William und Joanna ~ 1170

"Allein die Möglichkeit, dass Ihr es irgendwann ausplaudern könntet, weil es Euch gerade beliebt, gefällt mir nicht. Und deshalb sähe ich Euch lieber an jedem anderen Ort in England. Ich denke, Ihr werdet einen Preis haben. Was wollt Ihr also? Eine gute Arbeit woanders? Gold? Spuckt es aus und ich werde sehen, wie ich es erfüllen kann. Eine gute Arbeit könnt Ihr auch sonstwo haben, das muss nicht hier sein. Ich habe Kontakte genug um Euch irgendwoanders Arbeit zu verschaffen, aber ich bitte Euch, geht. Ich hätte meine Familie gern noch etwas länger und im Moment geht Euretwegen wirklich alles kompliziertere Bahnen als es müsste."
Joanna verschränkte die Arme und seufzte lautlos. Sie betete dafür, dass er einlenken möge. Sie musste ihn loswerden, sie musste etwas tun, diese Anspannung ging nicht mehr. Auf Dauer würde das genauso viel kaputt machen wie die Wahrheit.

Roland

Roland legte den Kopf schief. "Nun gut, besorgt mir andernorts eine sicher Stellung und ich werde sie antreten, wenn ihr mir ein wenig Gold für die Reise und gute Kleider gebt." lenkte er ein und lehnte sich etwas zurück.
"Und, wenn ich noch ein letztes Abschiedsgeschenk von Euch bekomme." erklärte er dann mit gedämpfter Stimme und ließ seinen Blick ganz offen über Joannas Körper wandern, um keinen Zweifel daran zu lassen, was für ein Abschiedsgeschenk er genau im Sinn hatte.
So leicht würde sie ihm nämlich sicher nicht davon kommen. Das wäre ja noch schöner.

Joanna atmete schon auf, als Roland tatsächlich einlenkte und sich ebreit erklärte, woanders eine Stellung anzutreten. Dann würde sie ihn endlich los sein! Endlich würde sie wieder Ruhe haben, sich mit William versöhnen können und ihr Leben wieder entspannt leben können.
Doch ihre Erleichterung hielt nur so lange an, bis er seine letzte Bedingung aussprach. Nein.. Sie hätte alles getan, ihm Gold besorgt, ein Pferd...aber das konnte sie nicht tun. Soweit würde sie nicht gehen, um keinen Preis der Welt würde sie sich dafür hergeben. Das würde alles nur noch schlimmer machen und dann würde William ihr gar nicht mehr verzeihen, wenn es heraus kam.
Ihr wurde unter seinem Blick regelrecht übel, doch sie schaute Roland nur abweisend an. "Niemals.", sagte sie kalt. "Niemals werde ich mich Euch wieder derart nähern. Niemals."
Und in diesem Moment wurde ihr klar, dass sie William die Wahrheit sagen musste. Sie verstrickte sich immer weiter in ihre Lügen und Ausreden, dabei hatte sie doch versprochen, immer ehrlich zu sein. Sie musste es ihm sagen, denn solange sie es nicht tat, hatte Roland sie in der Hand.

Roland

Roland grinste. Er hatte mit einer solchen Abfuhr gerechnet, deshalb nahm er es gelassen. Denn gleichzeitig bedeutetet es, dass er weiterhin hier bleiben konnte.
"Nicht? Ach Liebes, du würdest es sicher genauso genießen wie ich." spöttelte er und widmete sich dann wieder seiner Arbeit. Sie würde sich ja doch nicht trauen seinen Trumpf zu ruinieren indem sie es ihrem Mann erzählte. Davor hatte sie viel zu viel Angst. Und Roland war dabei doch ehrlich gesagt ausgesprochen neugierig, wie der Lordkanzler auf solch eine Neuigkeit reagieren würde. Immerhin war der Mann selbst kein unbeschriebenes Blatt und hatte sogar seine zweite Frau bereits betrogen, wenn man den Gerüchten glaubte.

