William und Joanna ~ 1170

Constance legte eine Hand an Johns Wange und lächelte leicht. "Mag sein. Ich schätze, wir werden sehen, ob ich recht habe oder nicht." bemerkte sie und lehnte den Kopf an Johns Schulter.
Sie seufzte leise als er nach ihrem Wohlbefinden fragte und zuckte leicht mit den Schulter. "So wie immer ..." murmelte sie und sah auf ihre Hündin hinab, die sich vor ihren Füßen zusammen gerollt hatte. Constance wollte so gar nicht sein. Sie fand es furchtbar, dass dieses Ereignis ihr Gemüt noch immer so stark im Griff hatte, obwohl es nun doch schon recht lange her war. Aber sie konnte einfach nicht anders ...
"Manchmal frage ich mich, was ich falsch gemacht habe, dass Gott mir nicht gnädiger gestimmt ist." gestand sie dann leise. "Owen sagt ..." Constance brach kurz ab und biss sich auf die Unterlippe. Das war nicht unbedingt klug gewesen, John zu offenbaren, dass sie mit Owen über dieses Thema gesprochen hatte. Allerdings wusste John, dass sie im Gegensatz zu ihm bei Owen zur Beichte ging. "Er sagt, dass ich mir keine Sorgen machen soll. Dass wir sicher noch viele weitere Kinder bekommen werden, sobald die Zeit reif ist ... er denkt nicht, dass Gott uns keine Kinder mehr gewähren wird. Aber trotzdem ... ich ..." Sie seufzte erneut und schwieg dann, weil sie nicht wusste, wie sie das noch in Worte fassen sollte.
Sie wünschte sich doch einfach so sehr noch ein Kind! Wollte John so gern noch einen Erben schenken, aber bisher war ihr das nicht vergönnt gewesen.

"Ja, das werden wir." John seufzte leise und strich Constance sanft über den Arm. Er wusste, dass sie immer noch litt und es war so schwer für ihn ihr nicht helfen zu können. "Es wird schon werden. Irgendwann...wir haben Zeit."
Eine leichte Anspannung ging durch seinen Körper, als Constance wieder zu sprechen begann und er biss hart die Zähne zusammen, damit er jetzt nichts Falsches sagte.
"Genau das habe ich dir auch gesagt. Immer und immer wieder. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Gott zürnt dir nicht. Höchstens mir und das kann ich nicht ändern. Ich denke einfach, dass du Zeit gebraucht hast um dich völlig zu erholen. Und bald, bald wird es wieder klappen, da bin ich sicher. Du hast gar nichts falsch gemacht. Lass dich nicht entmutigen."
John zögerte einen Moment. "Warum redest du mit Owen über uns?", fragte er leise. Er wollte keinen Streit mit ihr, aber das ging ihm gegen den Strich. Das ging über das Ausmaß einer Beichte hinaus. Warum führte sie persönliche Gespräche mit ihm, obwohl sie wusste, dass er Owen nicht mochte und sicher keinen Wert darauf legte, dass Owen über seine persönlichen Angelegenheiten dermaßen Bescheid wusste?

"Ich weiß nicht ..." murmelte Constance. So recht überzeugt war sie von der ganzen Sache noch immer nicht. Denn schließlich gab es einiges in ihrem Leben, was Gott nicht gefallen würde und sie konnte sich einfach nicht anders erklären, wieso sie sonst mit solchem Pech zu kämpfen hatte, wenn doch ein zweites Kind ihr sehnlichster Wunsch war.
Sie fuhr sich langsam mit der Zunge über die Lippen und schluckte leicht. "Ich habe mit ihm nicht über uns gesprochen. Lediglich über mich. Und ob es sein kann, dass Gott mir auf Grund meiner Vergangenheit noch nicht wohlgesonnen ist ..." erklärte sie dann leise und musste gegen das Schuldgefühl ankämpfen, dass Johns Worte in ihr hervor riefen.
"Es tut mir Leid." fügte sie dann ein wenig zögerlich hinzu. Sie wusste, dass es John ganz und gar nicht gefiel, dass sie über soetwas mit Owen sprach.

