William und Joanna - ab 1171 bis 1172

Edward verzog missmutig das Gesicht. Es war ja klar gewesen, dass sein Vater das absichtlich so eingerichtet hatte. "Ja, schon. Ich hatte nicht erwartet, dass ich würde sämtliche Pferde versorgen müssen.", gestand er dann und schüttete Espérance ihre Portion Hafer in die Krippe, beobachtete wie die Stute sich gierig darüber hermachte, während er seinem Vater zuhörte.
"Ja, ich weiß. Und ich werde daran denken. Aber darum beneide ich ihn ja auch gar nicht. Nur hat er immer viel mehr von dir als ich."
Edward seufzte. "Ich...ich will ein fähiger Anführer sein, Papa. Ich will es lernen. Wirklich." Aber jeder sah in ihm immer noch den kleinen Jungen, der er einmal gewesen war.
Nur verstand das keiner, wenn er sich darüber beschwerte.

"Aber genau das gehört nun einmal dazu." erklärte William und nahm sich ein Halfter, damit sie die Pferde hinaus bringen konnten, sobald sie ihren Hafer gefressen hatten. Er setzte sich auf einen umgedrehten Eimer und ergriff Edward an den Handgelenken, um ihn ein wenig zu sich zu ziehen.
"Das kommt dir nur so vor, Junge." erwiderte William sanft. "Als deine Mutter mit dir schwanger war, ist sie von England bis nach Frankreich gekommen, um bei mir zu sein und ich hatte wahnsinnige Angst, dass diese Reise für sie und für dich zu anstrengend gewesen war. Als ich dich jedoch das erste Mal in den Armen gehalten habe, warst du ein kräftiges, entschlossenes Kerlchen, das mir sofort ein Lächeln auf die Lippen gezaubert hat. Du hast einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen und dich wird nie jemand daraus verdrängen können, auch wenn ich einmal wenig Zeit für dich habe." erklärte William und zerzauste Edward die roten Locken.
"Und nun lass uns die Pferde raus bringen. Wir müssen die hinteren Boxen misten, den Rest werden die Stallburschen heute Mittag erledigen." erklärte er und grinste dann verschmitzt. "Und damit solltest du dich lieber beeilen, denn ich will, dass du Cuivre und Uriel danach fertig machst."
William stand auf und wollte das erste Pferd aus der Box holen, als er noch einmal inne hielt und sich umdrehte. "Hast du gefrühstückt?" fragte er und musterte seinen Sohn nachdenklich.

"Ja, ich weiß, dass es dazu gehört. Ich vergesse es nur manchmal.", erklärte Edward und sah seinen Vater dann aufmerksam an, als dieser ihn festhielt und ihm einige Dinge erklärte.
"Wirklich?", fragte er dann. Dass ausgerechnet er einen besonderen Platz im Herzen seines Vaters einnahm, hätte er nie gedacht. Das hätte er eher von Robert vermutet. Er kannte natürlich die Geschichte und er war immer stolz darauf geween, dass er schon so weit gereist war, obwohl er noch nicht auf der Welt gewesen war. Und dass seine Mutter so mutig war.
"Na gut." Edward holte sich ebenfalls ein Halfter und verzog ein wenig Gesicht, nickte dann aber. "Ja, mach ich." Es würde zwar etwas schwierig werden, den Sattel auf die großen Hengste zu bekommen, aber irgendwie würde er das schon hinbekommen.
"Naja...ich habe aus der Küche ein Stück Brot geholt....", erklärte er dann ausweichend. Das war zwar kein richtiges Frühstück, aber besser als gar nichts. Und er wollte auch nicht dastehen wie ein Schwächling.

"Natürlich. Du bist etwas ganz besonderes, kleiner Mann, vergiss das ja nie." erwiderte William. Es wunderte ihn ein wenig, dass Edward gar nicht nachfragte, wieso er beide Pferde fertig machen sollte, aber der Junge war vermutlich so damit beschäftigt, dass er gerade bestraft wurde, dass er gar keine Hoffnung mehr darauf hatte, dass sich das Blatt heute noch wenden würde.
William seufzte und griff unter seinen Mantel, um Edward ein Tuch in die Hand zu drücken in dem ein wenig Brot, Käse und ein Apfel eingepackt waren. "Gewöhn dir an immer gut zu frühstücken, wenn du die Gelegenheit dazu hast. Du kannst nie wissen, was der Tag noch bringt und wann du das nächste Mal Zeit haben wirst, um Essen zu können."

