William und Joanna ~ 1170

"Eleonore hasst mich ohnehin schon, was also sollte das noch ändern? Se ist einfach nur eifersüchtig auf Jane und weil ich sie nicht mehr so anziehend finde wie vor Jahren. Henry hat alles, was er braucht und er hat auch noch nie durchblicken lassen, dass er ein so tiefgründiges Gespräch mit mir zu führen wünscht. Geoffrey, ja meine Güte..ich weiß selber, dass ich mich zu wenig um meine Kinder gekümmert habe, aber jetzt ist es fast zu spät. Geoffrey wird ohnehin nie König werden."
Henry seufzte.
"Du sagst das so einfach, aber so einfach ist es nicht! Du kannst das nicht verstehen, deine Kinder sind von der Frau, die du liebst. Ich habe genug zu tun, da habe ich keine Nerven mich auch noch stundenlang mit den Kindern zu beschäftigen. Abgesehen davon will ich das auch eigentlich nicht und sie wollen es genauso wenig. Was soll ich denn machen? Ich werde dennoch nicht Richard seine Schwärmereien durchgehen lassen, er soll sich auf das Wesentliche konzentrieren."

William starrte seinen Cousin einen Moment lang ungläubig an, dann schüttelte er den Kopf, fast ein wenig traurig. "Vergiss es einfach, Henry." erwiderte er resignierend. "Aber sag hinter her nicht, ich hätte dich nicht gewarnt. Und jetzt sollte ich wohl besser meine Sachen packen." Damit legte William nun endlich die Hand auf die Türklinke und verließ den Raum.
Es war unglaublich, wie starhalsig dieser Mann war ...
Nun, William musste zusehen, dass er alles für die Abreise vorbereitete und vor allem noch Richard fand. Vielleicht schadete es auch nicht, wenn er Eleonore ebenfalls noch aufsuchte, um mit ihr zu sprechen. Gut möglich, dass er sich von ihr einiges mehr erhoffen konnte als von Henry.

Eleonore sah ihren Sohn aufmerksam an und legte ihre Handarbeit zur Seite, Richard war zu ihr gekommen, weil er ihr etwas erzählen wollte. Es schien wichtig zu sein, denn ihr Junge wirkte ziemlich nervös. Aber er kam auch mit für ihn wichtigen Dingen eher zu ihr als zu seinem Vater oder William.
"Was ist denn passiert, Richard? Ich hoffe, es ist nicht allzu schlimm..." Ein wenig Sorgen machte sie sich ja schon, noch hatte sie schließlich keine Ahnung von dem, was er ihr gleich eröffnen wollte.
"Mama...ich...es ist nicht schlimm. Also für mich nicht, aber für alle Anderen.", druckste Richard ein bisschen herum, ehe er sich zu Klartext aufraffen konnte. "Mama, ich...ich bin in Beatrice verliebt...und sie in mich. William hat uns gesehen, als wir uns geküsst haben und -"
Weiter kam der Junge gar nicht erst, denn es klopfte und Eleonore bat den Ankömmling ungeduldig hinein.

William hatte den Jungen nicht auf Anhieb finden können und sich deshalb entschieden zunächst Eleonore aufzusuchen, die in ihrem Gemach war. Er trat ein, als sie ihn von drinnen herein bat und schloss die Tür sorgfältig hinter sich. Ein kurzes Lächeln huschte über seine Lippen als er Richard entdeckte, dann wurde er wieder ernst.
"Na wunderbar, da habe ich ja gleich alle beide auf einem Fleck zu denen ich wollte." stellte William zufrieden fest. "Hat dein Sohn dich schon darüber in Kenntnis gesetzt, was er so angestellt hat?" fragte William dann und ließ den Blick kurz zwischen Eleonore und ihrem Sohn hin und her schweifen.

