William und Joanna - ab 1180 bis 1181

Robert fuhr sich mit der Hand über die Augen. Das durfte doch alles nicht wahr sein! "In Ordnung, denk darüber nach, ich würde mich sehr freuen, wenn du noch etwas bleiben würdest." erwiderte er und lächelte leicht. "Und ich bitte dich, wenn irgendetwas sein sollte, sag es mir. Ich will, dass du mit allem zu mir kommen kannst." Dafür waren Geschwister doch schließlich da.
Robert hielt Beatrice noch einen Moment lang fest, dann gab er ihr einen Kuss auf die Stirn. "Ich liebe dich, Schwesterherz, und wenn ich irgendetwas tun kann, um dir zu helfen glücklich zu werden, sag es mir, ich werde es tun."

Beatrice hatte nachdenklich darauf gewartet, dass Richard zurückkehrte. Roberts Worte hatten sie doch dazu gebracht sich Gedanken zu machen. Er hatte ja Recht, es war unbegreiflich, warum sie das alles einfach so mit sich machen ließ. Wenn sie diesen Kerl nur nicht so lieben würde...Aber in gewisser Weise erleichterte es sie, dass sie nicht mehr mit Richard allein dieses Geheimnis teilte. Dass Robert es wusste und sie mit ihm reden konnte. So oft hatte sie sich gewünscht sich jemandem außer Richard anvertrauen zu können, jetzt war es soweit.
Vielleicht war es wirklich keine so schlechte Idee, ihren Aufenthalt hier zu verlängern und so etwas Abstand zu gewinnen.
"Da bist du ja...", begrüßte sie Richard, als er zurückkehrte.

Richard war Beatrices Vorschlag gefolgt und hatte in der Küche Frühstück für sie beide aufgetrieben. Er hatte sich bewusst Zeit gelassen, damit er nicht in die Verlegenheit kam, Robert noch einmal über den Weg zu laufen und er hatte tatsächlich Glück - als er zu Beatrice zurück kam, war sie alleine und wartete ganz offensichtlich bereits auf ihn.
Richard lächelte leicht. "Da bin ich. Und ich habe Mylady Frühstück mitgebracht." erklärte er und stellte das Mitgebrachte auf dem Tisch ab. "Ich hoffe, ich habe genug für uns Beide dabei." scherzte er, wenngleich er ein wenig unsicher war, das Beatrices Gespräch mit Robert anging. Er lehnte sich an den Tisch und sah seine Gemahlin forschend an. "Und? Wie ist es gelaufen?" fragte er und konnte die Sorge nicht ganz aus seiner Stimme vertreiben. Wenngleich Beatrice ihm zuvor gesagt hatte, dass sie ihn liebte und bei ihm bleiben wollte, so wusste er auch um Roberts rhethorische Fähigkeiten und dass dieser Kerl durchaus in der Lage war seiner Schwester zumindest einen Floh ins Ohr zu setzen ... es reichte ja schon, wenn er Bedenken in ihr geweckt hatte, die dann munter vor sich hin wuchsen bis Beatrice es nicht mehr aushielt.

Beatrice musste lächeln und schwang die Beine dann über die Bettkante. "Frühstück? Das klingt ganz ausgezeichnet, wenn du meinst, ich lasse dir etwas übrig." Sie sah Richard wieder ein wenig ernster an. "Es war...in Ordnung. Er kann nicht verstehen, warum ich das mit mir machen lasse und wollte unbedingt, dass ich hier bleibe. Es ist auch schwer zu begreifen für jemanden, der nicht damit zu tun hat. Ich habe ihn soweit beruhigen können, doch ich habe ihm gesagt, ich überlege mir, ob ich nicht mit den Kindern etwas länger hier bleibe, bis du in London alles erledigt hast. Das würde uns vielleicht ganz gut tun..."
Wenn sie nur wüsste, was sie tun sollte...das war alles so kompliziert. "Aber darüber können wir ein anderes Mal noch reden. Sie stand auf und ging barfuß zu ihm hinüber. "Wie war das mit Frühstück?"

