murmelte er und sah auf die Wiege hinab. Die Vorstellung, dass bald ein kleines Kind darin liegen würde, weckte ein eigenartiges Gefühl in Richard. Sein eigenes Kind ... all das wurde langsam greifbarer und als Beatrice ihre Hände auf die seinen legte, die auf ihrem runden Bauch ruhten, fühlte er sich unglaublich. "Das hoffe ich doch." erwiderte er möglichst zuversichtlich, wenn auch er da noch seine Zweifel hatte. Im Grunde wusste er überhaupt nicht, wie ein guter Vater sich zu benehmen hatte ... er hatte Beatrices Vater erlebt und wusste zumindest auch, dass er es nicht wie sein eigener Vater halten würde. Aber all das machte ihn noch lange nicht zu einem guten Vater.
Aber das waren Dinge, die wohl nur die Zeit bringen konnten.

Beatrice seufzte leise, klopfte und betrat das Arbeitszimmer ihres Vaters. Sie wollte ungestört mit ihm reden und das ging am Besten hier. Ein Gespräch würde er ihr nicht abschlagen, das tat er sowieso nie, gerade jetzt nicht. Und so langsam schien er sich auch damit anzufreunden, dass er Großvater wurde.
"Papa, hast du kurz Zeit für mich? Ich würde gerne mit dir reden. Es gibt da etwas, das ich dich fragen muss."
Es war ein brisantes Thema, aber sie wusste auch, dass sie die Wahrheit wissen wollte. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ihr Vater Joanna betrogen hatte. Er liebte sie doch so sehr...

William sah überrascht auf als Beatrice eintrat und lächelte freundlich. "Natürlich, für dich doch immer, das weißt du doch." erwiderte William und gab den beiden Dienern, die noch mit im Raum waren ein Zeichen, dass sie sie beide allein lassen sollten. Er stand auf und führte Beatrice zum Kamin hinüber, wo es sich bequemer sitzen ließ.
"Was hast du denn auf dem Herzen?" fragte er und bedachte Beatrice mit leicht besorgtem Blick. Ihm war nicht entgangen, dass sie etwas unruhig wirkte, irgendwas schien ihr unangenehm auf der Seele zu brennen. "Ich hoffe bei dir und Richard ist alles in Ordnung?"

Beatrice nahm neben ihrem Vater vor dem Feuer Platz und genoss einen Moment die angenehme Wärme. "Oh ja, es ist alles in Ordnung, mach dir keine Sorgen. Wir hatten uns zwar ein wenig in den Haaren, weil...weil ich inzwischen nicht mehr meinen ehelichen Pflichten nachkommen will, wenn du verstehst, was ich meine. Aber wir haben uns wieder vertragen."
Beatrice legte den Kopf schief. "Dabei hat er allerdings etwas fallen lassen, was mich stutzig gemacht hat. Hör zu, er hat gesagt...er hat gesagt, du hättest Mama mit Eleonore betrogen. Und das kann ich gar nicht glauben, du liebst sie doch so sehr. Also ist es doch wohl nur ein Gerücht, das im Umlauf ist, oder?"

William zog eine Augenbraue in die Höhe und drückte leicht die Hand seiner Tochter. "Nun, in deinem Zustand ist das wohl mehr als verständlich." erwiderte William und runzelte leicht die Stirn. Es überraschte ihn eigentlich kaum, dass die beiden darüber gestritten hatten, Richard war immerhin durchaus eigensinnig und war sicher nicht allzu begeistert von Beatrices Entscheidung gewesen.
Im nächsten Augenblick zog sich in William alles zusammen und er wurde ein wenig blasser. Mit dieser Frage hätte er nun als aller letztes gerechnet und es brachte ihn in eine mehr als unangenehme Situation.
"Nun, ich ..." begann er langsam und geriet ins Stocken. Wie sollte er seiner Tochter erklären, dass es kein Gerücht war? Für sie war er immer das große Vorbild gewesen, der Ritter in der weißen Rüstung und nun würde er ihr beibringen müssen, dass dem ganz und gar nicht so war. William seufzte leise. "Nun, ich fürchte ich muss dir widersprechen ... es ist nicht nur ein Gerücht." erklärte er dann und fühlte sich sichtlich unwohl dabei. "Es war ... kurz nach Edwards Geburt und auch nur dieses eine Mal. Und oben drein einer der größten Fehler, den ich je begangen habe."