Eleonore hob eine Augenbraue. "Er ist gerade dabei..ich bin soweit im Bilde, dass er in deine Tochter verliebt ist und dass du sie wohl in einer etwas innigeren Situation überrascht hast. Würdest du mich vielleicht über die Folgen aufklären?"
Richard war ein wenig rot geworden und senkte den Blick.
"Ich will sie heiraten, Mama. Ich will, dass wir zusammen sein können. Aber irgendwie findet das niemand so gut...Vater schon gar nicht, schätze ich. Was ist mit Euch, Mylord?"
Er konnte nur hoffen, dass Beatrices Mutter ihn umgestimmt und etwas erreicht hatte, schließlich hatte sie recht viel Einfluss auf ihn. Und Richard hoffte so sehr, dass sein Vater doch noch irgendwie zustimmen würde. Er hatte ja nicht mehr zu Beatrice gedurft bisher.

William deutete auf Richard. "Wie du siehst, ist das die Folge davon. Die beiden haben sich in den Kopf gesetzt, dass sie für einander bestimmt sind und wollen heiraten." erklärte er und ließ sich dann gegenüber von Eleonore nieder.
"Bei der Sache gibt es nur ein Problem und das ist dein werter Ehemann." fuhr William fort und warf Eleonore einen bedeutsamen Blick zu. "Wie du dir ja vielleicht vorstellen kannst, war er nicht gerade begeistert. Aber nicht nur das, egal was ich zu ihm gesagt habe, er will davon nichts hören."
William warf dem Jungen einen Blick zu. "Richard, ich muss einiges mit deiner Mutter besprechen ... Ich werde morgen oder übermorgen mit meiner Familie abreisen, wir werden eine Zeit auf unserem Grund und Boden hier verbringen. Wenn du willst, kannst du uns gerne begleiten. Dann solltest du jetzt allerdings deine Sachen packen und ... sieh doch noch einmal bei Beatrice vorbei." schlug er dann vor.

"Wirklich? Danke!" Richard war hellauf begeistert und strahlte William dankbar an, ehe er sich Richtung Tür bewegte und sofort zu Beatrice eilte, um mit ihr zu sprechen und sie in den Arm nehmen zu können. Er war so glücklich, dass William das entgegen seiner ersten Aussage doch erlaubt hatte. Und dann, dann würde er seine Sachen packen. Es war ihm völlig egal, was seine Eltern dazu sagten, er wollte William so gern begleiten. Er würde ihn begleiten!
Eleonore hatte die Szene skeptisch und ein bisschen perplex beobachtet. "Du hättest zuerst einmal mich fragen können, ob er dich begleiten darf. Aber gut...wenn ihm so viel daran liegt. Erstaunlich, erstaunlich, die Beiden haben sich tatsächlich ineinander verliebt? Henry ist nicht gewillt der jungen Liebe eine Chance zu geben, nicht wahr? Er blockt ab. Das passt wirklich zu ihm. Manchmal ist er so ein Holzklotz, man sollte nicht meinen, dass er ein Gewissen hat."

William lächelte zufrieden als Richard sich beeilte aus dem Raum zu kommen.
"Nun, das hätte ich wohl, aber ich habe erwartet, dass du es ihm sicher erlauben wirst und was Henry sich dieser Tage denkt, ist mir ohnehin egal." erklärte William mit knappem Grinsen.
"Das haben die beiden." knüpfte er dann an das brisante Thema an. "Und du kannst dir Henry sicher vorstellen ... dieser sture Bock verschwendet nicht einmal einen Gedanken daran, die beiden heiraten zu lassen. Erstaunlich, dass ihm wirklich so wenig an dem Wohl seiner Familie liegt, dass er sowas riskiert. Richard scheint mir nämlich mehr als entschlossen zu sein, so habe ich den Jungen zuvor noch nie erlebt."

"Sieh an, du hast also wieder Streit mit Henry? Nun, das war ja ohnehin nur eine Frage der Zeit, ihr geratet ja ständig aneinander. Aber du hast Recht, ich erlaube es ihm. Wenn es ihn glücklich macht...Richard hat nicht viel, über das er sich so freuen kann."
Eleonore überlegte einen Moment und schaute William nachdenklich an.
"Ist er das? Dann scheint deine Tochter ihm völlig den Kopf verdreht zu haben. Junge Liebe ist so etwas Schönes." Sie lächelte. "Was hast du denn gesagt, als du sie gesehen hast? Wusstet ihr es vorher schon?"
Und es beschäftigte sie durchaus, wie es weitergehen sollte. "Wenn Henry so strikt ablehnt...was willst du dann tun? Es wird kaum möglich sein seinen Willen zu umgehen. Das weißt du ganz genau..."
Und ratsam war es auch nicht.

