William und Joanna - ab 1180 bis 1181

"Glaub mir, du willst Robert nicht wirklich, wirklich verärgert erleben. Es jagt einem einen Schauer über den Rücken. Unterschätze ihn nicht, Richard. Er kann Berge versetzen, wenn er will. Das siehst du an seiner Ehe."
Beatrice sah Richard überrascht an, dann ließ sie sich umarmen und strich ihm durch die Haare. "Ich dich auch, Richard. Und deshalb bin ich noch bei dir, obwohl du mich so oft verletzt hast mit deinem Verhalten. Wir gehen schon so lange gemeinsam durch das Leben und haben uns nie verschrecken lassen, wenn es schwierig wurde. Natürlich verletzt es mich, dass du nicht einmal hier in meiner Heimat die Finger von ihm lassen kannst, aber ich kann dich nicht verlieren. Ich brauche dich, Richard. Ich will dich nicht verlieren."

Richard stöhnte leise auf. "Ich weiß. Ich weiß, es ist nur ... ich dachte, die Gelegenheit wäre günstig, verstehst du? Ohne dass ich dich hätte warten lassen müssen. Ach Bea ..." Es tat gut, sie so in den Armen halten zu können, ganz besonders nachdem Robert ihn so ins Zweifeln gebracht hatte. Sie wollte bei ihm bleiben und das war es, was zählte.
Richard strich ihr zärtlich über die Wange. "Ich brauche dich auch. Du bist der wichtigste Mensch in meinem Leben und die Vorstellung, dass du mich verlassen könntest, macht mich schon krank." erwiderte er und lehnte sich ein wenig vor, um Beatrice einen sanften Kuss voller Zärtlichkeit zu geben. "Du bist mein ein und alles, Beatrice."

"Günstig....Du hast versprochen, dass du dem nur dann nachgibst, wenn das Verlangen zu groß wird, nicht weil die Gelegenheit gerade günstig ist.", warf Beatrice ihm missbilligend vor. Doch so viele Dinge, die Richard versprochen hatte, hatte er nicht gehalten oder halten können. Sie sollte sich wirklich langsam abgewöhnen darüber enttäuscht zu sein.
"Dann sorg dafür, dass ich keinen Grund dazu habe es zu tun, Richard. Ich habe wirklich unglaublich viel Geduld und Verständnis für dich. Aber auch ich bin nicht unendlich belastbar. Irgendwann kann ich diese Last nicht mehr tragen, also sorg dafür, dass sie nicht zu schwer wird."
Sie erwiderte seinen Kuss. "Du....du liebst ihn nicht, oder?"

Richard zuckte bei ihrem Vorwurf leicht zusammen. "So ... so meinte ich es doch nicht. Ich ..." Richard brach ab. Er konnte Beatrice ja schlecht ins Gesicht sagen, dass er sich schon während ihrer Reise nach Truro danach gesehnt hatte wieder einen Nacht mit Alan zu verbringen. Wie hatte nur alles so schief laufen können? Es wäre perfekt gewesen, Beatrice war im Bett und am Schlagen und Alan und er hätten die Nacht in Ruhe genießen können, wenn sie nur nicht so dämlich gewesen wären.
Und nun hatte er Beatrice damit einmal aufs Neue verletzt.
Richard sah Beatrice einen Moment lang schweigend an, dann nickte er. "Ich werde dafür sorgen." versicherte er und starrte Beatrice dann einen Moment lang verblüfft an. Hatte sie das gerade wirklich gefragt?
"Nein." erwiderte er ganz von selbst. "Nein, natürlich nicht." Alan lieben? Das klang selbst in seinen Ohren irgendwie absurd ...

