William und Joanna - ab 1180 bis 1181

Lionel

Es frustrierte Lionel sehr, Cedric so reden zu hören. All diese Dinge hatten sie jahrelang geteilt. Und nun...nun war er dazu nicht mehr in der Lage. Er war nicht mehr in der Lage seinem Gefährten genug zu bieten. Wie nutzlos er doch geworden war... Sogar seinen Aufgaben als Priester nachzukommen fiel ihm immer schwerer, er vergaß einfach Kleinigkeiten. Er wollte nicht alt werden, lieber jetzt gleich zu Gott gehen.
"Und ich bin kein Mann? Früher hast du auch einfach nur bei mir geschlafen, ohne irgendetwas zu erwarten." Es war mehr eine halbherzige Verteidigung. Er wusste ja selbst zu gut, dass Cedric recht hatte. Als dieser zu ihm trat, nickte Lionel leicht. Er verzieh ihm ja doch alles...
"Es ist ja die Wahrheit. Vielleicht wäre es besser, wenn wir uns nicht mehr so aneinander binden. Ich bin nicht mehr in der Lage dir gerecht zu werden. Ich kann einfach nicht so, wie du es gern hättest. Vielleicht muss ich dich einfach frei geben. Das ist doch ohnehin, was du willst.", murmelte er niedergeschlagen.

Cedric

Cedric knirschte leicht mit den Zähnen, weil er sich einfach nicht recht verständlich machen konnte. "Sicher und das kann ich doch auch heute noch, aber ab und an ..." Cedric haderte einen Moment. "Ich bin ein treuloser Sünder, Lionel, und hin und wieder will ich mich dieser Sünde auch hingeben."
Im nächsten Moment musste Cedric schwer schlucken. "Lionel." murmelte er und legte einen Arm um den Priester. "Hör zu, du liegst mir mehr am Herzen als irgendjemand sonst es je getan hatte, wirklich. Bitte, glaub nicht, dass mir das hier alles gleichgültig ist." Immerhin hatten sie die letzten Jahre miteinander geteilt und Cedric war Lionel dafür überaus dankbar.

Lionel

"Natürlich willst du das..." Lionel konnte gar nichts Anderes erwarten. Es war auch verletzter Stolz, der ihn so reagieren ließ. Eigentlich tat Cedric nur, was in seiner Natur lag. So hatte es mit ihnen auch begonnen. Aber wenn er sich vorstellte, Cedric zu verlieren, zerbrach es ihm das Herz. Warum war das nur alles so schwierig...
"Es fühlt sich so an...auch, wenn es nicht wahr ist." Er schüttelte den Kopf, ließ sich auf eine der Bänke sinken und vergrub das Gesicht in den Händen. "Ich habe mein Leben immer Gott gewidmet, aber warum tut er den Menschen dieses Dahinsiechen an? Ich kann es nicht verstehen. Ich wäre lieber tot, als immer mehr meines Lebens zu verlieren, weil ich es nicht mehr ausfüllen kann. Erst dich...als nächstes wird der Earl mich ersetzen, weil ich nicht mehr gut genug die Messe halten kann. Ich kann das nicht. Was soll ich denn machen ohne dich? Ich dachte immer, du würdest so für mich fühlen wie ich für dich..."

Cedric

Cedric starrte Lionel an als dieser sich auf einer der Bänke niederließ und mit einem Mal fühlte er sich miserabel. Nicht wegen Anthony und der letzten Nacht, es war etwas viel größeres gegen das er machtlos war.
Cedric ließ sich neben Lionel auf die Bank sinken und griff nach dessen Händen. "Sag doch so etwas nicht!" erwiderte er leise. Er wusste überhaupt nicht, wie er damit umgehen sollte. Mit einem Mal wurde ihm bewusst, dass er zwar in letzter Zeit oft genug über die Missstände ihrer Beziehung nachgedacht hatte, aber dabei nie gedanklich einen Schritt weiter gegangen war. "Lionel, ich ... du bist mir wirklich wichtig." murmelte Cedric und strich dem Priester über den Rücken. "Glaub mir, sonst wäre ich nie so lange hier geblieben. Und du verlierst mich doch auch nicht. Ich bin doch trotzdem noch da und will auch weiterhin bei dir sein." Nur wollte er eben für andere Dinge jemanden, der jünger war, kräftiger und der mit ihm mit halten konnte.