William nickte langsam. "Wieder einmal, ja." bestätigte er und seufzte dann. "Joanna wusste es bereits von Beatrice, aber hat mir davon auf Wunsch der Kleinen nichts erzählt. Ich bin heute morgen ziemlich aus der Haut gefahren als ich die beiden erwischt habe ... du kennst mich ja." gestand er dann mit mattem Grinsen. "Aber es hilft ja nicht, irgendwann wird Beatrice erwachsen und muss heiraten und ich bin nur froh, wenn sie jemanden findet, der sie glücklich macht."
William zuckte mit den Schultern. "Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich weiß nur, dass ich irgendeinen Weg finden muss, um es den beiden zu ermöglichen. Irgendwie ... und deshalb bin ich auch her gekommen. Ich weiß, wie viel Richard dir bedeutet und ich hatte gehofft, dass wir gemeinsam vielleicht irgendeinen Weg finden."
William fuhr sich unruhig mit den Fingern durch die schwarzen Locken. "Hör zu, wenn es mir nicht gelingt den beiden die Heirat zu ermöglichen, habe ich genau zwei Möglichkeiten: meine Tochter einsperren und zusehen wie sie von Tag zu Tag unglücklicher wird, weil sie ihn nicht sehen kann oder zusehen, wie sie trotzdem zu ihm läuft und sich zu seiner Geliebten machen lässt. Und beides sind Varianten, die ich nicht akzeptieren kann."

"Das überrascht mich gar nicht.", entgegnete Eleonore lächelnd. "Deine Tochter war schon immer dein Augapfel. Aber wenn man bedenkt, wie es am Anfang war, ist es wirklich überraschend, dass Beatrice sich ausgerechnet Joanna so anvertraut. Umso schöner...Aber ich kann mir vorstellen, dass es durchaus ein Schock für dich war sie zu sehen. Von einem Moment auf den Anderen ist sie eine junge Frau..."
Eleonore seufzte leise. "Einen Weg finden...du weißt genau, dass das nahezu unmöglich ist. Ich muss zugeben, ich hatte eigentlich gehofft, dass die Freundschaft der Beiden nicht diesen Weg gehen wird. Aber wenn Richard sich so entscheidet..."
Eleonore räusperte sich leise. "Es ist kaum möglich einen Weg zu finden. Ich kann nicht riskieren, dass Henry Richard enterbt, weil er gegen seinen Willen heiratet. Das kann auch nicht in deinem Sinne sein. Und Henry ist stur, er wird sich nicht überzeugen lassen. Ich sehe momentan keinen Weg, William. So leid es mir auch für die Beiden tut. Ich weiß nicht, was ich machen soll."
Sie biss sich auf die Unterlippe und sah William dann mitleidig an. "Auch wenn es mir nicht gefällt...wenn Richard von eurem Ausflug jetzt zurückkehrt, sollten Beatrice und er sich besser nicht wiedersehen. Dann kann sie ihn irgendwann vergessen und einen netten, jungen Mann heiraten, bei dem ihr keine Hindernisse in den Weg gelegt werden. Besser sie leidet jetzt eine Weile als dass sie ihr ganzes Leben darunter leidet, dass sie nie Richards Frau sein wird. Wenn sie seine Geliebte wird, hat sie keine Chance mehr auf ein Zurück. Wenn sie aber jetzt unberührt bleibt, findest du noch irgendwann einen Mann für sie, der sie mit Freuden heiraten wird. So leid es mir tut, ich sehe keine Zukunft für die Beiden und es ist besser, wenn es jetzt endet. Wir sollten sie voneinander fern halten. Und das musst du akzeptieren. Sie tun mir sehr leid. Aber ich sehe keinen Weg. Und eine heimliche Hochzeit würde Richards Zukunft ruinieren. Du wirst sicher verstehen, dass das nicht geht."