Beatrice seufzte. "Dann sag es auch nicht so. Außerdem weiß ich ganz genau, dass du es sehr wohl so gemeint hast. Lüge mich nicht an.", erwiderte sie leise. "Ich bin nicht dumm. Du kannst einfach nicht die Finger von diesem Kerl lassen."
Und noch immer begriff sie nicht, warum nicht. Doch dahinter würde sie wohl niemals kommen. Vielleicht konnte es befreiend sein, darüber mit Robert sprechen und ihre Gedanken teilen zu können.
Sie legte den Kopf schief.
"Diese Frage wundert dich? Ist es nicht verständlich, dass ich sie mir manchmal stelle? Ich weiß, wie wichtig er für dich ist und manchmal habe ich Angst, er könnte wichtiger sein als ich."

"Aber -" Richard stockte und biss sich auf die Unterlippe. "Du hast recht" murmelte er dann. "Das kann ich nicht." Was blieb ihm schon anderes übrig als es einzuräumen? Beatrice hatte ein Recht darauf, dass er sie nicht anlog und sie durchschaute ihn ja ohnehin, das hatte sie immer schon getan.
Richard starrte Beatrice beinahe entsetzt an. Darüber hatte er noch nie nachgedacht und es schockierte ihn, dass ihm etwas so vollkommen entging, was sie aber ständig zu beschäftigen schien.
"Er ist mir wichtig, ja." bestätigte Richard. "Sehr sogar. Aber Bea, ich habe mich schon einmal für dich und gegen ihn entschieden und ... ich würde es wieder tun, wenn es sein müsste." erklärte Richard. Es ging hierbei nicht um Alan. Keine Frage, dieser war zu einem guten Freund, ja vielleicht sogar zu seinem besten Freund geworden, aber er stand in keiner wirklichen Konkurrenz zu Beatrice.

Beatrice nickte. "Siehst du, du hast mich angelogen. Tu das nie wieder. Ich möchte, dass du mir wenigstens die Wahrheit sagst, wenn du schon dein Ehegelöbnis nicht halten kannst, Richard. Ich denke, das habe ich verdient.", erwiderte sie nüchtern.
"Das hoffe ich." Aber sie glaubte ihm, dass sie immer noch an erster Stelle für ihn stand. Wenigstens ein kleiner Triumph. Wenigstens hierin würde Alan niemals besser sein als sie. Würde er ihr jetzt auch noch Richards Liebe streitig machen, hätte sie gar nichts mehr und würde mit völlig leeren Händen da stehen.
"Du gehörst nur mir..."

Richard seufzte leise und nickte. "Du hast Recht, das hast du." bestätigte er. Dann strich er Beatrice zärtlich über den Rücken und lächelte sanft. "Das tue ich." murmelte er leise und hauchte einen Kuss auf ihre Lippen. "Du bist mein ein und alles und ich bin dein." erklärte Richard leise als sich ihre Lippen wieder voneinander lösten.
Sanft ließ er die Finger durch ihre Haare gleiten und wickelte eine ihrer goldenen Locken um seinen Finger. "Habe ich dir schon gesagt, wie wunderschön du eigentlich morgens aussiehst?" fragte er leise. "Direkt nach dem Aufstehen, wenn deine Haare noch ein wenig unordentlich sind und so ein Leuchten in deinen Augen liegt, weil du immer aufs Neue bereit bist in den Tag zu starten."
Er gab ihr noch einen Kuss und zog sie an sich. "Ich liebe dich."

Beatrice schmiegte sich an Richard und legte den Arm um seine Mitte und strich mit dem Zeigefinger über seine aufgeplatzte Lippe.
"Dann vergiss das auch nicht, mein Prinz...", wisperte sie leise und musste über seine Worte lächeln. "Du hast es nicht verlernt, was. Wie man einer Frau schmeichelt." Aber sie freute sich ja doch darüber, dass er sich immer wieder Mühe gab ihr ein Lächeln zu entlocken und dass er trotz allem noch Schönheit an ihr fand. Dinge, sie sie attraktiv machen.
"Ich liebe dich auch."
Beatrice schloss die Augen und genoss es, ihn endlich einmal nur für sich zu haben.

