William und Joanna ab 09.09.12 - Teil 5

Elizabeth

Elizabeth schüttelte den Kopf. "Es ist mir egal, was er mit mir anstellt...und wenn er dich enterbt, fangen wir eben irgendwo neu an. Warum auch nicht? Du wirst überall eine Stellung finden. Bei Henry in der Normandie zum Beispiel..."
Sie biss sich auf die Unterlippe und war zutiefst enttäuscht, dass er nicht zu ihr stehen wollte mit allen Konsequenzen.
"Warum hast du solche Angst? Mein Vater ist der Lordkanzler, ja, aber doch kein Unmensch. Richard hat er auch leben lassen als der meine Schwester geheiratet hat."
Es konnte doch hier nicht scheitern!

Roger

"Lizzy, nimm doch Vernunft an. Wenn er mich enterbt verliere ich alles, selbst meine Ehre. Warum sollte Henry einen Niemand einstellen?" entgegnete Roger. Es schmerzte ihn, dass Lizzy die ganze Tragweite nicht zu begreifen schien, die all das haben würde, was sie forderte. Und dass er nun derjenige sein musste, der ihr die Träume raubte. Einfach irgendwo anders neu anfangen ... so wie sie das sagte, funktionierte es aber nicht.
"Richard ist mit ihm verwandt und rein zufälligerweise auch noch ein Prinz. Ich kann mit nichts davon aufwarten und selbst, wenn dein Vater gnädig sein sollte, meiner wird es nicht sein. Lizzy, es geht nicht, versteh doch. Lass uns warten. Lass uns warten bis der Frühling kommt und dann versuche ich es noch einmal bei deinem Vater, in Ordnung?"

Elizabeth

"Weil du doch trotzdem einen Namen trägst, den man kennt. Und Henry braucht gute Männer. Er würde dir eine Chance geben. Und ich bin mit ihm verwandt." Elizabeth löste sich aus den Armen ihres Liebsten. "Ich hätte nicht gedacht, dass du ein Feigling bist.", sagte sie verwundert, aber zutiefst enttäuscht. Sie hatte wirklich geglaubt, er würde wenigstens jetzt offen zu ihr stehen. Doch sie alle stellten sich gegen sie. warum verstand sie denn niemand?
"Hast du wirklich noch Hoffnung, dass mein Vater dich im Frühjahr erhört? Er hat gesagt, ich werde dich nicht heiraten und das meint er völlig ernst, zumal meine Mutter der selben Meinung ist. Das hier war unsere letzte Chance und du lässt sie verstreichen, weil du Angst hast."

Roger

"Ein Name ist nichts als Schall und Rauch, wenn man verstoßen wurde. Henry würde höchstens seinem Ansehen noch weiter schaden, wenn er mich einstellt, also wird er da die Finger von lassen." Als Elizabeth sich von ihm löste, zuckte Roger leicht zusammen. "Manchmal erfordert es mehr Mut einzusehen, wann man aufhören sollte sich den Kopf an einer Mauer einzurennen als damit weiter zu machen." entgegnete Roger.
"Es wäre einen Versuch wert." erwiderte er und schüttelte den Kopf. "Nein, das war sie nicht. Heimlich zu heiraten ist keine Chance, es würde uns ins verderben reißen. Ich liebe dich, Lizzy, und ich will, dass es dir gut geht, du in Sicherheit bist und zufrieden leben kannst. All das kann ich nicht gewährleisten, wenn wir heimlich heiraten und ich davon gejagt werde. Oder schlimmer. Dann haben wir unsere letzte Chance vergeben. So kann ich es erneut versuchen, beteuern, dass ich mich gebessert habe und beweisen, dass meine Absichten aufrecht sind."

Elizabeth

"Wenn du es nicht versuchst, wirst du es auch nicht erfahren. Das hier nennst du Mut? ich habe das Gefühl, ich bin die Einzige, dir für uns kämpft. Du sitzt nur hier und fürchtest dich vor den Konsequenzen. Ich dachte, du liebst mich..."
Elizabeth schüttelte langsam den Kopf. "Ich kann aber nicht zufrieden leben ohne dich. Und ich weiß, dass mein Vater konsequent ist. Er wird dich nicht mehr anhören, da kannst du sicher sein. Was also willst du sonst tun? Was? Einfach aufgeben? Ich kann dich nicht verstehen....ich weiß nicht, warum plötzlich alle gegen mich sind. Sogar du!"
Sie drehte sich um. "Ich glaube, ich muss jetzt ein bisschen allein sein.", sagte sie und wandte sich ab. Das hier war ein aussichtsloser Kampf. Sie würde niemals wieder glücklich sein.