William knirschte leise mit den Zähnen. "Das heißt, deine Unterstützung habe ich also auch nicht?" fragte er gepresst. Er musste zugeben gerade von Eleonore hatte er sich mehr erhofft.
"Warum muss ich das akzeptieren, aber ihr seid offensichtlich nicht in der Lage die Meinung eures Sohnes zu akzeptieren? Richard ist kein kleines Kind mehr! Vielleicht fehlt ihm noch einiges bis er ein richtiger Mann wird, aber er ist auf dem besten Wege. Henry war gerade einmal neun als er das erste Mal nach England kam, um Matilda gegen Stephen zu unterstützen! Neun! Wieso kann dein dreizehnjähriger Sohn dann nicht einmal entscheiden, wen er heiratet?" fragte William wütend und stand wieder auf.
Das war doch Irrsinn. Er würde die beiden nicht einfach so trennen können, damit riskierte er höchstens, dass Beatrice noch von zu Hause weg lief ...
"Das Henry so verbohrt ist, überrascht mich ja gar nicht, aber du ..." er war Eleonore einen leicht verächtlichen Blick zu. "Gerade von dir hätte ich wesentlich mehr erwartet."

"Du hättest meine Unterstützung sofort, wenn du eine Idee hast, wie man den Beiden eine Hochzeit ermöglichen kann ohne dass Richard seine Zukunft aufs Spiel setzt. Er ist viel zu schade dafür einfach irgendwo im Verborgenen zu leben. Er ist klug genug um Macht zu wahren. Aber dafür muss er auch der Prinz bleiben. Aber wenn Henry ihn verstößt - und so launisch wie er ist, würde ich ihm das durchaus zutrauen, wenn Richard Beatrice heiratet - dann hat er nichts mehr. Was willst du dann tun? Dann ist es zu spät!"
Eleonore seufzte.
"William...ich akzeptiere seine Meinung. Und ich weiß, dass er bald ein wirklich guter Mann sein wird. Ich würde ihm wirklich gern ermöglichen sie zu heiraten. Aber ich sehe keinen Weg. Was soll ich denn deiner Meinung nach tun? Henry hintergehen und alles aufs Spiel setzen? Das kann ich nicht machen, ich muss auch an meine übrigen Kinder denken. Das ist nicht so einfach, William. Sag mir einen Weg und ich unterstütze dich und die Beiden. Aber so? Ich würde gerne...aber..."
Eleonores Lippen wurden schmal. "Du weißt genau, dass ich nahezu alles für Richard tun würde."

William runzelte die Stirn. "Du glaubst doch nicht wirklich, dass er das tun würde? Er weiß genau, was Richard wert ist, das wird er nicht wegwerfen nur, weil er seinen Kopf nicht durchsetzen konnte ..." erwiderte William.
Wenn er eine Idee hätte, hätte er diese ja auch schon längst vorgetragen, aber bisher war ihm noch keine Lösung für das Problem gekommen.
William atmete geräuschvoll aus. "Das Wort "nahezu" ist es, was uns beide doch sehr voneinander unterscheidet." erwiderte er dann. William war mehr denn je entschlossen, den beiden irgendwie eine gemeinsame Zukunft zu ermöglichen. Und auf umso mehr Widerstand er traf, desto stärker wurde der Drang dazu.

"Ich würde es ihm zutrauen, William. Hast du je erlebt, dass er sich Zeit für Richard genommen hat um mit ihm wirklich zu reden? Oder um zu sehen, wie er kämpft? Wie er sich entwickelt hat? Es interessiert ihn nicht und darum weiß er auch nicht, was er an Richard hat. Glaub mir, wenn der Grund groß genug ist, wird er ihn verstoßen. Und wenn Richard sich seinem Willen offen widersetzt..."
Eleonore schüttelte den Kopf.
"Mit dem Unterschied, dass ich Königin bin und etwas mehr zu verlieren habe als du. Was soll ich denn machen? Was? Ich habe keine Idee. Dass wir sie voneinander fern halten war auch nur die Alternative. Wenn es dir lieber ist, dass sie Richards Geliebte wird...er hat dabei nichts zu verlieren. Beatrice schon. Und ich denke durchaus, dass du eine gute Partie für sie haben willst. Dass sie einmal ein gutes, sorgenfreies Leben führen kann und eine Familie gründet. Wie soll das denn so gehen?"