Joanna war völlig durch den Wind, als sie sich auf den Weg zu William machte. Sie musste es ihm sagen, unbedingt, bevor alles noch viel, viel schlimmer wurde. Nervös atmete sie noch einmal durch, bevor sie in sein Arbeitszimmer trat. Dass die Stimmung zwischen ihnen gerade sowieso nicht die Beste war, machte es nun wirklich nicht besser.
Ein wenig zittrig ließ sie sich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch sinken. "Ich muss mit dir reden...Du...du wolltest doch wissen, warum ich mich so merkwürdig verhalte...Es ist wegen Roland. Er...er hat mich in der Hand. Ich kenne ihn von früher und er weiß etwas über mich, dass ich lieber vergessen wollte. Ich war in diesem Punkt nicht ganz ehrlich, ich habe dir etwas verschwiegen und er weiß es. Er erpresst mich damit...nur deshalb habe ich dir geraten ihn einzustellen. Aber ich hatte solche Angst davor, dass du es erfährst. Du wirst schlecht von mir denken und ich schäme mich dafür..."

William zog die Augenbrauen verwundert in die Höhe als Joanna plötzlich in sein Arbeitszimmer kam und völlig durch den Wind war. Aber gleichzeitig war er erleichtert, dass sie endlich mit ihm sprach, er hatte immerhin gewusst, dass irgendetwas mit ihr war.
Im nächsten Augenblick runzelte er die Stirn. "Das ist doch Unsinn!" erwiderte er trocken. "Es gibt nichts was du vor mir hättest zurück halten müssen! Eine Unverschämtheit von diesem Bastard dich mit irgendetwas erpressen zu wollen." grollte er und entschied Roland noch heute Nachmittag vor die Tür zu setzen.
"Nun erzähl, was ist es? So schlimm wird es schon nicht sein." forderte William sie dann auf und lächelte aufmunternd.

Wäre die Situation nicht so ernst gewesen, hätte Joanna über Williams Reaktion lachen mögen. Er war wirklich süß, er ließ einfach gar nichts auf sie kommen. Und er war so sicher, dass sie gar nichts Schlimmes getan haben könnte. "Doch...ich habe Angst, dass du mir dann nicht mehr so vertraust und dass du mich verachtest dafür.", sagte sie leise und atmete dann tief durch. Es fiel ihr schwer es auszusprechen und sie hatte es auch noch nie jemandem gegenüber in Worte gefasst. Aber nun war es an der Zeit dafür.
"Hör zu...du weißt, dass ich damals noch sehr jung war, als ich mit Roger verheiratet worden bin. Und dass ich ziemlich unglücklich mit ihm war, wenn ich es auch irgendwann hingenommen habe. Als ich fünfzehn war..hat einer der Ritter begonnen sich mit mir zu unterhalten, mir Komplimente zu machen und mich zu umwerben, so wie ich es mir immer erträumt hatte, naiv wie ich damals war. Ich habe ein klein wenig für ihn geschwärmt und ich war so frustriert, dass ich noch so lange in einer Ehe gefangen sein würde, nichts von der Welt sehen würde, dass ich schwach geworden bin und mich auf ihn eingelassen habe. Es war nur eine kurze Affäre, dann habe ich das Ganze beendet, weil ich mich dafür geschämt habe. Das tue ich heute noch, aber ich war so...so jung und so dumm, ich wollte einfach auch nur spüren wie es ist, wenn einen jemand wirklich schätzt und bewundert. Und...dieser Ritter war Roland. Ich wollte, dass er fort geht von hier, ich wollte ihm woanders eine Stelle beschaffen, damit ich endlich nicht mehr in seiner Nähe sein muss und damit du nie erfährst, dass ich damals so gesündigt habe, aber er...er wollte nicht. Er hat mir nur ziemlich eindeutige Angebote gemacht, er denkt, es ließe sich wiederholen. Und das war auch seine Bedingung, dass er geht. Er will ein...Abschiedsgeschenk. Aber das würde ich niemals tun und ich wollte nicht, dass er es dir sagt. Deshalb...musste ich es dir selber sagen."