Roger

"Wenn er so konsequent ist, wie du sagst, dann wird er es auch nicht einfach hin nehmen, wenn wir heiraten. Lizzy, das ist verrückt. Wir richten uns damit nur selbst zu Grunde." versuchte Roger es noch einmal, musste aber einsehen, dass Lizzy wirklich nichts davon hören wollte.
Betrübt sah er, wie sie sich abwandte. "Lizzy, bitte ... bleib hier." bat er sie, hielt sie jedoch nicht auf als sie die Tür öffnete. Vielleicht war es wirklich gut, wenn sie etwas allein war. Wenn sie nachdenken und zur Ruhe kommen konnte. Vielleicht begriff sie dann, wie verrückt ihr Plan war und dass er nie funktionieren würde. Vielleicht brauchte sie einfach etwas Zeit.

Robert klopfte und trat in das Gemach ein, das seine Eltern hier teilten. Er wollte bald abreisen, vorher aber noch einmal mit seinem Vater sprechen und so setzte er sich ihm gegenüber.
"Vater...wie geht es dir? Ich komme gerad von Edward. Er langweilt sich zu Tode, aber ich denke, das ist ein gutes Zeichen. Und Lizzy schließt sich in ihrem Zimmer ein, will niemanden sehen und verweigert das Essen. Aber ich denke, sie schmollt. Sie wird sich schon wieder einkriegen.", klärte er seinen Vater auf und schenkte sich etwas verdünntes Ale ein.
"Möchtest du auch?", fragte er.

 

William sah auf und lächelte als Robert eintrat. "Ah, das ist gut, dass du kommst, mein Junge." bemerkte William zufrieden, hörte sich aber zuerst an, was Robert zu erzählen hatte. Nachdenklich nickte er. "Deinen Bruder kann ich gut verstehen, mir geht es immer genauso, wenn ich mich noch schonen muss, aber schon wieder deutlicher bei Kräften bin. Ich war heute Morgen bei ihm, es scheint wirklich gut mit ihm voran zu gehen." Ein wahrer Segen, immerhin hätte es auch ganz anders ausgehen können.
Dann huschte ein dunkler Schatten über sein Gesicht. "Ich hoffe, dass du Recht hast." murmelte William. "Aber lass uns jetzt lieber nicht über deine Schwester sprechen." entschied er und nickte dann. "Ja, bitte."
Als Robert ihm etwas eingegossen hatte, nippte William zufrieden an seinem Becher und lehnte sich zurück.
"Ich habe interessante Neuigkeiten. Du weißt sicher, dass vor ein paar Tagen ein paar Adlige aus der Normandie eingetroffen sind. Ich habe heute mit einem von ihnen über einige Dinge gesprochen. Unter anderem über eine seiner Töchter. Das Mädchen ist mir aufgefallen und ich glaube, sie wäre genau die Richtige für Philippe und ihr Vater war auch nicht abgeneigt ... würde nur noch unser Bräutigam fehlen." berichtete William

Robert lächelte sanft. "Ja, ich kann ihn auch verstehen. Aber ich bin froh, dass es ihm so gut geht. Wenn sich die Wunden entzündet hätten, wäre es schlimmer gewesen. Dann hätten wir wirklich Angst um ihn haben müssen."
Er reichte seinem Vater einen Becher und nickte dann zustimmend, lauschte aber sehr interessiert dessen Bericht. Er beugte sich leicht nach vorne.
"So, eine Braut für Phil? Was weißt du über sie? Erzähl mir alles. Eine Normannin wäre nicht schlecht, dann haben sie etwas gemeinsam. Nun, ich habe mit Philippe gesprochen, als ich vor ein paar Tagen kurz in Truro war. Ich hatte eine Diskussion mit ihm, aber er war gewillt darüber nachzudenken."