"Ob du es glaubst oder nicht, das habe ich tatsächlich. Als er bei uns zu Besuch war, hat er sich in der Tat um Richard bemüht. Deshalb kann ich mir auch nicht vorstellen, dass er seinen zweiten Sohn einfach so aufgibt." erwiderte William, schüttelte dann jedoch kurz den Kopf. Das hier war genauso sinnlos, wie eine Diskussion mit Henry.
"Mehr zu verlieren? Wie das bitte? Das einzige, was dir passieren kann, ist, dass Henry dich noch weniger ansieht.
Ich hingegen setze meine ganze Existenz aufs Spiel in dieser Sache. Und wir wissen beide, dass Henry im Notfall kein Problem damit hätte mich zu verbannen - und dass du nichts dagegen unternehmen würdest. Also erzähl mir nicht, dass du mehr zu verlieren hättest!"

"Tatsächlich? Ein einziges Mal in dreizehn Jahren und das soll mich überzeugen?" Eleonore schnaubte verächtlich. "Henry interessiert sich nicht für seine Kinder. Vielleicht noch für seinen Bastard mit seiner Hure. Aber sonst...Es ist ihm egal, du brauchst ihn gar nicht zu verteidigen."
Es war einfach so, mit dieser bitteren Realität musste sie jeden Tag leben und das war auch nicht leicht.
"Ich kann es mir also sehr gut vorstellen." Williams Worte verletzten sie und sie verschränkte ihre Finger miteinander, richtete den Blick darauf, damit er das nicht sah. Henry sah sie ohnehin nicht mehr an. Noch weniger ging gar nicht mehr. Und William hatte gar keine Ahnung wie ungeliebt und einsam sie sich manchmal fühlte. Früher hatte sie sich ja noch der Illusion hingeben können, dass sie ja trotzdem seine Frau war und diese anderen Frauen nur ein kurzes Vergnügen. Aber jetzt sah das anders aus. Jetzt liebte er diese Jane mehr als er sie je geliebt hatte, er blieb bei ihr, er hielt zu ihr und war für sie da. Für sie und den kleinen Harry. Und sie fühlte sich so überflüssig.
"Und das macht es besser? Er schaut mich nicht mehr an, ja, aber glaubst du es ist besser, wenn er mich dazu auch noch hasst? Ich habe doch sowieso nur noch die Kinder. Und ihre Zukunft ist das Einzige, was mich interessiert. Und das Einzige, was mich hier hält. Du bist für Henry so ziemlich unentbehrlich geworden, du hast einen Überblick über die Geschehnisse im Reich, wertvolle Beziehungen und vor allem hältst du ihm lästige Arbeit vom Hals. Glaub mir, so einfach wird er dich nicht verbannen. Aber all das macht es nicht besser...eine Lösung haben wir dennoch nicht gefunden."

"Und für Johan." gab William zu bedenken, denn sein Cousin schien sich um seinen jüngsten legitimen Sohn tatsächlich mehr zu bemühen als um die anderen vor ihm.
William ging auf Eleonore zu und beugte sich zu ihr hinunter, so dass sie nur noch eine Armeslänge von einander entfernt waren. "Offenbar liegt dir aber nicht zuviel daran, dass sie glücklich werden. Sieh dich doch an, du wirst von Tag zu Tag verbitterter, wo ist die Eleonore hin, die ich früher kannte? Und du weißt, wieso das so ist! Und genau das mutest du deinen Kindern auch zu, mutest es Richard zu! Denk doch einmal darüber nach."
William seufzte und schloss kurz die Augen. "Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um den beiden eine Zukunft zu ermöglichen ... egal, was ich dafür opfern muss."