"Constance..." John legte die Hände an ihre Wangen. "Sei nicht albern. Für das, was vor unserer Ehe war, konntest du doch gar nichts. Was hättest du denn machen sollen? Und das weiß Gott nur zu genau. Du hast dir nichts vorzuwerfen und wir konnten neu beginnen. Du bist eine wundervolle, gütige und so sanftmütige Frau. Es gibt nichts an dir, was Gott missfallen könnte. Also sei ein bisschen optimistischer. Es wird schon wieder alles werden. Unser Wunsch wird sich erfüllen."
John lauschte ihren Worten und seufzte leise. "Ich weiß...Aber...du hast dich nun einmal entschieden bei ihm zur Beichte zu gehen. Ich mag ihn nicht besonders, aber es gibt daran wohl nichts Verwerfliches, wenn du mit ihm redest. Aber rede nicht mit ihm über mich oder unsere Beziehung zueinander. Das geht ihn nichts an, ja? Ansonsten werde ich mich nicht sträuben und es hinnehmen."

Constance zwang sich zu einem Lächeln, auch wenn John sie noch immer nicht recht von ihren Gedanken wegbringen konnte. Sie wussten schließlich beide, was oft über die Schuld der Frau an solchen Dingen gesagt wurde. Eigentlich hatte sie diese Zeit und Johns Bruder recht gut hinter sich gelassen, aber seit der Fehlgeburt, die sie gehabt hatte, plagten sie die Geister der Vergangenheit aufs Neue und es war nicht immer leicht, sie hinter sich zu lassen.
Dann nickte Constance erleichtert. "Ich danke dir." erwiderte sie, immerhin wäre eine andere Reaktion von John ebenfalls denkbar gewesen.
"Was hast du heute noch vor?" fragte sie dann unverfänglich, hoffte dabei jedoch inständig, dass John einfach bei ihr bleiben würde. Seine Nähe gab ihr stets ein Gefühl von Sicherheit und sie wollte jetzt einfach nur von ihm fest gehalten werden, damit ihre Gedanken sich darauf konzentrieren konnten, dass es John war, der hier bei ihr war, mit dem sie ein Kind hatte und ein glückliches Leben führte und dass sein Bruder ein für alle Mal aus seinem Leben verschwunden war.

John ahnte, dass sie nicht so recht überzeugt von seinen Worten war und sich insgeheim immer noch fragte, ob nicht ihre Vergangenheit daran Schuld war. Aber dafür konnte sie doch nichts. Sein Bruder trug die alleinige Schuld, so viel stand für ihn fest, auch wenn die Kirche das vielleicht anders sah.
"Robin ist tot, Constance. Und für seine Sünden und vor allem für das, was er dir angetan hat, wird er in der Hölle schmoren, sei versichert. Du kannst doch nichts dafür, wie hättest du dich denn wehren sollen? Mach dir keine Gedanken, daran wird es auf keinen Fall scheitern. Und normalerweise vertraust du auf mein Wort doch auch, oder nicht?"
John lächelte sie aufmunternd an. "Wofür dankst du mir? Dass ich nicht aus der Haut fahre, nur weil du mit ihm redest? Ich habe Probleme mit ihm, nicht du. Ich meine...es wäre mir lieber, du stündest in dieser Sache auf meiner Seite, aber da dem nicht so ist, bleibt mir nichts Anderes übrig als es hinzunehmen. Zu dir ist er ja immer die Freundlichkeit in Person."
John legte den Kopf zur Seite und schaute sie an. "Oh, ich dachte, ich könnte ein bisschen Zeit mit meiner Frau verbringen. Was immer Ihr wünscht, Mylady."

(ich bin so frei ihn zu posten)


"Natürlich vertraue ich deinen Worten." erwiderte Constance. "Es ist nur, dass er ... er hat in meinen Gedanken immer noch einen Platz und wenn ich nicht aufpasse, dann ist es als würde die Erinnerung an ihn mein Herz wie eine eiskalte Hand umklammern. Und dann fällt es mir schwer anders zu denken." sie seufzte leise und legte beide Arme um John, um sich noch enger an ihn zu schmiegen.
Seine Worte zu Owen ließ sie unkommentiert und lächelte stattdessen glücklich. "Das wäre wundervoll. Ich würde mich freuen, wenn du etwas bei mir bleibst ... immer wenn Cathie nicht hier ist, fühle ich mich doch schnell etwas allein." Sie gab John einen Kuss und dankte Gott erneut dafür, dass er ihr einen solch wundervollen Mann geschenkt hatte.