Richard schloss die Augen als Beatrice erst einen Arm um seine Mitte legte und ihr Finger dann ganz sachte über seine geschundene Lippe strich. Mein Prinz ... Die Worte jagten ihm einen wohligen Schauer über den Rücken und er seufzte zufrieden. "Ich werde es mir merken." versprach er lächelnd und schlug die Augen wieder auf.
Richard ließ sich zurück in die Kissen sinken und zog Beatrice einfach mit sich hinunter. Er grinste leicht. "Mir ist es ehrlich gesagt egal, ob ich Frauen schmeicheln kann oder nicht. Wichtig ist nur, dass ich für dich die richtigen Worte finde. Alles andere spielt keine Rolle." flüsterte er und küsste Beatrice noch einmal. Es war wundervoll sie in den Armen zu halten und sich einfach noch ein wenig Zweisamkeit zu gönnen - Zweisamkeit, die jedoch gleich unterbrochen werden sollte.
Robert war noch immer rasend vor Zorn. Er konnte einfach nicht glauben, dass Richard seiner Schwester so etwas antun konnte. Und er würde schon dafür sorgen, dass dieser selbstgerechte Arsch bekam, was er verdiente - und das war sicher nicht Beatrice. Dieser würde er nun erst einmal beibringen, was für ein verlogenes Schwein ihr Ehemann war und dann würde er sie überzeugen hier zu bleiben. Hier zu Hause, wo sie glücklich sein konnte. Wütend klopfte er an die Tür und wartete dann darauf, dass von drinnen eine Antwort kam.
Richard stöhnte leise auf als es an der Tür klopfte. "Da kommt er, mein Richter und Henker in einer Person." murmelte er und hielt Beatrice weiter fest. "Antworte einfach nicht, ich bitte dich ... wir haben uns doch einen ruhigen Morgen verdient." wisperte er, wenngleich er natürlich wusste, dass das vergebens war.

Beatrice lachte leise und ließ zu, dass er sie mit sich zog. Sie schmiegte sich an ihn und erwiderte seinen Kuss, genoss die Unbeschwertheit, die sich für einen Moment wieder zwischen ihnen eingestellt hatte. Einen Moment lang war Richard wieder einzig und allein ihr Ehemann, der Mann, den sie liebte. "Heute hast du sie gefunden...", flüsterte sie und stöhnte unwillig, als die ruhige Zweisamkeit so rüde unterbrochen wurde.
"Er wird uns ohnehin gehört haben, Rich. Und er weiß, dass wir da sind. Du kannst dem nicht ewig entgehen. Besser, wir bringen es hinter uns und haben den Rest des Tages in Ruhe für uns." Sie gab Richard einen Kuss.
"Rob...was willst du so früh schon?", antwortete sie ihrem Bruder durch die Tür. "Komm in Gottes Namen herein, bevor du die ganze Burg weckst."

"Und so Gott will, werde ich sie auch in Zukunft immer wieder finden." erwiderte Richard sanft und war in gewisser Weise erleichtert, dass Beatrice ebenso verärgert war über die Unterbrechung. Er hatte es sich also nicht einfach nur eingeredet, dass dieser Moment so völlig unbeschwert gewesen war und das trotz allem ... er liebte diese Frau wirklich von ganzem Herzen.
"Aber woher will er das wissen? Vielleicht habe ich dich heute Nacht ja auch entführt, damit ich seinem Zorn entgehen kann?" schlug Richard leise vor, seufzte dann aber als Beatrice ihren Bruder hinein bat. "Ich sage dir, er wird wahnsinnig, wenn er uns im Bett sieht." wisperte Richard gerade in dem Moment in dem sich die Tür öffnete.
Robert trat mit eiligen Schritten ein - und erstarrte mitten in der Bewegung. "Du mieser Hund, dass du dich nicht schämst!" knurrte er zornig und schlug die Tür wütend hinter sich zu. "Liegst hier neben meiner Schwester im Bett und tust als wäre nichts geschehen! Hast du denn nicht mehr den geringsten Funken Ehre im Leib?"
Richard verdrehte die Augen und sah Beatrice dann an. "Ich habs dir ja gesagt." murmelte er, machte aber keinerlei Anstalten sich auf nur aufzusetzen.