Edward begann zu lächeln. Etwas Besonderes...ja, das klang wirklich gut. "Werde ich nicht." Er nahm das Frühstück von seinem Vater nur zu gerne entgegen, denn so langsam begann sein Magen zu knurren. Und wenn er wirklich Boxen ausmisten und noch die Pferde fertig machen musste...
"Gehst du mit Mama reiten?", fragte er dann, bevor er in den Apfel biss. Das war wirklich das Einzige, was er sich vorstellen konnte, denn sonst ritt außer seinem Vater selten jemand Cuivre.
Robert hatte sein eigenes großes Pferd. "Oder mit Philippe?" Das wäre durchaus möglich. Vielleicht wollte er ja wieder mit seinem Halbbruder irgendetas üben und er würde höchstens zusehen dürfen. Aber er hatte es ja verdient, das sah Edward inzwischen schon ein.

William schüttelte den Kopf. "Weder noch." erklärte er und zog Roberts Wallach das Halfter über den Kopf, da das Tier bereits fertig mit fressen war. "Aber stell lieber nicht so viele Fragen, sondern sieh zu, dass wir die Pferde hinaus bekommen, sonst werden wir vor dem Mittag nicht mehr fertig." bemerkte William ein wenig spöttisch und verriet ganz bewusst nicht, was er vor hatte.
Darüber sollte Edward sich ruhig ein wenig den Kopf zerbrechen, vielleicht kam er ja doch schließlich noch auf die richtige Antwort. Während der graue Apfelschimmel gelassen auf der Stallgasse wartete, holte William Esperance aus der Box und führte die beiden Pferde nach draußen, um sie auf die Weide zu lassen.
Nachdenklich hing sein Blick dabei auf der Rappstute seiner Gemahlin und er runzelte kurz die Stirn. Er musste unbedingt mit Joanna über die Stute reden, er hatte da noch so eine Idee, die er aber unbedingt mit ihr besprechen musste, sonst würde sie ihm die Hölle heiß machen, wenn er die Stute ohne ihr Einverständnis decken ließ.

Edward runzelte die Stirn, wagte aber gar nicht die Idee weiter zu vertiefen, auf die er gerade gekommen war. Nie im Leben würde sein Vater ihn auf einem der Hengste reiten lassen, das war Unsinn.
"Ja, Papa.", murmelte er und schnappte sich sein Pony, um den kleinen Wallach auf die Koppel zu lassen. Seufzend sah er ihm nach. "Ein Pony müsste man sein.", meinte er leise und wandte sich dann ab um das nächste Pferd zu holen. Keine Pflichten außer dann und wann einen Reiter zu tragen, sonst den ganzen Tag fressen und entspannen. Was für ein Leben...
Er hatte zwar keinen wirklichen Spaß an der Arbeit, aber es stimmte..er wusste viel mehr zu schätzen, was die Stallburschen eigentlich taten.
"Warum schaust du Espérance so nach?", fragte er seinen vater dann neugierig. "Ist sie nicht in Ordnung?"

William legte seinem Sohn eine Hand auf die Schulter und sah zu ihm hinab. "Wünsch dir das lieber nicht zu sehr." erwiderte er. "Deinem Pony mag es gut gehen, aber es gibt genügend andere, die sich zu Tode arbeiten müssen oder zu Schande geritten werden, weil ihre Herren nicht mit ihnen umzugehen wissen." seufzte er leise.
Dann schüttelte William den Kopf und lächelte leicht als sein Blick der Stute folgte. "Nein, im Gegenteil. Ich habe gerade darüber nachgedacht, dass ich von ihr gerne noch einmal ein Fohlen hätte, aber das muss ich erst einmal mit deiner Mutter besprechen." Williams Augen funkelten herausfordernd als er Edward wieder ansah. "Welchen Hengst würdest du denn für sie auswählen, wenn du könntest?" fragte er neugierig.

"Da es ohnehin nie in Erfüllung gehen wird, ist es ja auch egal, ob ich mir das wünsche. Aber ich verstehe nicht, warum manche Menschen zu ihren Pferden so unfair sind. Die können doch nichts dafür, sie sind doch nur Tiere und können sich nicht wehren."
Edward sah seinen Vater überrascht an, als dieser ihn nach seiner Meinung für einen Hengst fragte. "Oh, ein Fohlen wäre toll. Die sind so niedlich." Er errötete ein wenig, weil er ja eigentlich ein großer Junge war und Fohlen nicht süß finden sollte.
"Naja...du weißt schon." Er überlegte einen Moment.
"Hmm..Uriel ist ihr Vater, Chouchou ihr Sohn also fallen die Beiden weg. Von Ardeur hat sie ja schon ein Fohlen. Also...vielleicht von Cuivre? Aber ich weiß nicht, ist er nicht vieleicht schon zu alt?"