"Du meinst eher, wenn ich dir etwas über lasse!?" scherzte er und hörte Beatrice aufmerksam zu. Richard seufzte leise und nickte. "Nun, immerhin. Dann laufe ich wohl wenigstens nicht Gefahr von ihm edrosselt zu werden, wenn ich ihm das nächste Mal alleine begegne."
Dann allerdings erstarrte Richard mitten in der Bewegung. "Du willst hier bleiben?" fragte er und hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen als er hörte, wie schockiert er klang. "Bea, ich will in London meine Mutter besuchen, sie hat die Kinder seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen! Und dich auch nicht." erwiderte er unbehaglich. "Nein, nicht später, lass uns jetzt darüber sprechen ... du willst also nicht mit mir nach London? Ist es nur wegen letzter Nacht oder ... was hat Robert dir gesagt?" fragte Richard und hatte Mühe seine Gefühle dabei unter Kontrolle zu halten.
Er schwankte zwischen Sorge, Verzweiflung, Ärger und Missmut. Wie kam sie denn jetzt auf die Idee? Er hatte seine Mutter Jahre lang nicht richtig sehen können und die Kinder erst Recht nicht und nun wollte Beatrice hier bleiben bis er in London fertig war? Nein, das passte nun wirklich nicht in seinen Plan.

Beatrice grinste flüchtig, wurde dann aber wieder ernst, als Richard so entsetzt reagierte. Sie hatte ja geahnt, dass ihm das nicht gefallen würde, aber das? "Ich habe nicht gesagt, dass ich will. Ich habe gesagt, dass ich es mir überlege und ich den Vorschlag nicht so schlecht fand. Vielleicht würde ein bisschen Abstand zu der ganzen Geschichte ganz gut tun... Deine Mutter...Deine Mutter legt keinen Wert darauf mich zu sehen, denke ich, warum auch? Und die Kinder. Ich kann dich ja schlecht alleine mit vier Kindern gehen lassen. Keine gute Idee."
Sie seufzte ein bisschen genervt. Wie verärgert er doch klang. "Ich habe gesagt, ich überlege es mir. Es ist nicht wegen letzter Nacht. Nicht nur. Robert wollte, dass ich ganz hier bleibe, weil er sagt, du machst mich unglücklich. Er versteht nicht, warum ich bei dir bleibe. Ich habe ihm gesagt, dass ich dich nicht verlassen würde. Aber vielleicht hat er Recht, wenn er sagt, dass ein bisschen Distanz mir gut tun würde. Immerhin stürzt mich das Ganze seit Monaten in ein ziemliches Gefühlschaos."

"Vielleicht ist ein bisschen Abstand aber auch genau das Falsche." erwiderte Richard. Besonders, wenn sie hier blieb und Robert beständig Einfluss auf sie ausüben konnte. Er liebte Beatrice und wollte ihr vertrauen, aber was, wenn die Worte ihres Bruders doch irgendwann Früchte trugen und sich Beatrice entschied ganz hier zu bleiben?
"Warum sollte sie dich nicht sehen wollen? Du bist ihre Schwiegertochter und liegst ihr als solche ebenfalls am Herzen. Und was die Kinder angeht, glaubst du, ich bin wirklich so unfähig, dass ich nicht gut auf sie aufpassen kann?" erwiderte Richard. Er hatte eine Hand auf die Stuhllehne gelegt und drückte mittlerweile so fest zu, dass seine Knöcheln weiß wurden. "Sie sitzt seit sieben Jahren in Gefangenschaft und freut sich darauf mich und meine Familie zu sehen, was glaubst du, wie enttäuscht sie sein wird, wenn ich plötzlich alleine vor ihr stehe? Und die Kinder freuen sich schließlich ebenfalls darauf ihre Großmutter zu sehen. Außer Guillaume und Stephan haben sie sie ja nie kennen gelernt und Guillaume ist der einzige, der nicht noch ein klein wenig an sie erinnern kann." Der Junge war zwei Jahre alt gewesen als Eleonore in Gefangenschaft geraten war. Zwar würde Guillaume seine Großmutter kaum wieder erkennen, aber zumindest hatte er noch eine handvoll vager Erinnerungen an sie.
Richard fuhr sich über das Gesicht und seufzte. "Mir gefällt das nicht." murmelte er. "Selbst wenn ich nur Guillaume und Stephan mitnehme, Eleonore ist sieben, wie willst du ihr klar machen, dass sie nicht mitdarf? Und Jonathan ... du weißt, wie er sich fühlen wird, wenn seine Geschwister mit nach London dürfen und er nicht."