Auch wenn William den Drang dazu immer stärker verspürte, hinderte er sich gekonnt daran Joanna zu unterbrechen. Stattdessen lehnte er sich zurück, biss die Zähne aufeinander und hörte ihr zu.
Gedanklich korrigierte er seine Pläne. Er würde Roland umgehend vor die Tür setzen und ihn vorher noch Windelweich prügeln, so viel stand nun auch fest. Aber dessen würde er sich später annehmen müssen. Nun hatte er erst einmal eine ganz andere Sorge.
William fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und schwieg noch weiter als Joanna bereits geendet hatte, um zu überlegen, welches Gefühl gerade in ihm vorherrschte.
Als er schließlich zu sprechen begann, hatte sein Blick sich verfinstert. "Du hättest es mir eher sagen sollen." stellte er kühl fest.
Er schloss die Augen und ballte kurz eine Hand zur Faust, ehe er Joanna wieder ansah und sich bemühte ruhig weiter zu sprechen. "Wenn du denkst, dass ich dich dafür verachte, liegst du furchtbar falsch.
Allerdings bin ich ... wütend ... und vor allem enttäuscht. Du hast mir die Hölle heiß gemacht wegen solcher Sachen wie die mit Philippe, du hast dafür gesorgt, dass ich mich abgrundtief elend gefühlt habe. Und das obwohl du genau nachvollziehen konntest was in mir vorgegangen ist, weil du es kaum einen Deut besser gemacht hast." erwiderte er. "Außerdem ist es enttäuschend, dass du mir das nur erzählst, weil du erpresst wirst."

Joanna hatte gewusst, dass er darauf nicht gut reagieren würde. Und dass er enttäuscht sein würde. Aber wie hätte sie es ihm denn sagen sollen? "Ich weiß. Aber wie hätte ich dir das denn sagen sollen? Ach übrigens, ich habe Roger damals betrogen und er hat es nicht mal gemerkt, witzig, oder? Wie sollte ich dir das denn sagen? Es war nie der richtige Zeitpunkt da und außerdem habe ich mich so dafür geschämt. Ich hatte es gut verdrängt, Roger war tot und das alles Vergangenheit. Aber dann ist Roland hier aufgetaucht und plötzlich war alles wieder so gegenwärtig. Ich weiß nicht, wie ich mich jemals auf ihn einlassen konnte."
Inzwischen standen Joanna die Tränen in den Augen, auch wenn sie sich bemühte, dagegen anzukommen. "Aber...das ist ein Unterschied! Das kannst du gar nicht vergleichen! Du hast selber gesagt, dass du Isabell geliebt hast und trotzdem hast du sie betrogen. Aber ich habe Roger nicht geliebt. Ich war todunglücklich mit ihm, ich kannte dich noch nicht - du mich aber schon, als die Sache mit Claire war - und ich wollte einfach wissen, wie es ist, wenn man begehrt wird. Und das nicht nur körperlich. Ich hatte das Gefühl, auch etwas wert zu sein. Und das hatte ich vorher nicht. Und ich habe dabei auch kein Kind in die Welt gesetzt. Auch wenn ich natürlich mit dem Feuer gespielt habe, das gebe ich zu."
Sie schluckte leicht. " Es tut mir wirklich leid...aber ich wusste einfach nicht, wie ich dir das sagen soll. Ich hatte solche Angst, dass du mich dann nicht mehr willst. Und dass du mich dann verachtest oder mir nicht mehr vertraust. Und Roland meinte, wenn ich ihm nicht helfe hier eine Stelle zu bekommen, wird er dir sagen, was für ein leichtes Mädchen ich bin. Ich wollte nicht, dass er dir Dinge erzählt, die gar nicht wahr sind, aber es wurde immer schlimmer. Und wie er mich ansieht..."