"Tja, es gibt leider viele Dinge, die man nicht verstehen kann ..." murmelte William, brach dann jedoch in Gelächter aus. "Das braucht dir nicht peinlich sein, immerhin hast du recht. Sie sind ausgesprochen niedlich, wenn sie klein sind." pflichtete er Edward grinsend zu und zog eine Augenbraue in die Höhe. "Du bist ein kluges Kerlchen, weißt du das? Genau daran habe ich nämlich gedacht. Ich würde es gerne mit Cuivre versuchen bevor er endgültig zu alt ist. Dieses Jahr sind immerhin nochmal Fohlen von ihm zur Welt gekommen und er hat auch noch einmal drei Stuten gedeckt, ich bin also guter Dinge, dass es klappen könnte. Aber zunächst müssen wir deine Mutter überzeugen ... vielleicht kannst du mir dabei ja helfen."

Edward überlegte schon, wie er helfen konnte seine Mutter von einem Fohlen zu überzeugen, während er Uriel und Cuivre putzte. Es würde nicht leicht werden, schließlich ritt seine Mutter nie ein anderes Pferd, seit sie von Chouchou gestürzt war. Aber ihnen würde schon etwas einfallen. Espérances Fohlen wurden schließlich ausgesprochen stattlich, auch wenn Chouchou ein wenig schwierig war.
Seufzend klopfte er Cuivre den Hals und machte sich auf den Weg in die Sattelkammer um Sättel und Trensen zu holen, auch wenn er noch etwas zu klein war, um den Sattel problemlos auf den Rücken der großen Hengste zu bekommen.
Doch er würde es versuchen, sein Vater sollte ihm schließlich nicht sagen können, dass er sich keine Mühe mehr gab, nachdem sie die Boxen schon gemistet hatten.

William lehnte entspannt an der geschlossenen Boxentür und beobachtete seinen Sohn dabei, wie er die beiden Hengste auf Hochglanz polierte und schließlich davon zog, um das Sattelzeug zu holen. Für Edward würde es etwas schwierig werden, die Tiere zu satteln, da er eigentlich nicht groß genug war und William war wirklich gespannt, wie der Junge die Situation lösen würde und ob er vielleicht doch einsah, dass man im richtigen Moment durchaus um Hilfe bitten konnte, sofern man es zuvor versucht hatte.
Edward hatte beide Sättel heran geschleppt und über die Boxen gehangen und kehrte gerade mit den Trensen zurück. "Versuch es erst bei Cuivre." riet William seinem Sohn und beobachtete ihn dann weiter aufmerksam.

Edward nickte und wandte sich schließlich Cuivre zu. Einen Moment dachte er angestrengt nach, dann warf er die Zügel über dessen Hals und zog leicht daran. So brachte er den großen Fuchs dazu den Kopf zu senken und das ermöglichte es ihm, ihn ohne weitere Probleme aufzutrensen. Er wagte zwar zu bezweifeln, dass das bei Uriel ebenso reibungslos funktionieren würde, aber einen Versuch war es wert.
Nun jedoch stand er erst einmal vor dem Problem mit dem Sattel. Zweifelnd sah er hoch zu Cuivres Rücken und versuchte dann, den Sattel über seinen Kopf hochzuhieven, scheiterte aber kläglich.
Edward kaute unruhig auf seiner Unterlippe herum. Er wollte doch nicht versagen, aber er schaffte es so einfach nicht. "Papa...könntest du mir vielleicht den Sattel auf den Rücken legen? Ich komme nicht so hoch.", fragte er dann ein wenig geknickt.

William nickte anerkennend als Edward den Hengst dazu brachte den Kopf zu senken, so dass er ihn auftrensen konnte. Als er am satteln des Fuchses jedoch scheiterte und um Hilfe bat, lächelte William zufrieden, schüttelte dann aber den Kopf. "Nein, kann ich nicht." erwiderte er und löste sich von der Tür, um Edward unter den Armen zu packen und hoch zu heben, damit sein Sohn den Sattel auf Cuivres Rücken legen konnte. "Aber ich kann dir helfen, damit du ran kommst." murmelte er und ließ Edward wieder hinunter als der Sattel auf dem Fuchs lag.
Als schließlich auch der Gurt fest saß, nickte William, nahm Cuivre die Zügel vom Hals und drückte sie Edward in die Hand. "Bring ihn schon einmal nach draußen und führe ihn im Schritt. Ich komme mit Uriel gleich hinaus." erklärte er dann und machte sich daran seinen Rappen zu satteln.

