William und Joanna ab 09.09.12 - Teil 5

Lionel   

"Es wird schon seinen Grund haben, dass Gott Männer und Frauen füreinander geschaffen hat. Und ich gedenke auch nicht, das mit Euch nun zu diskutieren. Ich richte nicht darüber, denn es ist mir im Prinzip völlig gleich, was ihr miteinander treibt - solange es nicht hier ist. Ich hatte Euch gewarnt, Lionel. Ich will solche Dinge nicht in diesem Haus haben. Es hätte genauso gut eines der Kinder hereinplatzen können! Was wäre dann gewesen? Und was für eine Rechtfertigung soll es denn sein? Ich weiß, was ich gesehen habe und Lionel kennt die Verhaltensregeln, die seinen Aufenthalt hier betreffen. Ich habe ihm bereits am ersten Tag klar gemacht, was er zu tun und zu lassen hat, wenn er hier bleiben will. Das hier war seine letzte Chance und das wusste Lionel. Damit ist die Diskussion beendet.", erklärte Joanna finster. Sie würde nun zu William gehen und ihn bitten, Lionel wegzuschicken.
Dieser hatte sich erhoben und Cedric beschwichtigend eine Hand auf den Arm gelegt. "Es ist nicht nur dein Fehler, Cedric. Dazu gehören immer zwei. Im Prinzip hat sie recht. Ich wusste, was passieren würde, wenn ich wieder schwach werde. Aber ich bereue es nicht, denn die Zeit mit dir war sehr schön." Er richtete den Blick auf Joanna.
"Ich bitte Euch nur zu bedenken, Mylady, dass wir niemandem geschadet haben. Niemand sonst hat uns gesehen und wir waren die ganze Zeit überaus vorsichtig. Sonst habt Ihr Verständnis für jeden...nur für uns nicht. Dabei wisst Ihr doch wie es ist, sich verstecken zu müssen. Darum bitte ich Euch, schickt mich nicht weg...Truro ist ein Zuhause für mich geworden.", erklärte er leise.
Joanna schüttelte den Kopf. "Wenn das jemand herausfindet, der uns böse will, reißt Ihr uns alle mit den Abgrund. Das kann ich nicht zulassen. Außerdem habt Ihr bisher auch nicht dazu beigetragen, den Wunsch in mir zu wecken ausgerechnet Euch beizustehen. Ihr habt William und mir immer nur schaden wollen." Und so wandte Joanna sich ab um zu William zu gehen.
Lionel senkte den Kopf. "Das ist also das Ende....", flüsterte er. Er würde auf der Straße landen. Oder noch schlimmer: im Tower. Dabei fürchtete er es so, wieder auf sich allein gestellt zu sein. Wieder zu erfahren, wie sehr diese Welt ihn verabscheute. Blieb doch nur der Weg in irgendein Kloster - ohne Cedric.

Cedric

Cedric wollte gerade wütend auffahren als sich plötzlich eine Hand auf seinen Arm legte und Lionel ihn beschwichtigend ansah. Einen Moment rang er mit sich, dann schloss er den Mund wieder und schwieg, verzichtete jedoch nicht darauf Lady Joanna einen verärgerten Blick zu zuwerfen.
Cedric senkte den Blick als Joanna den Raum verließ, gequält von einem nagenden Schuldgefühl. "Es tut mir so Leid." murmelte er leise. "Ich ... ich hätte nicht hier her kommen sollen, dann hätte sie uns auch nicht entdeckt." Hätte er es dabei belassen, die Nacht mit Lionel zu verbringen, wäre alles gut gewesen, aber er hatte zu viel gewollt und war unvorsichtig geworden.
"Das wollte ich nicht. Es ist nicht richtig, dass du wegen mir bezahlen musst ..."

Lionel   

Lionel seufzte leise. "Es ist nicht deine Schuld. Ich hätte mich nicht darauf einlassen müssen. Ich hätte einen Kuss ablehnen können, ich wusste, wie gefährlich das ist. Und ich habe mich darüber gefreut, dass du hergekommen bist. Ich will dich nicht nur in der Nacht sehen können. Ich will dich sehen können, wann ich es will. Es ist meine Schuld, es soweit kommen zu lassen. Ich kannte das Risiko. Wenn ich auf der Straße lande, ist es eben so." Auch wenn er damit gleichmütiger klang, als er eigentlich war. Es setzte ihm zu, weil er nicht wusste, wie es weiter gehen sollte.
"Ich weiß nur nicht, wohin ich gehen soll. Ich besitze nichts und in einem Kloster würde ich dich nie wieder sehen."