Lionel

Lionel lächelte kläglich, als Cedric versuchte ihn zu trösten. Wichtig, ja...aber er würde nie die selbe Bedeutung für Cedric haben, wie der Spielmann für ihn hatte. Er brauchte ihn, er wollte nicht mehr allein sein. Kein anderer Mann kam für ihn in Frage. Es war die Wahrheit, er liebte diesen Mann.
"Wie kannst du das wollen? Ich bin ein alter Mann, hässlich und gebrechlich. Vielleicht sollte ich mich wirklich nicht wundern."
Aber solange der Andere ihn nicht alleine ließ...."Ich will nicht allein sterben, Cedric. Mit dem Wissen, einsam in dieser Welt zu sein."

Cedric

Cedric war nie jemand gewesen, der besonders treu oder besonders rührselig gewesen war, aber er spürte einmal mehr, welch merkwürdige Position Lionel in seinem Leben eingenommen hatte und wie sehr dieser ihn beeinflusst hatte.
Es zog sein Herz schmerzhaft zusammen den Priester so reden zu hören und das schlimmste war, dass er im Grunde nichts tun konnte. Er konnte das Alter nicht aufhalten, das an Lionel nagte und das den Ursprung dafür legte, dass seine Zuneigung zu dem Priester mittlerweile eine andere war als die, die Lionel für ihn empfand.
Cedric legte eine Hand an Lionels Wange und zwang den Priester damit ihn anzusehen und den Blick nicht abzuwenden. "Du hast mir in den letzten Jahren so viel gegeben, wie könnte ich das einfach so beiseite fegen?" fragte Cedric ernst. "Als ich her kam und dich gesehen habe, wollte ich dich einfach für einen kurzen Zeitvertreib bei mir haben, so wie immer, aber ..." Cedric grinste leicht. "Du siehst ja, ich sitze immer noch hier. Ich werde dir nie vergessen, was du alles für mich getan hast, wie oft du mir beigestanden hast und vor allem, wie du dafür gesorgt hast, dass ich mich hier zu Hause gefühlt habe. Und deshalb werde ich auch nicht zulassen, dass du eines Tages alleine stirbst, hörst du?"

Lionel

Lionel fühlte sich nun doch etwas getröstet durch Cedrics Worte. Er sah ihn an und fand in dessen Augen etwas von der Zuneigung wieder, die ihn früher so gefesselt hatte. Er hatte immer genau gewusst, dass Lionel für ihn da war.
"So oft wie du mir...du hast mir eine andere Seite des Lebens gezeigt. Eine, die ich nicht kannte und auch nie kennengelernt hätte, wärest du nicht gewesen." Er atmete etwas erleichtert auf. "Ich danke dir..." Er hatte keine wirkliche Angst vor dem Tod, Hauptsache, er war nicht allein.
"Es hat mich einfach verletzt, wie du diesen Kerl angesehen hast. Weil du mich nicht mehr so ansehen kannst. Ich war so eifersüchtig...Aber ich verstehe ja, warum es nicht mehr ist wie früher..."

Cedric

Cedric lächelte leicht. "Tja, wir haben wohl beide einigen Einfluss aufeinander gehabt. Und dabei hätten wir kaum ungleicher sein können. Aber vielleicht war immer genau das, das entscheidende." erwiderte Cedric und war erleichtert, dass er dieses sensible Gespräch mit Lionel doch noch in solch gute Bahnen hatte lenken können. Lionel lag ihm ja wirklich am Herzen, nur waren seine körperlichen Bedürfnisse einfach mittlerweile keine mehr mit denen Lionel mithalten konnte.
"Du brauchst nicht eifersüchtig zu sein. Du hast einen Teil von mir, den kein anderer je haben wird, egal ob er mein Bett teilt oder nicht." erwiderte Cedric und sein Blick glitt ganz von allein prüfend durch die Kapelle, wenngleich er wusste, dass sie alleine waren. Dann lehnte er sich vor und gab Lionel einen Kuss. "Und nun lass uns das ganze beilegen, in Ordnung?" murmelte Cedric gegen seine Lippen. "Ich will nicht mit dir im Streit liegen."