Edward sah seinen Vater bestürzt an, als dieser ablehnte ihm zu helfen, war dann aber erleichtert, als er ihn hoch hob, damit er selbst satteln konnte. "Danke..", murmelte e. "Aber ich sollte doch..."
Er verstummte und gab sich geschlagen. Also nahm er Cuivres Zügel und führte den Hengst durch die Stallgasse hinaus, um auf dem Vorplatz einige Runden Schritt zu gehen. Sanft strich er ihm über die Nüstern. Der Hengst folgte immer so willig, er war wirklich ein so braver Hengst. Aber er war natürlich auch nicht mehr der Jüngste.
Edward allerdungs fragte sich langsam wirklich, wer Cuivre reiten sollte.

William ließ Edwards kurzen Einwand unkommentiert und machte Uriel fertig, um dann nach draußen zu gehen, wo Edward fleißig mit Cuivre seine Runden zog. Als die beiden wieder bei William ankamen, lächelte er und ließ Uriel stehen, um neben Edward zu treten. "Ich habe dich schon einmal vorgeschickt, damit du dich mit deinem Pferd vertraut machen kannst." erklärte er nun, nahm seinen Sohn kurzer Hand hoch und setzte ihn in den Sattel des Hengstes. Er warf Cuivre die Zügel über den Hals und übergab sie an Edward.
"Dann beweis mir bei unserem Ausritt mal, wie groß du schon bist." bemerkte William grinsend und kehrte zu Uriel zurück, um sich in den Sattel des Rappens zu schwingen und neben seinen Sohn zu reiten.
"Na, was ist, bist du fest gewachsen?" neckte er den kleinen Rotschopf liebevoll.

Edward machte große Augen. Er sollte wirklich Cuvire reiten dürfen? Ehe er sichs versah, hatte sein Vater ihn auch schon auf dessen Rücken gesetzt und ihm die Zügel gegeben.
Edward konnte es kaum glauben, er hatte noch nie ein so großes Pferd reiten dürfen. Ein echtes Schlachtross! "Au ja!" Edward strahlte und trieb den Fuchs vorwärts, um neben Uriel zu kommen.
"Das ist toll!" Und damit hatte er auch am Anfang dieses Tages nicht gerechnet. Sein Vater war offenbar wirklich nicht mehr allzu böse auf ihn.

William lächelte leicht als er seinen Sohn beobachtete, der so voller Eifer an die Sache ging, jetzt da er begriff, was für eine Belohnung er schließlich doch noch erhielt. "Es freut mich, dass es dir gefällt." bemerkte William. "Ich dachte mir, da du die Sache heute Morgen so tapfer durchgestanden hast, hast du dir eine Belohnung verdient."
William lenkte Uriel am lockeren Zügel durch das Tor, damit sie eine Runde durch den Wald reiten konnten. "Außerdem habe ich den Verdacht, dass Cuivre in letzter Zeit ein wenig faul geworden ist und ich bräuchte dringend jemanden, der ihn hin und wieder reitet, wenn ich keine Zeit habe ..." bemerkte er beiläufig und musste sich bemühen nicht breit zu grinsen als er auf die Reaktion seines Sohnes wartete.

"Danke, Papa! Natürlich gefällt mir das. Ich bin noch nie ein so großes Pferd geritten." Und schon gar keinen Hengst. Das größte Pferd, auf dem er gesessen hatte, was Espérance gewesen und die war doch ein gutes Stück kleiner als Cuivre.
Er genoss den Tag mit seinem Vater und den Ausritt in vollen Zügen. Wie schönd as doch war...endlich war er nicht mehr nur der dritte Sohn, sein vater nahm sich Zeit für ihn.
Und dann...dann sprach er weiter. Edward sah seinen Vater entgeistert an. Meinte er wirklich...?
"Und...und du meinst...ich soll?" Das wäre wirklich wahnsinnig toll. Eine wirkliche Aufgabe für ihn.

William war ein klein wenig nervös als er am Mittag mit einem gut eingewickelten Päckchen unter dem Arm Joanna aufsuchte, die gerade in der Halle saß und ein Auge auf die kleinen Kinder hatte, die gerade fleißig Fangen spielten, während Robert und Edward an der Seite saßen und würfelten.
Er lächelte leicht als er vor Joanna stehen blieb und gab ihr einen Kuss zur Begrüßung. "Ob ich Mylady wohl einen Moment Eurer Zeit stehlen dürfte?" fragte er charmant. "Ich hätte da ein Geschenk für Euch." fuhr William fort und überreichte ihr das Bündel.
Ein wenig unruhig beobachtete er Joanna und hoffte wirklich, dass seine Idee gut ankommen würde.
Auf der Reise von Oxford nach Hause hatte er bei einem Händler ein wunderschönes, reich verziertes Hochzeitskleid erstanden, das nun sorgsam eingepackt in Joannas Händen lag. Wenn sein Plan nicht funktionieren würde ... William atmete leise aus und versuchte sich gut zuzureden. John hatte die Idee immerhin für gut befunden und Constance war ganz aus dem Häuschen gewesen als er mit ihr über die Planung gesprochen hatte.

