William und Joanna - 1180

Joanna nickte. "Das dachte ich mir fast. Die Vernunft in Person war mein Sohn wirklich noch nie. Aber wenn er sich gut mit ihnen versteht. Er wird schon noch lernen, dass er auch einmal etwas strenger sein muss, wenn es ihn zum Erfolg führen soll."
Sie gab Gabriel mit leisem Bedauern wieder an seine Mutter und rief nach ihrem kleinen Sohn. Will griff nach seinem Holzpferdchen und nahm ihre Hand, um mit ihr zusammen das Gemach zu verlassen.
"Ein Vater fehlt immer, ob er nunein guter oder ein schlechter war. Irgendwo hatten sie ihn doch lieb. Wir sprechen bei Gelegenheit noch einmal..."
Sie wollte sich umgehend auf den Weg zu William machen. Sie musste ihm von gabriel erzählen, bevor er den Kleinen sah.

Julia

Julia nickte zustimmend. "Das ist wahr. Und deshalb hoffe ich auch darauf, möglichst bald wieder einen Vater für die Kinder an meiner Seite zu haben. Und dieses Mal einen, der es wirklich wert ist Vater genannt zu werden." erklärte sie und nickte erneut. "Ich stehe Euch jederzeit zur Verfügung, Mylady." erklärte sie mit einem leichten Lächeln und knickste kurz.
Julia wartete bis Joanna gegangen war, dann ließ sie sich mit weichen Knien wieder auf den Stuhl neben Josephine sinken. "Himmel, am liebsten wäre ich geflüchtet ..." murmelte sie und schloss für einen Moment die Augen.

Joanna kehrte in Gedanken zu William zurück. Da sie wusste, dass die Szene vermutlich nicht sehr schön werden würde, hatte sie Will für ein Mittagsschläfchen hin gelegt, ehe sie zu ihrem Mann gegangen war.
Sie öffnete die Tür und fand ihn zu ihrer Erleichterung allein vor. "Da bist du ja....ich muss unbedingt mit dir reden.", sagte sie und schloss die Tür wieder hinter sich.
"Du wirst es nicht glauben, aber ich habe gerade unseren Enkel kennengelernt....Edward....Edward hat einen Sohn.", sagte sie, immer noch selbst ein wenig schockiert von dieser Tatsache. Edward passte so gar nicht in die Vaterrolle.

William sah auf als sich die Tür öffnete. Er hatte bis vor kurzem mit Robert gesprochen und diesen dann erst einmal entlassen, damit er sich in ein paar der Unterlagen einlesen konnte. Als Joanna nun herein kam, trat ein Lächeln auf seine Lippen, das jedoch rasch wieder erstarb als William ihren ernsten Gesichtsausdruck sah.
"So? Was ist denn los?" fragte er irritiert und zog verwundert eine Augenbraue in die Höhe. Was konnte den in der kurzen Zeit in der sie wieder hier waren, schon wieder passiert sein?
"Unseren Enkel? Was zum Teufel redest du da? Wie kann -" William brach ab. "Edward?" fragte er gedehnt und spürte bereits, wie die Wut in ihm hoch kochte. "Edward?" wiederholte er wütend und schlug im nächsten Moment mit der Faust auf den Tisch. "Teufel nochmal, das darf doch wohl nicht wahr sein!" Williams Stimme bebte und er konnte sich nur mit Mühe davon abhalten zu schreien.
Er stand auf und fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht. "Sag mir bitte, dass es nicht Toms Frau ist."

Joanna beobachtete William genau und seufzte leise. Sie hatte genau gewusst, dass er wütend werden würde. Sehr wütend. Und er war genauso überrascht wie sie. "Hör auf zu fluchen, ja? Das hilft doch auch nichts..."
Sie lehnte sich an die Tischkante und verschränkte nachdenklich die Arme vor der Brust. "Ja, Edward...ich hätte es auch nicht geglaubt, aber der junge sieht exakt aus wie Edward, als er klein war. Sieht aus wie ich..."
Erstaunt hob sie eine Augenbraue. "Doch....Julia ist die Mutter. Allerdings scheint es so, als würde Tom nicht mehr leben. Man hat ihn offenbar auf dem Weg ins Nachbardorf erschlagen. Aber wie kommst du auf sie?"
Joanna räusperte sich unbehaglich.
"Das ist noch nicht alles...Edward.....hat sich verlobt."