"Das kann ich verstehen...es ist eben eine Phase deines Lebens gewesen, die dich sehr geprägt hat. Aber du hast keine Schuld, ruf dir das immer wieder ins Gedächtnis." John lächelte. "Ich finde es immer noch unglaublich, dass du dich auf mich eingelassen hast. Dass du trotz dieser Erfahrung einfach bereit warst dein Leben mit mir zu verbringen. Wir haben uns ganz schön gewandelt, wir beide. Wenn man bedenkt, dass ich vorher Priester war...."
Er lachte leise und zog Constance auf seinen Schoß. "Du hast doch noch deine Hundedame, nicht, dass sie ob solcher Worte von dir beleidigt ist. Aber ich bin dennoch gern bereit den Rest des Tages allein dir zu widmen, Liebste. Und was würde dir so gefallen, Constance? Irgendwelche besonderen Pläne für den Nachmittag? Ist Cathie bei den Zwillingen um irgendwelchen Unsinn anzustellen?"

Constance lächelte leicht und legte eine Hand an Johns Wange. "Oh, das war keineswegs einfach so." belehrte sie ihn. "Aber du hast mich sehr gut von dir überzeugen können. Vor allem, weil du so ganz anders bist als er." fuhr sie fort und gab John einen Kuss.
Ehe sie John getroffen hatte, hatte Constance nicht geglaubt, dass sie jemals mit einem Mann glücklich werden konnte. Doch John hatte sie eines besseren belehrt. "Ich liebe dich." flüsterte sie gegen seine Lippen und lächelte.
Als John sie zu sich auf den Schoß zog, stimmte sie in sein Lachen mit ein. "Oh, ich weiß nicht ... vielleicht überrascht du mich ja mit einer wundervollen Idee. Cathie wird wohl noch eine ganze Weile beschäftigt sein und meine kleine Dame hier, ist wohl auch froh, wenn sie einmal nicht allein für meine Unterhaltung sorgen muss." neckte Constance und strich John durch die braunen Haare. "Du darfst deiner Kreativität also freien Lauf lassen."




"Ja, ich weiß...", erwiderte John leise. "Ich war schon immer ganz anders als er." Robin wäre niemals Geistlicher geworden, dazu hatte er die Bequemlichkeit eines Lebens als Adeliger viel zu sehr geschätzt. Der Verzicht wäre ihm mehr als schwer gefallen. Ein Lächeln huschte über seine Lippen und er gab Constance einen sanften Kuss. "Ich dich auch...mehr als ich je ausdrücken könnte."
Er legte die Arme fester um sie und grinste. "Tatsächlich?" John löste ihren Zopf und strich durch das rotblonde Haar, küsste sie dann erneut. "Dann muss ich mir wohl etwas Gutes einfallen lassen um meine Frau zufrieden zu stellen.", meinte er dann und ließ die Lippen an ihrem Hals hinab wandern.
John hatte in den Jahren seiner Ehe mit ihr sehr viel dazu gelernt, vor allem, aber nicht ausschließlich, in Sachen Liebe und Zärtlichkeit. Er wusste inzwischen nicht mehr, wie er es je ohne Constance ausgehalten hatte. Er liebte sie so sehr, er hätte für Cathie und sie immer wieder diese Entscheidung getroffen, die sein Leben so verändert hatte.

"Und das ist auch nur gut so." murmelte sie zufrieden. Sie war sich bei ihrer Hochzeit mit John zwar völlig sicher gewesen, dass sie das Richtige tat, doch ein kleines, leises Stimmchen in ihr hatte immer noch gezweifelt, hatte die Sorge in ihr am Leben erhalten, dass er vielleicht doch nicht so war, wie er vorgab und dass er sich ändern würde, sobald sie verheiratet waren. Doch zum Glück hatte dieses Stimmchen Unrecht behalten und war mittlerweile ganz und gar verstummt.
"Das musst du wohl." erwiderte Constance lächelnd und biss sich im nächsten Moment auf die Unterlippe als John die seinen über ihren Hals gleiten ließ. Wahrlich, dass er einmal ein Geistlicher gewesen war, mochte man heute nicht mehr vermuten.
Constance vergrub ihre Finger in seinen Haaren, als seine Lippen ihr einen wohligen Schauer über den Rücken jagten. "Ach John ..." flüsterte sie heiser und ließ ihre Hände dann hinab gleiten, um über seinen Oberkörper zu streichen.