William klopfte mit dem Zeigefinger auf den Tisch. "Für so etwas gibt es nie den richtigen Zeitpunkt." erklärte er. "Aber ich sage dir, welcher Zeitpunkt ein besserer als dieser hier gewesen wäre: als Roland hier aufgetaucht ist. Ich habe dir doch an der Nasenspitze angesehen, dass irgendetwas los war. Und du hast mich abgewimmelt. Da hättest du es mir erzählen müssen. Aber offensichtlich vertraust du mir ja so wenig, dass du dich lieber erpressen lässt." erwiderte William hart.
Dann lachte er trocken auf. "Ja, du hast dabei kein Kind in die Welt gesetzt ... da ich mir das auch ausgesucht habe!" brauste er auf. "Es gibt da noch einen ganz entscheidenden Unterschied zwischen den beiden Situationen ... mich hat man so erzogen, mir hat man beigebracht, dass so etwas in Ordnung ist ... dich hat man das genaue Gegenteil gelehrt. Für mich hat das damals rein gar nichts damit zu tun, ob ich Isabel geliebt habe oder nicht." erklärte er und schüttelte dann den Kopf. "Aber lassen wir das, die Diskussion ist müßig."
William lehnte sich wieder zurück und fuhr sich mit der Hand über die Augen. "Ich werde jetzt gehen und mich um Roland kümmern. Und du ..." er seufzte leise und sah Joanna ernst an. "Ich will dir das wirklich gerne verzeihen, wirklich. Aber bevor ich das kann ... sorg einfach dafür, dass wir uns heute nicht mehr über den Weg laufen. Ich kann dich einfach nicht sehen." erwiderte William trocken, aber mit einem eigenartig müden Unterton.
Dann stand er auf und griff nach seinem Schwertgurt, nicht weil er Roland mit dem Schwert unbedingt herausfordern wollte, aber er hatte so doch eine ganz andere Autorität. Er legte sich den Gurt um und warf sich einen leichten Mantel um die Schultern, immerhin war es mittlerweile Herbst geworden.

"Wie denn? Ich hatte ja noch die Hoffnung, dass du ihn einfach nicht einstellen würdest. Und dann nach dem Kampf war es zu spät, da hatte er mich schon abgefangen Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Ich vertraue dir, aber ich hatte solche Angst, dass du mich nicht mehr willst, dass ich dann nicht mehr begehrenswert für dich bin.", erwiderte Joanna leise. "Und du hattest eine Frau zu Hause, die dich geliebt hat. Ich war so unglücklich und ich habe mich so ungeliebt gefühlt. Und es war auch nicht lange..."
Sie sah erst wieder auf, als er aufstand und seine Worte verletzten sie sehr. Sie hatte diese Reaktion befürchtet. Er würde sie nun nicht mehr haben wollen, warum denn auch? Er hatte ja recht...bei ihm war es normal. Aber sie...sie war einfach nur eine Ehebrecherin. Sie hätte sich nicht auf Roland einlassen dürfen.
"In Ordnung...", wisperte sie, doch noch bevor er den Raum verlassen hatte, liefen ihr die Tränen die Wangen herab. Es tat ihr so weh, dass sie sie so abwies und von sich stieß. Aber sie hatte es erwartet.
Was hätte sie denn auch erwarten sollen? Natürlich reagierte er so. Dabei hatte sie ihn damals doch noch gar nicht gekannt. Es würde ihr schwer falln, aber Joanna würde sich ihm erst wieder nähern, wenn er von sich aus die Nähe suchte.