 

William nickte. "Ja, aber Gott sei dank ist alles gut gegangen soweit. Und er ist hart im Nehmen, bald wird er wieder ganz auf den Beinen sein." erklärte William zufrieden.
Dann hob er leicht die Schultern. "Sie ist ein nettes Mädchen, wirklich hübsch anzusehen und wohl erzogen. 15 Jahre, wenn ich mich recht entsinne, und heißt Amélie. Ihr Vater wollte sie eigentlich im Sommer ins Kloster stecken. Sie ist seine fünfte Tochter und er sagt, er kann es sich nicht leisten, sie mit einer ordentlichen Mitgift auszustatten und zu verheiraten." William machte eine wegwerfende Handbewegung. "Die Mitgift ist mir egal, wichtig ist, dass das Mädchen selbst zu Philippe passen würde."
Und die Kleine hatte William nicht den Anschein gemacht, als hätte sie allzu hohe Ansprüche, im Gegenteil, sie schien recht genügsam und ihrem Vater gegenüber war sie ausgesprochen gehorsam gewesen.

Robert nickte langsam. "Amélie also...nun, das klingt sehr vielversprechend. Meinst du, sie würde sich an Philippes Seite gut machen? Dass sie wenig Ansprüche hat, ist gut, denn Phil wird es ihr nicht sehr leicht machen. Aber meinst du, sie ist auch zäh genug es auf Dauer mit seinen Launen auszuhalten? Naja, wenn du sagst, sie wird nicht viel Opferbereitschaft von Philippe verlangen, wenn er sie heiratet... Eine Familie würde ihm sehr gut tun, da bin ich sicher."
Er hoffte nur, dass das Mädchen ein kleines bisschen Durchsetzungsvermögen hatte und keine graue, schüchterne Maus war, die nie ein Wort zu sagen wagte.
"Es wäre wirklich gut, wenn er zustimmen würde...."

 

William musste lächeln. "Ja, ich denke, sie würde gut zu ihm passen. Ihr Vater hatte sie eigentlich schon vor fünf Jahren ins Kloster stecken wollen, wie er mir sagte, aber dann verstarb seine Gemahlin und er hat es Amélie überlassen den Haushalt zu führen und sich um ihre kleinen Geschwister zu kümmern. Allerdings plant er eine neue Heirat und somit ist das Mädchen für ihn wieder überflüssig und soll nun endlich aus seinem Haus raus." William nahm einen Schluck aus seinem Becher und grinste dann. "Oh, sie machte mir nicht den Eindruck als würde sie dem Kloster eine Träne nachweinen. Ich glaube, sie würde es mit jeder von Philippes Launen bis ans Ende ihrer Tage aushalten, solange sie nur nicht hinter Klostermauern verschwinden muss." erklärte William zufrieden.
"Du solltest sie dir einmal ansehen, ich für meinen Teil wäre froh, wenn Philippe sich durch ringen könnte, sie zu ehelichen."

"Das klingt ausgezeichnet. Besser, als ich gehofft hatte. Wir sollten die Beiden bald miteinander bekannt machen. Vielleicht solltest du sie und ihren Vater einfach einmal für eine Weile nach Cornwall einladen, dann kann Phil sie sich in Ruhe ansehen und sich entscheiden. Er hatte schon Angst, wir setzen ihm einfach eine Frau vor."
Er nickte langsam. "Ich werde sie mir ansehen, aber ich schätze, du wirst dich nicht täuschen. Wenn sie alles dem Kloster vorzieht und ihre kleinen Geschwister samt Haushalt zu bändigen wusste, wird sie auch mit meinem Brüderchen fertig werden."
Er grinste. "Es wird Zeit, dass er unter die Haube kommt. Dann vergisst er vielleicht wenigstens ein bisschen diese unselige Geschichte mit Marguerite."

 

William nickte. "Ja, vielleicht wäre das keine schlechte Idee. Vermutlich werden wir Philippe gut zureden müssen, damit er sie überhaupt kennen lernt, aber einen Versuch ist es in jedem Fall wert." bemerkte William und grinste leicht. "Das Mädchen wird schon zurecht kommen denke ich. Dein Bruder könnte sich vermutlich auf den Kopf stellen, solange sie nicht ins Kloster muss, ist ihr das sicher gleich."
Philippe würde es dem Mädchen anfangs sicher nicht leicht machen, also würde sie etwas Durchhaltevermögen brauchen, aber das würde schon irgendwie funktionieren.
Dann nickte William versonnen. "In der Tat. Er braucht Abwechslung und sollte das, was war endlich hinter sich lassen."