Joanna indes machte sich auf den Weg zu ihrem Mann. Wütend öffnete sie die Tür zu seinem Arbeitszimmer und baute sich vor dem Schreibtisch auf. "Ich habe es gewusst! Ich hatte recht, dass es keine gute Idee war, Lionel mit her zu bringen! Er hat unser Vertrauen missbraucht und sich diesen Spielmann ins Bett geholt. Ich habe sie gerade bei einem Kuss erwischt. Also, wir waren uns einig, dass du ihn beim kleinsten Fehler wegschickst. Also tu das gefälligst auch endlich."
Sie hatte ganz genau gewusst, dass es mit diesem Priester nur Ärger geben würde.

Cedric   

Cedric fühlte sich elend. Das durfte doch wirklich nicht wahr sein! Und da Lionel ihm mit der Zeit wirklich ans Herz gewachsen war, traf ihn diese Sache doch mehr, als er je erwartet hätte.
Gequält hob er den Blick und sah Lionel wieder an. "Wir ... wir finden einen Weg." murmelte er leise. "Aber ich kann verstehen, wenn du meinetwegen lieber keinen Ärger mehr riskieren willst ..." Wenn Lionel lieber in ein Kloster wollte.

William sah überrascht auf als die Tür aufgerissen wurde und Joanna herein stürmte. Für einen Sekundenbruchteil überlegte er, was er angestellt haben könnte, dass sie so wütend war, doch einen Augenblick später stellte er fest, dass ihr Ärger nicht ihm galt.
Überrascht zog er die Augenbrauen in die Höhe. "Er hat was?" fragte er verwirrt und seine Augen wurden noch ein wenig größer. "Du hast sie erwischt?" fragte er entgeistert und schüttelte den Kopf. Das durfte doch wirklich nicht wahr sein ... "Weiß sonst noch jemand davon?"

Lionel   

Lionel schüttelte entgeistert den Kopf. "Nein! Jetzt ist es schon einmal soweit gekommen, da werde ich doch nicht alles wegwerfen, wofür ich meine Stellung riskiert habe! Ich will bei dir bleiben, solange es geht. Ich habe dich lieb gewonnen und genieße deine Gesellschaft sehr. Jeder Kuss hat das Risiko aufgewogen, das ich eingegangen bin. Also mach dir keine Vorwürfe...es war meine Entscheidung. Ich hätte auch ablehnen können..."
Er seufzte. "Mein Problem ist nur, dass ich mein Leben lang nur Priester war. Ich kann sonst nichts und ich wüsste nicht, wie ich meinen Lebensunterhalt finanzieren sollte..."

Joanna indes atmete durch und ließ sich auf einen Stuhl sinken. "Ja, hab ich. In Lionels Arbeitszimmer. Cedric saß auf dem Schreibtisch und sie haben sich recht leidenschaftlich geküsst. Lionel hat offenbar nicht verstanden, was ich meinte, als ich sagte, er solle seine Finger bei sich behalten, sonst könne er seine Sachen packen."
Sie schüttelte leicht den Kopf. "Nein, ich denke nicht. Was aber auch nur Glück ist...Ich will ihn nicht mehr hier haben...."

Cedric   

Cedric schloss kurz die Augen und atmete tief durch. "In Ordnung." erwiderte er leise und schlug die Augen wieder auf. "Wir ... könnten weg gehen, raus aus England und zurück aufs Festland. Vielleicht sogar bis nach Frankreich und dort einfach neu anfangen. Du wirst sicher eine Anstellung finden und wenn nicht ... dann muss ich mir halt noch mehr Mühe geben, um genug Münzen heran zu schaffen." erwiderte Cedric und versuchte sich an einem lockeren Grinsen. Tatsächlich allerdings machte ihm die ganze Sache ziemliche Sorgen, aber das wollte er sich nicht unnötig anmerken lassen.

"Interessant." murmelte William und fuhr sich nachdenklich mit der Hand über das Kinn. "Die Kinder werden traurig sein, wenn Cedric geht, ich habe den Eindruck gewonnen, dass sie ihn ausgesprochen gerne hatten." erwiderte er und legte die Stirn in Falten. Lionel hingegen ... der Priester hatte sich besser hier eingefunden als William erwartet hätte, doch die Regeln waren klar gewesen als er Lionel mitgenommen hatte - er durfte keinen Ärger machen.
William lehnte sich zurück und seufzte leise. "Ich werde nachher mit ihm sprechen." erklärte er dann. Zunächst musste er noch ein paar wichtige Papiere fertig bekommen, solange würde dieser verfluchte Priester noch warten müssen.