"Und woher willst du das wissen? Du vertraust mir nicht, das ist es doch viel eher. Du glaubst, wenn ich für ein paar Wochen alleine hier bleibe, wo du mich nicht im Auge hast, würde ich mich doch noch entscheiden dich zu verlassen.", durchschaute Beatrice ihren Mann. Es lag auf der Hand, weshalb er nicht wollte, dass sie hier blieb.
"Sie kennt mich doch kaum. Außerdem will sie sicher lieber Zeit mit dir allein verbringen. ich halte dich nicht für unfähig, Richard, aber ich weiß, wie viel du zu tun hast und dass es allein mit vier Kindern fast unmöglich ist, selbst wenn ich Isabel bei mir behalte." Sie spürte, wie angespannt er war, aber es machte sie eher wütend, als dass es sie besänftigte.
"Du schaffst es immer wieder!", erwiderte sie aufgebracht. "Du schaffst es immer wieder mir ein schlechtes Gewissen einzureden! Und was ist mit mir? Ich soll immer Rücksicht auf alle Anderen nehmen! Auf dich, auf Alan, auf deine Mutter, auf die Kinder...was ist mit mir? Wer nimmt auch nur einmal Rücksicht auf mich?"
Es war immer dasselbe, Robert hatte Recht. Sie steckte zurück, immer mehr. "Glaubst du, mir macht das alles nichts aus?" Doch sie wusste jetzt schon, dass sie mit ihm nach London gehen würde, weil Eleonore ihr leid tat...

"Ich vertraue Robert nicht." erwiderte Richard. "Ich weiß, wie gerne er es sehen würde, dass du mich verlässt und ich kann mir gut vorstellen, was er alles versuchen würde, um genau das zu erreichen. Und das ist das letzte was ich will. Ich will dich nicht verlieren."
Richard starrte Beatrice einen Moment lang schweigend an, während sich seine Gedanken überschlugen. Es fing ja schon an, er hatte gewusst, dass Robert seiner Schwester entsprechend zureden würde und nun ... Richard knirschte mit den Zähnen. "Zum Teufel damit." knurrte er wütend. "Dann bleib hier, wenn du willst, ich werde Guillaume und Stephan mitnehmen." erwiderte er und wandte sich ab, um sich umzuziehen.
Er hatte sich vorhin nur dürftig etwas angezogen als Robert gekommen war und er ihn mit Beatrice alleine gelassen hatte und wollte nun in vernünftigen Kleidern stecken. Der Hunger war ihm ohnehin vergangen und am Besten würde er sich gleich etwas suchen wobei er seine Wut ein wenig vergessen konnte. Ein wenig trainieren oder besser noch einen Ausritt machen, da lief er wenigstens nicht Gefahr irgendjemandem hier zu begegnen, sondern hatte seine Ruhe. Sie wollte Abstand? Sollte sie ihn doch haben und damit konnten sie ja auch gleich beginnen.

"Ich dich auch nicht. Aber wenn du Angst hast, dass Robert mich überredet, traust du mir ja auch zu mich überreden zu lassen." Beatrice schüttelte unwillig den Kopf. "Natürlich, renn du nur wieder vor dem Konflikt davon. Das macht es ja auch einfacher! Tatsache ist doch, dass wir ein Problem haben. Und du bist nicht bereit daran zu arbeiten. Wenn ich dich daran erinnern darf, sind wir nicht meinetwegen in dieser Situation. Wenn du Guillaume und Stephan mitnimmst, werden dir anderen Beiden mir die Ohren voll jammern! Und wer darf sich dann mit ihrer Enttäuschung herumschlagen? Ich! Wie immer."
Der Morgen hatte so schön angefangen...
"Du bist einfach nicht kritikfähig! Alles muss so gehen, wie du es planst. Anstatt dass du einmal Verständnis für mich aufbringst, ist natürlich alles Andere wichtiger! Ich dachte, du hättest endlich begriffen, dass ich manchmal nicht mehr weiß, wo mir der Kopf steht, weil ich auf alle Anderen Rücksicht nehmen muss. Du weißt gar nicht zu schätzen, was ich eigentlich für dich tue, scheint mir manchmal! Du machst so weiter, als wäre alles in bester Ordnung. Jede andere Frau hätte dich schon längst verlassen, aber ich dumme Gans hänge ja an dir."