"Es macht es aber auch nicht schlimmer." grollte William, der genau wusste, dass Joanna es nicht leiden konnte, wenn er fluchte, aber in solchen Momenten konnte er einfach nicht anders.
"Das darf doch nicht wahr sein." stöhnte er und rieb sich die Schläfe, ehe er Joannas Blick erwiderte. Er hörte Roberts Stimme in seinem Kopf widerhallen und verfluchte sich dafür, dass er die Sache nicht ernster genommen hatte. "Edward hatte doch früher schon wegen ihr Ärger gemacht." knurrte William und schüttelte den Kopf. "Robert hatte vermutet, dass der Bengel wieder irgendeine Liebschaft hier hat ... ich habe das ganze nicht sonderlich ernst genommen, aber Edward ganz offensichtlich sehr wohl."
William legte die Stirn in Falten. "Tom ist tot?" das war ebenfalls neu ... er würde später erst einmal herausfinden müssen, wer dann nun das Wirtshaus übernommen hatte. Er konnte sich nicht vorstellen, dass das Mädchen alleine mit den Kindern dort blieb.
Im nächsten Moment entglitten Williams Gesichtszüge endgültig. "Wie bitte?" fragte er entgeistert, doch bevor Joanna antworten konnte, packte William den Becher auf seinem Schreibtisch und warf ihn mit voller Wucht gegen die nächste Wand. "Ist der Bengel denn von allen guten Geistern verlassen?" brüllte William, der sich dieses Mal nicht mehr hatte zurück halten können.

Joanna seufzte leise. "Das stimmt. Aber dass Robert so etwas vermutet hat, wusste ich nicht. Bei Edward muss man offenbar auf alles gefasst sein." Sie nickte. "Tom ist tot. Robert scheint entschieden zu haben, dass Julia mit ihren Kindern ein Häuschen in der Vorburg bezieht, damit Edward ihr helfen kann das Wirtshaus zu verkaufen. Ich schätze, dass es inzwischen auch verkauft ist."
Joanna zuckte zusammen, als William den Becher gegen die Wand warf, blieb aber sonst ruhig. Sie kannte diese Ausraster zur Genüge. Manchmal wusste William einfach nicht, wohin mit seiner Wut. "Offensichtlich ist er das. Ich habe das Mädchen gerade mit ihrem Sohn bei Josephine getroffen. Julia geht ihr wohl etwas zur Hand. Darum hat sich mein Zorn leider auch unverdientermaßen über sie ergossen, dabei hätte Edward es noch bedeutend mehr verdient."

William nickte kurz. "Er hat mir gesagt, dass er vermutet, Edward würde sich wieder mit irgendeiner Frau vergnügen. Ich hab das ganze abgetan und war der Meinung, dass ich schon davon erfahren würde, wenn dem so wäre. Ganz offensichtlich habe ich mich da aber stark getäuscht." stellte William zornig fest.
"Das glaube ich einfach nicht." murmelte William fassungslos und schüttelte den Kopf. "Das kann doch nicht wahr sein." Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und biss die Zähne aufeinander, ehe er Joanna wieder ansah. "Ich schwöre dir bei Gott, wenn ich den Bengel in die Finger bekomme, dann kann er was erleben! Ich werde ihm dich Hölle schon heiß machen, da kannst du sicher sein." grollte William zornig und begann dann in dem Zimmer auf und ab zu laufen. "Wie kann man nur so unvernünftig sein ..." Es war einfach zum Verrückt werden mit diesem Jungen.