Lionel   

Lionel musste unwillkürlich lächeln. "Das ist ein sehr schöner Gedanke. Aber ich will mich nicht von dir aushalten lassen. Du weißt selbst, dass es für dich manchmal schon schwer ist, für dich allein genug zusammen zu bekommen. Aber vielleicht bekomme ich irgendwo eine Stelle als Schreiber. Das könnte funktionieren....Wir schaffen das schon, da bin ich sicher. Irgendwie..."
Er beugte sich vor und gab Cedric einen sanften Kuss. "Warten wir erst einmal ab, was der Earl dazu sagt. Vielleicht geschieht ja doch ein Wunder. Vielleicht wendet sich Gott doch nicht von uns ab..."

Joanna nickte langsam. "Ja, das glaube ich auch. Aber wenn ich gewusst hätte, was für ein Mann er ist, hätte er gleich weiterziehen können. Ich frage mich, ob Beatrice davon wusste. Wie dem auch sei...am Besten schickst du Beide weg, das gibt nur Ärger. Wenn es herauskommt..."
Sie legte den Kopf zur Seite.
"Warum willst du noch mit ihm sprechen? Schick ihn weg. Oder glaubst du mir etwa nicht?", fragte sie ein wenig gekränkt. "Wirf ihn hinaus und am besten sofort."

Cedric   

Cedric fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. "Natürlich weiß ich das. Aber trotzdem, es wird schon funktionieren." erwiderte er unwillig, musste dann jedoch lächeln. "Das klingt nach einer guten Idee." Es würde sicher jemanden geben, der Bedarf an einem gut ausgebildeten Schreiber hatte.
Als Lionel ihm einen Kuss gab, trat Cedric einen Schritt näher und vergrub die Finger seiner rechten Hand in dem Stoff von Lionels Kutte. Er erwiderte den Kuss zärtlich und lehnte dann die Stirn gegen Lionels. "Vielleicht." murmelte er und seufzte leise. "Vielleicht sollten wir beten ... Gott erhört uns möglicherweise." Wenn es wohl wahrlich einem Wunder gleich kommen würde.

William zog eine Augenbraue nach oben. "Hättest du es gewusst, hätte es aber nichts an seinen Fähigkeiten geändert. Er hat eine gute Stimme und hat gute Arbeit geleistet. Ganz gleich von was für einer Gesinnung er ist. Du würdest dich wundern, wenn du wüsstest, wie viele Männer sich zu ihrem Geschlecht hingezogen fühlen." bemerkte William und schüttelte den Kopf. Er selbst hatte dafür keinerlei Verständnis, aber solange es keinen Schaden anrichtete, war es ihm eigentlich egal, was die Menschen hinter verschlossener Türe alles trieben.
Er legte die Stirn in Falten und maß Joanna mit langem Blick. "Sofort ohnehin nicht, ich muss erst meine Arbeit hier erledigen, das ist gerade wichtiger." entgegnete er. "Und dann werde ich mit ihm sprechen, weil es das ist, was ich immer tue - mir mein eigenes Bild machen. Natürlich glaube ich dir, aber dennoch hat er das Recht darauf sich zu erklären. Das ändert nichts daran, dass er wird gehen müssen, aber dennoch ..." Gewissen Prinzipien musste man einfach treu bleiben.

 

"Das nicht, aber dann hätte ich ihn wahrscheinlich besser im Auge behalten. Vielleicht wäre es dann nicht soweit gekommen. Es interessiert mich nicht, wie viele Männer so denken. Fakt ist, dass es verboten ist und das wird schon seinen Grund haben. Wenn herauskommt, dass unser Priester Liebhaber hat, was glaubst du, wie schnell das Gerede zurückkehrt und der nächste Brief vom Erzbischof hier eintrudelt? Das will ich verhindern."
Sie erwiderte Williams Blick ein wenig beleidigt, gab dann aber nach. "Wie du meinst...Aber lass dich nicht von ihm zu irgendetwas überreden. Immerhin werden wir ihn dann endlich los werden. Darauf warten wir schon, seit Henry ihn uns hergeschickt hat."