"Ja...für Johann..." Warum auch immer er das tat. Vermutlich nur, weil er versprochen hatte sich um seine Kinder besser zu kümmern. Einen kurzen Moment hasste sie William dafür, dass er ihr noch einmal so vor Augen führte, was sie nicht hatte.
"Hör auf...", sagte sie leise und wich seinem Blick aus. "Früher hat Henry auch noch irgendein Interesse an mir gehabt. Du wirfst mir vor, ich würde verbitterter werden? Warum bloß? Du hast ja keine Ahnung. Du hast eine Frau, die dich über alles liebt. Du hast eine heile Familie. Und was ist mit mir? Ich bin Henry egal, er hat nur noch Augen für seine Hure. Musst du mir immer wieder vor Augen führen, dass ich keinen Mann habe, der mich auch nur schätzt geschweige denn so etwas wie Liebe für mich empfindet? Glaubst du, das ist mir alles so egal? Das ist es nicht! Aber das darf ich nicht zeigen. Ich habe die Kinder, ja, aber einsam bin ich trotzdem. Und du hast nichts Besseres zu tun als mir vorzuwerfen, dass ich verbittert bin! Dann bin ich es eben, die Eleonore von früher gibt es nicht mehr. Die Eleonore von früher war auch nicht so unglücklich! Selbst Louis hat mich mehr Respekt behandelt als Henry es jetzt tut. Also lass mich damit in Ruhe."
Eleonore verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich weiß, dass ich es Richard zumute. Aber was soll ich machen? Soll ich ihn einfach heiraten lassen und warten, ob er damit seine Zukunft hinwirft oder ob er Glück hat?" Außerdem würde Henry sie nur noch mehr hassen, wenn er herausfand, dass sie ihren Segen gegeben hatte.
"Wie stellst du dir dann die Zukunft der Beiden vor? Ich glaube nicht, dass Henry sie mit offenen Armen empfängt. Besonders Beatrice nicht. Sie wirft seine Pläne über den Haufen und das mag er gar nicht."

Kurz huschte ein Grinsen über Williams Lippen. "Ich habe ja schon immer gesagt, dass du mich damals hättest nehmen sollen und nicht Henry." neckte er sie, wenn gleich er ein ähnliches bedrückendes Gefühl empfand. Es tat ihm Leid, dass Eleonore so wenig Freude an ihrer Ehe gefunden hatte. Was anfangs gut begonnen hatte, hatte sich schnell ins Gegenteil gewandelt.
"Ja, lass ihn seine Zukunft selbst in die Hand nehme. Er wird meine volle Unterstützung dabei haben ... und wie du selbst gerade so schön sagtest, das ist eine ganze Menge. Wenn ich all das hinter Richard stelle, wird Henry einen Teufel tun und ihn einfach vor die Tür setzen, glaub mir."
William hatte sich keinen Zentimeter bewegt und musterte Eleonore abwartend. Es wäre in der Tat von Vorteil ihre Unterstützung in dieser Sache zu haben, aber zwingen konnte er sie letzten Endes auch nicht.

Eleonore lächelte kläglich. "Ja, vielleicht hätte ich das. Aber dann hättest du Joanna nie kennengelernt. Ich glaube, wir wären nie so glücklich geworden wie ihr es miteinander seid."
Und darum beneidete sie Joanna auch so sehr...diese hatte eine zweite Chance bekommen und Glück gehabt. Sie hingegen fragte sich manchmal, ob sie nicht besser bei Louis geblieben wäre. Das wäre nicht ganz so demütigend gewesen.
"Aber das ändert auch nichts an meiner Lage..." Sie würde so gerne einmal wirkliche Liebe spüren. Dass sie jemand wirklich um ihretwillen schätzte, nicht, weil sie Königin von England war.
"Ich weiß nicht..." Eleonore dachte lange über Williams Worte nach, wirklich überzeugt war sie aber nicht. Sie hatte Angst um Richard, aber sie wusste auch, dass sie ihn nicht ewig festhalten konnte. Richard wollte sich beweisen und er wollte Entscheidungen selbst treffen. Sie seufzte leise. "Ich weiß zwar nicht, wie du es anstellen willst, aber wenn du einen Weg findest, hast du eine Unterstützung. Und du kannst Richard ausrichten, dass er meinen Segen hat."