Richard wechselte gerade sein Hemd und stöhnte gernervt auf. "Ich renne nicht davon." erwiderte er bissig. "Aber was willst du denn? Du willst hier bleiben, in Ordnung, dann bleibe. Es gefällt mir nicht, richtig, aber wenn du bleiben willst, muss ich wohl in den sauren Apfel beißen, aber erwarte nicht auch noch, dass ich glücklich darüber bin. Und was die Kinder angeht: egal wen ich mitnehme und wen nicht, diejenigen, die hier bleiben, werden enttäuscht sein. Selbst wenn ich gar keinen von ihnen mitnehme - was für mich nicht zur Diskussion steht, denn Guillaume ist mein Erbe und als solcher soll er mir zur Hand gehen und vor allem die Frau vermünftig kennen lernen, der er sein Erbe auch zu verdanken hat." Richard zog sich das frische Hemd über den Kopf und griff nach seinem Gürtel. Er sah Beatrice an und legte den Kopf schief. "Wenn du eine bessere Idee hast, sag sie mir."
Richard schürzte leicht die Lippen. "Falsch. Jede andere Frau würde kein Wort darüber verlieren und einfach hinnehmen, dass ich nebenbei andere Liebschaften unterhalte, egal mit wem. Und wenn dem nicht so wäre und sie wirklich eine Annulierung haben wollen würden ... ich würde sie ihnen ohne weiteres gewähren. Du bist die Einzige bei der mir so etwas nicht egal ist, Beatrice."

Beatrice biss die Zähne zusammen. "Doch, das tust du. Du willst jedem Streit aus dem Weg gehen. Und du verstehst gar nicht, warum ich vielleicht hier bleiben möchte. Du bemühst dich nicht einmal Verständnis zu haben. Du kannst die Kinder alle mitnehmen, Richard, aber ich sage dir jetzt schon, dass das nicht funktionieren wird, weil du ihnen nicht gerecht wirst. Eigentlich hatte ich auch eher dazu tendiert dich zu begleiten, so wie du aber schon darauf reagierst, dass ich darüber nachdenken möchte, habe ich eigentlich keine Lust mehr das dir zuliebe zu tun."
Beatrice wurde blass und verschränkte die Arme vor der Brust, wandte sich ab. Wie konnte er so etwas nur sagen? Er hatte wirklich keine Ahnung davon, wie es ihr damit ging.
"Nein, da liegst du falsch. Jede andere Frau, die wirklich liebt, würde sich nicht so behandeln lassen. Dass das bei einer arrangierten Ehe anders sein mag, ist mir klar. Aber so ist es bei uns eben nicht. Ich habe dich geheiratet, weil ich dich liebe. Und sag mir nicht, ich würde nur so reagieren, weil meine Eltern anders sind. Schau dir an, wie deine Mutter reagiert hat, als sie erfahren hat, dass dein Vater sie ständig betrügt. Und ich? Ich bin immer noch bei dir, obwohl deine 'Liebschaft' wie du es so schön nennst bei uns wohnt und überall ist, wohin du auch gehst. Du verstehst mich einfach nicht, Richard. Du verstehst nicht, was es für mich bedeutet. Was würdest du tun, wenn ich eine Annullierung wollte?"