William verengte die Augen wütend. "Hältst du mich wirklich für so oberflächlich? Glaubst du wirklich, dass ich dich wegen so einer Lapalie, die noch dazu über fünfzehn Jahre zurückliegt, nicht mehr will?" William schnaubte wütend und schüttelte den Kopf. "Schade, ich hatte eigentlich geglaubt, dass du mich besser kennen würdest. Dass du mehr Vertrauen in mich setzt."
Immerhin hatte William für sie einiges aufgegeben und sein Leben nicht unwesentlich umgestellt nachdem sie geheiratet hatten, um sie glücklich zu machen.
"Das ist mir egal!" fuhr er sie wütend an. "Du hättest dich von ihm meinetwegen auch ein ganzes Jahr lang beglücken lassen können. Begreifst du das nicht? Es geht mir nicht um das, was du mit dem Kerl getrieben hast, sondern darum, dass du es mir erst jetzt erzählst, wo er dich erpresst und etwas von dir fordert, das du ihm nicht geben kannst. Erst jetzt fühlst du dich dazu gedrängt mit mir zu reden." er schüttelte den Kopf und wandte sich ab. Das war in der Tat das, was ihm zu schaffen machte. Hätte sie es ihm bei Rolands Auftauchen erzählt, hätte er zweimal geschluckt, wäre vielleicht einen Tag mit einem eigenartigen Gefühl im Magen durch die Gegend gelaufen und gut. Aber so ...
Sie hatte ihm einfach nicht vertraut. Und nun war sie nur zu ihm gekommen, um Roland zuvor zu kommen.
"Nichts ist in Ordnung." brummte er als er zur Tür ging und sie mit ihren Tränen alleine zurück ließ.

"Ich war mir nicht sicher, weil ich mich doch selbst dafür verachte. Ich habe mir eingeredet, dass du mich auch nicht mehr willst, wnen du siehst, auf wen ich mich damals in meiner Dummheit und Naivität eingelassen habe. Ich weiß es wirklich nicht...Ich war mir einfach so unsicher, William. Ich hatte Angst. Du weißt doch genau, wie man sich dann Horroszenarien ausmalt, die gar nicht der Wirklichkeit entsprechen. Ich hätte früher mit dir reden müssen, ich weiß. Aber weißt du, ich dachte, es würde nie wieder eine Rolle spielen. Ich dachte, es wäre Vergangenheit und würde mich nie wieder einholen."
Aber das hatte sich als Irrtum herausgestellt. "Und als er aufgetaucht ist, da dachte ich noch, es würde sich von allein lösen. Er würde verschwinden oder mich nicht erkennen. Ich habe sozusagen den Kopf in den Sand gesteckt, ich wollte es einfach nicht wahr haben, William. Kannst du mich denn gar nicht verstehen?"
Joanna schluckte und senkte den Kopf. "Ich weiß...", wisperte sie. Jetzt war alles nur noch schlimmer geworden...aber wenigstens war es nicht so schlimm, wie es gewesen wäre, wenn Roland ihm die Wahrheit gesagt hätte...
"Es tut mir doch so leid..."
Aber er war schon fort...wo sollte sie nur hin? Sie musste weg, bevor er zurück kam. Ihm aus dem Weg gehen. Ob er ihr jemals verzeihen konnte?

William war einmal mehr froh, dass er Geoffrey hatte, denn ohne dessen beruhigendes Eingreifen wäre er nicht sicher gewesen, ob er Roland am Leben gelassen hätte. So kam der Ritter nun mit etlichen blauen Flecken und Prellungen, sowie ein paar gebrochenen Rippen davon und dem Versprechen, dass William ihn einen Kopf kürzer machen würde, sollte er sich noch einmal in seine, geschweige denn Joannas Nähe wagen.
Jetzt klopfte er gerade -noch immer etwas wütend - an die Tür von Johns Gemach und wartete darauf, dass er herein gebeten wurde. Er musste mit irgendjemandem darüber sprechen und der einzige, den William für angemessen in solchen Dingen hielt war John.
Irgendwie musste er es schaffen seinen Ärger hinunter zu schlucken. Er wollte das Joanna wirklich dringend vergeben, nur als ganz so leicht stellte sich das momentan nicht gerade heraus.