"Das ist wahr." erwiderte William ruhig. Mit Eleonore wäre es nie so gewesen wie mit Joanna, auch wenn er in die Aquitanierin verliebt gewesen war, als sie beide noch mehr als zehn Jahre jünger gewesen waren.
William schloss die Augen und atmete erleichtert aus. Als er sie wieder öffnete, legte er eine Hand an Eleonores Wange und lächelte. "Ich danke dir. Ich danke dir vielmals." Dann richtete er sich wieder auf. "Ich denke, du ahnst, wie viel mir das bedeutet."
Mit Eleonores Rückhalt sah die Sache schon wieder ganz anders aus. Es war zumindest kein Ding der Unmöglichkeit mehr, so viel stand fest. Aber es würde trotz allem schwierig werden.
"Ach eins noch ... ich wäre dir dankbar, wenn du Gerüchten widersprichst, dass ich es damit nur auf den Thron abgesehen habe ... das wäre eine ausgesprochen unschöne Lüge, die mich den Kopf kosten könnte."

Eleonore schluckte und rang einen Moment mit ihrer Fassung, als William sie berührte. Niemand sonst tat das, deshalb reagierte sie auch fast ein wenig erschreckt darauf. Auch, wenn sie sich bemühte sich nichts anmerken zu lassen. Und neuerlichen Streit mit Joanna wollte sie auch nicht riskieren, wo sie sich gerade wieder verstanden.
"Schon gut...du weißt doch, wie wichtig Richard mir ist." Ein leichtes Lächeln huschte über ihre Lippen, dann schüttelte sie den Kopf. "Das werde ich tun...auch wenn Henry schon selten dämlich sein müsste um dir das zu unterstellen. Das wird er nicht tun, das weiß er. Außerdem würdest du ohnehin nicht an die Krone kommen, wenn deine Tochter den zweiten Sohn des Königs heiratet. Schwachsinnig..."
Eleonore seufzte leise. "Dann wird Richard auch noch gehen..." Und sie würde ihren Liebling wirklich sehr schmerzlich vermissen.
"Manchmal würde ich gern einfach alles hinwerfen und zurück in meine Heimat gehen..."

William grinste schief. "An Henry zweifle ich in diesem Punkt gar nicht. Aber du weißt, wie schnell man Neider hat. Und ein solches Gerücht hält sich hartnäckig, wenn es erst einmal in Umlauf kommt. Und ehe man es sich versieht, hört man schon die Spatzen von den Dächern pfeifen, dass ich nur darauf warte, dass der Thronfolger stirbt, damit Richard der nächste König wird und dass ich gegebenenfalls sogar nachhelfen würde ... du weißt wie die Menschen sind, Eleonore."
Und je höher die eigene Position war, desto tiefer konnte man fallen.
William ergriff ihre Hand und hauchte einen Kuss darauf. "Du weißt, dass du uns jeder Zeit willkommen bist." erwiderte er. "Und gräme dich nicht zu sehr, das wollen wir alle irgendwann. Aber nur die Schwachen werfen hin, was sie bisher erreicht haben. Und du bist neben meiner eigenen Gemahlin wohl die stärkte Frau, die ich kenne. Stärker als so mancher Mann, will ich meinen."

"Ja, ich verstehe...Die Menschen suchen immer Gründe ihr langweiliges Leben spannender zu gestalten. Mach dir keine Sorgen. Wenn ich etwas höre, werde ich gegensteuern und ich werde meine Zofen anweisen dasselbe zu tun. Niemand wird offen wagen dich eines solchen Verbrechens zu beschuldigen. Oder auch nur der Absicht."
Wenigstens Williams Ruf zu schützen lag noch in ihrer Macht, wenn auch sonst nicht allzu viel. Am Hof brachte man ihr dennoch Respekt gegenüber. Nur Henry tat das eben nicht.
"Ich versuche auch schon seit Tagen mein Möglichstes um diesen Gerüchten über deine Frau Einhalt zu gebieten. Das ist nur leider schwieriger als gedacht, weil der Junge euch nicht ganz so ähnlich sieht. Noch nicht. Aber es wird schon werden...solange ihr zueinander haltet, kann euch das ohnehin nichts anhaben und das tut ihr ja sowieso."
Sie lächelte ihn dankbar an, für sein Angebot, aber auch für sein Kompliment. "Danke."