Beatrice lächelte schief. "Ja, schon...aber er hatte eben gehofft, es würde noch ein paar Wochen dauern bis dahin. Und er ist anders erzogen als ich. Er war eben dem Besuch bei einer Dirne nicht ganz so abgeneigt in dieser Zeit, ich habe ihm dann allerdings zu verstehen gegeben, dass er dann das letzte Mal in meinem Bett gelegen hat."
Sie seufzte leise und runzelte irritiert die Stirn, als ihr Vater so blass wurde. Und dann musste sie schwer schlucken. "Es ist wahr??". flüsterte sie fassungslos.
"Aber....aber warum hast du das getan? Ich dachte, du liebst Mama so sehr. Und sie..sie ist doch sonst so kompromisslos. Es wundert mich ehrlich gesagt, dass sie dann noch so glücklich mit dir ist."

William runzelte kurz die Stirn, sparte sich dann jedoch einen Kommentar dazu. Er selbst war in seiner ersten Ehe immerhin auch nicht anders gewesen und dass Richard so dachte, überraschte ihn wenig.
William seufzte schwer. "Das ist ... kompliziert, Liebes." erwiderte er ausweichend und sah hinüber zu den leise knackenden Holzscheiten im Kamin. Ja, kompliziert war es in der Tat. Und vor allem etwas, das er seit langer Zeit sehr gut vergraben hatte und eigentlich nur ungern wieder hervor holte. "Warum ich das getan habe ..." murmelte er leise und versuchte sich die Worte zurecht zu legen. "Nun, ich ... Eleonore war für mich immer schon eine besondere Frau und es gab eine Zeit - noch bevor ich Joanna überhaupt kennen gelernt hatte - in der ich Eleonore meine Welt zu Füßen gelegt hätte, wenn sie es nur zugelassen hätte." begann William schließlich. "Vermutlich war es dieser Umstand, meine Erziehung, die nebenbei bemerkt, der von Richard nicht unähnlich war, die Tatsache, dass ich betrunken war und darüber hinaus schon seit längerem mit deiner Mutter das Bett nicht mehr hatte teilen können, der dafür gesorgt hat, dass ich schwach geworden bin." William verzog kurz das Gesicht und seufzte. "Ich bin wirklich nicht stolz darauf, Kleines, aber ich kann es nicht mehr rückgängig machen. Und deine Mutter ..." William lächelte leicht. "Deine Mutter hat unglaublich lange gebraucht, um mir wirklich zu vergeben. Und ich bin ehrlich, ich weiß nicht, wo wir heute wären, wenn ich in Irland nicht so schwer verwundet worden wäre. Aber ich liebe sie. Von ganzem Herzen und die Nacht mit Eleonore hat daran nicht das geringste geändert ... es war schlichtweg bedeutungslos für mich."

"Aber sie hat dir vergeben....Sie liebt dich wirklich sehr. Sonst hätte sie das nicht getan. Ich weiß nicht, wie ich an ihrer Stelle reagiert hätte. Es wäre sehr schwer Richard zu vergeben. Und ich liebe ihn wirklich sehr. Aber allein die Vorstellung, dass er mit einer anderen Frau schläft...das ist nicht leicht zu ertragen. Ich kann Mama immer nur bewundern. Du bist schwach geworden....aber heute würde dir das nicht mehr passieren? Ich versuche Richard wirklich zu verstehen, deshalb muss ich dich fragen...du warst ihr seitdem treu, oder? War es sehr schwer für dich, als meine Geschwister unterwegs waren? Auf sie zu verzichten, meine ich?"
Beatrice seufzte.
"Eleonore...was für eine seltsame Vorstellung. Sie ist doch so ganz anders als Mama."