"Das hoffe ich doch. Aber ich glaube kaum, dass Robert darauf herein fällt, dass du mich entführt hast. Du wirst da jetzt durch müssen, Richard. Sieh es als Buße für deine Unvorsichtigkeit, obwohl du mir etwas Anderes versprochen hast. Und natürlich wird er sich aufregen.", erwiderte Beatrice leise.
Sie setzte sich wieder auf, als Robert hereinkam und gleich seiner Wut freien Lauf ließ. Sie verdrehte die Augen und atmete durch.
"Rob, beruhige dich, ja? Tu mir den Gefallen. Es gibt keinen Grund hier einen Aufstand zu machen am frühen Morgen.", bemühte sie sich ihm gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen.

"Beruhigen?" echote Robert. "Du hast ja keine Ahnung, was los ist!" erwiderte er aufgebracht und warf Richard einen vernichtenden Blick zu.
"Dein Ehemann, dieser verlogene Mistkerl betrügt dich!" brach es recht wenig feinfühlig aus ihm hervor und er deutete auf Richard. "Ich habe ihn gestern Nacht erwischt, wie er mit einem seiner Ritter im Gang ... Himmel, herumgehurt haben sie." knurrte er wütend. "Und jetzt liegt er hier neben dir und tut als könnte ihn kein Wässerchen trügen."
Richard seufzte laut und fuhr sich durch die roten Locken. Er warf Beatrice einen Blick zu, ehe er sich aufsetzte und die Beine über die Bettkante schwang. "Wäre es dir lieber, wenn ich stehe?" fragte er mit einem süßlichen Lächeln auf den Lippen und erhob sich. Immerhin trug er eine leichte Hose, sonst hätte er Robert vermutlich völlig in Rage gebracht, aber statt sich auch ein Hemd anzuziehen, tapste Richard zum Tisch hinüber und griff nach einer Karaffe mit Wasser, um sich etwas einzugießen. "Möchtest du auch etwas, Robert? Wasser? Wein?" fragte er scheinheilig.

Beatrice lauschte ihrem Bruder und senkte den Blick auf ihren Schoß. Sie wusste, wie das für Außenstehende wirken musste. Natürlich war er empört. "Robert...", begann sie beschwichtigend. "Ich weiß davon. Ich weiß, dass er es tut, auch wenn es schwer zu begreifen ist.", fuhr sie mit einem traurigen Lächeln fort. "Aber was soll ich tun? Ich kann es nicht ändern, Robert. Es ist lieb von dir, dass du dich so sorgst, aber ich weiß Bescheid."
Sie warf Richard einen mahnenden Blick zu. Er musste Robert nicht auch noch provozieren. Und Robert sah auch schon wieder aus, als würde er sich auf Richard stürzen wollen. "Übertreib es nicht, ja? Mistkerl.."

Richard zuckte mit den Schultern. "Ich wollte nur höflich sein." erwiderte er und nahm dann einen großen Schluck Wasser. Langsam machte sich der Alkohol von gestern bemerkbar. Zum Glück war er niemand, der zu Kopfschmerzen neigte, aber er bekam allmählich einen höllischen Durst.
Robert knirschte mit den Zähnen. Wie konnte dieser Kerl nur da stehen mit diesem selbstgerechten Lächeln auf den Lippen und so tun als wäre das hier alles ein großer Spaß?
"Beatrice, ich -" Robert brach ab und starrte seine Schwester entgeistert an. "Wie bitte?" fragte er überrascht und wurde blass. Er ließ den Blick zu Richard hinüber wandern, der nun an dem Tisch lehnte und Robert mit dem Becher in der Hand zuprostete.
Ich hab es dir ja gesagt
Robert konnte es förmlich in den Augen des Anderen lesen, konnte sehen, wie dieser für einen Moment triumphierte. Aber das würde er nicht zulassen! Er würde der Sache auf den Grund gehen.
"Bea, das ... könnten wir alleine darüber reden?" fragte er dann gereizt und warf Richard einen missmutigen Blick zu. "Ohne dieses Aas hier drinnen ..."