"Das Ganze ging wohl auch schon länger. Schon bevor sie schwanger wurde...und John wusste davon. Er hat den kleinen davor gerettet von Tom erschlagen zu werden, weil er eben aussieht wie Edward. Aber er hat Edward wohl dazu gezwungen es uns selbst zu sagen. Das Problem war nur, dass ich den kleinen vorher gesehen habe...Da musste sie es mir erklären."
Joanna seufzte leise. "Das wird noch schwierig werden..." In diesem Moment klopfte es an die Tür. Sie schaute kurz zwischen der Tür und ihrem Mann hin und her, dann bat sie den Besuch herein.
Es war Edward...
"Sieh an, Söhnchen, du kommst genau richtig..."

William schüttelte den Kopf. "Ich glaube es nicht ... und John hat keinen Ton davon verlauten lassen! Das hätte ich nun wirklich nicht erwartet." John wäre der letzte, dem er zugetraut hätte, Edward bei solch einem Unfug zu unterstützen.
"Schwierig." William lachte trocken auf. "Ja, so kann man das nennen." erwiderte er und wollte noch was hinzufügen als es klopfte und Joanna den Besucher herein bat. William, der noch immer im Zimmer auf und ab gelaufen war, blieb stehen und drehte sich herum. Seine Augen verengten sich als er seinen Sohn sah, der mit seinem typischen nonchalanten Lächeln auf den Lippen eintrat.
William zögerte nicht einen Augenblick, sondern überbrückte die Distanz zwischen Edward und sich mit wenigen Schritten, packte seinen Sohn am Kragen und schlug zu, ehe dieser überhaupt reagieren konnte. "Das du dich überhaupt noch hertraust!" brüllte er zornig als er Edward wieder von sich stieß.

"Ich weiß nicht, ob er nicht vielleicht einfach schweigen musste, um es nicht noch schlimmer zu machen. Es wäre wirklich Edwards Sache gewesen uns einzuweihen."
Als Edward eintrat, wusste Joanna bereits, dass die Situation gleich eskalieren würde. Edwars Auftreten war einfach in der jetzigen Situation viel zu provokant.
Edward hatte seine Eltern in Ruhe begrüßen und sie dann behutsam in die Neuigkeiten einweihen wollen. Doch da machte sein Vater ihm einen gehörigen Strich durch die Rechnung, als dieser zielstrebig auf ihn zu hielt und zuschlug.
Edward taumelte erst einmal rückwärts gegen die Tür. "Verflucht nochmal, was ist denn in dich gefahren?" Eigentlich gab es nur eine Erklärung dafür. Aber woher konnte er das wissen?

"Gut möglich. Wie dem auch sei, ich werde nachher einmal mit ihm drüber sprechen. Ich schätze, John wird noch die beste Erklärung abgeben können."
William beobachtete, wie Edward nach dem Schlag gegen die Tür stolperte und holte noch einmal aus, lenkte den Schlag dieses Mal aber so, dass seine Faust gegen das dunkle Holz der Tür krachte - genau neben dem Kopf seines Sohnes. "Das sollte ich wohl besser dich fragen!" fuhr William Edward wütend an, packte ihn am Kragen und hielt ihn fest. "Bist du eigentlich von allen guten Geistern verlassen? Was zum Teufel geht dir eigentlich durch den Kopf, wenn du solchen verfluchten Unsinn anstellst? Denkst du überhaupt nach oder lässt du dich viel lieber einfach von deinen Trieben lenken und springst ohne weiteres mit jedem Weib ins Bett, dass ein hübsches Gesicht und einen großen Busen hat? Laufen irgendwo in England noch mehr von meinen Enkelkindern durch die Gegend, die ich noch nicht kenne?" zischte William zornig. "Und ich schwöre dir, Edward, das wird ein Nachspiel haben! Irgendwann ist das Maß voll und du hast lange genug getrieben, wonach dir gerade der Sinn stand."