John sah ein wenig überrascht von seiner Arbeit auf, als es klopfte und bat den Besucher dann ohne Umschweife herein. Er hatte nicht unbedingt mit William gerechnet und ein ungutes Gefühl sagte ihm, dass dieser wieder seinen Rat brauchte. Das etwas vorgefallen war, denn glücklich sah er nicht gerade aus. Eher...wütend.
"Mylord, setzt Euch doch. Was kann ich für Euch tun?", fragte er schließlich und sah William aufmerksam an.
"Ihr seht etwas...beunruhigt aus.." John legte den Kopf ein wenig zur Seite. Warum jetzt? Endlich war einmal alles gut gewesen, endlich hatte eine friedliche Atmosphäre geherrscht. Nun ja, dass sie bei Joanna und William nicht lange anhalten würde, war irgendwie klar gewesen. Ruhige Zeiten wurden ihnen ja nie gegönnt. Aber normalerweise wirkte der Lordkanzler eher geknickt als wütend, das machte ihm nun wirklich Sorgen. Das war ungewöhnlich.

"Beunruhigt?" wiederholte William und lachte trocken. "Ja, das passt. Ich habe gerade den Dreckskerl vor die Tür gesetzt, der meine Frau gevögelt hat und nun auch noch so dreist war, sie damit zu erpressen. Und nein, keine Sorge, ersteres ist bereits über fünfzehn Jahre her." fügte er rasch hinzu, ehe John falsche Schlüsse ziehen konnte.
William fuhr sich unruhig mit der Hand übers Kinn. "Könnt Ihr mir sagen, wieso sie mir so wenig vertraut?" fragte er dann gerade heraus, was ihn am meisten belastete. "Sie hätte schon längst zu mir kommen können, aber lieber lässt sie sich von ihm erpressen, weil sie sich nicht traut es mir zu sagen. Und jetzt ist sie nur zu mir gekommen, weil sie dem Dreckskerl zuvor kommen wollte ..." William fuhr sich mit den Fingern durch die schwarzen Locken. "Bin ich wirklich so schlimm, dass sie sich nicht mit so etwas zu mir traut?"

John hob eine Augenbraue, starrte William dann aber schockiert an. "Bitte?" Ob William da nicht vielleicht etwas missverstanden hatte? Das passte nun so gar nicht zu Joanna. Andererseits schien er sich ziemlich sicher zu sein, offenbar hatte Joanna ihm das gesagt.
Er blinzelte erst einmal einige Male irritiert, ehe er den Gedanken klar fassen konnte.
"Das hätte ich ihr gar nicht zugetraut.", meinte er erstaunt, schüttelte dann den Kopf. "So ein Unsinn. Sie vertraut Euch schon und Ihr seid auch weit davon entfernt schlimm zu sein. Vermutlich hatte sie einfach nur Angstvor Eurer Reaktion, schließlich ist es für eine Frau ziemlich gefährlich sich auf so etwas einzulassen."
John verschränkte die Arme. "Was wollt Ihr nun tun? Werdet Ihr ihr vergeben? Ich meine, eine Erpressung ist nie sehr angenehm und entlockt den Menschen die seltsamsten Verhaltensweisen. Ich weiß nicht, warum sie da sgetan hat. Aber wahrscheinlich solltet Ihr es einfach nicht allzu persönlich nehmen.", versuchte John ihn zu beruhigen.

William ließ sich mit leisem Stöhnen schwer auf den nächsten Stuhl fallen. Er wusste einfach nicht mehr wo ihm der Kopf stand!
Dann machte er eine wegwerfende Geste. "So ein Unfug. Sie weiß doch eigentlich, dass ich hinter ihr stehe. Warum hat sie dann Angst vor mir?" grollte William unzufrieden. "Es ist mir völlig gleich mit wem sie früher wie lange durch die Betten geturnt ist ... so lange sie mich jetzt nicht betrügt, spielt das für mich keine Rolle. Ich verstehe nur nicht, wie sie mir wegen solcher Dinge das Leben schwer machen kann und nie ein Wort über ihre eigenen Fehler verliert. Ja schlimmer sogar, mir erst davon erzählt als es rein gar nicht anders geht!"
William schüttelte verständnislos den Kopf. "John, ich habe ihr vom ersten Moment an angesehen, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Bei ersten Mal hat sie mich mit einer Ausrede abgewimmelt und dann hat sie angefangen mich anzulügen. So ein Verhalten zeugt nicht gerade davon, dass sie sehr großes Vertrauen in mich setzt und widersprecht mir nicht! Wie sieht es denn sonst aus, wenn sie Angst vor mir hat?"