William starrte seine Tochter ein wenig irritiert an. Er hatte ehrlich gesagt nie erwartet jemals ein solches Gespräch mit einer seiner Töchter zu führen. Mit seinen Söhnen, ja ... das war etwas ganz anderes. Aber dass Beatrice ihn danach fragte, war für William mehr als unerwartet gewesen.
Er fuhr sich nervös mit der Zunge über die etwas trockenen Lippen und legte den Kopf leicht zur Seite. "Heute würde mir das nicht mehr passieren." bestätigte er. "Es wäre in dieser Situation auch keiner anderen Frau gelungen ... nur Eleonore bildete eine Ausnahme. Vielleicht wollte ich einfach wissen, was ich damals hätte haben können ... ich weiß es nicht, ich kann es dir nicht sagen. Ich weiß nur, dass ich mich nach dieser einen Nacht dagegen entschieden habe noch weitere folgen zu lassen. Deiner Mutter zu liebe." erklärte William und fuhr sich mit den Fingern durch die dunklen Locken. "Seit dem hat es nie wieder eine andere Frau für mich gegeben. Aber ..." William brach ab und überlegte, ob es klug war weiter zu sprechen oder nicht. Aber letztlich ... er seufzte leise. "Aber vermutlich auch nur, weil ich genau wusste, dass ich Joanna dann für immer verloren hätte und lieber wäre ich gestorben als ein solches Risiko einzugehen." er machte eine kurze Pause und kaute unruhig auf seiner Unterlippe herum. "Bei deiner leiblichen Mutter sah das jedoch ganz anders aus." murmelte er dann.
"Es war schwer, besonders die ersten Male. Aber man übt sich mit der Zeit in Geduld und da ich oft genug über längere Zeit auch von ihr getrennt war, wurde es zur Gewohnheit. Doch grade in Richards Alter ist es noch etwas schwieriger so etwas durchzustehen." bemerkte William dann und grinste matt. Er beneidete seinen Schwiegersohn nicht unbedingt um dessen Los, da er genau wusste, wie es ihm selbst in dem Alter ergangen war und eine Frau, die darauf bestand, dass er ihr treu blieb, hätte ihm in der Zeit vermutlich auch das Genick gebrochen.

"Weil du weißt, wie es ist, sie zu verlieren?", vermutete Beatrice. Das alles gab ihr viel zum Nachdenken. Sie hatte es wirklich gut mit Richard getroffen. Aber sie konnte es einfach nicht mit ihrer Liebe zu ihm vereinbaren, wenn er mit einer anderen Frau vekehrte. Darin konnte sie ihre leibliche Mutter nicht verstehen.
"Vielleicht auch...weil du sie nicht so geliebt hast wie Joanna. Außerdem hat sie das akzeptiert. Ich finde das nicht gut, aber das war ihre Entscheidung."
Sie verschränkte die Arme. "Ich will es Richard wirklich nicht schwerer machen als nötig. Aber...ich..ich will einfach nicht, dass er mit einer anderen Frau zusammen ist. Egal, ob es etwas bedeutet oder nicht. Es ist wirklich....kompliziert."

William nickte langsam. "Weil ich weiß, wie es ist, sie zu verlieren." bestätigte er. "Ich habe sie einmal verloren, weil ich mich dem Willen meines Vaters gebeugt habe und auf eine andere Art und Weise das nächste Mal als ich die Nacht mit Eleonore verbracht habe. Als ich nach Irland aufbrach, hatte ich Angst davor, dass es nie wieder so sein würde, wie vorher. Dass ich wiederkommen würde und unsere Ehe zu einem Käfig werden würde. Dass wir nur noch nebeneinander herleben würden ohne aufeinander zu zugehen." William seufzte. "Dass es anders gekommen ist, war das größte Geschenk, das Gott mir machen konnte. Ich könnte nicht glücklicher sein als mit ihr an meiner Seite."
William lehnte sich zurück und schnalzte leise mit der Zunge. "Vielleicht." überlegte er. "Allerdings bin ich bei weitem nicht über jeden Zweifel erhaben. Wenn Joanna eine andere Einstellung zu dieser Sache hätte ... ich würde meine Hand nicht dafür ins Feuer legen, dass ich nicht zumindest auf langen Reisen oder einem Feldzug wie dem in Wales ... oder auch während ihrer Schwangerschaft, die ein oder andere Nacht in einem fremden Bett verbracht hätte." gab William dann kritisch zu. "Aber da sie nun mal ist, wie sie ist, tue ich es nicht und habe auch kein Bedürfnis danach." William zuckte mit den Schultern. "Für Richard mag es eine harte Umstellung sein, ich weiß, wie es ist mit einer gänzlich anderen Einstellung erzogen zu werden. Aber ich verstehe dich ohne Zweifel, meine Kleine." murmelte William und legte den Arm um seine Tochter. "Und du musst in dieser Sache auf dein Herz hören. Nicht auf das, was andere sagen oder tun."