Beatrice hatte mit einer ähnlichen Reaktion gerechnet und seufzte leise. Aber Richard verhielt sich gar nicht so, wie sie es von ihm erwartete. Dafür, dass er der Grund für diese gesamte Misere war, sollte er sich besser zurückhalten.
"Richard...", mahnte sie ihn und nickte dann. "Richard, würdest du uns vielleicht einen Moment allein lassen? Du könntest ja einmal sehen, ob du uns Frühstück besorgen kannst, was meinst du? Und du, Robert, könntest vielleicht aufhören ihn die ganze Zeit zu beschimpfen, ja? Komm schon, setz dich hin, Robert..."
Da würde noch anstrengend werden.

Richard leerte seinen Becher und seufzte dann. "In Ordnung." erwiderte er, einerseits froh, dem Ganzen zu entgehen, andererseits wirklich besorgt darüber, was Robert Beatrice alles einzureden versuchen würde. Er ging zum Bett hinüber und gab Beatrice noch einen Kuss. "Ich werde etwas besonders leckeres holen und dann genießen wir den Rest des Tages zusammen, mein Herz, was meinst du?" schlug er leise vor und wandte sich dann zum Gehen. Robert warf er nur einen kurzen Blick zu, würdigte ihn ansonsten aber nicht eines Wortes.
Robert ballte die Hände zu Fäusten als Richard Beatrice noch einmal küsste. Dieser Mistkerl machte das doch mit voller Absicht, nur um ihn noch einmal zu provozieren! Erst als Richard verschwunden war, löste Robert sich von seinem Platz und ging zu Beatrice hinüber. Er setzte sich auf die Bettkante und musterte seine Schwester mit aufrichtiger Sorge. "Sag mir bitte, dass das nicht wahr ist." bat er eindringlich und griff nach ihrer Hand. "Was hat er dir angetan, dass du das hinnimmst? So kenne ich dich überhaupt nicht."

Beatrice nickte mit einem flüchtigen Lächeln. "Das klingt gut." Sie wartete, bis Richard die Tür hinter sich geschlossen und Robert sich zu ihr gesetzt hatte.
"Doch, es ist wahr, Rob. Und Richard hat mir gar nichts angetan." Sie seufzte schwer. "Ich weiß, es ist schwer zu begreifen, aber letztendlich kann er für dieses Verlangen nichts. Gott hat sich da offenbar einen Scherz mit uns erlaubt. Ich weiß, was er ab und an mit Alan treibt, auch wenn es mir nicht gefällt. Ich kann nichts Anderes tun als es hinzunehmen, Robert. Sonst verliere ich ihn und ich brauche Richard. Ich liebe ihn. Manchmal muss man eben Kompromisse eingehen. Es verletzt mich, aber er gibt sich ja wirklich Mühe Rücksicht auf mich zu nehmen."

Robert konnte es nicht fassen, Beatrice wusste von Richards Eskapaden und nahm sie einfach so hin? Das war doch unglaublich! "Aber ich verstehe nicht ... wie kannst du so einfach hinnehmen, dass er dich betrügt? Er tritt eure Ehe mit Füßen, stellt dich bloß und so wie er aussieht, schämt er sich ja nicht einmal dafür." Robert war außer sich, er konnte nicht glauben, dass seine Schwester so glücklich sein sollte!
Robert schüttelte heftig den Kopf. "Du brauchst ihn nicht! Du brauchst niemanden, der dir schadet, du hast etwas viel besseres verdient als ... als ihn." Er lachte trocken auf. "Rücksicht? Es zeugt nicht gerade von Rücksichtnahme, wenn er mit seinem Kerl mitten auf dem Gang steht und sich vergnügt." zischte Robert und legte dann eine Hand an Beatrices Wange. "Bea ..." murmelte er sanft. "Ich merke doch, dass dich das bedrückt. Wieso lässt du das mit dir machen? Ich bitte dich, bleib einfach hier und lass ihn treiben was immer er will ... bitte, ich will dich wieder glücklich sehen."