"Aber er wird es tun, allein aus Höflichkeit wird er sie kennenlernen. Und wenn sie sich einigermaßen geschickt anstellt, wird er feststellen, dass der Gedanke an eine Ehe mit ihr gar nicht so unerträglich ist." Robert grinste zurück.
"Ich werde sie mir ansehen und du lädst sie nach Cornwall ein. Dann ist es beschlossen. Herrje, Phil wird sich über unsere Rückkehr mit diesen Nachrichten nicht sonderlich freuen. Aber da muss er nun durch, das steht fest."
Und er war wirklich gespannt auf das Mädchen.

Amélie

Amélie seufzte leise und strich ihrem kleinen Bruder über die flachsfarbenen Haare. "Was machst du nur immer für Sachen, hm?" murmelte sie und betrachtete das Loch, dass sich nun in seiner Hose befand. "Und das Knie hast du dir auch aufgeschürft. Ich sage doch immer, du sollst die Treppen nicht hinunter laufen." tadelte sie den Jungen sanft, sah dann aber verwundert auf, als es an der Tür klopfte. Sie gab ihrer Zofe ein Zeichen, um die Tür zu öffnen und erhob sich mit Baldwin auf dem Arm.
Eigentlich erwartete sie niemand, umso gespannter war sie, wer nun wohl eintreten würde. Im nächsten Moment starrte sie ihren Besucher verblüfft an. Es dauerte nur einen kurzen Moment, dann besann Amélie sich auf ihre Erziehung und senkte den Blick. "Hier, bring Baldwin nach nebenan, sei so gut." bat sie ihre Zofe und übergab ihren Bruder in deren Aufsicht, ehe sie einen Schritt auf ihren Besuch zu machte und höflich knickste. "Willkommen, Mylord. Wie kann ich Euch behilflich sein?" erkundigte sie sich, den Blick noch immer sittsam gesenkt. Aber der kurze Moment in dem sie ihn vorhin angesehen hatte, hatte Amélie schon gereicht, um zu wissen wer vor ihr stand. Dafür hätte der Sohn des Lordkanzlers seinem Vater nicht einmal so ähnlich sehen müssen.

Robert war neugierig gewesen auf das Mädchen, das sein Vater als passende Braut für Philippe ins Auge gefasst hatte und so hatte er sich heute auf den Weg gemacht um sie kennenzulernen. Was er sah, bestätigte ihn in dem Urteil seines Vaters. Ein hübsches Mädchen, das sich offenbar liebevoll um ihren kleinen Bruder kümmerte. Er neigte höflich den Kopf.
"Lady Amélie....es ist mir eine Freude Euch kennenzulernen. Euer Bruder?", fragte er dann mit einem sanften Lächeln. "Oh, ich bin eigentlich nur hier um mir ein Bild von Euch zu machen. Hat Euer Vater Euch gesagt, dass mein Vater vielleicht eine Ehe zwischen Euch und meinem Halbbruder ins Auge fassen möchte? Mein Bruder ist mir teuer und da dachte ich mir, ich lerne seine zukünftige Braut schon einmal kennen."

Amélie

Amélie nickte leicht. "Sein Name ist Baldwin." erklärte sie und sah ihren Besucher dann wieder an. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, dann schüttelte sie leicht den Kopf. "Das hat er nicht, aber ich war dabei als unsere Väter über mich verhandelt haben, wie über ein Stück Schlachtvieh." erklärte Amélie dann mit einem leichten Funkeln in den Augen und musterte Robert of Cornwall flüchtig. "Nun, Mylord, wenn Ihr mich kennen lernen wollt, bitte ich Euch Euch doch zu setzen." Sie deutete auf einen Sessel am Kamin. "Darf ich Euch etwas zu Trinken bringen? Wir haben einen ganz herrlichen Rotwein aus der Normandie mitgebracht. Ich würde mich freuen ihn Euch servieren zu dürfen."