"Nun, dann hattest du Glück, dass sie dir verziehen hat. Ich weiß nicht, ob ich so großmütig sein könnte." Beatrice legte den Kopf zur Seite. "Es wäre furchtbar, wenn ihr nur noch nebeneinander herleben würdet. Das wäre bei Richard und mir auch so. Ich würde so viel vermissen. Es ist doch so schön, alles teilen zu können. Und ich glaube, Mama hat das auch so gesehen."
Sie lehnte sich an seine Schulter und schloss kurz die Augen. Bei ihrem Vater fand sie einfach immer Halt und Entspannung. "Das werde ich. Danke, Papa."
Sie lächelte leicht. "Hast du dich inzwischen damit angefreundet, dass du Großvater wirst?"

"Das hätten wir beide auch nie durchgestanden, glaub mir." erwiderte William und gab Beatrice einen Kuss auf die Stirn. "Du wirst dich mit Richard schon arrangieren. Er kann nicht aus seiner Haut ... er wird sicher noch das ein oder andere Mal unleidlich sein wegen dieser Sache, aber er ist ein guter Mann, er weiß, was er an dir hat." versicherte William seiner Tochter.
Dann schnitt er eine Grimasse und lachte leise. "Mir bleibt ja doch nichts anderes übrig, nicht wahr? Aber spätestens wenn das Kind da ist, werde ich ohnehin verloren sein, da bin ich mir sicher." William lächelte und ließ den Blick zu Beatrices Bauch wandern, der mittlerweile schon eine beachtliche Rundung vorwies und keinen Zweifel mehr an ihrer Schwangerschaft zu ließ.
Ja, im Frühjahr würde er Großvater werden. Ein merkwürdiges Gefühl, besonders da er doch erst im vergangenen Jahr seine frisch geborene Tochter auf dem Arm gehalten hatte und nun bescherte seine Älteste ihm bereits ein Enkelkind. "Aber ich freue mich bereits darauf das Kleine zu verwöhnen." neckte er seine Tochter dann.

Beatrice lächelte leicht. Ja, ihr Vater hatte recht. Sie würde vielleicht noch öfter mit RIchard streiten, aber dieser wusste ganz genau, was er bei ihr fand und was nicht. Einfach nur entspannend.
"Danke, Papa. Dafür, dass du mir zuhörst und meine Fragen so geduldig beantwortest.. Es könnte auch anders sein und du könntest mir gar nichtt weiterhelfen wollen. "Aber es ist ausgesprochen schön, dass du mich verstehst. Und dass du beginnst dich zu freuen. Du wirst dein Enkelkind nach Strich und Faden verwöhnen, das ist mir klar. Aber es soll einen Großvater haben, den es vorbehaltslos lieben und auf den es sich verlassen kann. Besser as ich. Und mit dir würden sie so einen bekommen."
Sie küsste ihren Vater auf die Wange. "Ich hab dich lieb."