"Rob...was soll ich denn Anderes auch tun? Ich kämpfe seit Monaten mit diesem Thema und Richard genauso, aber letztendlich ist das hier die einzige Lösung, die für uns Beide irgendwie hinnehmbar ist. Glaub mir, er schämt sich im Grunde schon - meinetwegen. Und es tut ihm leid, aber es ist wie mit der Liebe. Solche Dinge kannst du nicht einfach abstellen, als würdest du auf einen Knopf drücken.", erwiderte Beatrice ernst.
"Nein, eigentlich hatte er mir auch versprochen vorsichtiger zu sein. Er war betrunken und hat sich einfach dazu verleiten lassen. Geschehen ist geschehen, es ist zu spät um daran etwas zu ändern." Sie sah ihren Bruder an und legte die Hand auf seine.
"Natürlich bedrückt es mich, Rob. Und ich war so oft verzweifelt. Es verletzt mich, dass er mich betrügt und das auch noch mit einem Mann. Aber was soll ich tun? Ich kann ihn nicht verbiegen und doch, ich brauche ihn. Ich liebe ihn trotzdem, Rob. Und darum lasse ich das mit mir machen. Ich kann nicht einfach hier bleiben, allein der Kinder wegen schon nicht. Sie brauchen ihren Vater. Manchmal bin ich glücklich, wenn ich vergessen kann, dass es diesen Kerl gibt. Aber letztendlich holt mich die Realität immer wieder ein."

"Hinnehmbar?" wiederholte Robert fassungslos. "Das ist in keinster Weise hinnehmbar, Bea. Du leidest unter der Situation also kann es wohl kaum ein vernünftiger Kompromiss sein. Und wenn Richard auch nur einen Funken Verstand hätte, würde er das auch begreifen." Robert schnaubte verächtlich. "Wunderbar, gib dem Mann ein wenig Alkohol und er ist nicht mehr fähig sich an irgendwelche Versprechen zu halten? Nein, was passiert ist, lässt sich nicht ändern, aber die Zukunft sehr wohl. Bea, wieso solltest du diejenige sein, die sich verbiegt? Das ist einfach nicht richtig. Er muss sein Problem in den Griff kriegen und wenn er das nicht kann ... weiß Gott, dann kann ich nicht zulassen, dass er dich länger unglücklich macht."
Robert sah Beatrice gequält an. "Natürlich kannst du und du musst! Die Kinder wären hier in besten Händen. Ich kann mich um sie kümmern, Philippe ebenso und du weißt, dass Vater und Mutter ebenfalls jederzeit für dich da sind. Deine Kinder brauchen einen vernünftigen Vater, ja, aber Richard ist weit davon entfernt der Richtige zu sein. Denk doch nur einmal daran, wie er mit Jonathan nach dessen Geburt umgegangen ist! Das zeigt doch, welch Geistes Kind er ist."
Robert konnte einfach nicht glauben, dass Beatrice wirklich bei Richard bleiben wollte, obwohl dieser sie so hintergang. Er seufzte leise und legte seine Arme um seine Schwester. "Bea, du sagst es selbst, du bist manchmal glücklich. Und das auch nur, wenn du dir einredest etwas zu haben, was so nicht Bestand hat. Das ist doch kein Zustand. Ich kenne dich, wie lange soll das gehen bis du daran zerbrichst? Bitte, Bea, ich bitte dich ... nein, ich flehe dich an, sei vernünftig. Er ist einfach nicht gut für dich." redete Robert eindringlich auf seine Schwester ein.