Richard schloss kurz die Augen und mahnte sich zur Ruhe. Es half nichts, wenn er nun immer mehr die Geduld verlor und das hatte Beatrice auch wirklich nicht verdient. "Dann ..." begann er langsam und sah Beatrice wieder an. "Dann erklär es mir. Erklär mir, wieso du hier bleiben willst." bat er mit angespannter Stimme, versuchte aber krampfhaft keinen Ärger durchscheinen zu lassen.
Er atmete geräuschvoll aus. "Bei meiner Mutter ist der Fall wohl ein wenig anders. Sie hat Anstoß daran genommen, dass Henry seine Geliebte wie eine Königin behandelt hat und das in aller Öffentlichkeit. Was er sonst so getrieben hat, war zweitrangig. Außerdem wollte sie mir Aquitanien sicher." entgegnete Richard und wollte gerade noch etwas hinzusetzen als Beatrices Frage dafür sorgte, dass er blass wurde. "Ich ..." Richard machte einen Schritt auf Beatrice zu. Die Vorstellung, siewürde eine Annullierung fordert, verursachte ihm Übelkeit. "Ich würde alles dafür tun, um dich von diesem Wunsch abzubringen, damit du bei mir bleibst." erwiderte er mit rauer Stimme. "Beatrice, ich will dich bei mir haben, das letzte was ich will ist eine Annullierung unserer Ehe."
Er trat zu ihr und legte eine Hand an ihren Oberarm. "Ich brauche dich."

Beatrice sah ihn ein wenig erstaunt an, entschloss sich aber dazu, ihre Chance zu nutzen und ihm zu erklären, wie sie sich fühlte. "Ich habe manchmal das Gefühl, dass mir alles zu viel wird. Ich stecke zurück und stecke zurück, damit du dein Leben leben kannst, auch mit Alan. Ich habe kaum Zeit einmal zur Ruhe zu kommen, da kommt schon die nächste Katastrophe auf mich zu. Hier könnte ich einmal etwas Zeit für mich haben, wenn meine Eltern die Kinder hüten. Ich will dich nicht im Stich lassen und ich habe mich auch noch nicht entschieden, ob ich bleibe. Aber ein wenig Abstand wäre vielleicht nicht das Schlechteste..."
Sie lächelte matt. "Ich glaube nicht, dass das so zweitrangig war, wie du glaubst. Eine Frau, die liebt, möchte auch wie eine Königin behandelt werden von demjenigen, dem ihr Herz gehört. Sie möchte die Einzige für ihn sein. Wenn es einmal auf Reisen geschieht, weit weg, ist das etwas Anderes. Das kann man leicht vergessen. Aber wenn es direkt vor den eigenen Augen geschieht, im eigenen Zuhause, in der eigenen Welt...da kann man nicht wegsehen, Richard, so sehr man sich auch bemüht. Keine Frau möchte teilen."
Sie sah Richard lange an. "Und ich will das auch nicht. Aber dann musst du verstehen, dass die Dinge nicht selbstverständlich sind. Ich lasse dir wirklich viel Freiraum, obwohl du dich direkt vor meiner Nase mit diesem Kerl vergnügst. Dass er ganz in Ordnung ist, ändert gar nichts daran. Also versuch wenigstens ein bisschen mich zu verstehen. Du verlangst so viel von mir, dass ich selbst fast auf der Strecke bleibe. Vergiss nicht so leicht, dass du auch eine Frau hast, die dich liebt und der du vielleicht auch hin und wieder zeigen solltest, dass du es nicht für selbstverständlich hältst, was sie für dich tut. Du kannst mir immer wieder sagen, dass du mich liebst, Richard. Aber du musst es mir auch zeigen."

Richard sah Beatrice eine Weile schweigend an. Ihm lagen viele Dinge auf der Zunge, einige davon auch reichlich verletztend, aber er zwang sich dazu sie wieder hinunter zu schlucken. "Dann denk in Ruhe darüber nach." erwiderte er nachdenklich. "Denk darüber nach und sag mir dann, wie du dich entschieden hast. Ich würde mich freuen, wenn du mich begleitest, aber wenn du hier bleibst, akzeptiere ich auch das." erklärte Richard mit gedämpfter Stimme.
Ein kurzes Lächeln huschte über seine Lippen. "Nun" begann er gedehnt. "Das weiß ich zugegebener Maßen nicht und ich bin weder eine Frau, noch verstehe ich im Entferntesten, was manchmal durch eure Köpfe geht, also werde ich dir in dieser Sache einfach glauben müssen."
Richard erwiderte Beatrices Blick, dann zog er sie in seine Arme und hielt sie fest. "Es tut mir Leid." erklärte er leise. "Ich hätte nicht so reagieren dürfen." Er strich ihr sanft über den Rücken und versuchte ihre Nähe zu genießen und dabei zu verarbeiten, was sie ihm gerade alles gesagt hatte. Nach einer Weile löste er sich wieder etwas von ihr und sah sie an. "Möchtest du trotzdem immer noch mit mir zusammen frühstücken?" fragte er leise.