William schluckte leicht. Die Worte seiner Tochter rührten ihn wirklich zu tiefst und er legte auch den zweiten Arm um sie und umarmte sie liebevoll. "Ich bin so stolz auf dich, das kannst du dir gar nicht vorstellen." William lächelte und strich ihr über die Wange. "Mein kleines quirliges Mädchen ist erwachsen geworden ..." In seiner Stimme klang ein Hauch Wehmut mit, doch ohne Zweifel auch eine Menge stolz als er Beatrice wieder frei gab und ihr einen Kuss auf die Stirn gab.
"Aber nun sieh zu, dass du deinen Gemahl ein wenig von seiner Arbeit ablenkst, sonst wird dein alter Vater noch völlig sentimental." William schnitt eine Grimasse und grinste dann. "Es ist schön, dass ihr noch eine Weile hier seid. So muss ich dich wenigstens nicht gleich ganz los lassen."

Beatrice lehnte den Kopf an den ihres Vaters und genoss es einfach, noch einmal sein kleines Mädchen zu sein und sich von ihm in den Arm nehmen zu lassen. "So quirlig war ich doch gar nicht. Aber ich hoffe dennoch, dass das Kleine in diesem Punkt nicht nach mir kommt. Das wäre fürs erste Kind vielleicht etwas viel."
Beatrice lachte leise udnd küsste ihren Vater auf die Wange. "In Ordnung, das werde ich tun. Und sei unbesorgt, ein Monate sind wir in jedem Fall noch hier, bevor wir in die Normandie reisen. Und danach kommen wir auch wieder. Solange Henry Richard seine Güter vorenthält, haben wir ja kein eigenes Zuhause. Und solange ist eben Truro unser Zuhause. In jedem Fall aber meines. Weißt du, ganz loslassen musst du mich doch nicht. Ich bin doch trotzdem für immer und ewig deine Tochter und als solche wirst du mich immer beschützen wollen. Es wird dir nicht immer gelingen, ich muss eigene Erfahrungen machen, aber trotzdem kann ich im Notfall immer auf dich zählen. Das ist schön zu wissen. "
Sie erhob sich und lächelte aufmunternd. "Wir sehen uns später, Papa."

"Quirlig genug." neckte William seine Tochter. "Aber ich bin sicher, dass ihr schon damit zurecht kommt, auch wenn euer Kind nach dir kommen sollte. Außerdem" William begann zu grinsen. "solltest du dir vielleicht lieber wünschen, dass es mehr nach dir anstatt nach Richard kommt ... das würde zweifelsohne anstrengender."
Er drückte noch einmal sanft Beatrices Hand und nickte. "Du hast ja recht. Dennoch ist es merkwürdig dich plötzlich nicht mehr ständig um mich zu haben." William lächelte und entließ seine Tochter dann.
Seufzend lehnte er sich zurück und schloss kurz die Augen. Auch wenn Beatrice der Überzeugung war, dass sie nach ihrer Reise in die Normandie wieder hier her zurück kehren würden, war William sich nicht ganz so sicher, ob das so einfach von Statten ging, wie seine Tochter es sich vorstellte. Er hatte das Gefühl, dass Richards Wunsch nach dieser Reise nicht nur im bloßen Besuch bei seiner Mutter und seinem Bruder lag. William hatte den jungen Mann gut im Auge behalten und wusste genau, wie es in ihm aussah, wenn er unruhig auf und ablief und sein Blick durch den Raum glitt, wie der eines eingesperrten Tieres. Sowohl Richard als auch seine beiden Brüder würden sicher nicht mehr lange hinnehmen, dass Henry ihnen nicht die Zügel in die Hand gab und das bereitete William Magenschmerzen.
Jetzt lagen seine Gedanken jedoch maßgeblich bei dem zurückliegenden Gespräch mit seiner Tochter und so machte er sich auf den Weg, um Joanna in ihrem Gemach aufzusuchen. Es würde sicher nicht schaden, wenn er ihr davon berichtete ... sie sollte am besten auch noch einmal mit Beatrice reden, von Frau zu Frau. Er selbst schien das Thema zwar einigermaßen gut gemeistert zu haben, aber dennoch hatte William sich dabei fürchterlich unwohl gefühlt.