"Natürlich ist es das." Gerade nachdem er erfahren hatte, was sein Bruder Constance angetan hatte, hatte John feststellen und damit klar kommen müssen, dass sich eine gewisse Abscheu über Robin in ihm breit gemacht hatte. Das gefiel ihm nicht wirklich, denn eigentlich widersprach es seinen Prinzipien, aber wie konnte er noch etwas Gutes an einem Mann finden, der sch an einer wehrlosen Frau verging?
Ihre heisere Stimme riss ihn schließlich aus sämtlichen Gedanken, die sich nicht auf sie fixierten und sorgte bei ihm ebenfalls für eine Gänsehaut. Er ließ sie gewähren, während sie über seinen Oberkörper strich und ließ seine Finger zugleich zu der Verschnürung ihres Kleides wandern. Sie wünschten sich doch ein zweites Kind, also warum nicht gleich einen neuen Versuch starten? Er jedenfalls sehnte sich gerade sehr nach der Nähe seiner Frau und das Verlangen, das er früher nie gekannt hatte, flutete warm durch seine Adern. Nichts war vergleichbar mit diesem Gefühl. Und er war auch nie zuvor so glücklich gewesen wie an dem Tag, an dem er Constance geheiratet hatte.

"Und ich danke Gott jeden Tag aufs Neue dafür." flüsterte Constance lächelnd und schloss die Augen als Johns Finger sanft ihr Kleid zu öffnen begannen. Sie hatte begonnen sein Hemd zu öffnen, verharrte nun doch einen Moment und ließ die Hände flach auf seiner Brust liegen, während John die Schnürung ihres Kleides öffnete, so dass es ihr langsam von den Schultern zu gleiten begann.
"Da hast du ja schnell eine sehr gute Idee gehabt, mein Lieber." hauchte sie und küsste ihn sanft, ließ ihre Lippen dann zu seinem Ohr wandern. "Eine wirklich gute, mein starker Mann." flüsterte sie lächelnd und fuhr mit ihrer Liebkosung fort.
Wenn Gott sie nun noch erhören würde und ihr endlich ein zweites Kind schenkte, dann würde ihr Glück perfekt sein ...

John lächelte. "So wie ich." Er ließ die Hände an ihren Armen abwärts streichen und schob damit das Kleid weiter abwärts. Er liebte diese Frau so sehr, wenn es sich nicht so richtig angefühlt hätte, hätte man es fast für eine Sünde halten können. Aber er war sicher, dass Gott ihm dafür nicht zürnte. Sonst hätte er gar nicht zugelassen, dass John sich für Constance entschied.
"Natürlich, ich bin schließlich kein Dummkopf. Ich sollte es ausnutzen, wenn ich meine schöne Frau für mich habe und Cathie gut untergebracht ist." Er lachte leise und gab ihr einen langen Kuss.
"Heute gehörst du ganz allein mir. Du bist mein, Constance.", erklärte er lächelnd.
Wie froh er war, dass Constance sich wieder auf ihn einließ und auch nach ihrer Fehlgeburt wieder zu solchen Dingen - und zu neuen Versuchen - bereit war.