"Er weiß das. Aber sonst gibt es keine Lösung, Rob. Wenn ich mich nicht verbiege, muss er es tun. So tun wir es Beide ein wenig, damit wir damit leben können. Ich bin ja schon froh, dass er sich auf Alan beschränkt. Das mit gestern Abend bereut er sehr und ich denke, es wird nicht wieder vorkommen. Er hat es wirklich versucht, Robert. Er war in Fontrevault und hat Buße getan, gefastet...ein Büßerhemd getragen. Es ging eine Weile gut, aber irgendwann konnte er das Verlangen nicht mehr unterdrücken. Es ist einfach ein Teil von ihm. Wie willst du das ändern? Du kannst nichts tun."
Sie hatte sich damit abfinden müssen, dass sie nie wieder so glücklich sein würde wie in den ersten Jahren ihrer Ehe. Sie würde zurückstecken müssen.
"Ich muss gar nichts. Die Kinder brauchen ihren Vater und den könnt ihr, auch wenn es lieb gemeint ist, nicht ersetzen. Die Kinder lieben Richard und er liebt sie. Er tut alles für sie. Mal abgesehen davon, dass Richard sie auch nicht einfach hier lassen würde. Ich weiß, wie er bei Jonathan reagiert hat. Aber er hat seinen Fehler wieder gut gemacht, er ist einfach anders erzogen als wir."
Beatrice schmiegte sich an ihren Bruder und schloss die Augen. Es tat gut, einmal mit jemandem darüber sprechen zu können.
"Ich weiß nicht, wie lange es gut gehen wird, Bruderherz. Das werde ich dann sehen...Aber ich kann ihn nicht im Stich lassen, nicht jetzt. Er braucht mich und er würde es nicht verkraften, wenn ich gehe. Außerdem liebe ich ihn über alles...trotz dem, was er mir zumutet. Ein Eheversprechen gibt man nicht leichtfertig auf. Vielleicht wird es ja wieder besser werden..."

Robert knirschte mit den Zähnen. "Aber ich begreife das nicht ... es kann doch nicht zu viel verlangt sein, das er dir treu bleibt! Ich bin es Josie doch auch und Vater ist es ebenfalls. Ich meine ... er wird sich doch wohl ein bisschen im Griff haben können, wenn er dich liebt!" Robert stieß geräuschvoll die Luft zwischen den Zähnen aus. Richard im Kloster? Das konnte er sich wirklich nur schwerlich vorstellen. "Offenbar scheint seine Buße ja nicht sonderlich aufrichtig gewesen zu sein, sonst hätte Gott seine Bitte sicher erhöhrt." bemerkte Robert trocken.
Als Beatrice sich an ihn schmiegte, strich er ihr zärtlich über den Arm. "Ich will dir doch nur helfen, Schwesterchen." murmelte Robert. "Du hast schon so viel für mich getan, es schmerzt gewaltig dich so unglücklich zu sehen." Und wenn er ehrlich war, es war ihm egal, ob Richard es verkraften würde oder nicht. Dieser Arsch hatte es nicht anders verdient. "Wenn du schon nicht ganz bleiben willst, dann bleib wenigstens bis er wieder nach Aquitanien zurück will. Das würde dir sicher gut tun und die Kinder würden sich mit Sicherheit freuen noch ein wenig bleiben zu können. Ich bitte dich, nur ein Weilchen."

"Er ist wohl einfach nicht stark genug dazu dem zu widerstehen. Und er ist nicht so erzogen wie wir, vergiss das nicht. Ich kann dir keine Antwort geben, Robert. Wirklich nicht. All diese Fragen habe ich mir so oft gestellt, ich bin trotzdem nicht weiter gekommen. Ich weiß es wirklich nicht.", erwiderte Beatrice seufzend.
"Ich weiß, dass du mir nur helfen willst. Aber hier kannst du mir nicht viel helfen. Ich werde es mir überlegen, in Ordnung? Vielleicht würde eine kleine Pause uns wirklich gut tun. Aber ich kann und werde Richard nicht im Stich lassen. In London aber braucht er mich nicht dringend. Manche Dinge im Leben kann man einfach nicht ändern, Rob..."