Joanna kniete auf dem Boden und beobachtete ihre Tochter lächelnd. Sophie saß auf dem Boden Filou gegenüber. Der Hund stupste das Mädchen immer wieder an und Sophie streckte kichernd die Hand aus um in das lange Fell zu greifen.
Es war ein amüsantes Bild und Joanna hätte stundenlang zusehen können. Sie hatte hier keine Sorgen und das machte ihr Leben so viel leichter. Als William hereinkam, lächelte sie ihn an.
"Heute so früh, Liebster? Hattest du keine Lust mehr zu arbeiten?", fragte sie.
Vielleicht konnten sie den Abend dann zusammen verbringen.

Auf Williams Lippen trat ein Lächeln als er die Szene beobachtete, die sich im bot. Seine kleine Tochter war völlig in das Spiel mit Filou vertieft und strahlte über beide Ohren während sie nach dem langen, weichen Fell griff. Bei dem Anblick wurde William ganz warm ums Herz und er schloss möglichst leise die Tür. Allerdings entging seiner Tochter sein Eintreten natürlich keineswegs.
Sie riss die kleinen Äuglein auf und streckte fordernd die Arme nach ihm aus. "Pa-pa!" gluckste sie lachend. "Pa-pa ... Arm!" forderte sie vehement und William ließ sich bereitwillig in die Hocke sinken, um seine Tochter hoch zu heben. "Hallo meine Kleine." murmelte er lächelnd und gab Sophie einen Kuss auf die Stirn woraufhin diese leise quietschte und ihre Ärmchen um Williams Hals schlang. Dabei griff sie beinahe schraubstockartig zu und William war erstaunt, wie kräftig so ein kleines Mädchen eigentlich sein konnte.
William setzte sich mit seiner Tochter auf dem Schoß neben Joanna und gab ihr zur Begrüßung einen Kuss. "Na, wo habt ihr denn Elias gelassen? Der Kurze ist doch sonst auch nie weit." fragte William lächelnd und sah sich kurz im Raum um. Da Elias auch gerade erst zwei geworden war und somit vom Alter her dichter an Sophie als an seinem vierjährigen Bruder James war, waren Sophie und Elias meistens selten ohne einander anzutreffen.
"Nun sagen wir eher ... mein Schwiegersohn hat ein paar Dinge fallen lassen, die Beatrice dazu veranlasst haben mich von meiner Arbeit abzuhalten."

Joanna lachte leise, als Sophie ihren Vater in Beschlag nahm und erwiderte Williams Kuss. "Elias ist mit Marian unterwegs. Er wollte, dass sie ihm etwas vorliest, während ich mich mit um Sophie kümmere."
Sie setzte sich auf das Bett und strich beiläufig FIlou über den Kopf, der sich zu ihren Füßen zusammen gerollt hatte, nun da er seiner Aufgabe beraubt war.
"So, hat er das? Was hat er denn fallen lassen, dass Beatrice so aufgeschreckt hat? Und dich auch? Du wirkst nicht sehr glücklich. Also, was ist los?"

"Also seid ihr beiden Frauen schön unter euch gewesen, hm?" murmelte William lächelt und strich Sophie sanft über den Rücken. Gerade nach einem solchen Gespräch mit seiner Ältesten tat es gut die kleine auf dem Arm zu halten. Sie erinnerte ihn daran, dass er bei weitem noch nicht so alt war, wie er sich manchmal vorkam, wenn er Beatrice und Richard zusammen sah.
William fuhr sich nachdenklich mit der Hand über den Bart und seufzte leise. "Sie hat mich nach Eleonore gefragt." erklärte er dann langsam. "Ob es wahr ist, dass ich mit ihr ... dass ich dich mit ihr betrogen habe."
William rutschte ein wenig unruhig auf seinem Platz hin und her und ließ den Blick durch den Raum gleiten. Das Gespräch, dass er gerade mit Beatrice geführt hatte, hatte für ihn weitreichendere Folgen als er gedacht hätte. Denn nun da die Sache erst einmal wieder ans Licht geholt worden war, bekam er sie nicht so schnell wieder zurück gedrängt wie es ihm lieb gewesen wäre.