Constance grinste. "Das bist du wirklich nicht." erwiderte sie und fuhr damit fort sein Hemd zu öffnen.
Im nächsten Augenblick erstarrte sie jedoch mitten in der Bewegung. Heute gehörst du ganz allein mir. Die Worte klangen dröhnend in ihrem Kopf nach, doch es war nicht Johns Stimme, die diese Worte sprach. Sie gehörte ihm - es war Robins Stimme, die diese Worte sagte. Wieder und wieder.
Tag für Tag. Diese Worte würde sie nie im Leben vergessen, auch wenn sie sie nun lange verdrängt hatte. Aber diese Worte, hafteten an ihrer Seele wie schwarzer Teer, den man nie wieder los wurde. Du bist mein, Constance.
Wie oft hatte er diese Worte gesagt, hatte sie mit rauer, lüsterner Stimme in ihr Ohr geflüstert, sie damit erniedrig, kurz bevor er sie genommen hatte. Nie hatte Robin einen Zweifel daran aufkommen lassen, dass er derjenige war, der sie sich frei nach seinem Belieben in sein Bett holen konnte und sie vollkommen machtlos dagegen war.
Constance wurde blass und ihre Augen flackerten panisch auf, als sie ruckartig aufstand und vor John zurück wich. Dabei zog sie ihr Kleid wieder etwas höher, dass dabei herunter gerutscht war und starrte ihn voller Furcht an. Auch wenn sie wusste, dass es John war, der dort vor ihr saß ... die Erinnerung an seinen Bruder war gerade so lebhaft als würde er hinter ihr stehen und sie an sich ziehen.
"Fass ... fass mich nicht an." flehte sie panisch und versuchte diese Stimme aus ihrem Kopf zu bekommen.
Heute gehörst du ganz allein mir.

John ließ irritiert die Hände sinken, als sie erstarrte und schließlich vor ihm zurückwich. "Constance?" Seine Stimme war ein wenig heiser geworden, aber seine Augen schauten sie nur fragend an. Was war denn nun passiert? Warum hatte sie plötzlich diese Panik im Blick? Warum zitterte sie leicht, bedeckt sich wieder?
"Was ist los?" Plötzlich hatte er Angst, dass er doch noch etwas falsch gemacht hatte. Er hatte ihr doch nie wehtun wollen. "Constance, was habe ich falsch gemacht? Was ist denn?"
Er kümmerte sich gar nicht darum, dass sein Hemd ihm halb geöffnet um die Schultern hing, sondern stand auf um einen kleinen Schritt auf sie zuzugehen.
"Sprich mit mir. Warum soll ich dich nicht anfassen?"
Er streckte vorsichtig die Hand nach ihr aus und suchte ihren Blick. "Es ist doch alles gut. Warum fürchtest du dich?"

Constance wich vor ihm zurück bis sie schließlich die Wand im Rücken hatte und zog dabei das Kleid noch ein wenig höher in dem Versuch sich vor seinen Blicken zu schützen. Es war wie damals ... und das Johns heisere Stimme, der seines Bruders im Moment ähnlicher war als sonst, führte nur noch mehr dazu, dass Constance nicht verhindern konnte, was ihr Gehirn ihr vorgaukelte.
Du brauchst dich nicht zu fürchten. raunte ihr Robins Stimme heiser und ein wenig spöttisch ins Ohr und sie konnte seinen heißen Atem förmlich auf ihrer Haut spüren. Alles wird gut, wenn du mein braves Mädchen bist, das weißt du doch.
Constance würgte leicht als all diese Erinnerungen in ihr hoch kamen und sich mit der Wirklichkeit vermischten - mit der Wirklichkeit in der gerade jemand einen Schritt auf sie zu machte und die Hand nach ihr ausstreckte.
Instinktiv verpasste Constance ihm eine Ohrfeige, auch wenn sie wusste, dass das nicht half. Das hatte bei Robin nie geholfen, im Gegenteil.
"Lass mich." flüsterte Constance und spürte wie die heißen Tränen sich in ihren Augen sammelten.

John verstand die Welt nicht mehr, als sie nur noch weiter zurückwich. Er räusperte sich leise und versuchte dann erneut sein Glück. "Constance, was ist denn? Sprich doch mit mir. Was habe ich denn getan?"
Er war mehr als verwirrt. Er hatte ihre Reaktion absolut nicht erwartet und er begriff sie auch nicht. Was war denn in sie gefahren, dass sie plötzlich eine solche Angst hatte? Schlimmer noch: Angst vor ihm! Dabei würde er ihr niemals auch nur ein Haar krümmen. Wie konnte sie das denn annehmen?
Kaum hatte er die Hand ausgestreckt, zuckte ein scharfer Schmerz durch seine linke Gesichtshälfte und seine Hand zuckte zu seiner Wange. "Au! Constance!", entfuhr es ihm mit leisem Vorwurf in der Stimme. "Rede doch endlich! Warum ohrfeigst du mich? Verrat mir doch mal, wofür ich das verdient habe!"
Was hatte so plötzlich den Wandel in ihrem Verhalten verursacht? Erinnerte sie sich? Sah sie in ihm plötzlich doch jemand Anders? "Constance, ich bin es, John. Komm zu dir."