Beatrice nickte. "Das werde ich tun, aber lass mir ein bisschen Zeit dafür. Ich muss einfach ein bisschen zur Ruhe kommen und ein paar Tage bleiben wir ja noch hier. Dann können die Kinder sich auch austoben und meine Eltern freuen sich. Ich bin allerdings gespannt, wie dein Vater auf die Kleinen reagiert. Er hat sie auch lange nicht gesehen."
Beatrice erwiderte sein Lächeln. "Siehst du, darum sage ich es dir ja jetzt. Damit du weißt, was eine Frau denkt. Das ist nicht immer so einfach wie bei euch Männern. Das ist alles etwas komplizierter." Sie schmiegte sich an seine Brust und spürte, dass diese Aussprache ihnen einmal ganz gut getan hatte. Sie liebte Richard ja, sie wollte ihn nicht im Stich lassen, aber manchmal wurde ihr einfach alles zu viel. "Schon gut...Und ja, warum nicht. Es wäre schließlich schade um das schöne Frühstück und wir haben mal ein bisschen Zeit nur für uns."

"Ich lasse dir so viel Zeit, wie du brauchst." versprach Richard und war erleichtert als Beatrice sich so selbstverständlich wieder an ihn schmiegte. Also war doch noch nicht alles dahin.
Er lächelte sanft und hauchte einen Kuss auf ihre Stirn. "Sehr schön." erklärte Richard, seufzte dann aber leise. "Ein bisschen Zeit für uns, ja. Zeit, die ich eigentlich gerne mit dir ungestört im Bett verbracht hätte." bemerkte er, strich Beatrice noch einmal über die Wange und ging um den Tisch herum, um sich zu setzen.
Er hatte reichlich Essen mitgebracht und jetzt, wo er es so vor sich sah, musste er sich eingestehen, dass er angesichts der angespannten Stimmung wohl viel zu viel gebracht hatte. Aber nun ja, was über war, konnte er ja zurück bringen.

"Ich danke dir." Beatrice lächelte und schloss einen Moment die Augen. "Nun, Richard, man kann nicht alles haben. Sei dankbar, dass uns dieses Frühstück noch gegönnt ist." Sie küsste ihn sanft auf die Wange. "Dann lass uns doch mal sehen, was du Schönes mitgebracht hast."
Es war ihr egal, dass sie noch ihr Nachthemd trug. Sie setzte sich bequem auf einen Stuhl und schaute Richard abwartend an.
"Was ist? Keinen Hunger mehr?"
Sie war so froh, dass er nicht wieder davon gelaufen war.

James

James saß im warmen Sand, hatte sich gerade das Hemd über den Kopf gezogen und machte sich nun an seinen Schuhen zu schaffen. Alan und er hatten den freien Tag und das hervorragende Wetter genutzt, um einmal ans Meer zu kommen und sich ein wenig abzukühlen.
Er sah zu Alan auf, der neben ihm stand und auf das Meer hinaus sah. "Ist es nicht wunderschön?" fragte James glücklich. "Es ist zwar ganz anders als das Meer, dass du an Cornwalls Küsten findest, aber trotzdem, irgendwie fühle ich mich am Wasser immer gleich ein wenig zu Hause."
Und er hatte sich wirklich gefreut mit Alan hier her zu kommen. Seit er Francesco nicht mehr sah, schien Alan noch mehr auf ihn Acht zu geben, damit er bei Laune blieb und James war ihm überaus dankbar dafür, dass er immer für ihn da war.

Alan

Alan genoss die Sonne, die warm auf sie hinunter schien und den warmen Sand unter seinen bloßen Füßen. Das Meer, das so ruhig vor ihnen lag.
"Oh ja, das ist es. Ich liebe es...und das Meer ist so schön warm. In England ist das Wasser immer kalt. Ich kann trotzdem verstehen, dass es dich an Zuhause erinnert."
Alan lächelte zufrieden. Ihre Freundschaft war noch enger geworden, seitdem James Francesco aufgegeben hatte.
"Wollen wir schwimmen gehen?"