Lionel

Lionel nickte. "Ja, da hast du recht. Aber man sagt nicht umsonst, dass Gegensätze sich anziehen. Jedenfalls habe ich die schönsten Jahre meines Lebens mit dir verbracht." Er seufzte leise. Es war immer ein heikles Thema mit ihnen Beiden, besonders, wenn es um sein Alter ging.
"Das tröstet mich ein wenig..." Wenigstens würde keiner dieser Männer Cedric je so wichtig sein wie er. Er stimmte zu und erwiderte den Kuss.
"Ich mit dir auch nicht. Das macht nichts besser, nur schlimmer. Lass uns doch einfach in Ruhe einen kleinen Spaziergang machen."

Rob

Auf dem letzten Stück ihrer Reise war Rob immer stiller geworden. Seit sie ihr Ziel am Horizont hatten ausmachen können und sein Vater einen der Ritter als Boten vorausgeschickt hatte, war Rob endgültig in tiefes Schweigen verfallen. Surrey. Hier würde er also die nächsten Wochen und, wenn es nach seinen Eltern ging, Monate verbringen. Zwar hatte er seiner Mutter versprochen, dass er es versuchen würde, aber er hatte sich bis jetzt noch immer nicht so recht mit dem Gedanken anfreunden können.
Robs Blick huschte kurz zu seinem Vater hinüber, dann richtete er ihn wieder fest auf die Mähne seines Ponys. Wenigstens einen treuen Freund würde er dabei haben, wenn er schon ganz alleine hier in die Fremde musste.
Zwar hatte sein Vater ihm gesagt, dass Simon einige Kinder und unter anderem einen Sohn in Robs Alter hatte, mit denen er spielen konnte, aber bei dem Gedanken an die fremden Kinder wurde Rob mulmig. Was, wenn sie über die Umstände seiner Geburt Bescheid wussten und über seine Mutter? Was, wenn sich hier das gleiche abspielen würde wie in Truro? Er seufzte leise und sah nach vorn, wo die Burg nun immer dichter und dichter kam.

Robert hatte seinen Sohn höchstpersönlich nach Surrey gebracht. Er wollte die sich gerade wieder erholende Beziehung zu seinem Sohn nicht aufs Spiel setzen und zum Anderen sicher gehen, dass dieser auch wirklich dort blieb. Nun hatten sie Simons Burg fast erreicht.
Robert lenkte seinen Hengst neben Robs Pony. "Bald sind wir da, Rob. Gleich geschafft. Und mach dir nicht so viele Sorgen, es wird sich alles finden und es wird bei Weitem nicht so schlimm werden, wie du denkst. Simon und Alais sind sehr nette Menschen und ihre Kinder sind sicherlich genauso. Du wirst rasch Anschluss finden. Lass dich nicht unterkriegen, Rob."
Er hatte zwar noch ein paar Zweifel, wie rasch Rob sich tatsächlich einleben würde, aber er vertraute da ganz auf Simon.
"Vergiss nicht, es ist ja nicht ganz fremd. Du warst als kleiner Junge schon hier."