 

William blinzelte und begann dann zu lachen. "Verboten?" er stand auf und ging um den Tisch herum, um vor Joanna stehen zu bleiben. Er griff nach ihrem Handgelenk und zog sie in die Höhe. "Dir ist bewusst, dass wir ständig Dinge machen, die verboten sind? Seid wann bist du denn so prüde?" neckte er sie und zog sie für einen langen Kuss in seine Arme.
"Ich will wegen ihm auch keinen Ärger haben, mach dir keine Sorgen." erklärte William leise und hauchte Joanna einen Kuss auf die Lippen. "Und nun hör auf so griesgrämig zu gucken, ich habe keine Lust, dass ein Priester mit seinen lüsternen Eskapaden uns die Laune verdirbt."

 

"Ja, das ist mir sogar sehr bewusst. Aber wenn unsere verbotenen Dinge heraus kommen, nehmen wir Beide eine Buße auf uns und die Sache ist erledigt. Du weißt genau, dass das bei Lionel ganz anders aussieht. Zumal er Priester ist."
Joanna gab ihrem Mann einen leichten Klaps auf den Hinterkopf. "Ich bin nicht prüde!", erklärte sie und erwiderte dann seinen Kuss, wie zum Beweis dafür.
"Wenn du keinen Ärger willst, ist es ja gut. Allerdings solltest du dich vorsehen...Lionel hat es schon das letzte Mal geschafft dein Mitleid zu erregen, als du von seinen Neigungen erfahren hast." Sie streckte ihm leicht die Zunge heraus und strich dann durch seinen Haarschopf.
"Du bist heute ganz schön frech, mein Liebster."

 

"Hey, das tut weh!" beschwerte William sich lachend und genoss den Kuss, den er mit Joanna anschließend teilte. "Willst du etwa sagen, ich hätte ein zu weiches Herz?" fragte William stichelnd und strich Joanna über die Wange. "Hin und wieder muss ich das ja auch einmal sein. Sonst ist mein holdes Weib ja immer diejenige, die sich mir widersetzt und sich Unverschämtheiten heraus nimmt."
Er hauchte Joanna einen Kuss auf die Nasenspitze und löste sich dann von ihr. "Lass mich eben fertig werden hier, dann gehe ich zu Lionel, sei unbesorgt." versprach William und setzte sich wieder hinter den Schreibtisch.

Lionel

Lionel saß da und wartete. Er wusste, der Earl würde kommen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sein Schicksal sich entscheiden würde. Er fürchtete sich sehr, aber ein kleiner Funken Hoffnung war noch da. Der Earl war ein gerechter Mann, vielleicht geschah das Wunder doch noch.
Er lächelte matt vor sich hin. Cedric war vor einer Weile gegangen um ihn allein zu lassen und schon einmal seine Sachen zu packen.
Wohin es wohl gehen würde?
Lionel schrak zusammen, als es klopfte und der Earl eintrat. Mit weichen Knien erhob er sich und verbeugte sich leicht.
"Mylord..."

 

William hatte sich schließlich nicht länger vor dem Gespräch mit Lionel drücken können und klopfte nun an die Tür zu dessen Arbeitszimmer. Er trat ein und konnte dem Priester direkt ansehen, dass dieser nur auf ihn gewartet hatte.
"Pater." er nickte Lionel knapp zu. "So blass wie Ihr ausseht, wisst Ihr weshalb ich komme." stellte er fest und sah sich flüchtig im Raum um. Der Spielmann war also verschwunden, vermutlich besser so. "Setzt Euch doch wieder." forderte William Lionel auf und nahm dann ebenfalls Platz. "Wollt Ihr zu der ganzen Sache noch irgendetwas sagen oder seid Ihr bereit direkt Eure Sachen zu packen. Ihr wisst, was wir ausgemacht hatten ... ich könnte Euch dafür auch direkt wieder zurück in den Tower schicken." drohte William mit ernster Miene.

Lionel

Lionel nickte langsam und ließ sich wieder auf einen Stuhl sinken. "Ja, das weiß ich. Schließlich sagte Eure Frau bereits, dass sie Euch informieren würde." Er lauschte nervös dem, was nun folgte und senkte ein wenig den Kopf.
"Ja, ich weiß es. Aber ich bitte Euch, Mylord...nicht der Tower.", bat Lionel mit brüchiger Stimme, nachdem er noch ein wenig blasser geworden war angesichts dieser Drohung.
"Ich...es tut mir leid, Mylord. Ich wollte Euer Vertrauen nicht missbrauchen, aber ich bin...ich bin einfach schwach geworden. Es war so schön mit ihm. Endlich einmal nicht Tag und Nacht allein zu sein. Ich war einfach einmal glücklich...wir waren auch vorsichtig, bis heute Nachmittag hat niemand etwas bemerkt."