Robert grinste leicht. "Kein sehr erbauliches Gespräch für Eure Ohren, schätze ich, Mylady. Aber so sind Väter nun einmal gelegentlich. Und seid versichert, zumindest mein Vater ist weit davon entfernt Euch wie ein Stück Vieh kaufen zu wollen. Er sucht lediglich eine passende Braut für meinen Bruder und das ist nicht ganz so einfach, wie man es sich wünscht."
Er war erfreut, als sie ihn einlud sich zu setzen und nickte dankbar. "Sehr gern, Mylady. Und wenn Ihr mich so fragt, sage ich zu einem Becher Wein nicht nein, wenn Ihr einen Becher mit mir trinkt. Und vielleicht wollt Ihr mir ja etwas von Euch erzählen?"

Amélie

Amélie zuckte leicht mit den Schultern. "Ich habe schon schlimmere Gespräche mit anhören müssen. Und wenn ich frei sprechen darf, Mylord, ich bin eine Frau. Ich bin geboren worden, damit Männer über mein Wohl und Wehe entscheiden, diese Tatsache hat schon lange ihren Schrecken für mich verloren." erklärte Amélie gerade heraus und lächelte dann als Robert ihre Einladung annahm.
Sie ging zum Tisch hinüber und füllte zwei Becher mit dem besten Wein, den sie hier hatten, ehe sie zum Kamin hinüber ging und Robert einen Becher überreichte. "Ich hoffe, der Wein ist nach Eurem Geschmack, Mylord." erklärte sie und ließ sich ihm gegenüber dann in einem weiteren Sessel nieder.
"Ich erzähle Euch gerne etwas über mich, aber was möchtet Ihr denn wissen? Ich will Euch nur ungerne mit irgendwelchen belanglosen Dingen langweilen." erwiderte sie. "Wenn Ihr etwas über meine Qualitäten als potenzielle Gemahlin Eures Bruder erfahren möchtet: ich weiß, wie man einen Haushalt zu führen hat, da ich das nach dem Tode meiner Mutter vor fünf Jahren übernehmen musste und wie Ihr sehen konntet, kümmere ich mich auch um meine kleineren Geschwister. Ihr könnt Baldwin gerne selbst fragen, ich denke, er wird bestätigen, dass ich ganz gut mit Kindern umgehen kann." erklärte sie lächelnd.

Robert lachte leise. "Ja, ich sehe, warum mein Vater Euch für gut geeignet hält." Sie traf genau den richtigen Ton zwischen Respekt und Offenherzigkeit.
Er hob den Becher und prostete ihr zu. "Auf Euch, Mylady. Nun...dass Ihr diesbezüglich über Qualitäten verfügt, wurde mir bereits berichtet und ich konnte es vorhin auch mit eigenen Augen sehen. Baldwin scheint Euch sehr zugetan zu sein. Doch mich interessiert viel mehr, für welche Dinge Ihr Euch interessiert. Was Ihr Euch von einer Ehe versprecht und was für Erwartungen Ihr an Euren Gemahl habt. Ich möchte einfach erfahren, was Ihr gerne tut und wie Ihr denkt." Vielleicht konnte er mit diesem Wissen auch seinen Bruder überzeugen.

Amélie

"Ihr schmeichelt mir, Mylord." bemerkte Amélie lächelnd und hob den Becher, um den Tost zu erwidern.
Sie trank einen kleinen Schluck und ließ den Becher wieder sinken, betrachtete einen Moment lang den Wein darin und sah dann wieder auf. "Mylord, ich bin die fünfte Tochter eines eher unbedeutenden Adligen. Ihr scheint mir gut informiert also gehe ich davon aus, dass Ihr auch wisst, dass für mich das Kloster angedacht war. Mein Vater hat drei meiner Schwestern verheiratet und die vierte war von Anfang an für den Geistlichen Stand vorgesehen, also kam sie in ein ehrbares Stift um dort für das Seelenheil unserer Familie zu sorgen. Ich hingegen ... ich war immer schon übrig." erklärte Amélie mit einem Lächeln, dass trotz ihrer Worte frei von Traurigkeit oder nur Resignation war. "Ich bin daran gewöhnt das zu nehmen, was übrig bleibt und so könnt Ihr Euch sicher vorstellen, dass meine Ansprüche nicht allzu hoch gesteckt sind. Ich bin nicht für ein Kloster geschaffen: Ich bin fromm, eine gute Christin, das steht außer Frage, aber ein Leben hinter Klostermauern würde mich erdrücken." Ihr Blick wanderte wieder zu ihrem Becher und sie drehte das Tongefäß nachdenklich in ihren Händen. "Was ich mir verspreche und von meinem Gemahl erwarte, fragt Ihr ..." Amélie sah wieder auf. "Ich verspreche mir von einer Ehe, dass sie mir mehr Luft zum Atmen lässt als der Klosteralltag es tun würde. Was meinen Gemahl angeht ..." Amélie schüttelte lächelnd den Kopf. "Niemand braucht mir etwas vorzumachen, Mylord, es wird schon einen Grund haben, weshalb Ihr und Euer Vater ein kleines Mäuschen wie mich für Euren Bruder aussucht. Meine Erwartungen sind also entsprechend gering. Es würde mich freuen, wenn ich ihm eine gute Frau sein könnte, ihm Kinder schenken dürfte. Aber Erwartungen habe ich wahrlich keine, solange er mir nur einen Hauch von Freiheit mit dieser Ehe gewehrt."