Der leichte Vorwurf in seiner Stimme ließen Constance zusammen zucken und die Erwartungen auf das Schlimmste noch stärker in ihr hoch kochen. Sie presste furchtsam die Lippen aufeinander und langsam gaben ihre Beine nach, so dass sie sich auf den Boden sinken ließ und die Knie anzog, um sich möglichst vor dem zu schützen, was da kommen möge.
Ihr Herz raste wie verrückt und am liebsten wäre sie weggelaufen. Doch das konnte sie schon lange nicht mehr. Irgendwann hatte Robin es geschafft ihr diese Fähigkeit zu nehmen, hatte sie so sehr gebrochen, dass sie nicht mehr in der Lage war Widerstand zu leisten.
Constance spürte wie die Tränen heiß über ihre Wange hinab liefen, während sie am ganzen Körper zitterte. "Bitte" flehte sie leise. "Geh weg. Ich will nicht wieder ..." ihre Stimme brach und nur mit Mühe konnte sie ein Schluchzen verhindern. Wenn es etwas gab, was Robin gehasst hatte, dann wenn sie zu weinen begonnen hatte. Wenn sie versuchte sich zu wehren oder ihn anflehte, das schien ihn nur noch mehr anzuspornen, aber Tränen hatte er immer schon gehasst.
Constance wischte sich zitternd über die Augen und vergrub dann das Gesicht in den Händen. Warum konnte sie ihn denn nicht einfach vergessen?

John schüttelte hilflos den Kopf, als sie in die Knie ging und ihn anflehte doch zu gehen. Er wusste gar nicht, wie er reagieren sollte. Näher zu kommen wagte er nicht, denn sie schien dann nur noch mehr Angst zu bekommen. Egal, was er tat. "Constance, niemand hier tut dir etwas. Du bist in Sicherheit.", redete er leise auf sie ein. "Du musst überhaupt nichts, was du nicht willst."
Es tat ihm weh ihre Tränen zu sehen und er seufzte schwer, ehe er in die Hocke ging. "Constance...du brauchst keine Angst zu haben, alles ist gut. Ich liebe dich doch, ich würde dir nie etwas tun oder dich zu etwas zwingen. Er ist tot, Constance.", sprach er weiter und ließ sie nicht aus den Augen.
Das hatte keinen Sinn, sie würde sich nicht mehr beruhigen, vor ihm schien sie gerade zu viel Angst zu haben. Er würde Joanna holen müssen, Joanna hatte sicher besser Zugang zu Constance als er. Sie war eine Frau, vor ihr würde sie sicher nicht so viel Angst haben. Er hoffte es zumindest.
"Soll ich wirklich gehen?"

Egal wie sehr Constance versuchte sich auf seine Worte zu konzentrieren, es wollte ihr einfach nicht gelingen. Zu stark hatte sie die Erinnerung an Robin im Griff als dass sie sich nun wieder beruhigen konnte.
Auf seine Frage hin schüttelte sie kurz den Kopf, nickte dann aber doch. Sie wusste nicht, was sie antworten sollte. Irgendwas in ihr sagte ihr, dass es doch John war, der zu ihr sprach und dass es ihr geliebter Ehemann war ... doch ein anderer Teil in ihr hielt die Erinnerungen aufrecht und dieser Teil war geradezu übermächtig.
Es war, als bräche all das aus ihr hervor, was sie bisher verdrängt und so sorgsam unter Verschluss gehalten hatte.
Constance schluchzte leise und schlang die Arme, um ihre Knie, um diese noch enger an sich zu ziehen. Sie schloss die Augen und bat Gott, dass das hier doch endlich ein Ende haben würde.