Edward schloss die Augen, als sein Vater erneut ausholte und zuckte zusammen, als er nur das Holz traf, ihm aber dennoch einen Schrecken damit versetzte. Ihm war nun klar, dass seine Eltern es wussten...das war nicht gut.
"Das ist nicht wahr, ich habe seit längerer Zeit nur Julia. Und ich liebe sie wirklich. Es ist nicht so, ich wechsel schon lange nicht mehr ständig die Betten. Und Gabriel ist mein einziges Kind! Du hast sonst keine Enkel." Hoffte er zumindest, aber es hatte sich nie jemand gemeldet.
"Das war doch alles nicht so geplant! Ich wollte sie schon lange heiraten, aber sie war doch schon verheiratet. Und mit Gabriel das...das hätte eigentlich nicht passieren sollen. jetzt ist er aber da und ich will sein Vater sein! Das dürfte doch eigentlich in deinem Interesse liegen. Du predigst doch immer, ich soll Verantwortung übernehmen!"
Edward schüttelte leicht den Kopf und rieb sich über die Nase. "Was willst du tun? Bald wird der König mir ohnehin Oxford überlassen, dann bist du mich los...Und ich werde Julia und die Kinder mitnehmen an den Hof, sobald wir verheiratet sind. Aber woher zum Teufel weißt du das eigentlich schon? Ihr seid doch kaum ein paar Stunden hier!"

"Seit längerem!" William schüttelte den Kopf. "Wie unverantwortlich kann ein Mensch eigentlich sein? Haben wir dir wirklich so wenig Verstand mit auf den Weg gegeben?" William schnaubte verächtlich. "Das wäre ja noch schöner, wenn du das geplant hättest! Hast du nie darüber nachgedacht, was du da anrichtest? Du hast eine Ehe gebrochen, hast das Mädchen in Gefahr gebracht ... und du erzählst etwas von Liebe? Das ich nicht lache!"
William konnte nur schwer an sich halten und zählte in Gedanken bis zehn bevor er fortfuhr. "Ja, du sollst Verantwortung übernehmen, aber BEVOR das Kind in den Brunnen gefallen ist und nicht hinterher! Es hat wenig mit Reife zu tun, wenn du die Konsequenzen deiner Dummheiten notgedrungen auslöffeln musst, viel eher hättest du es gar nicht erst soweit kommen lassen dürfen! Und was zum Teufel hättest du eigentlich getan, wenn Tom nicht ums Leben gekommen wäre?" William hoffte nur inständig, dass Edward dann nicht selbst nachgeholfen hätte ...
Im nächsten Moment weiteten sich seine Augen ein wenig ungläubig über die Unverschämtheit seines Sohnes und er verpasste Edward eine schallende Ohrfeige. "Wie redest du eigentlich mit mir?" fuhr William seinen Sohn zornig an. "Du glaubst doch nicht wirklich, dass Henry dir eine ganze Grafschaft überlässt, nach diesem Fiasko hier? Das werde ich nicht zulassen! Und du wirst auch sicher nicht einfach so ohne meine Einwilligung heiraten, du bist immer noch mein Sohn!" erwiderte William wütend. "Deine Mutter ist Julia und dem Jungen begegnet, daher weiß ich es. Hast du allen Ernstes geglaubt, dass mir das lange verborgen bleibt, wenn das Kind sogar schon unter meinem Dach lebt?"