James

James musste lachen. "Da hast du Recht. Wenn man dort schwimmen gehen will, muss man schon ein bisschen kompromissbereit sein, allzu warm ist es nie. Höchstens im Sommer ein wenig, aber kein Vergleich mit dem Meer hier." Selbst im tiefsten Winter war das Wasser hier in James' Augen höchstens kühl, aber nicht so eisig wie in England.
Seine Augen leuchteten begeistert auf und er nickte. "Gerne!" rief er und war im nächsten Moment auf den Füßen. "Mal sehen, wer zu erst drin ist, was?" neckte er Alan und lief ohne zu zögern los, direkt auf das angenehm kühle Nass zu, das förmlich darauf zu warten schien, dass sie endlich hinein kamen.

Alan

"So ist es. Das Wasser ist selbst im Sommer kalt. Mir war das meistens wirklich zu kalt. Hier ist es so schön, am liebsten würde ich für immer hier bleiben. Oder das Wetter mitnehmen nach England. Die Kälte behagt mir nicht. Und dieses ewige Regenwetter."
Alan grinste und zögerte nicht lange. Er zog das Hemd über den Kopf und rannte hinter James her ins Wasser. Er warf sich ins Wasser und schwamm erst einmal ein paar Züge.
"Es ist herrlich!", rief er und spritzte James lachend etwas Wasser ins Gesicht.
Es war wirklich eine gute Idee gewesen herzukommen.

James

"Du bist ein kleines Weichei, Alan!" neckte James grinsend und schüttelte dann den Kopf. "Du kannst nicht hier bleiben. Ich werde irgendwann nach England zurück und dann musst du mich begleiten, hörst du? Wenn ich eines Tages Bischof werden will, brauche ich jemanden wie dich an meiner Seite, jemanden auf den ich mich immer verlassen kann." erklärte James heiter.
Er war bereits bis zur Hüfte im Wasser als Alan die ersten Schritte in dem kühlen nass machte und einen Moment später ließ er sich hinein fallen und schwamm neben Alan ein Stückchen hinaus. Es war einfach wundervoll hier ...
Im nächsten Moment traf ihn ein Schwall Wasser genau ins Gesicht und sorgte dafür, dass er ein wenig prustend nach Luft schnappte. "Hey, das war nicht fair!" protestierte James lachend und sorgte dann im Gegenzug dafür, dass Alan ebenfalls eine Ladung Wasser ins Gesicht spritzte.

Alan

"Gar nicht wahr! Aber ich weiß, warum ich Geistlicher werde und kein Soldat. Natürlich begleite ich dich, dich kann man ja nicht allein lassen ohne dass du Dummheiten machst." Alan grinste und schnappte nach Luft, als ihn ebenfalls ein Schwall Wasser traf.
"Das war die Rache für das Weichei!", erwiderte Alan lachend und bemühte sich zu James hinüber zu kommen, um sich auf seine Schultern zu stützen und ihn unterzutauchen.
"Es war eine hervorragende Idee herzukommen. Das Meer ist so wundervoll!" Und er genoss die unbeschwerte Zeit mit seinem Freund sehr. Sie war selten genug.

James

"Keine Frage, das war die richtige Laufbahn für dich. Außerdem wären wir uns sonst nie begegnet, deshalb bin ich doppelt froh über deine Entscheidung." erwiderte James lachend, fand sich im nächsten Moment jedoch mit Alans gesamten Gewicht auf seinen Schultern wieder und überrascht, wie er war, hatte Alan leichtes Spiel ihn unterzutauchen.
Prustend und nach Luft schnappend, tauchte James kurze Zeit später wieder auf und knurrte scheinbar verärgert. "Alan, du ...!" Lachend warf er sich auf seinen Freund und versuchte es ihm heimzuzahlen und ihn ebenfalls hinab zu drücken.
"Eine brillante Idee." pflichtete er Alan bei. "Besonders, weil du hier dafür zahlen musst, wenn du frech wirst." erklärte James und drückte seinen Freund hinab ins Wasser.