Rob

Als sein Vater seinen großen, kastanienbraunen Hengst neben sein Pony lenkte, wusste Rob genau, was nun kommen würde. Er hätte es laut mitsprechen können und wurde in diesem Punkt nicht enttäuscht, es war genau die Rede, die er erwartet hatte.
Einen Moment lang schwieg Rob noch, dann sah er zur Burg hinüber. "Es sind nicht Simon und Alais wegen denen ich mir Gedanken mache." erklärte er ruhig, den Blick weiter starr nach vorne gerichtet. Die Beiden würden schon anständig sein, da war er sich sicher. Sorgen machten ihm viel mehr die Kinder ... Rob hatte die Erfahrung gemacht, dass Gleichaltrige mehr als gemein sein konnten und was, wenn Simons Sohn nicht so war, wie sein Vater versicherte, sondern jede Gelegenheit nutze, um Rob seine Herkunft spüren zu lassen und sich als etwas besseres aufzuspielen?
Rob sah nun doch zu seinem Vater auf und verdrehte die Augen. "Sicher, aber das ist sechs Jahre her und ich habe keinerlei Erinnerung daran." erinnerte er ihn trocken.

Robert seufzte leise und nickte. "Ja, ich weiß...Aber du schaffst das. Und wenn etwas ist, geh ruhig zu Simon. Er wird dir gerne helfen. Hör nicht auf das, was Andere sagen. Du musst einfach darüber stehen, dann hören sie auf dich zu ärgern. Abgesehen davon weiß hier niemand, wer deine Mutter ist und um die Umstände deiner Geburt auch nicht."
Sie ritten eine Weile schweigend nebeneinander her. "Natürlich, aber vielleicht erinnert sich ein Teil von dir daran und du fühlst dich wohl. Komm, lass uns ein Stück traben, wir sind gleich da."

Rob

Rob schnaubte leise. "Damit sie mich dann als Petze bezeichnen? Nein danke, ich beiß mich schon irgendwie durch." erwiderte er trocken. Wenn er zu Simon rannte, würden die Folgen fatal sein, dass wusste er jetzt schon. Wenn ein Bastard es schon schwer hatte, dann würde es für einen Verräter unerträglich werden. Er seufzte leise. "Dein Wort in Gottes Ohr, Vater. Meist sprechen sich solche Dinge ja viel zu schnell herum, aber ich hoffe, du hast recht." erwiderte er.
Rob kratzte sich am Kopf und hob die Schultern. "Vielleicht." erwiderte er, musste dann jedoch grinsen und nickte. "Au ja." erklärte er sich bereit und hatte sein Pony bereits angetrabt.

Schließlich erreichten sie den Innenhof und brachten die Pferde dort zum stehen. Robert ließ sich aus dem Sattel gleiten und übergab sein Pferd an einen Stallburschen. Er würde ein, zwei Tage bleiben und sich dann auf den Rückweg nach Truro machen, wenn er Rob den Einstieg ein wenig erleichtert hatte. Simon kam gerade mit Alais zusammen auf sie zu und er umarmte seinen ehemaligen Lehrmeister herzlich.
"Simon, wie schön dich zu sehen." Er küsste Alais auf die Wange. "Ich danke euch, dass ihr Rob hier aufnehmt wie mich damals."

Rob

Rob folgte dem Beispiel seines Vaters und stieg aus dem Sattel als sie den Innenhof der Burg erreicht hatten. Allerdings gab er die Zügel seines Ponys nur widerwillig an einen der Stallburschen, am liebsten hätte er es selbst versorgt, doch da sie offenbar schon entdeckt worden waren, blieb ihm keine andere Wahl.
Er kannte die beiden zwar nicht, die auf sie zukamen, aber noch bevor sein Vater sie begrüßte, wusste Rob, dass es Simon und Alais sein mussten. "Robert, es ist uns wirklich eine Freude, dass du uns den Jungen anvertraust." erklärte Simon gerade und lächelte leicht. "Wir werden gut auf ihn Acht geben, sei versichert."
Rob atmete tief durch und trat dann neben seinen Vater. "Mylady." Er verbeugte sich tief vor Alais und wandte sich dann Simon zu, um sich noch ein zweites Mal zu verbeugen, so wie er es gelernt hatte. "Lord Surrey. Ich danke Euch, dass ich hier bleiben darf." erklärte er und brachte sogar ein halbwegs glaubhaftes Lächeln zu Stande.


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