"Natürlich habe ich darüber nachgedacht! Oft genug! Aber was soll ich denn machen, wenn ich sie liebe? Außerdem hat Tom sie behandelt wie Dreck, diese Ehe war nicht einmal die Messe wert, in der sie geschlossen wurde! Julia ist endlich frei, sie ist froh ihn los zu sein! Was glaubst du, wie oft wir uns den Kopf darüber zerbrochen haben, wie es weitergehen soll? Dazu gehören auch immer Zwei..." Edward schluckte schwer. "Aber Gabriel ist jetzt da und jetzt übernehme ich Verantwortung, also ist es noch nicht zu spät. Ich wollte sie vorher schon heiraten, nur ging es eben nicht! Das hier ist ie Chance auf die ich gewartet habe. Das hat nichts mit notgedrungen auslöffeln zu tun. Ich weiß, dass es falsch war, die Ehe zu brechen und ein Kind zu zeugen, aber ich würde es trotzdem wieder tun, weil ich so bei ihr sein kann. Ich will diese Frau seit Jahren heiraten! Wenn Tom nicht tot wäre, hätten wir uns eben etwas Anderes überlegen müssen. Dann hätten wir eben warten müssen. Für Gabriel war gut gesorgt."
Edward fuhr sich mit einem genervten Stöhnen über die Nase. So viel Prügel hatte er lange nicht mehr bezogen und schon gar nicht ungestraft hinnehmen müssen. "Aber ich habe sie verdient und Henry weiß das! Henry hat es zugesichert! Er weiß hiervon nichts und ich wüsste auch nicht, warum es ihn interessieren sollte." Edward schaute seinen Vater ernst an. "Ich werde sie heiraten und wenn du dich auf den Kopf stellst...Mit deinem Segen wäre es mir zwar lieber, aber zur Not wird es auch so gehen. Ich werde sie nicht noch einmal im Stich lassen. Und dass es nicht lange geheim bleibe würde, war mir klar, deshalb war ich ja auf dem Weg hierher! Ich war nur leider ein klein wenig zu spät."

"Es hätte zwei simple Wege gegeben, Edward. Entweder du hättest sie dir aus dem Kopf geschlagen oder du hättest schlichtweg gewartet! Sich dennoch auf sie einzulassen, war das dümmste, was du tun konntest!" erwiderte William schroff.
"VERDIENT?" Williams Stimme glich einem Donnergrollen, dass das heranziehende Gewitter ankündigte. "So wie du dich benimmst, hast du sicher nichts dergleichen verdient! Ich habe dafür gesorgt, dass diese Grafschaft unserer Familie zugesagt wurde und ohne diese Bemühungen würdest du nicht einmal den Ausblick auf solch eine Position haben, also sei vorsichtig damit, was du deiner Meinung nach verdient hast." William schüttelte den Kopf. "Oh glaub mir, wenn ich ihm davon berichte, wird es ihn interessieren. Glaubst du ernsthaft, dass er dich mir vorziehen würde? Er verlässt sich auf mein Urteil und wenn ich ihm sage, dass du bei weitem noch nicht bereit bist auch nur annähernd soviel Verantwortung zu übernehmen, dann wird er dir Oxford sicher nicht geben."
William ließ die Hand sinken mit der er Edward noch immer am Kragen festgehalten hatte und trat einen Schritt zurück. "Ein klein wenig zu spät gekommen ... ja, das kannst du gut, nicht wahr? Dir fiel ja auch reichlich spät ein, dass du Julia liebst und sie heiraten willst. Das ist dir erst aufgefallen, nachdem du das Mädchen entehrt und dann sitzen gelassen hattest und nachdem sie verheiratet war!"
William wandte sich ab und ging zum Tisch zurück, damit er nicht Gefahr lief, Edward noch einmal zu schlagen. Wie konnte dieser Bengel sich nur so etwas erlauben?

"Aber weder das eine noch das Andere hätte auf Dauer funktioniert. Ich habe versucht sie zu vergessen, aber es ging nicht. Und warten? Wie lange? Bis Tom in zwanzig Jahren stirbt? Dass er jetzt tot ist, ist reiner Zufall und zugegebenermaßen ein Glück für uns."
Edward verschränkte unbehaglich die Arme vor der Brust. Für ihn war es sicher gewesen, dass Henry ihm Oxford gab. Vielleicht in ein, zwei Jahren. Aber dass sein Vater ihm dies so deutlich absprach, verletzte ihn doch. Er brannte doch darauf sich zu beweisen und für sich und seine kleine Familie ein Zuhause aufzubauen.
"Aber wenn du das tust, machst du alles zunichte, was ich mir erarbeitet habe...Henry war die ganze Zeit zufrieden mit mir und er wollte darüber nachdenken, mir in Bälde Oxford zu geben. Ich hatte gehofft, dort ein Zuhause für Julia, die Kinder und mich zu finden, das wir uns aufbauen können. Woher willst du wissen, dass ich die Verantwortung nicht tragen kann? Du gibst mir ja keine Gelegenheit es zu beweisen."
Edward war ausgesprochen froh, dass sein Vater ihn los ließ und er so nicht Gefahr lief, gleich noch einmal einen Schlag abzubekommen. "Du hast auch nie einen Fehler gemacht, oder? Ich war jung und wusste gar nichts von der Liebe. Aber ich konnte sie nie vergessen. Als ich sie wieder gesehen habe, war es einfach schon zu spät. Wäre es das nicht gewesen, hätte ich sie sofort geheiratet."