"Ich denke nicht, dass sie Angst vor Euch hat.", widersprach John dennoch. "Sie hat Angst Euch zu verlieren und das würde sie nicht ertragen. Ihr wisst doch wie sie ist, Mylord. Woher soll sie denn wissen, dass es Euch egal ist? Das ist es kaum jemandem. Ihr seid in diesem Punkt sehr großmütig. Natürlich müsste sie das eigentlich wissen, schließlich kennt sie Euch. Aber vielleicht ist sie einfach ein bisschen irrational gewesen. Ich meine...sie dachte sicherlich nicht, dass die Vergangenheit sie jemals wieder einholen würde. Dass es nochmal eine Rolle spielen würde, sie war einfach überrascht davon. Vorher...hatte sie es vielleicht einfach verdrängt? Vielleicht schämt sie sich selbst dafür?"
John seufzte leise.
"Ich weiß nicht, warum sie das getan hat und warum sie so vielleicht denken mag. Aber ich finde, Ihr solltet Euch bemühen ihr zu verzeihen. Joanna hat Euch schon so viel verzeihen, ist das nichts wert? Aber ich glaube nicht, dass sie Angst vor Euch hat."

"Aber mittlerweile müsste sie doch wissen, dass sie mich nicht so einfach verliert ... und das sie mit mir über so etwas reden kann, sollte sie auch wissen." grollte William und vergrub dann das Gesicht in den Händen. Das war doch alles Wahnsinn!
"Ich will ihr ja verzeihen. Mehr als alles andere sogar. Aber ... es ist so schwierig. Ich habe immer gedacht, wir könnten über alles reden, aber wie soll das gehen, wenn sie mir Dinge nur erzählt, wenn sie keinen anderen Ausweg mehr weiß? Stellt Euch doch einmal vor Roland hätte nur Dinge gefordert, die sie ihm hätte geben können ... sie hätte sich einfach weiter erpressen lassen statt mit mir zu sprechen!"

John schüttelte leicht den Kopf. "Wie gesagt, ich weiß nicht, was in ihr vorgeht. Das müsst Ihr sie schon selbst fragen. Ihr solltet einfach mit ihr reden statt mit mir. Viel raten kann ich Euch einfach nicht...Ihr müsst selbst wissen, ob Ihr vergeben könnt oder nicht."
Er legte den Kopf schließlich ein wenig zur Seite. "Vielleicht ist es an der Zeit dasVertrauen nochmal aufzufrischen? Wenn es so gewesen wäre...irgendwann wäre es zu viel geworden und sie hätte das Gespräch mit Euch gesucht. Vielleicht hat sie länger gebraucht, aber sie hat es getan. Und das ist doch immerhin besser, als wenn Roland es Euch unter die Nase gerieben hätte, oder?"
John stand auf, ging um den Tisch herum un dklopfte William leicht auf die Schulter. "Redet mit Joanna. Lasst Euch Zeit, aber verzeiht ihr, wenn Ihr irgendwie könnte. Wenn Ihr doch nicht über alles reden könnt...vielleicht ist es an der Zeit dafür zu sorgen? Oder etwas zu ändern.", riet er leise. Was ar er froh, dass er solche Probleme mit Constance nicht hatte.

William fuhr sich mit leicht bebenden Fingern durch die Haare und seufzte. "Ja, vielleicht ist es das." murmelte er und erhob sich dann. "Ich danke Euch. Mit Euch zu reden hilft mir nach wie vor sehr dabei meine Gedanken zu ordnen." William legte John die Hand auf die Schulter und lächelte müde, ehe er das Gemach wieder verließ.