"Ja, sind wir. Nun, bis auf unseren guten Filou hier. Aber der zählt ja nicht." Joanna betrachtete aufmerksam ihren Mann. Sie sah genau, dass ihn etwas bedrückte, also musste Beatrice etwas Unangenehmes gefragt haben. Und das wurde ihr nun auch bestätigt.
"Sie hat was? Wo hat sie das her? Ich meine, wo hat Richard das her? Er war da doch noch klein." Sie legte William die Hand auf den Arm. "Und was hast du ihr gesagt, William?"
Joanna seufzte leise. "Du weißt, dass das kein Thema mehr für mich ist, oder? Das ist so lange her und du hast es wahrlich oft genug bereut."

William zuckte knapp mit den Schultern. "Er wird es irgendwo aufgeschnappt haben ... ich weiß es nicht. Jedenfalls hat er ihr davon erzählt." William ließ den Blick wieder zu Joanna gleiten und schluckte leicht. "Die Wahrheit natürlich. Was hätte ich ihr sonst erzählen sollen ..." murmelte er und nickte langsam. "Ich weiß." erwiderte William und seufzte leise. "Die beiden haben sich gestritten, weil ... Beatrice das Bett nicht mehr mit ihm teilen will. Und Richard, wie hätte es anders sein können, hat natürlich in Erwägung gezogen zu einer Dirne zu gehen." William seufzte leise und machte eine vage Handbewegung. "Naja, jedenfalls kam eins zu anderen und irgendwie hat er diese Sache mit mir und Eleonore fallen lassen. Und ihm verdanke ich es nun, dass ich gerade ein langes Gespräch mit meiner Tochter führen durfte, warum ich das getan habe, wieso du mir überhaupt verzeihen konntest und ob ich es heute wieder tun würde oder ob ich dir seit dem treu geblieben bin." William warf Joanna einen verzweifelten Blick zu. "Und ich dachte immer, du wärst dafür zuständig solche Dinge mit unseren Töchtern zu besprechen." er schnitt eine Grimasse und sah auf Sophie hinab, die sich an ihn gekuschelt hatte. "Wie gut, dass du über solche Dinge noch nicht nachdenkst." murmelte er langsam. Für seine jüngste Tochter würde er noch eine ganze Weile lang das Maß aller Dinge sein.

"Nun, das war ja zu erwarten. Irgendwann musste es so kommen und ich kann nur hoffen, dass Beatrice standhaft bleibt. RIchard muss die Notwendigkeit doch ansehen. Allerdings ist sein Vater ihm da auch nicht unbedingt ein gutes Vorbild. Aber ich denke, unsere Tochter wird sich schon durchsetzen, das kann sie sonst ja auch ganz gut."
Joanna seufzte leise, musste dann aber lachen. "Ich bin dann zuständig, wenn sie zu mir kommen. Aber Beatrice ist zuerst zu dir gekommen- Schließlich wollte sie wissen, ob du edas wirklich getan hast. Mutig von ihr, finde ich. Mach dir keine Sorgen. Ich bin sicher, du hast ihre Zweifel ausgeräumt und ihr die Sache zu erklären."
Joanna küsste ihn auf die Wange. "Sie wird noch lange Zeit in dir ihren absoluten Helden sehen."

William zuckte erneut mit den Schultern. "Wer ist in dieser Hinsicht schon ein gutes Vorbild ..." murmelte er nachdenklich. Schließlich waren Männer, die ihrer Frau auch während einer Schwangerschaft oder auf langen Reisen treu blieben, eher die Ausnahme.
"Sie werden es schon unter sich ausmachen. Ich habe ihr gesagt, sie soll auf ihr Herz hören und nicht auf andere, dann wird sie schon richtig handeln."
William grinste zweifelnd. "Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn sie so etwas lieber mit dir bespricht ... aber ich sollte mich wohl glücklich schätzen, dass sie sich sogar mit solchen Dingen zu mir traut." Dann musste er lächeln und nickte. "Und das ist auch nur gut so. Ich brauche eine kleine Tochter, die mich anhimmelt ... nicht wahr, Süße? Das wird noch lange deine Aufgabe sein."