"Nein, nicht ich mache hier irgendwas zu nichte, das tust du ganz allein!" erwiderte William zornig. Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und schüttelte den Kopf. "Keine Gelegenheit sagst du? Du hast jeden Tag Gelegenheit zu zeigen, dass du erwachsen geworden bist, aber wenn ich von einer Reise nach Hause komme und erfahren muss, dass mein Sohn seit geraumer Zeit eine Liebschaft mit einer verheirateten Frau führt, diese geschwängert hat und sich nun auch noch verlobt hat ohne auch nur daran zu denken mein Einverständnis einzuholen, bei Gott, Edward, das spricht nicht gerade für deine Reife!"
William verengte die Augen. "Sei ja vorsichtig mit dem was du sagst." riet er in scharfem Tonfall. "Und nun sieh besser zu, dass du mir aus den Augen gehst. Ich will dich vor heute Abend nicht mehr sehen und solltest du mir doch unter kommen, dann wird es um meine Beherrschung endgültig geschehen sein, du unverschämter Bengel." knurrte William und deutete auf die Tür. "Raus."

Edward schüttelte den Kopf. "Ich wollte ja dein Einverständnis, aber du warst nicht da! Und ich brauchte diese Verlobung, damit ich eine Rechtfertigung habe sie zu besuchen und ihr zu helfen. Wenigstens ein bisschen den Anstand wahren. Ich wollte nur das Beste für sie und die Kinder. Ich hätte lieber gleich mit dir gesprochen, aber der Zeitpunkt war ein bisschen ungünstig. Das hatte ich auch alles nicht so geplant.", erwiderte Edward möglichst ruhig.
"Ich wollte dich nicht hintergehen, aber ich wusste nicht, was ich machen sollte..." Er schluckte schwer und nickte dann.
"In Ordnung.", sagte er leise und verließ umgehend das Zimmer.

William wartete bis die Tür hinter Edward ins Schloss gefallen war, dann ließ er sich auf den nächst besten Stuhl sinken und vergrub für einen Moment das Gesicht in den Händen. Sein Herz raste wie verrückt und er wusste nicht mehr wohin mit sich. Das durfte doch wirklich nicht wahr sein, wie konnte dieser Bengel sich nur so etwas erlauben?
William rieb sich über die Schläfen hinter denen sich nun ein deutliches Pochen breit machte. Da kam er aus Italien zurück, entspannt und guter Dinge nur um festzustellen, dass hier alles drunter und drüber ging. Er stöhnte leise auf und hob den Blick, um Joanna anzusehen. "Kannst du mir bitte sagen, was ich jetzt machen soll?" fragte er trocken und rieb sich die immer stärker schmerzende Stirn. "Dieser Bengel bringt mich noch ins Grab."