"Keineswegs, Mylady, ich sage nur die Wahrheit." Robert lauschte ihr mit Interesse und nickte schließlich. "Das kann ich gut verstehen. Aber ich kann Euch beruhigen. Mein Bruder wird Euch nicht einengen. Er ist kein Scheusal, im Gegenteil. Er ist ein guter Mann, freundlich, gutherzig und loyal. Sein Charakter ist tadellos, das ist nicht der Grund für unsere Wahl. Es wird vielleicht am Anfang nicht einfach sein mit ihm, Mylady, aber das liegt nicht an Euch. Es ist einfach so, dass er in letzter Zeit einige schlimme Dinge erlebt hat. Wenn er abweisend sein sollte, ist das nicht Eure Schuld und ich hoffe, dass Ihr es Euch nicht so sehr zu Herzen nehmt, wenn es so kommen sollte. Irgendwann wird er auftauen und Euch der beste Mann sein, den Ihr Euch wünschen könnt. Seid einfach Ihr selbst, tut gewissenhaft Eure Pflicht. Ich bin sicher, Ihr passt gut zu ihm. Und er liebt Kinder sehr. Einsperren wird er Euch auch nicht, also ich könnte mir vorstellen, dass Ihr Euch sehr wohl fühlen werdet."

Amélie

Amélie sah ihren Besucher einige Augenblicke lang an und dachte über dessen Worte nach. "Ich habe schon von klein auf gelernt, dass es mich nicht weiter bringt, mir gewisse Sachen zu Herzen zu nehmen. Seid versichert, Mylord, ich werde mich nicht in ein weinendes Häuflein Elend verwandeln, nur weil Euer Bruder abweisend auf mich reagiert." erklärte Amélie schließlich. Im Grunde war ihr auch egal, was ihr künftiger Gemahl so trieb. Selbst wenn er es vorziehen sollte, sich mit Huren zu vergnügen statt mit ihr das Bett zu teilen, war ihr das egal. Solange sie nur nicht ins Kloster musste, würde sie eine ganze Menge dafür ertragen können.
Dann huschte ein Lächeln über ihre Lippen. "Wenn dem so ist, wäre ich umso glücklicher ihm Kinder schenken zu dürfen. Aber all das mit der Zeit. Zunächst einmal sollte er wohl einwilligen, nicht wahr?" Amélies Augen funkelten leicht. "An mir zumindest sollte diese Ehe nicht scheitern."

Robert nickte langsam. "Das ist gut." Wenn Amélie wirklich keine Ansprüche hatte, war es schwer, sie zu enttäuschen, auch wenn Philippe sich darin bemühte.
Er grinste matt. "Ja, so ist es. Erst sollte Philippe einmal einwilligen, dann aber werdet Ihr ihm sicherlich Kinder schenken können. Er liebt Kinder sehr, daran wird es nicht scheitern."
Er konnte ja verstehen, dass Phil nach all der Geschichte kein Vertrauen mehr in Gott hatte, aber er war sich sicher, dass Phil trotzdem gesunde Kinder zeugen konnte. Auch, wenn der Kleine damals gestorben war. Das konnte genauso gut Marguerites Blutanteil sein.
"Nun, Mylady, Ihr findet mich beruhigt. Mein Bruder und Ihr werdet perfekt zueinander passen."