John hatte sich schließlich schweren Herzens dazu entschlossen Constance allein zu lassen und Joanna zu holen. Es hatte keinen Sinn, er kam gerade nicht mehr an Constance heran und diese Hilflosigkeit machte ihn wahnsinnig. Er wollte ihr so gerne helfen, aber er konnte nicht. Und so, so hasste er seinen Bruder auch im Tod noch viel mehr als vorher.
Wie hatte er Constance das antun können?
"Mylady, ich brauche Eure Hilfe. Es ist Constance..." Joanna war sofort bereit gewesen ihm zu folgen und ließ alles stehen und liegen, um sich von ihm unterwegs den Stand der Dinge erklären zu lassen. Sie tauschte einen sehr besorgten Blick mit John und bat ihn dann, erst einmal draußen zu warten.
Joanna war schockiert über den aufgelösten Zustand ihrer Freundin und sie ahnte schon, dass es ein Stück Arbeit werden würde. Sie näherte sich langsam.
"Constance...Constance, beruhige dich. Hier ist niemand, der dir etwas Böses wollen würde. Nur wir Beide sind hier, kein Grund zur Aufregung." Fürsorglich zog sie ihre Freundin in eine fast mütterliche Umarmung, als sie sich neben ihr auf den Boden setzte.
"Nur ruhig, Liebes."

Constance war kurz zusammen gezuckt als die Tür sich erneut öffnete, doch als die Stimme, die dann erklang, keine männliche war, sondern die einer Frau und ihr zudem noch wohl vertraut, entspannte sie sich ein klein wenig. Als Constance den Kopf ein wenig hob, erkannte sie durch den Tränenschleier vor ihren Augen ihre Freundin, die sie im nächsten Moment auch in den Arm nahm.
Kaum hatte Joanna die Arme um Constance gelegt, brach das Schluchzen aus ihr hervor, das sie die ganze Zeit über vorher unterdrückt hatte.
"Ich ..." begann Constance schluchzend. "Robin, er ..." brachte sie heiser hervor, war jedoch noch nicht in der Lage einen vollständigen Satz über die Lippen zu bringen. Aber immerhin war die raue, dunkle Männerstimme in ihrem Kopf leiser geworden. Sie war noch nicht verschwunden, doch sie übertönte nicht mehr alles um sie herum und erniedrigte sie nicht mehr fortlaufend.

Joanna strich Constance sanft eine Strähne aus der Stirn und zog sie dicht an sich. "Es ist gut, Constance. Kein Grund zur Sorge. Robin ist tot. Tot, verstehst du? Er wird dir niemals wieder etwas tun können. Eben das war John. Der Mann, den du so liebst. Du brauchst keine Angst zu haben, du kennst John doch. Er würde dir niemals zu nahe treten."
Sie streichelte ihrer Freundin sanft über den Arm.
"Warum erzählst du mir nicht alles? Darüber zu reden hilft wirklich, das weiß ich aus Erfahrung. Und ich weiß, wie du dich fühlen musst. Aber du bist mit John verheiratet, nicht mit Robin. Und nun komm, wir müssen nicht auf dem Boden sitzen."
Sie zog Constance mit sich hoch, legte den Arm um ihre Schultern und bugsierte sie auf das Bett.
"Erzähl es mir, Constance...", forderte sie sanft auf. "Dann geht es dir besser. Wie war es? Was ist passiert? Andernfalls kann ich dir nicht helfen."

Joannas ruhige Stimme half Constance sich langsam etwas zu beruhigen und als sie schließlich auf dem Bett saßen, war aus dem permanenten Schluchzen nur noch ein leises Schniefen geworden, das hin und wieder aus ihr hervor brach.
Constance zitterte noch immer und versuchte mit bebenden Händen ihr Kleid wieder zu schließen, was ihr jedoch nicht recht gelang, woraufhin sie den Versuch schließlich resignierend abbrach.
"Wir ... wir haben ein wenig geredet." begann sie schließlich mit bebender Stimme. "Über ihn. Nur ein wenig ..." Constance musste erneut ein leises Schluchzen unterdrücken und griff dann nach Joannas Hand, wie um sich an ihrer Freundin fest zu halten. "Und dann hat er ... hat John" sie musste sich regelrecht dazu zwingen den Namen ihres Mannes auszusprechen und nicht den seines Bruders. "er hat gesagt, ich ... ich würde heute ihm ganz allein gehören." brachte sie schließlich mit rauer Stimme hervor.
Constance musste erneut würgen, ehe sie ihre Freundin verzweifelt ansah. "Und das hat ... er immer gesagt, bevor er ..."