Joanna ging langsam zu ihrem Mann hinüber, als dieser sich auf einen Stuhl sinken ließ. Sie sah ihm deutlich an, wie mitgenommen er durch das alles war und sie verfluchte Edward dafür, dass all die gute Laune, die sie von ihrer Reise mitgebracht hatten, auf einmal verflogen war. Sie strich ihm sanft über die Schultern und begann sie zu massieren.
"Ich weiß es auch nicht....eine schwierige Sache. Aber das Mädchen ist ganz nett und der Kleine ein wirklich süßes Kind. Ich bin ganz sicher, dass Edward sie heiraten wird, egal was du tust. Du musst ihm einfach klar machen, dass es so nicht geht. Vielleicht ist es keine schlechte Idee ihn mit der Aussicht auf Oxford ein bisschen zur Raison zu bringen. Schreib Henry ruhig...er muss ohnehin wissen, dass sein Ritter im Begriff ist eine Bauerntochter zu heiraten."

William schloss die Augen und seufzte leise als Joanna begann seine Schultern zu massieren. "Natürlich, er macht sowieso immer, was ihm gerade in den Kopf kommt." murmelte William. Von dieser Heirat würde er ihn nicht abbringen können, da war er sich ebenfalls sicher, aber er konnte Edward auch nicht ungestraft davon kommen lassen.
"Ja, vermutlich hast du Recht und Oxford ist momentan das einzige, womit man ihn ein wenig in den Griff kriegen kann. Ich werde gleich nachher einen Brief an Henry auf den Weg bringen." Er würde ihm berichten, dass er wieder zurück in Truro war und was er hier vorgefunden hatte ... und er würde Henry nahelegen Oxford noch eine Weile lang nicht an Edward zu übergeben. William hatte einen fähigen Stellvertreter dort eingesetzt und sah selbst hin und wieder nach dem Rechten, das funktionierte momentan noch recht gut.
"Soviel zu einer ruhigen, gemütlichen Rückkehr." murmelte William und schüttelte leicht den Kopf, bereute es im nächsten Moment jedoch schon wieder, da sein Kopf dadurch nur noch mehr schmerzte.

"Vor allem aber scheint er das Mädchen wirklich zu lieben. Sie scheint mir recht vernünftig und sie hat Ahnung vom Leben. Das wird Edwards Hitzkopf gut tun. Vielleicht kann sie der Schlüssel sein um ihn zu mäßigen. Du solltest mit ihr reden und dir selbst ein Bild machen. Bevor er sie geheiratet hat, wird Edward sowieso nirgendwo hin gehen. Ihr könnt ihm ja sagen, dass er Oxford vorerst nicht bekommt, bis er sich bewiesen hat. Dann behaltet ihn im Auge. Ob er jetzt nach einem Jahr so weit ist oder nach fünf...das entscheidet ihr. Er weiß ja nicht, wann es soweit sein wird.", schlug Joanna schließlich vor.
"Ja, ich hatte mir das auch anders vorgestellt. Lass uns einfach ein bisschen ausruhen..."

William dachte einen Moment lang nach, dann nickte er. "Ich werde mit ihr reden. Am besten Morgen, dann konnte ich wenigstens schon einmal eine Nacht über all das schlafen." erwiderte er und lehnte sich gegen Joanna. "Und mit Henry werde ich dann bei Zeiten weiter sehen." William seufzte und ergriff Joannas Hände, zog sie zu seinen Lippen und hauchte einen Kuss auf ihre Haut.
"Ich glaube, ich sollte mich einen Moment hinlegen." erklärte er dann. Ein wenig die Augen schließen würde helfen, die Kopfschmerzen einzudämmen, bevor sie allzu groß wurden. "

"Das ist eine gute Idee. Dann gehst du auch etwas ruhiger an die Sache heran. Das arme Mädchen hat schon meine Wut abbekommen. Ich glaube, wenn du sie auch noch angehst, verkraftet sie das nicht. Sie hat es ja auch nicht so leicht im Moment. Für Edwards Dummheit kann sie nichts...ich hätte in der Situation vermutlich auch nicht Nein gesagt."
Sie nickte und lächelte dann. "Das ist wahrscheinlich das Beste. Ich werde dir etwas Gesellschaft leisten. William schläft friedlich, darum haben wir etwas Zeit für uns. Etwas Ruhe wird mir auch nicht schaden, denke ich."