Constance, die sich während des Gespräches der Männer sichtlich zurück gehalten hatte, trat nun an ihren Mann heran, legte einen Arm um seine Taille und den Kopf an seine Schulter. "Ich habe einen ausgesprochen weisen Mann." stellte sie lächelnd fest und gab John einen Kuss auf die Wange. Sie war so froh, dass William nach wie vor Johns Rat suchte und die beiden sich so gut verstanden.
Freunde waren immerhin ausgesprochen wichtig.
"Und ich bin froh, dass wir beide wieder Ruhe haben." erklärte sie lächelnd. Sie hatte noch eine kleine Überraschung für John parat, aber erst sollte dieser ihr auch seine Aufmerksamkeit schenken, bevor sie damit heraus rückte.

John lächelte leicht. "Keine Ursache. Ihr wisst ja, dass ich dafür immer zur Verfügung stehe."
Als William ging, sah er ihm eine Weile nachdenklich hinterher, bis Constance zu ihm kam und ihn umarmte. Seufzend legte er die Arme um sie und gab ihr einen Kuss. "Ob ich mich nun als weise bezeichnen darf, wage ich zu bezweifeln. Trotzdem danke." Er lächelte und gab ihr einen langen Kuss. "IIch auch...Es war anstrengend genug. Ich hoffe, die Beiden kriegen sich wieder ein. Eigentlich tun sie das auch immer, aber normalerweise muss auch Joanna William etwas verzeihen, diesmal ist es umgekhrt. Ich kann sie wirklich beide verstehen. Das macht es so schwer. Sie machen es sich gegenseitig schwer."
Sanft strich er ihr durch das Haar. "Wir haben glücklicherweise etwas mehr Harmonie vorzuweisen. Etwas Anderes wollte ich auch gar nicht."

Constance nickte nachdenklich. "Irgendwie werden die beiden das auch durchstehen, da bin ich sicher." Auch wenn Joannas und Williams Ehe stets ziemlich turbulent war, hielten die beiden doch unaufhaltsam zusammen.
Constance lehnte sich mit dem Rücken gegen John und griff eine seiner Hände, um sie über ihren Bauch gleiten zu lassen. "Harmonie klingt ausgesprochen verlockend." meinte sie dann lächelnd und gab John einen Kuss. "Zumal wir bald noch jemanden haben mit dem wir diese Harmonie teilen dürfen." erklärte sie dann und wartete gespannt auf seine Reaktion.
Sie selbst hätte beinahe zu weinen begonnen vor Freude als sie sich schließlich sicher gewesen war. Und dabei hatte sie ganz bewusst lange gewartet bis sie sich diesen Gedanken gestattet hatte. Eigentlich war es fast ein Wunder, dass sie es bisher vor John hatte verbergen können.

"Das hoffe ich sehr. Ohne einander können sie doch sowieso nicht lange." Und John hoffte sehr, dass William bald über seinen Schatten springen konnte und mit Joannas nochmal redete. Die jetzige SItuation tat Beiden nicht gut.
Aber Constance verstand es sehr gut, ihn von seinen Gedanken abzulenken. Er blinzelte überrascht und begann dann zu strahlen, drehte Constance zu sich herum und gab ihr einen fast stürmischen Kuss.
"Meine Güte, wirklich? Bist du sicher?"
Darauf hatten sie so lange gewartet. So lange hatten sie darauf gewartet, doch noch einmal Nachwuchs zu bekommen und jetzt war es endlich soweit. Er hätte platzen mögen vor Freude und Stolz.
"Wie weit?", fragte er dann und strich erneut sanft über ihren Bauch. Diesmal, nahm er sich vor, würde er ganz genau darauf achten, dass sie sich nicht aufregte. Sie würde nicht noch einmal so leiden müssen.