Joanna schüttelte sanft den Kopf und machte sich daran, Constance das Kleid zu schließen. "Nur ruhig, Liebes." Sie nahm Constances Hand und zog sie mit dem anderen Arm wieder an sich. Sie nickte über deren Worte und seufzte leise.
"Nun, das war nur ein unglücklicher Zufall. John kann doch nichts dafür. John ist John und daran musste du immer denken. Er meint es doch wirklich nur gut mit dir, Constance."
Joanna lächelte Constance aufmunternd an. "Beruhige dich. Er ist tot. Mausetot und das schon seid Jahren. Warum...erzählst du mir nicht von damals? Wie es war...vielleicht würde dir das helfen. Manchmal wird es nur schlimmer, wenn man die Erinnerung vergräbt. Vielleicht wird es besser, meinst du nicht? John kann nichts dafür und er verdient es, dass du versuchst alles zu verarbeiten. Er war völlig aufgelöst, als er zu mir kam, weil er nicht wirklich wusste, was los war und wie er noch an dich heran kommen sollte. Er liebt dich wirklich. Mehr als alles Andere und er würde auch alles für dich tun."
Sie wiegte Constance sanft hin und her. "Es wird alles gut."

"Ich ... ich weiß." stammelte sie leise. "Es tut mir leid." Sie hatte das doch auch nicht gewollt, doch sie war einfach nicht gegen die Erinnerungen angekommen, die John in ihr wach gerufen hatte.
Constance zitterte nur noch mehr bei dem Gedanken Joanna von früher zu erzählen und damit all die Erinnerungen wieder hervor zu holen, begann dann jedoch mit heiserer Stimme. "Ich ... ich weiß nicht mehr, wann genau es angefangen hat." begann sie stockend und versuchte sich an den Beginn dieses Grauens zu erinnern. "Anfangs hat ... hat er mir nur nachgesehen. Und irgendwann hat er begonnen mich anzufassen ... nicht ... nicht offensichtlich und nicht aufdringlich, nur beiläufig, wenn sich die Gelegenheit bot." erzählte Constance langsam weiter. "Ich habe ihn ein paar Mal zurecht gewiesen und irgendwann hat er aufgehört. Ich dachte ... ich dachte, er hätte es begriffen, aber -" Constances Stimme brach ab und sie fuhr sich mit zitternden Fingern über den Mund. "Aber dann hat er mich eines abends auf dem Weg in mein Gemach aufgehalten."
Constance starrte auf ihre Finger hinab und verfiel für einen Moment in ein tiefes Schweigen. Ihr wurde übel bei der Erinnerung an diesen Abend. Sie hatte damals wirklich geglaubt, dass Robin aufhören würde, dass es nur eine kurze Phase gewesen war, wie Männer sie manchmal haben ... damals hatte sie ihm noch nicht zugetraut wozu er später noch fähig gewesen war.

Joanna war immer noch erstaunt, dass John es offenbar fast drei Jahre lang geschafft hatte, sie so gar nicht an Robin zu erinnern. Und dann heute, so beiläufig, durch einen einzigen Satz rief er so eine heftige Reaktion hervor. Kein Wunder, dass John nicht wusste, was er machen sollte. Sie hoffte sehr, dass die Beiden sich wieder zusammen rauften, das hier war ja kein Zustand. Und deshalb würde sie nun versuchen Constance möglichst viel zu entlocken, damit sie begann die Vergangenheit wirklich hinter sich zu lassen. Verdrängen war kein Weg, deshalb hatte sie ja auch so oft Streit mit William gehabt. Weil sie über so Vieles einfach mit ihm hatte reden wollen, auch wenn das unangenehm gewesen war.
Einige Augenblicke ließ sie Constance in ihrem Schweigen verharren, um ihr einen Moment Ruhe zu lassen, damit sie sich überwand weiterzusprechen. Erst dann ermunterte sie sie erneut und strich ihrer Freundin liebevoll durch das Haar um ihr immer wieder bewusst zu machen, dass sie nicht allein war. Dass immer jemand bei ihr war um sie zu unterstützen.
"Und dann? Was wollte er? Was hat er gesagt?"