Joanna sah überrascht auf, als William ihr ein Päckchen überreichte. Ob das nun ein Teil ihrer Überraschung war? Sie war in jedem Fall gespannt. "Du darfst mir immer Zeit stehlen, mein Liebster. Ein Geschenk? Womit habe ich das denn wohl verdient?", fragte sie lächelnd und strich über das Papier.
Sie wurde das Gefühl nicht los, dass William irgendwie angespannt war. Aber sie ignorierte es und machte sich daran, ihr Geschenk vorsichtig auszupacken. Schon bald strichen ihre Finger über seidigen, reich verzierten Stoff. Sie hob eine Augenbraue und zog das Kleidungsstück ganz aus der Verpackung. Mehr als überrascht sah sie ihren Mann an. "Das ist wunderschön, William. Wirklich. Aber wozu brauche ich ein Brautkleid? Wir sind doch schon verheiratet?"

William wartete ab bis Joanna ihr Geschenk ausgepackt hatte, dann atmete er leise aus. Nun war der Moment da und er hatte das Gefühl fast die Nerven zu verlieren - ein Umstand, der ihm fürchterlich kindisch erschien, aber er konnte nun einmal nicht gegen seine Anspannung ankämpfen.
"Nun, ich habe dir damals leider nicht die Hochzeit bieten können, die ich mir für uns gewünscht hätte und obendrein hat sie nicht einmal auf englischem Boden stattgefunden." erklärte William langsam. "Und ich dachte, dass wir das nun - wenn auch nur symbolisch - nachholen könnten." William atmete tief durch und ging dann vor Joanna aufs Knie.
"Lady Joanna, möchtet Ihr mich nach zehn langen Jahren noch ein weiteres Mal heiraten?" fragte er feierlich und bemühte sich darum gelassen zu wirken.

Joanna hörte ihm mit wachsender Rührung zu und legte die Hände vor den Mund, als er ihr erneut einen - diesmal richtigen - Heiratsantrag machte. "Gott, du bist wirklich verrückt...", stammelte sie, ließ ihm dann aber gar keine Zeit für eine Entgegnung, sondern viel ihm weinend um den Hals. "Natürlich will ich das! Unglaublich gerne...Ich liebe dich...."
Es war unfassbar, auf was für Ideen William kam, wenn er sich wirklcih Mühe gab. Und das hier war romantischer als alles, was er ihr sinst hätte unterbreiten können. Eine Erneuerung ihres Eheversprechens auf englischem Boden...wie wunderschön.
"Die Überraschung ist dir wirklich gelungen."

William setzte gerade zu einer Erwiderung an als Joanna ihm bereits um den Hals fiel. Er fing sie auf und legte die Arme um sie, gab ihr einen Kuss und lächelte. "Ich hatte gehofft, dass du ja sagen würdest." neckte er sie liebevoll.
Dann stand er vorsichtig auf, um sich hinzusetzen und Joanna auf seinen Schoß nehmen zu können. Jetzt, da er sah, dass seine Idee ganz offensichtlich wirklich gut ankam, war William gleich viel entspannter und strich ihr zärtlich über den Rücken.
"Ich hatte Sorge, dass es dir nicht gefallen könnte ... aber es kam mir passend vor. Und etwas besseres ist mir nicht eingefallen." er schnitt eine Grimasse und grinste dann. "Du weißt ja, dass dieses ganze romantische Zeug nicht unbedingt meine Stärke ist."

"Sei nicht albern, warum hätte ich denn Nein sagen sollen? Das ist eine wundervolle Idee. Auch wenn sich mir die Frage stellt, was du dem jeweiligen Priester gesagt hast. Owen wird uns sicher nicht nochmal trauen."
Joanna legte die Arme um ihn und den Kopf an seine Schulter.
"Natürlich gefällt es mir. Und dafür, dass du immer behauptest nicht romantisch zu sein, ist das hier wirklich sehr romantisch. Verrückt, aber unglaublich schön. Das kann wirklich nur dir einfallen. Damit belehrst du Simon wirklich eines Besseren."