 

William strich sich über den Bart und schüttelte dann den Kopf. "Keine Sorge, Ihr werdet nicht in den Tower zurückkehren. Ihr mögt mich enttäuscht haben, aber der Tower ist kein Ort an dem ich Euch sehen will. Ich weiß immerhin nur zu gut, wie es dort drinnen zu geht." erwiderte William ernst.
"Nicht vorsichtig genug, will ich meinen. Ihr hattet mir Euer Wort gegeben keinen Ärger zu machen, was wenn irgendjemand anderes davon erfährt? Ihr bringt uns damit in Teufels Küche, das kann ich nicht riskieren! Und Ihr seid aus freien Stücken Priester geworden also erzählt mir nichts davon, dass Ihr Euch einsam fühlt." erwiderte William ein wenig gereizt.

Lionel

Ein wenig Erleichterung malte sich auf Lionels Gesicht, als William den Tower nicht mehr in Betracht zog. "Ich danke Euch..." Auch in ihm waren die Erinnerungen an den Tower noch sehr lebendig. Als gebrochener Mann war er damals hinaus gekommen, nach drei Tagen nur noch ein Wrack.
Er seufzte schwer.
"Es hätte niemand sonst davon erfahren. Außer Euch und Eurer Gemahlin tritt niemand nach einem Klopfen einfach ein ohne Antwort abzuwarten. Wir waren nur diesen einen kleinen Moment unvorsichtig, hier, in diesem Raum. Ich will Euch keinen Ärger damit machen, ich habe mich auch erst gesträubt. Aber ich konnte einfach nicht widerstehen. Ich bin auch nur ein Mann...auch wenn ich aus freien Stücken Priester geworden bin. Darf ich mich deswegen nicht über Gesellschaft freuen? Nur weil ich Priester bin, habe ich trotzdem Sehnsüchte...Ich...es war einfach so schön mit ihm."

 

"Wenn Ihr in diesem Moment unvorsichtig gewesen seid, was sagt mir, dass Ihr das nicht auch später in anderen Momenten sein werdet? Dass Ihr noch unvorsichtiger werdet mit der Zeit." fragte William und lehnte sich ein wenig vor. "Unsere Absprachen waren eindeutig, Lionel! Es interessiert mich nicht, ob Ihr Sehnsüchte habt oder nicht, Ihr seid mein Priester und habt geschworen Euch an die Regeln zu halten ... und das gehört sicher nicht dazu."
William schüttelte den Kopf. "Ich wüsste nicht, wieso ich Euch noch länger hier behalten sollte. Ich kann mich nicht auf Euch verlassen, aber genau das wäre notwendig."

Lionel

"Weil ich mein Risiko kenne...ich würde niemals in der Öffentlichkeit etwas geschehen lassen, dass einen Verdacht erregen würde. Und hier bin ich doch meist ungestört. Ich werde vorsichtig sein."
Lionel erwiderte Williams Blick einen Moment, nickte wortlos und senkte den Kopf. "Ja, ich weiß. Ich habe mich doch sonst auch tadellos benommen, Mylord. Ich habe mir wirklich Mühe gegeben Euch nicht zu verärgern und Eure Vorbehalte gegen mich auszuräumen. Aber ich bin offensichtlich gescheitert. Doch wenn es keinen anderen Weg gibt, werde ich die Konsequenzen tragen. Ich werde sicher irgendwo eine Stelle als Schreiber finden."
Lionel schloss die Augen. "Ihr könnt Euch auf mich verlassen. Aber ich kann Euch nicht mein Wort geben, dass es nie wieder passieren wird. Ich kann es geheim halten, aber ich werde nie ganz widerstehen können. Irgendwann ist es auch um meine Beherrschung geschehen...Doch in allen anderen Belangen gab ich die ganze Zeit mein Bestes."

 

William legte die Stirn in Falten. "Der König hatte es seinerzeit ebenfalls herausgefunden, so sehr vorsichtig könnt Ihr also kaum gewesen sein. Und was, wenn jemand anderes herein gekommen wäre? Die Kinder nehmen es mit dem Klopfen oft auch nicht zu genau oder jemand, der in Großer Eile zu Euch kommt ... und schon wäre es im Nu bekannt, was Ihr hier treibt."
William schnalzte leise mit der Zunge. "Ihr habt Euch Mühe gegeben, keine Frage." gab er zurück. "Dennoch ... die Regeln waren klar gesetzt und Ihr habt meine Gemahlin ja selbst erlebt, sie will Euch lieber heute als morgen los werden."

Lionel

"Das hat er. Weil ich einen Fehler gemacht habe. Ich habe ein einziges Stück Pergament vergessen, ein Diener hat es gefunden. Und so hat der König nachforschen lassen. Unter normalen Umständen wäre es nicht heraus gekommen. Es war auch heute nur ein kurzer Augenblick der Unvorsichtigkeit, wie er nie wieder vorkommen wird. Zukünftig werde ich gleich absperren..."
Lionel verschränkte die Finger ineinander.
"Ja, ich weiß und ich habe die Regeln gebrochen, dafür muss ich zahlen. Lady Joanna war unmissverständlich in ihrer Abneigung. Sie wollte mich gar nicht erst hier haben, da kommt eine solche Gelegenheit natürlich günstig."

 

"Und wieso seid Ihr Euch so sicher, dass Euch das nicht erneut passiert?" fragte William neugierig. "Es könnte wieder passieren und dann? Nein, Ihr werdet nicht wieder dabei erwischt, da Euer Liebhaber gerade seine Sachen packt und abreisen wird.
Und einen vernünftigen Grund, weshalb ich mir die Mühe mit Euch machen soll, habt Ihr mir auch nicht liefern können. Ihr habt Euch Mühe gegeben, ja, aber ich habe klare Grenzen gezogen und Ihr wusstet um die Konsequenzen daraus."

Lionel

"Ich kann mir vermutlich nicht völlig sicher sein, aber ich werde zukünftig jeden meiner Schritte noch einmal überprüfen, ob ich unvorsichtig bin. Es wird nicht wieder passieren. Cedric reist ab?", fragte Lionel dann enttäuscht. "Zwingt Ihr ihn dazu? Wir...wir wollten das hier gemeinsam durchstehen. Und zusammen neu anfangen, wenn ich meine Stellung verliere. Ich liebe ihn..."
Lionel schluckte schwer. Alles war vorbei...
"Was ist schon vernünftig? Erst einmal habt Ihr ja Eure Regeln noch einmal verschärft. Ich habe meine Arbeit hier immer tadellos erledigt, Mylord. Es gab nie einen Grund zur Klage. Und jetzt wollt Ihr mich wegen einer Lappalie hinaus werfen..."

 

William schürzte die Lippen. "Euer Liebster ist ein fahrender Spielmann, was erwartet Ihr? Er hat bei mir keine Anstellung, also muss er gehen, wenn er Ärger macht." entgegnete William ein wenig kühl. Dann allerdings richtete er sich etwas auf und musterte Lionel mit leicht verengten Augen. "Ihr liebt ihn?" Zugegebenermaßen hatte er das nicht erwartet. Dass Lionel sich zu dem Spielmann hingezogen fühlte, ja, aber dass der Priester sogar von Liebe sprach ... "Beruht das denn auf Gegenseitigkeit? Ihr könntet großen Schaden erleiden, wenn Ihr Euch so auf ihn verlasst, Ihr für ihn aber nur ein einstweiliger Zeitvertreib seid."
William runzelte die Stirn. "Eine Lappalie würde ich das Ganze nicht unbedingt nennen ..." aber zugegebenermaßen hatte Lionel sich bisher wirklich vorbildlich benommen.

Lionel

Lionel nickte geknickt. Wie sollte es auch anders sein? Er hatte ja recht, Cedric war immer auf Wanderschaft. Der Priester sank noch ein wenig mehr in sich zusammen. Er hatte das Wort Liebe noch nie in den Mund genommen.
"Ich denke schon...ich habe mich noch nie zu jemandem so hingezogen gefühlt, woher soll ich wissen, wie sich Liebe anfühlt?", fragte er niedergeschlagen. "Ich habe nicht die geringste Ahnung, ob es auf Gegenseitigkeit beruht. Er mag mich wohl, ja, aber ob da mehr ist...er weiß ja nicht einmal um meine Gefühle, auch wenn wir von einer gemeinsamen Zukunft geredet haben."
In seinen Augen glitzerte es verdächtig. Er war gerade dabei alles zu verlieren, was ihm teuer war. Alles, was er sich nach seinem Fall wieder erarbeitet hatte.
"Ich weiß, aber ein Risiko begleitet mich immer...Vielleicht keine Lappalie, aber kein Verrat an Euch. Doch Ihr wolltet, dass ich als Priester gute Arbeit leiste und niemand hatte Grund sich zu beschweren."